Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.03.2024, Az. 6 C 1/22

6. Senat | REWIS RS 2024, 2440

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Gegenstand

Polizeiliche Maßnahmen gegenüber Teilnehmern an einer von Beginn an und sodann durchgehend unfriedlichen Versammlung


Leitsatz

1. Mit der Qualifikation als "Verhinderungsblockade" kann der Versammlungscharakter einer Personenzusammenkunft, bei der es jedenfalls auch zu in den Rahmen der öffentlichen Meinungsbildung einzuordnenden Bekundungen kommt, allenfalls dann verneint werden, wenn das kommunikative Anliegen und der Einsatz entsprechender Kommunikationsmittel in handgreiflicher Weise einen bloßen Vorwand darstellen.

2. Jedenfalls solche unfriedlichen Versammlungen, die von Beginn an und dann durchgehend einen unfriedlichen Charakter haben, bedürfen vor einer Anwendung des Landespolizeirechts keiner Auflösung nach § 15 Abs. 3 VersG.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs [X.] vom 18. November 2021 aufgehoben, soweit der Berufung des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 13. Februar 2019 in Bezug auf die Fesselung des [X.] am 30. April 2016 in der [X.] von seiner Ankunft in bzw. vor der [X.] der [X.] bis 13.30 Uhr sowie in Bezug auf die Fortsetzung des Gewahrsams von 17.54 Uhr bis zum Abend des 30. April 2016 und die Verbringung des [X.] nach [X.] stattgegeben worden ist.

Insoweit wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit von polizeilichen Maßnahmen, denen er als Teilnehmer an einer Protestaktion unterzogen wurde, die gegen den [X.] der Partei Alternative für [X.] ([X.]) gerichtet war, der am 30. April und 1. Mai 2016 auf dem Gelände der [X.] (Messe) stattfand.

2

Die Polizei hatte im Vorfeld Kenntnis davon erlangt, dass 850 bis 1000 gewalt[X.]eite Personen aus dem linksautonomen Spektrum Zufahrtswege zu der Messe blockieren, schwere Ausschreitungen ähnlich denjenigen bei der Eröffnung der [X.] ([X.]) in [X.] im Jahr 2015 begehen und die Infrastruktur an der Messe in einem die Durchführung des [X.]-[X.]s ausschließenden Maße zerstören wollten.

3

Am frühen Morgen des 30. April 2016 besetzte eine mit mehreren Reisebussen angereiste Gruppe von mehreren hundert teilweise vermummten, fast ausschließlich schwarz oder mit weißen Einmalanzügen bekleideten Personen, die unter anderem gegen die [X.] gerichtete Transparente mit sich führten, einen Kreisverkehr im Osten der Messe. Mitglieder der Gruppe zündeten Pyrotechnik und blockierten die Ausfahrten des Kreisverkehrs mit Barrikaden, die sie mit herbeigeholtem Baustellenmaterial errichteten. Als Einsatzfahrzeuge der Polizei eintrafen, verließ die Personengruppe den Kreisverkehr und bewegte sich auf der angrenzenden Flughafenstraße auf das [X.] zu. Den sich nähernden Einsatzkräften der Polizei wurde eine Rauchbombe entgegengeworfen.

4

Um 7.02 Uhr wurde die Gruppe auf der Flughafenstraße durch die Polizei eingekesselt. Aus der Gruppe heraus wurden gegen die [X.] gerichtete Parolen gerufen. Der Leiter des Polizeieinsatzes ordnete für die eingeschlossenen 419 Personen - unter ihnen der Kläger - den polizeilichen Gewahrsam an. Es folgten Lautsprecherdurchsagen der Polizei "an alle Teilnehmer, die den friedlichen Verlauf der Versammlung stören". Sie [X.] wegen ihrer Vermummung und der Errichtung von Barrikaden nicht mehr den Schutz des Versammlungsrechts. Sie befänden sich in polizeilichem Gewahrsam und würden in Kürze polizeilich bearbeitet.

5

Sodann wurden die Mitglieder der eingekesselten Personengruppe einzeln - der Kläger um 8.10 Uhr - aus der Einkesselung herausgelöst, mittels Einwegschließen mit den Händen auf dem Rücken gefesselt und in Bussen - der Kläger stehend - zu der ca. 600 Meter entfernten Gefangenensammelstelle der Polizei in der [X.] verbracht. Dort kam es zu Verzögerungen in der weiteren Abwicklung. Der Kläger wurde gegen 13.30 Uhr einer Identitätsfeststellung und erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen. Im zeitlichen Zusammenhang damit traf die Polizei die Prognose, dass mit einer Entscheidung ü[X.] den Gewahrsam des [X.] durch die vor Ort anwesenden vier Richter des [X.] vor dem Wegfall des [X.] nicht zu rechnen sei. Vor diesem Hintergrund wurde eine richterliche Entscheidung ü[X.] den Gewahrsam des [X.] nicht herbeigeführt. Der Kläger wurde, nachdem ihm im [X.] an seine Identitätsfeststellung und erkennungsdienstliche Behandlung die Fesseln abgenommen worden waren, in einer Einzelzelle in einem Gefangenenbus eingeschlossen. Im weiteren Verlauf wurde ihm um 17.54 Uhr ein Platzverweis für das [X.] bis zum 1. Mai 2016 um 20.00 Uhr erteilt. Er wurde zu dem ca. 16 Kilometer entfernten Bahnhof in [X.] verbracht, wo er nach den ü[X.]einstimmenden Angaben der Beteiligten gegen 19.50 Uhr aus dem polizeilichen Gewahrsam entlassen wurde. Dem Kläger wurde während seines [X.] ein Toilettengang nicht ermöglicht und Trinkwasser nicht zugänglich gemacht.

6

Der Kläger hat am 2. Mai 2017 bei dem [X.] Klage erhoben. Dieses hat sich mit Beschluss vom 17. Mai 2017 für örtlich unzuständig erklärt und die Klage an das [X.] als örtlich zuständiges Gericht verwiesen.

7

Der Kläger hat sinngemäß die Feststellung beantragt, dass folgende ihm gegenü[X.] am 30. April 2016 vorgenommenen polizeilichen Maßnahmen rechtswidrig waren: Die Einkesselung der Personengruppe, der er angehörte, auf der Flughafenstraße um 7.02 Uhr (Klageantrag zu 1), der polizeiliche Gewahrsam vom Morgen bis ca. 19.50 Uhr am Abend (Klageantrag zu 2), die Fesselung (Klageantrag zu 3), der Transport in einem Bus - gefesselt und stehend - von der Flughafenstraße zur [X.] (Klageantrag zu 4), das Nichtermöglichen eines Toilettengangs (Klageantrag zu 5), das Vorenthalten von Trinkwasser (Klageantrag zu 6), die Identitätsfeststellung und die erkennungsdienstliche Behandlung (Klageantrag zu 7), der Platzverweis (Klageantrag zu 8) sowie die Verbringung zum Bahnhof in [X.] (Klageantrag zu 9).

8

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit allen Anträgen stattgegeben. Die polizeilichen Maßnahmen hätten wegen der Sperrwirkung des Versammlungsgesetzes ([X.]) nur nach vorherigem Erlass einer Auflösungsverfügung gemäß § 15 Abs. 3 [X.] auf Grundlage des [X.]polizeirechts bzw. - wie die Identitätsfeststellung und die erkennungsdienstliche Behandlung des [X.] - des Strafprozessrechts ergehen dürfen.

9

Auf die Berufung des beklagten [X.] Baden-Württem[X.]g hat der [X.]hof das Urteil des [X.] teilweise geändert und die Klage hinsichtlich der Klageanträge zu 1 bis 4 und zu 7 bis 9 abgewiesen ([X.] 2022, 297). Dabei hat der [X.]hof, was den polizeilichen Gewahrsam des [X.] anbelangt, dem Klageantrag zu 2 lediglich den Zeitraum von der Herauslösung des [X.] aus der eingekesselten Personengruppe um 8.10 Uhr am Morgen bis zur Erteilung des [X.] um 17.54 Uhr am Nachmittag des 30. April 2016 zugeordnet. Die Fortsetzung des [X.] bis zur Absetzung des [X.] am Bahnhof in [X.] hat der [X.]hof im Zusammenhang mit dem Klageantrag zu 9 behandelt. Erfolglos geblieben ist die Berufung des Beklagten in Bezug auf die Klageanträge zu 5 - Nichtermöglichen eines Toilettengangs - und zu 6 - Vorenthalten von Trinkwasser -; insoweit ist das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig geworden.

Der [X.]hof hat ausgeführt, für die Zulässigkeit der Klage komme es nicht darauf an, ob es sich bei den angegriffenen, insgesamt [X.]eits vorprozessual erledigten Maßnahmen um Verwaltungsakte oder bloße Realakte gehandelt habe. Die Klage sei in jedem Fall - entweder als Fortsetzungsfeststellungsklage oder als allgemeine Feststellungsklage - zulässig. Der Einhaltung einer Klagefrist habe es in der bestehenden Erledigungskonstellation nicht bedurft. Das Klagerecht sei bei Erhebung der Klage ein Jahr nach Erledigung der angegriffenen Maßnahmen noch nicht verwirkt gewesen. Das erforderliche (Fortsetzungs-)Feststellungsinteresse des [X.] sei zwar nicht in Gestalt eines Rehabilitierungsinteresses gegeben, denn es fehle an einer noch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestehenden Stigmatisierung des [X.]. Es bestehe a[X.] deshalb, weil mit den zur gerichtlichen Ü[X.]prüfung gestellten Maßnahmen tiefgreifende Grundrechtseingriffe in Rede stünden, die sich typischerweise so kurzfristig erledigten, dass Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren regelmäßig nicht erlangt werden könne.

In der Sache habe eine Sperrwirkung des Versammlungsgesetzes in dem Sinne, dass auf andere Rechtsgrundlagen, die zu einem polizeilichen Einschreiten gegen versammlungsspezifische Gefahren ermächtigten, erst dann zurückgegriffen werden dürfe, wenn die Versammlung zuvor rechtmäßig aufgelöst worden sei, nicht bestanden. Die versammlungsgesetzliche Sperrwirkung knüpfe an das Bestehen einer Versammlung an. Ob diese einen friedlichen oder unfriedlichen Charakter habe, sei unerheblich.

Unter einer Versammlung sei in Ü[X.]einstimmung mit dem Versammlungsbegriff des Art. 8 GG eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zum Zweck der gemeinschaftlichen, auf eine Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Kundgebung zu verstehen. Diese [X.] seien im Fall einer sog. Verhinderungsblockade nicht erfüllt. Mit einer solchen strategischen Blockadeaktion solle nicht nur, wie es für eine dem Versammlungsbegriff unterfallende demonstrative Blockade kennzeichnend sei, in Gestalt eines einem Kommunikationsanliegen untergeordneten Mittels kurzfristig ein symbolischer Protest ausgedrückt werden, bei dem die Behinderung Dritter eine bloße Nebenfolge darstelle. Ihr primärer Zweck bestehe nicht in einer öffentlichen Meinungskundgabe, sondern darin, eigene Forderungen zwangsweise durchzusetzen, die Rechte Dritter gezielt zu beeinträchtigen oder das, was - wie etwa eine andere Versammlung - politisch missbilligt werde, tatsächlich zu stören oder zu verhindern. Für die Abgrenzung einer demonstrativen Blockade von einer Verhinderungsblockade komme es maßgeblich darauf an, ob die jeweilige Personengruppe sich nach dem anhand der objektiven Umstände zu ermittelnden Gesamtgepräge im [X.] kommunikativer Mittel bediene und nicht ausschließlich bezwecke, die Veranstaltung, gegen die sie sich richte, mit physischen Mitteln zu verhindern. Für die Annahme einer Versammlung in Gestalt einer demonstrativen Blockade bedürfe es substantiierter Anhaltspunkte dafür, dass der Kommunikationszweck im Vordergrund stehe. Nicht ausreichend sei, dass die Veranstaltungsteilnehmer ihre Meinung lediglich bei Gelegenheit der Blockade kundtäten. Für die Abgrenzung sei im Einzelfall auf die Art, den Umfang und die Dauer der Blockade sowie ihren sachlichen Zusammenhang mit dem inhaltlichen Gegenstand der Zusammenkunft abzustellen. Für die Frage, ob die Blockademaßnahmen einen nur symbolhaften Charakter hätten, sei ferner zu [X.]ücksichtigen, mit welcher Intensität sie durchgeführt würden, und ob sie ü[X.]haupt geeignet seien, das erklärte Ziel tatsächlich vor Ort mit physischen Mitteln zu erreichen.

Gemessen an diesem Maßstab habe es sich bei der auf der Flughafenstraße durch die Polizei eingekesselten Personengruppe um eine Verhinderungsblockade und damit um keine Versammlung gehandelt. Für die Beurteilung sei zu Grunde zu legen, dass es sich bei den Ereignissen in dem Kreisverkehr und auf der Flughafenstraße im Hinblick auf Zeit, Raum, Qualität und Ziel um ein einheitliches Geschehen gehandelt habe. Bei diesem habe nach der durchgeführten Beweisaufnahme der Einsatz von auf eine öffentliche Meinungsbekundung gerichteten kommunikativen Mitteln nicht im Vordergrund gestanden. Der primäre Zweck der Zusammenkunft habe vielmehr darin bestanden, die Durchführung des [X.]-[X.]s mit koordinierten, zielgerichteten und von der Solidarität der Mehrheit ersichtlich getragenen unfriedlichen Mitteln zu verhindern oder zumindest erheblich zu stören. Zu verweisen sei auf das mitgeführte Transparent mit der Aufschrift "[X.]-Parteitag verhindern - Nationalismus ist keine Alternative", auf das Auftreten als durch schwarze Bekleidung, weiße Einmalanzüge bzw. Vermummung gekennzeichnete homogene Gruppe sowie auf das den polizeilichen [X.] entsprechende planmäßige Vorgehen. Dieses habe in der gleichzeitigen, gezielten Ansteuerung des Kreisverkehrs durch Busse aus dem gesamten [X.] sowie dem Zünden von Pyrotechnik und dem Errichten von Barrikaden durch die angereisten Personen gleich nach ihrer Ankunft seinen Ausdruck gefunden. [X.] habe es nicht gegeben. Die Blockade des Kreisverkehrs sei geeignet gewesen, die Durchführung des [X.]-[X.]s vor Ort zu verhindern bzw. zu stören. Sie habe die Anreise zu dem Parteitag zumindest erschweren können. Zwar sei die Blockade nur von kurzer Dauer gewesen, hätten die errichteten Barrikaden von der Polizei zügig entfernt werden können und habe es noch andere Zufahrtswege zu dem [X.] gegeben. Jedoch sei die Blockade erst durch das massive Auftreten der Polizei beendet worden. Zudem müsse sie in ihrem jedenfalls faktischen Zusammenwirken mit anderen [X.] im Umfeld des [X.]s gewürdigt werden. Die von mehreren Personen hochgehaltenen Transparente und die in der Gruppe skandierten Sprechchöre, die als solche unzweifelhaft öffentliche Meinungsbekundungen dargestellt hätten, hätten der Ansammlung nicht ein entsprechendes ü[X.]geordnetes objektives Gepräge gegeben. Sie seien lediglich bei Gelegenheit des Versuches erfolgt, den [X.]-[X.] zu verhindern bzw. zu stören.

Im [X.] an die dergestalt verneinte Sperrwirkung des Versammlungsgesetzes hat der [X.]hof die mit den [X.] zu 1 bis 4 sowie zu 7 bis 9 angegriffenen Maßnahmen im Wesentlichen nach Maßgabe des baden-württem[X.]gischen Polizeigesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung vom 13. Januar 1992 ([X.]. [X.], [X.]. [X.], [X.]. [X.]. 1993 [X.]55), für den maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 29. Juli 2014 ([X.]. [X.], 379) - [X.] - für rechtmäßig erachtet. Für die mit dem Klageantrag zu 7 angegriffene Feststellung der Identität des [X.] hat er sich zusätzlich auf § 163b Abs. 1 StPO bezogen, für die von demselben Klageantrag umfasste erkennungsdienstliche Behandlung des [X.] hat er allein auf § 81b Alt. 1 StPO abgestellt. Demgegenü[X.] sei es - wie mit den [X.] zu 5 und 6 geltend gemacht - jedenfalls wegen einer Verletzung der in Art. 1 Abs. 1 GG enthaltenen Garantie der Menschenwürde rechtswidrig gewesen, dem Kläger die Möglichkeit eines Toilettengangs sowie Trinkwasser vorzuenthalten.

Der Kläger verfolgt mit seiner Revision seine Klagebegehren weiter, soweit diese in der Berufungsinstanz ohne Erfolg geblieben sind. Der Standpunkt des [X.]hofs, die in Rede stehende Personenzusammenkunft habe eine Verhinderungsblockade und keine Versammlung dargestellt, so dass die Sperrwirkung des Versammlungsgesetzes nicht eingreife, verletze revisibles Recht. Die polizeilichen Lautsprecherdurchsagen hätten keine die Sperrwirkung aufhebende Auflösungsverfügung nach § 15 Abs. 3 [X.] dargestellt. Die Tatsachenfeststellungen des [X.]hofs seien unzureichend.

Der Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

Die von dem Kläger mit den Klageanträgen zu 1 bis 4 und zu 7 bis 9 in zulässiger Weise eingelegte Revision ist begründet, soweit der [X.]hof der Berufung des Beklagten gegen das klagestattgebende Urteil des [X.] in Bezug auf die Fesselung des [X.] am 30. April 2016 in der [X.] von seiner Ankunft in bzw. vor der [X.] bis zur Abnahme der Fesseln im [X.] an seine Identitätsfeststellung und erkennungsdienstliche Behandlung um 13.30 Uhr (größter Teil des Klageantrags zu 3) sowie in Bezug auf die Fortsetzung des polizeilichen [X.] des [X.] von der Erteilung des [X.] um 17.54 Uhr bis - nach Angabe der Beteiligten - zum Abend des 30. April 2016 und seine Verbringung zum Bahnhof in [X.] (Klageantrag zu 9 in der Zuordnung durch den [X.]hof) Erfolg beigemessen hat. Insoweit beruht das angefochtene Urteil auf einer Verletzung von Bundesrecht im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Es ist in diesem Umfang nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO aufzuheben und die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den [X.]hof zurückzuverweisen. Im Übrigen ergibt sich aus den Entscheidungsgründen des überwiegend zu Gunsten des Beklagten ergangenen, nur bezüglich der Klageanträge zu 5 und zu 6 rechtskräftig gewordenen Berufungsurteils zwar ein Verstoß gegen Bundesrecht, die Entscheidung selbst stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar, so dass die Revision insoweit nach § 144 Abs. 4 VwGO zurückzuweisen ist.

Der [X.]hof hat die Klage, die der Kläger in nach § 44 VwGO zulässiger objektiver Klagehäufung erhoben hat, mit [X.] in die Revisionsinstanz gelangten Klageanträgen im Einklang mit revisiblem Recht für zulässig erachtet (1.). In der Sache kann das Berufungsurteil nur teilweise in seinem Ergebnis aufrecht erhalten bleiben (2.).

1. Die Klage ist mit den Klageanträgen zu 1, zu 2, zu 7, zu 8 und zu 9 als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (a.) sowie mit den Klaganträgen zu 3 und zu 4 als allgemeine Feststellungsklage nach § 43 VwGO (b.) zulässig.

a. Die mit den Klageanträgen zu 1, zu 2, zu 7, zu 8 und zu 9 angegriffenen Maßnahmen sind jeweils als Verwaltungsakt ergangen oder jedenfalls verwaltungsprozessual wie ein solcher zu behandeln. Der [X.]hof hat die Einkesselung der Personengruppe auf der [X.] am 30. April 2016 um 7.02 Uhr im Hinblick auf den der Gruppe angehörenden Kläger als polizeiliche Ingewahrsamnahme nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 [X.] BW a. F. eingeordnet (Klageantrag zu 1). Diese Vorschrift bildete nach dem Berufungsurteil auch die Grundlage für den fortgesetzten polizeilichen Gewahrsam des [X.] in der [X.] von seiner Herauslösung aus der eingekesselten Personengruppe um 8.10 Uhr bis zur Erteilung des [X.] um 17.54 Uhr desselben Tages (Klageantrag zu 2 in der Zuordnung durch den [X.]hof). Ferner konnte nach der Einschätzung des [X.]hofs die Identitätsfeststellung des [X.] jedenfalls auch auf § 26 Abs. 1 Nr. 1 [X.] BW a. F. gestützt werden (erster Teil des Klageantrags zu 7), und fand der dem Kläger erteilte Platzverweis seine Grundlage in § 27a Abs. 1 [X.] BW a. F. (Klageantrag zu 8). Schließlich waren nach dem angegriffenen Urteil die Aufrechterhaltung des polizeilichen [X.] des [X.] bis zu seiner Absetzung am Bahnhof in [X.] gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 1 [X.] BW a. F. und die darüber hinaus mit der räumlichen Distanzierung des [X.] verbundene Belastung nach der polizeilichen Generalklausel aus § 3 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] BW a. F. gerechtfertigt (Klageantrag zu 9 in der Zuordnung durch den [X.]hof). Der Verwaltungsakt ist die Handlungsform zur Umsetzung des von dem [X.]hof dergestalt für den [X.] nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 560 ZPO bindend ausgelegten irrevisiblen [X.]s. Die ausschließlich auf § 81b Alt. 1 StPO zu stützende erkennungsdienstliche Behandlung des [X.] (zweiter Teil des Klageantrags zu 7) ist im Verwaltungsprozess wegen des einzelfallbezogenen [X.] der ihr zu Grunde liegenden Anordnung einem Verwaltungsakt gleichzustellen.

Sämtliche genannten Maßnahmen hatten sich bereits am 30. April 2016 und damit vor Klageerhebung und einer gegebenenfalls eintretenden Bestandskraft erledigt, so dass die Fortsetzungsfeststellungsklage nicht an die Einhaltung der Klagefrist aus § 74 VwGO gebunden war ([X.], Urteile vom 14. [X.]uli 1999 - 6 [X.] 7.98 - [X.]E 109, 203 <206 ff.> und vom 24. Mai 2022 - 6 [X.] 9.20 - [X.]E 175, 346 Rn. 15). Obwohl der Kläger die Klage erst am 2. Mai 2017 erhoben hat, war das Klagerecht nicht verwirkt. Der Beklagte durfte nicht darauf vertrauen, dass der Kläger zu diesem [X.]punkt keine Klage mehr erheben werde. Denn der Kläger hatte bereits mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11. Mai 2016 unter Bezug auf seine polizeiliche Ingewahrsamnahme am 30. April 2016 Akteneinsicht begehrt, woraufhin der Beklagte eine Rückmeldung angekündigt hatte, dann jedoch untätig geblieben war.

Die Klagebefugnis des [X.] nach § 42 Abs. 2 VwGO steht wegen der möglichen Verletzung seiner Grundrechte der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 [X.], der Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 [X.] (wegen des polizeilichen [X.]), der informationellen Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 [X.] (wegen der Identitätsfeststellung und der erkennungsdienstlichen Behandlung) sowie der allgemeinen Handlungsfähigkeit aus Art. 2 Abs. 1 [X.] (wegen des [X.] und der räumlichen Distanzierung) nicht in Zweifel.

Der Kläger verfügt zudem im Hinblick auf alle hier in Rede stehenden Maßnahmen über das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung. Dabei kann dahinstehen, ob entgegen der Auffassung des [X.]hofs ein rechtlich erhebliches Rehabilitierungsinteresse zu bejahen ist. Denn es handelt sich jedenfalls durchweg um Akte, die sich zum einen typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie während des Andauerns der mit ihnen verbundenen Beschwer keiner Überprüfung in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugänglich sind, und die sich zum anderen als tiefgreifend zu beurteilende Grundrechtseingriffe darstellen können (vgl. zu dieser Fallgruppe eines berechtigten Interesses nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO aus der Rechtsprechung des [X.] zuletzt: [X.], Beschlüsse vom 29. November 2023 - 6 [X.] 2.22 - juris Rn. 7 ff. und vom 29. [X.]anuar 2024 - 8 AV 1.24 - juris Rn. 11 ff.). Die letztgenannte Voraussetzung ist nicht nur im Hinblick auf die im Raum stehenden schwerwiegenden Verletzungen der Grundrechte des [X.] aus Art. 8 [X.], Art. 2 Abs. 2 Satz 2 [X.] und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 [X.] erfüllt. Sie kann vielmehr in Anbetracht der Prägung, die das zur Beurteilung stehende Gesamteingriffsszenario durch diese möglichen Grundrechtsverletzungen erfährt, auch hinsichtlich der gegebenenfalls vorliegenden, für sich genommen weniger schwerwiegenden Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfähigkeit des [X.] aus Art. 2 Abs. 1 [X.] nicht verneint werden.

b. Die Maßnahmen, auf die sich die Klageanträge zu 3 und zu 4 beziehen, stellen Realakte dar. Diese Qualifikation ist eine Folge der für den [X.] bindenden Auslegung des [X.]s durch den [X.]hof, wonach es sich bei der Fesselung des [X.] um unmittelbaren Zwang im Sinne von § 52 Abs. 1 [X.] BW a. F. - angewandt im Zuge der Durchführung des angeordneten polizeilichen [X.] - handelte (Klageantrag zu 3) und der Transport des [X.] von der [X.] zur [X.] - gefesselt und stehend in einem Bus - eine tatsächliche Begleiterscheinung dieser Zwangsanwendung darstellte (Klageantrag zu 4).

Aus dieser Einordnung der in Rede stehenden Realakte ergeben sich im Hinblick auf das betroffene Grundrecht des [X.] auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 [X.] rechtliche Beziehungen zwischen ihm und dem Beklagten in Gestalt eines nach § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses.

Das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse des [X.] ist in Entsprechung zu den obigen Darlegungen betreffend das [X.] nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO gegeben. Es handelt sich hier wie dort um sich typischerweise kurzfristig erledigende, mit potentiell tiefgreifenden Grundrechtseingriffen verbundene Maßnahmen.

2. Die zulässige Klage ist teilweise begründet. In der Sache scheitert eine Anwendung der polizeirechtlichen und strafprozessualen Rechtsgrundlagen, die der [X.]hof zur Rechtfertigung der gegenüber dem Kläger angewandten Maßnahmen herangezogen hat, nicht an der Rechtsfigur der Sperrwirkung ("Polizeifestigkeit") (a.) des in [X.] gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 [X.] fortgeltenden (Bundes-)Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz - [X.]) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. November 1978 ([X.]), für den hier maßgeblichen [X.]raum zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Dezember 2008 ([X.] [X.]). Dies hat der [X.]hof allerdings nur im Ergebnis zutreffend erkannt. Demgegenüber ergibt sich aus den dieses Ergebnis tragenden Gründen des Berufungsurteils eine Verletzung revisiblen Rechts. Dies ist, was die Anwendung des [X.]s anbelangt, deshalb der Fall, weil der [X.]hof die Sperrwirkung des [X.] in Gestalt des aus § 15 Abs. 3 [X.] abzuleitenden Vorbehalts, dass eine Versammlung nach dieser Vorschrift aufgelöst worden sein muss, bevor nach Polizeirecht gegen ihren Bestand eingeschritten werden darf, auf Grund der Annahme verneint hat, es habe sich bei der Personengruppe in dem Kreisverkehr und auf der [X.] um eine Zusammenkunft zur Durchführung einer Verhinderungsblockade und damit um keine Versammlung im Sinne des Art. 8 [X.] sowie des § 1 Abs. 1 [X.] gehandelt. Die in Rede stehenden Personengruppe erfüllte jedoch die Merkmale einer Versammlung im verfassungsrechtlichen und versammlungsrechtlichen Sinne (b.).

Die Verkennung des bundesrechtlichen Begriffs der Versammlung durch den [X.]hof wirkt sich indes in Bezug auf das Einschreiten der eingesetzten Polizeikräfte auf polizeirechtlicher Grundlage nicht aus, denn der Zugriff auf das [X.] war aus anderem Grund eröffnet. Dieser Grund bestand zwar nicht darin, dass in den Lautsprecherdurchsagen der vor Ort eingesetzten Polizeikräfte eine Auflösungsverfügung nach § 15 Abs. 3 [X.] gefunden werden könnte (c.). [X.]edoch erfüllte die Versammlung in dem Kreisverkehr und auf der [X.] nach den tatsächlichen Feststellungen, die der [X.]hof im Zusammenhang mit seiner nicht tragfähigen Annahme einer Verhinderungsblockade getroffen hat, von ihrem Beginn an - und durchgehend unverändert bis zum [X.]punkt des polizeilichen Einschreitens - die Merkmale einer unfriedlichen Versammlung. Im Hinblick darauf, dass Art. 8 Abs. 1 [X.] - ebenso wie Art. 11 Abs. 1 [X.] - nur das Recht gewährleistet, sich friedlich (und ohne Waffen) zu versammeln, bedürfen jedenfalls solche unfriedlichen Versammlungen, die von Beginn an und dann durchgehend einen unfriedlichen [X.]harakter haben, vor einer Anwendung des [X.]s keiner Auflösung nach § 15 Abs. 3 [X.] (d.).

Trotz der Anwendbarkeit des [X.]s stellt sich das Berufungsurteil hinsichtlich der eingangs genannten, auf polizeirechtlicher Grundlage ergangenen Maßnahmen (fortgesetzte Fesselung, Fortsetzung des [X.], Verbringung nach [X.]) aus bundesrechtlicher Sicht gleichwohl nicht nach § 144 Abs. 4 VwGO als im Ergebnis richtig dar. Denn der [X.]hof ist insoweit den Anforderungen an die richterliche Sachverhaltsaufklärung, die sich aus der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 2 [X.] und Art. 104 Abs. 1 und 2 [X.] garantierten Unverletzlichkeit der Freiheit der Person ergeben, nicht gerecht geworden. In diesem Umfang ist dem [X.]hof nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO Gelegenheit zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen und Würdigungen in tatsächlicher Hinsicht sowie - auf dieser Grundlage - zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Dauer der Freiheitsentziehung des [X.] und ihrer näheren Umstände zu geben (e.).

Demgegenüber erweist sich das Berufungsurteil in Bezug auf die übrigen auf das [X.] gestützten Maßnahmen als nach § 144 Abs. 4 VwGO im Ergebnis richtig, weil diese auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des [X.]hofs durch die von ihm ohne Verstoß gegen [X.] Recht angewandten Bestimmungen des [X.] Polizeigesetzes in seiner hier anwendbaren alten Fassung getragen werden (f.).

Was das Einschreiten der eingesetzten Polizeikräfte auf strafprozessualer Grundlage - jedenfalls eines solchen auf Grund des im vorliegenden Fall letztlich allein entscheidungserheblichen § 81b Alt. 1 StPO - anbetrifft, steht die Annahme des [X.]hofs in Widerspruch zum Bundesrecht, dem Auflösungsvorbehalt aus § 15 Abs. 3 [X.] könne insoweit überhaupt eine - wenn auch entsprechend dem Verhältnis zum [X.] überwindbare - Sperrwirkung zukommen. Eine solche Sperrwirkung ist hier vielmehr von vornherein ausgeschlossen. Auch insoweit besteht allerdings eine Ergebnisrichtigkeit des Berufungsurteils im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO, weil der [X.]hof eine versammlungsgesetzliche Sperrwirkung entsprechend seinen Darlegungen zur Anwendbarkeit des [X.]s verneint und die Tragfähigkeit des § 81b Alt. 1 StPO in nicht zu beanstandender Weise bejaht hat (g.).

a. Die Rechtsfigur der Sperrwirkung des [X.] gegenüber der Anwendung von Vorschriften des allgemeinen [X.]s ist eine Ausprägung sowohl des Grundsatzes des Vorrangs des speziellen Gesetzes (aa.) als auch des Grundrechts der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 [X.] ([X.]).

aa. In der erstgenannten Hinsicht ist in der älteren Rechtsprechung des [X.] die Sperrwirkung des auf Grund der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 3 [X.] a. F. erlassenen [X.] sehr weit verstanden worden. Das Gericht hat in einem Beschluss aus dem [X.] ausgeführt, das Versammlungsgesetz regele nicht lediglich im Sinne von Art. 8 Abs. 2 [X.] Beschränkungen des Grundrechts der Versammlungsfreiheit, sondern stelle die - seinerzeit noch nach Maßgabe der Art. 70 und 72 [X.] a. F. landesrechtliche Regelungen ausschließende - umfassende bundesgesetzliche Ordnung des Versammlungswesens dar. Das gelte insbesondere für § 15 Abs. 2 [X.] a. F. (nunmehr § 15 Abs. 3 [X.]). Die Unterbindung einer Versammlung könne auch in den Fällen ausschließlich auf diese Vorschrift gestützt werden, in denen die Auflösung der Versammlung den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 [X.] nicht berühre und deshalb keine Beschränkung der Versammlungsfreiheit im Sinne von Art. 8 Abs. 2 [X.] darstelle ([X.], Beschluss vom 14. [X.]anuar 1987 - 1 [X.] - NVwZ 1988, 250 <251>).

Von dieser Rechtsprechung ist das [X.] seit dem [X.] abgerückt. Es hat mehrfach betont, die Sperrwirkung des [X.] bedeute nicht, dass in die Versammlungsfreiheit nur auf der Grundlage des [X.] eingegriffen werden könne. Dieses Gesetz enthalte keine abschließende Regelung für die Abwehr aller Gefahren, die im Zusammenhang mit Versammlungen auftreten könnten. Vielmehr sei das Versammlungswesen im Versammlungsgesetz nicht umfassend und vollständig, sondern nur teilweise und lückenhaft geregelt, so dass in Ermangelung einer speziellen Regelung auf das der allgemeinen Gefahrenabwehr dienende jeweilige [X.] zurückgegriffen werden müsse. Obwohl das [X.] diesen auf den Grundsatz des Vorrangs des speziellen Gesetzes bezogenen Ansatz bisher nur für Maßnahmen im Vorfeld von Versammlungen ([X.], Urteile vom 25. [X.]uli 2007 - 6 [X.] 39.06 - [X.]E 129, 142 Rn. 30, 37 ff., vom 25. Oktober 2017 - 6 [X.] 46.16 - [X.]E 160, 169 Rn. 16, 48 und vom 24. Mai 2022 - 6 [X.] 9.20 - [X.]E 175, 346 Rn. 11; vgl. im Ergebnis übereinstimmend auch: [X.], Beschluss vom 18. Dezember 2018 - 1 BvR 142/15 - [X.]E 150, 244 Rn. 136), in Bezug auf die Verhütung von Gefahren, die allein aus der Ansammlung einer Vielzahl von Menschen an einem dafür ungeeigneten Ort entstehen ([X.], Beschluss vom 16. November 2010 - 6 [X.] - [X.] 402.44 [X.] Nr. 18 Rn. 6) sowie für die Vollstreckung von auf versammlungsrechtlicher Grundlage erlassenen Verfügungen ([X.], Beschluss vom 3. Mai 2019 - 6 B 149.18 - [X.] 402.41 [X.] Rn. 8 f.) angewandt hat, ist er prinzipiell nicht auf diese Konstellationen begrenzt.

[X.] Begrenzungen für die Anwendung des [X.]s ergeben sich indes aus der Schutzwirkung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 [X.]. Das [X.] hat hierzu im [X.]ahr 2004 ausgeführt, Art. 8 [X.] erlaube Beschränkungen von Versammlungen unter freiem Himmel nur nach Maßgabe seines Absatzes 2. Maßnahmen der Gefahrenabwehr gegen Versammlungen richteten sich dementsprechend nach dem Versammlungsgesetz. Dessen im Vergleich zum allgemeinen Polizeirecht besonderen Voraussetzungen für beschränkende Maßnahmen seien Ausprägungen des Grundrechts der Versammlungsfreiheit. Dementsprechend gehe das Versammlungsgesetz als Spezialgesetz dem allgemeinen Polizeirecht vor. So scheide - ohne vorherige Auflösung der Versammlung oder entsprechende Ausschließung eines Versammlungsteilnehmers - ein auf allgemeines Polizeirecht gegründeter Platzverweis aus, solange sich eine Person in einer Versammlung befinde und sich auf die Versammlungsfreiheit berufen könne ([X.], [X.] vom 26. Oktober 2004 - 1 BvR 1726/01 - NVwZ 2005, 80 <81>).

Diese Maßgaben hat das [X.] im [X.] bekräftigt. Aus dem Versammlungsgesetz ergäben sich besondere Anforderungen für einen polizeilichen Zugriff auf Versammlungsteilnehmer. Eine auf allgemeines Polizeirecht gegründete Maßnahme, durch welche das Recht zur Teilnahme an der Versammlung beschränkt werde, scheide auf Grund der Sperrwirkung der versammlungsgesetzlichen Regelungen aus. Für Beschränkungen der Versammlungsteilnahme stünden der Polizei lediglich die abschließend versammlungsgesetzlich geregelten teilnehmerbezogenen Maßnahmen zu Gebote, für die im Interesse des wirksamen Grundrechtsschutzes strengere Anforderungen bestünden als für polizeirechtliches Einschreiten allgemein. Nach allgemeinem Polizeirecht erlassene Maßnahmen, die - wie ein Platzverweis oder eine Ingewahrsamnahme - die Teilnahme an einer Versammlung beendeten, seien rechtswidrig, solange nicht die Versammlung gemäß § 15 Abs. 3 [X.] aufgelöst oder der Teilnehmer auf versammlungsrechtlicher Grundlage von der Versammlung ausgeschlossen worden sei ([X.], [X.] vom 30. April 2007 - 1 BvR 1090/06 - NVwZ 2007, 1180 <1182>).

Das [X.] hat diese Vorgaben des [X.]s in seiner oben angeführten Rechtsprechung im Blick gehabt (vgl. etwa: [X.], Urteil vom 25. [X.]uli 2007 - 6 [X.] 39.06 - [X.]E 129, 142 Rn. 39, Beschlüsse vom 16. November 2010 - 6 [X.] - [X.] 402.44 [X.] Nr. 18 Rn. 6 und vom 3. Mai 2019 - 6 B 149.18 - [X.] 402.41 [X.] Rn. 8). Sie kamen in den betreffenden Entscheidungen allerdings nicht zum Tragen, weil es in diesen nicht um einen auf das allgemeine Polizeirecht gestützten, unmittelbaren Eingriff in den Ablauf einer Versammlung ging (zu diesem Unterschied auch: [X.], Beschluss vom 18. Dezember 2018 - 1 BvR 142/15 - [X.]E 150, 244 Rn. 136).

b. Der [X.]hof hat das Eingreifen der versammlungsgesetzlichen Sperrwirkung in Gestalt des Auflösungsvorbehalts aus § 15 Abs. 3 [X.] gegenüber einer Anwendung des [X.]s verneint, indem er an dem Begriff der Versammlung (aa.) angesetzt und aus diesem seiner Einschätzung nach mit der Bezeichnung als Verhinderungsblockade zu erfassende Aktionsformen ausgenommen hat ([X.]). Dieses Normverständnis steht mit dem bundesrechtlichen Begriff der Versammlung nicht im Einklang ([X.]).

aa. Art. 8 Abs. 1 [X.] verleiht [X.] [X.] das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Nach § 1 Abs. 1 [X.] hat jedermann das Recht, öffentliche Versammlungen und Aufzüge zu veranstalten und an solchen Veranstaltungen teilzunehmen.

Das [X.] definiert die Versammlung im Sinne des Art. 8 [X.] als örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung ([X.], Urteil vom 22. Februar 2011 - 1 BvR 699/06 - [X.]E 128, 226 <250>; Beschluss vom 24. Oktober 2001 - 1 BvR 1190/90 u. a. - [X.]E 104, 92 <104>; [X.] vom 12. [X.]uli 2001 - 1 BvQ 28/01 u. a. - N[X.]W 2001, 2459 <2460>, vom 26. Oktober 2004 - 1 BvR 1726/01 - NVwZ 2005, 80, vom 30. April 2007 - 1 BvR 1090/06 - NVwZ 2007, 1180 und vom 7. März 2011 - 1 BvR 388/05 - N[X.]W 2011, 3020 Rn. 32). In Übereinstimmung mit dieser Definition bestimmt das [X.] in gefestigter Rechtsprechung den Versammlungsbegriff nicht nur des Art. 8 [X.], sondern auch des § 1 Abs. 1 [X.] ([X.], Urteile vom 16. Mai 2007 - 6 [X.] 23.06 - [X.]E 129, 42 Rn. 15, vom 22. August 2007 - 6 [X.] 22.06 - [X.] 402.44 [X.] Nr. 14 Rn. 14, vom 25. Oktober 2017 - 6 [X.] 46.16 - [X.]E 160, 169 Rn. 25 und vom 24. Mai 2022 - 6 [X.] 9.20 - [X.]E 175, 346 Rn. 19). Diese Gleichsetzung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ([X.], [X.] vom 12. [X.]uli 2001 - 1 BvQ 28/01 u. a. - N[X.]W 2001, 2459 <2460>).

Eine Bewertung des Inhalts des mit einer Veranstaltung verfolgten kommunikativen Anliegens bzw. der Eignung oder Sinnhaftigkeit einer Veranstaltung sowie der in ihrem Rahmen geplanten Aktionen und Ausdrucksformen im Hinblick auf den jeweils bezweckten Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung steht den grundrechtsgebundenen staatlichen Stellen nicht zu ([X.], Beschluss vom 24. Oktober 2001 - 1 BvR 1190/90 u. a. - [X.]E 104, 92 <109 ff.>, [X.] vom 21. September 2020 - 1 BvR 2152/20 - NVwZ 2020, 1505 Rn. 17). Unberührt hiervon bleibt allein die den zuständigen Behörden und den Gerichten obliegende rechtliche Beurteilung, ob eine Veranstaltung den Versammlungsbegriff erfüllt ([X.], [X.] vom 12. [X.]uli 2001 - 1 BvQ 28/01 u. a. - N[X.]W 2001, 2459 <2461>; [X.], Urteil vom 24. Mai 2022 - 6 [X.] 9.20 - [X.]E 175, 346 Rn. 23).

Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf eine Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob eine derart gemischte Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Kann ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festgestellt werden, bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln ist ([X.], Beschluss vom 27. Oktober 2016 - 1 BvR 458/10 - [X.]E 143, 161 Rn. 112 f., [X.] vom 12. [X.]uli 2001 - 1 BvQ 28/01 u. a. - N[X.]W 2001, 2459 <2461>; [X.], Urteile vom 16. Mai 2007 - 6 [X.] 23.06 - [X.]E 129, 42 Rn. 16 ff., vom 22. August 2007 - 6 [X.] 22.06 - [X.] 402.44 [X.] Nr. 14 Rn. 14, 22 und vom 24. Mai 2022 - 6 [X.] 9.20 - [X.]E 175, 346 Rn. 21).

[X.] Der [X.]hof hat die nach seiner Einschätzung dem Versammlungsbegriff nicht unterf[X.]de Verhinderungsblockade als eine strategische Veranstaltung definiert, mit der nicht nur wie bei einer von dem Versammlungsbegriff umfassten demonstrativen Blockade kurzfristig ein symbolischer Protest im Sinne einer Meinungskundgabe ausgedrückt werden solle, bei dem die Behinderung Dritter bloße Nebenfolge sei. Vielmehr bestehe deren primärer Zweck darin, eigene Forderungen zwangsweise durchzusetzen, die Rechte Dritter gezielt zu beeinträchtigen oder das, was - wie etwa eine andere Versammlung - politisch missbilligt werde, tatsächlich zu stören oder zu verhindern. Für die Prüfung, ob eine Blockade einen nur symbolischen [X.]harakter habe und der kommunikative Zweck im Vordergrund stehe oder aber Meinungen lediglich bei Gelegenheit der Blockade kundgetan würden, sei auf das anhand der objektiven Umstände zu ermittelnde Gesamtgepräge abzustellen, wobei insbesondere Art, Umfang, Dauer und Intensität der Blockade sowie der sachliche Zusammenhang mit ihrem inhaltlichen Gegenstand und die Eignung, das erklärte Ziel tatsächlich vor Ort mit physischen Mitteln zu erreichen, in den Blick zu nehmen seien. Diese Merkmale hat der [X.]hof im vorliegenden Fall als gegeben erachtet.

[X.] Mit dieser einschränkenden Interpretation hat der [X.]hof den bundesrechtlichen Versammlungsbegriff verkannt. Sie gibt einer wertenden Betrachtung der von den [X.] verfolgten Zwecke in einem Maße Raum, das bereits mit den dem Versammlungsbegriff inhärenten Geboten, eine Bewertung von [X.] zu unterlassen und im Zweifel einen [X.] anzunehmen, kaum zu vereinbaren ist. [X.]edenfalls kann sich der [X.]hof zur Rechtfertigung seines restriktiven Interpretationsansatzes nicht auf zwei Stränge in der Rechtsprechung des [X.]s berufen, in denen dieses - äußerst eng umgrenzt - bestimmte Formen des Zusammenwirkens in einer Personengruppe von dem Versammlungsbegriff des Art. 8 [X.] ausgenommen hat (aaa.). Über die danach bestehenden Maßgaben geht das Normverständnis des [X.]hofs weit hinaus (b[X.]). Im Ergebnis handelte es sich bei der Personengruppe, die sich in dem Kreisverkehr eingefunden und sich sodann auf die [X.] begeben hatte, in Anbetracht der aus ihrer Mitte heraus zum Ausdruck gebrachten Ablehnung der der [X.] zugeschriebenen politischen Positionen um eine Versammlung.

aaa. Der erste Rechtsprechungsstrang zur abgrenzenden Konturierung des Versammlungsbegriffs wird durch zwei Entscheidungen des [X.]s aus den [X.]ahren 1991 und 2007 gebildet. [X.] hat das Gericht für die Konstellation der opponierenden Teilnahme (zu diesem Begriff: [X.], N[X.]W 2011, 2999 <3002>) an einer Versammlung in geschlossenen Räumen festgestellt, der Schutz des Art. 8 [X.] ende dort, wo es nicht um die - wenn auch kritische - Teilnahme an der Versammlung, sondern um deren Verhinderung gehe. Die Beteiligung an einer Versammlung setze zwar keine Unterstützung des [X.] voraus, sondern erlaube auch Widerspruch und Protest. Wohl aber verlange sie die Bereitschaft, die Versammlung in ihrem Bestand hinzunehmen und abweichende Ziele allein mit kommunikativen Mitteln zu verfolgen. Wer dagegen eine Versammlung in der Absicht aufsuche, sie durch seine Einwirkung zu verhindern, könne sich nicht auf das Grundrecht aus Art. 8 [X.] berufen. Das gelte auch, wenn er dabei seinerseits im Verein mit anderen auftrete ([X.], Beschluss vom 11. [X.]uni 1991 - 1 BvR 772/90 - [X.]E 84, 203 <209 ff.>).

Im [X.] hat es das [X.] dahinstehen lassen, ob und unter welchen Umständen Personenzusammenkünften unter freiem Himmel der Schutz des Art. 8 [X.] zu versagen sei, wenn diese ausschließlich die Verhinderung einer anderen Versammlung bezweckten. [X.]edenfalls werde der durch die Versammlungsfreiheit vermittelte Schutz nicht dadurch beseitigt, dass von einer Zusammenkunft Störungen für eine andere Versammlung ausgingen, die im Rahmen der die Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 Abs. 2 [X.] beschränkenden Gesetze abgewehrt werden könnten ([X.], [X.] vom 30. April 2007 - 1 BvR 1090/06 - NVwZ 2007, 1180).

Der zweite hier relevante Rechtsprechungsstrang umfasst zwei [X.]udikate aus dem Kreis der Entscheidungen, in denen sich das [X.] zu den Voraussetzungen einer Strafbarkeit von (Sitz-)Blockaden als Nötigung nach § 240 StGB verhalten hat. [X.] hat das Gericht bekräftigt, dass der Einsatz einer Blockade nach Art. 8 [X.] geschützt sei, wenn es sich um ein Mittel handele, um ein kommunikatives Anliegen bzw. die Erzielung von öffentlicher Aufmerksamkeit für einen politischen Standpunkt auf spektakuläre Weise zu verfolgen und dadurch am Prozess öffentlicher Meinungsbildung teilzuhaben (in diesem Sinne bereits zuvor: [X.], Urteil vom 11. November 1986 - 1 BvR 713/83 u. a. - [X.]E 73, 206 <248 ff.>, Beschluss vom 1. Dezember 1992 - 1 BvR 88/91 u. a. - [X.]E 87, 399 <406>). Im Rahmen der Prüfung der Verwerflichkeit nach § 240 Abs. 2 StGB seien Art und Maß der Auswirkungen der Blockade auf betroffene Dritte und deren Grundrechte zu berücksichtigen. Wichtige Abwägungselemente seien - unter anderem - die Dauer und Intensität der Blockade sowie der Bezug des Ortes der Versammlung, ihrer konkreten Ausgestaltung und der von ihr betroffenen Personen zu dem Versammlungsthema ([X.], Beschluss vom 24. Oktober 2001 - 1 BvR 1190/90 u. a. - [X.]E 104, 92 <110 ff.>). Das [X.] hat hiernach einer Blockade des [X.] an der [X.], die eine Gruppe von [X.] und Sinti mit ihren Fahrzeugen ins Werk gesetzt hatte, um ihre Einreise in die [X.] zu erzwingen, bereits die Anerkennung als Versammlung im Sinne des Art. 8 [X.] versagt, die es zwei in demselben Verfahren behandelten [X.]en an der Zufahrt zu der vormals geplanten Wiederaufbereitungsanlage in [X.] hat zuteilwerden lassen. Die Blockade des [X.] habe - anders als die beiden anderen behandelten Aktionen - nicht, jedenfalls nicht in erster Linie, der Kundgebung einer Meinung oder der Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit für ein kommunikatives Anliegen gedient. Vielmehr habe die Erzwingung des eigenen Vorhabens im Vordergrund der [X.] gestanden. Art. 8 [X.] schütze die Teilhabe an der Meinungsbildung, nicht aber die zwangsweise oder sonst wie selbsthilfeähnliche Durchsetzung eigener Forderungen ([X.], Beschluss vom 24. Oktober 2001 a. a. [X.] 105).

[X.] hat das [X.] die Voraussetzungen für die Annahme einer nicht als Versammlung durch Art. 8 [X.] geschützten Blockade zur selbsthilfeähnlichen Durchsetzung eigener Forderungen präzisiert. Es müsse sich dabei um eine konkrete, vor Ort durchsetzbare Forderung handeln ([X.], [X.] vom 7. März 2011 - 1 BvR 388/05 - N[X.]W 2011, 3020 Rn. 35).

b[X.] Die Kriterien, nach denen in Übereinstimmung mit diesen Strängen in der Rechtsprechung des [X.]s das Agieren in einer Personengruppe von dem Versammlungsbegriff des Art. 8 [X.] ausgenommen werden kann, hat der [X.]hof in mehrfacher Weise überdehnt.

Zunächst und vor allem kann der [X.] einer [X.], die nicht offensichtlich nur dem Nahziel dient, eine konkrete, vor Ort erfüllbare Forderung durchzusetzen, sondern in deren Verlauf es auch zu in den Rahmen der öffentlichen Meinungsbildung einzuordnenden Bekundungen zu weiteren Zielen kommt, nur dann verneint werden, wenn das kommunikative Anliegen und der Einsatz entsprechender Kommunikationsmittel in handgreiflicher Weise einen bloßen Vorwand darstellen. Der [X.]hof hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass es aus der schließlich eingekesselten Personengruppe heraus öffentliche Meinungsbekundungen in Gestalt von Parolen auf Transparenten (z. B.: "Den nationalistischen Konsens brechen") und in Sprechchören (z. B.: "[X.]-Faschistenpack, wir haben Euch zum Kotzen satt") gab, mit denen die seitens der Veranstaltungsteilnehmer der [X.] zugeschriebene Politik angegriffen wurde. Anhaltspunkte, die dafür sprechen könnten, dass diese politischen Meinungsbekundungen einen bloßen Vorwand zur Kaschierung einer von einer entsprechenden politischen Positionierung gelösten Absicht zur Verhinderung des stattfindenden [X.]-Bundesparteitags darstellten, hat der [X.]hof nicht benannt. Für die von ihm stattdessen aufgestellte - und nicht als erfüllt erachtete - Forderung, die [X.] müssten im Vordergrund gestanden haben und es dürfe zu ihnen nicht nur bei Gelegenheit des übrigen Geschehens gekommen sein, gibt es nach dem von dem [X.] im [X.]ahr 2001 erstmals benannten und im [X.] präzisierten Maßstab keine Grundlage.

Ferner haben die Kriterien der Art, des Umfangs, der Dauer und der Intensität einer Blockade sowie ihres Zusammenhangs mit dem inhaltlichen Gegenstand der Aktion, auf die der [X.]hof für die Verneinung des [X.]s der in Rede stehenden Personengruppe desweiteren abgestellt hat, mit dem bundesrechtlichen Begriff der Versammlung als solchem nichts zu tun. Das [X.] hat auf diese Kriterien vielmehr für die Beurteilung der Strafbarkeit von Teilnehmern an als Versammlungen zu beurteilenden Blockaden nach § 240 StGB - konkret für die Prüfung der Verwerflichkeit der jeweiligen [X.] nach § 240 Abs. 2 StGB - verwiesen.

Schließlich kann nach den von dem [X.] gebildeten Maßstäben [X.]falls eine solche Veranstaltung von dem Versammlungsbegriff ausgenommen werden, die auf die vollständige Verhinderung einer anderen Versammlung abzielt; eine bloße Störung genügt hierfür in keinem Fall. Der [X.]hof hat demgegenüber bereits in seiner Definition einer Verhinderungsblockade die bloße Störung einer anderen Versammlung deren vollständiger Verhinderung gleichgestellt. Er hat sich sodann, ausgehend von diesem dem revisiblen Recht widersprechenden Ansatz, nicht festgelegt, ob der Zweck der insbesondere in dem Kreisverkehr von Mitgliedern der Personengruppe unternommenen Aktionen in einer Verhinderung des [X.]-Bundesparteitags oder nur darin bestand habe, diesen zu stören oder in seiner Durchführung zu erschweren.

c. Die Einschätzung des [X.]hofs, der Auflösungsvorbehalt nach § 15 Abs. 3 [X.] habe im vorliegenden Fall keine Sperrwirkung für die Anwendung des allgemeinen [X.]s geäußert, erweist sich nicht deshalb als im Ergebnis richtig, weil in den Lautsprecherdurchsagen der Polizei, nachdem sie die Versammlung auf der [X.] am 30. April 2016 um 7.02 Uhr eingekesselt hatte, Verlautbarungen einer erlassenen Verfügung zur Auflösung dieser Versammlung gefunden werden könnten.

Der Begriff der Auflösung umschreibt die Beendigung einer bereits durchgeführten Versammlung mit dem Ziel, die Personenansammlung zu zerstreuen. Die Auflösung ist ein Verwaltungsakt. Adressaten sind die Versammlungsteilnehmer. Die Auflösungsverfügung soll ihnen Klarheit darüber verschaffen, dass mit ihrem rechtmäßigen Erlass der Grundrechtsschutz aus Art. 8 [X.] entfällt. Wegen des Erfordernisses der Erkennbarkeit und Rechtssicherheit muss sie in eindeutiger, Missverständnisse ausschließender Weise formuliert sein ([X.], Beschluss vom 24. Oktober 2001 - 1 BvR 1190/90 u. a. - [X.]E 104, 92 <106 f.>, [X.] vom 26. Oktober 2004 - 1 BvR 1726/01 - NVwZ 2005, 80 <81> und vom 30. April 2007 - 1 BvR 1090/06 - NVwZ 2007, 1180 <1182>).

Die Lautsprecherdurchsagen der Polizei richteten sich nach ihrem von dem [X.]hof festgestellten Wortlaut nicht an alle Teilnehmer der eingekesselten Versammlung, sondern nur an solche, "die den friedlichen Verlauf der Versammlung stören". Der dergestalt verlautbarten Aussage fehlte es damit - unabhängig von der Frage, ob eine tatsächliche Grundlage für die in ihr angelegte Differenzierung bestand - an dem für die Annahme einer Auflösungsverfügung erforderlichen eindeutigen Bezug auf die Versammlung in ihrer Gesamtheit. Abgesehen hiervon wäre es den [X.], nachdem sie von den vor Ort befindlichen Polizeikräften eingekesselt worden waren, tatsächlich unmöglich gewesen, sich, wozu ihnen eine verfügte Versammlungsauflösung Gelegenheit geben soll (vgl. [X.], [X.] vom 30. April 2007 - 1 BvR 1090/06 - NVwZ 2007, 1180 <1182 f.>), von sich aus zu entfernen.

d. Die Einschätzung des [X.]hofs, die Anwendung des [X.]s sei trotz Fehlens einer auf der Grundlage von § 15 Abs. 3 [X.] erlassenen Auflösungsverfügung nicht gesperrt gewesen, ist im Ergebnis deshalb nicht zu beanstanden, weil die Versammlung, die in dem Kreisverkehr begann und sich sodann ohne relevante Zäsur auf der [X.] fortsetzte, nicht nur zum [X.]punkt des polizeilichen Einschreitens, sondern bereits von ihrem Beginn an und dann durchgehend die Merkmale einer kollektiven [X.]keit (aa.) aufwies, so dass sie gemäß Art. 8 Abs. 1 [X.] - wie auch gemäß Art. 11 Abs. 1 [X.] - dem Schutzbereich des Grundrechts der Versammlungsfreiheit nicht unterfiel. Der einheitliche [X.]harakter des zunächst in dem Kreisverkehr und sodann auf der [X.] ablaufenden Geschehens und die der Versammlung als ganzer von Beginn an und dann durchgehend anhaftende [X.]keit ergeben sich aus den tatsächlichen Feststellungen und tatrichterlichen Würdigungen, die der [X.]hof - wenn auch im Zusammenhang mit seiner revisiblem Recht widersprechenden Annahme einer Verhinderungsblockade - vorgenommen hat ([X.]). Der [X.] ist an diese Feststellungen und Würdigungen des [X.]hofs gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Die von dem Kläger erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch ([X.]). Unter Berücksichtigung der ausdrücklichen Entscheidung des [X.], unfriedlichen Versammlungen den Schutz des Grundrechts der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 [X.] zu versagen, kommt jedenfalls einer unfriedlichen Versammlung, die - wie im vorliegenden Fall - von Beginn an und dann durchgehend einen unfriedlichen [X.]harakter hat, die mit dem Auflösungsvorbehalt nach § 15 Abs. 3 [X.] verbundene verfahrensrechtliche Privilegierung nicht zugute ([X.].).

aa. Die Maßstäbe, nach denen eine Versammlung als unfriedlich zu charakterisieren ist, sind in der Rechtsprechung des [X.]s geklärt. Auszugehen ist davon, dass die [X.]keit in der Verfassung auf der gleichen Stufe wie das Mitführen von Waffen behandelt wird. [X.] ist eine Versammlung daher erst, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit wie etwa aggressive Ausschreitungen gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten stattfinden, hingegen nicht schon, wenn es zu Behinderungen Dritter kommt, seien diese auch gewollt und nicht nur in Kauf genommen. Es muss sich zudem um eine kollektive [X.]keit handeln, das heißt, die Versammlung muss im Ganzen einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf nehmen bzw. der Veranstalter oder sein Anhang müssen einen solchen anstreben oder zumindest billigen. Begehen nur einzelne Versammlungsteilnehmer oder eine Minderheit unter ihnen im Verlauf einer Versammlung Ausschreitungen, bleibt der Schutz der Versammlung mit Blick auf die friedlichen Teilnehmer erhalten ([X.], Urteil vom 11. November 1986 - 1 BvR 713/83 u. a. - [X.]E 73, 206 <248>, Beschlüsse vom 14. Mai 1985 - 1 BvR 233/81 u. a. - [X.]E 69, 315 <360 f.>, vom 1. Dezember 1992 - 1 BvR 88/91 u. a. - [X.]E 87, 399 <406> und vom 24. Oktober 2001 - 1 BvR 1190/90 u. a. - [X.]E 104, 92 <106>, [X.] vom 30. April 2007 - 1 BvR 1090/06 - NVwZ 2007, 1180 <1180 f.> und vom 7. März 2011 - 1 BvR 388/05 - N[X.]W 2011, 3020 Rn. 33). Im Zweifel ist von einer friedlichen Versammlung auszugehen. Nach der maßgeblichen [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Mai 1985 - 1 BvR 233/81 u. a. - [X.]E 69, 315 <361, 365>, [X.] vom 2. November 2016 - 1 BvR 289/15 - NVwZ 2017, 555 Rn. 13) setzt die Annahme eines unfriedlichen Verlaufs einer Versammlung nicht voraus, dass es schon zu Gewalttätigkeiten in dem genannten Sinne gekommen ist. Es reicht vielmehr aus, wenn diese nach einer auf belastbare Feststellungen gestützten Prognose unmittelbar bevorstehen (vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des [X.]s ganz herrschende Ansicht, vgl. etwa: [X.], in: v. [X.] <Hrsg.>, [X.], [X.], 7. Aufl. 2021, Art. 8 Rn. 57; [X.], in: [X.] <Hrsg.>, [X.], 9. Aufl. 2021, Art. 8 Rn. 35; [X.], in: Bäcker/​Denninger/​Graulich <Hrsg.>, Handbuch des Polizeirechts, 7. Aufl. 2021, Teil [X.] Rn. 71).

[X.] Nach den Feststellungen des [X.]hofs waren laut den von der Polizei im Vorfeld des [X.]-Bundesparteitags gewonnenen Erkenntnissen 850 bis 1 000 gewaltbereite Personen aus dem linksautonomen Spektrum zu erwarten. Diese würden darauf ausgehen, Zufahrtswege zur Messe als dem Veranstaltungsort des [X.]-Bundesparteitags zu blockieren, Infrastruktur an der Messe zu zerstören und durch das Inbrandsetzen von Kraftfahrzeugen und Ladengeschäften ähnlich schwere Ausschreitungen zu begehen, wie sie im [X.]ahr 2015 anlässlich der Eröffnung der [X.] in [X.] stattgefunden hatten. In erkennbar planmäßiger Umsetzung dieser im Vorfeld ermittelten Intentionen sammelten sich am 30. April 2016 450 bis 500 teilweise vermummte, fast ausschließlich schwarz oder mit weißen Einmalanzügen bekleidete Personen, die ab 6.35 Uhr in rascher Folge mit 13 Reisebussen eingetroffen waren. Sofort nach ihrer Ankunft in dem Kreisverkehr zündeten sie dort wiederholt Pyrotechnik und blockierten die Ausfahrten mit Barrikaden, die sie mit herbeigeholtem Baustellenmaterial errichteten. Es gab keine Absetzbewegungen aus der Personengruppe. Diese verließ, als Einsatzfahrzeuge der Polizei eintrafen, um 6.56 Uhr den Kreisverkehr und kam um 6.59 Uhr auf der angrenzenden [X.] - in nahezu identischer Zusammensetzung wie zuvor in dem Kreisverkehr und in großen Teilen weiterhin vermummt - zum Stehen. Dabei wurde eine Kreuzung blockiert. Den sich nähernden Polizeikräften wurde eine Rauchbombe entgegengeworfen, bevor die Gruppe um 7.02 Uhr von den anwesenden Polizeikräften eingekesselt wurde.

Auf Grund dieser Tatsachenfeststellungen hat der [X.]hof in tatsächlicher Hinsicht darauf geschlossen, dass es sich bei den Ereignissen von der Ankunft der Reisebusse an dem Kreisverkehr um 6.35 Uhr bis zu der Einschließung der Personengruppe auf der [X.] um 7.02 Uhr um ein einheitliches Geschehen handelte, welches sich ununterbrochen innerhalb eines sehr kurzen [X.]raums auf eng begrenztem Raum ereignete, keine erheblichen qualitativen Veränderungen aufwies und von derselben Zielrichtung getragen wurde. Der [X.]hof hat auf Grund der von ihm festgestellten Tatsachenbasis weiterhin den Schluss gezogen, dass es sich bei den Personen, die in dem Kreisverkehr zusammengekommen waren und sich sodann in nahezu identischer Zusammensetzung auf die [X.] begeben hatten, um eine homogene Gruppe handelte, deren unfriedliches Verhalten koordiniert und zielgerichtet und ersichtlich von der Solidarität der Mehrheit der Versammlungsteilnehmer getragen war.

[X.] Der Kläger kann mit den [X.] der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO (aaa.) und der Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO (b[X.]), die er sinngemäß gegen die tatsächlichen Feststellungen des [X.]hofs und dessen tatrichterlichen Würdigungen des Sachverhalts erhebt, nicht durchdringen.

aaa. Der Kläger vermisst hinreichende Tatsachenfeststellungen des [X.]hofs zur Geeignetheit der in dem Kreisverkehr errichteten Barrikaden für eine grobe Störung oder Verhinderung des [X.]-Bundesparteitags sowie zur Einordnung des [X.] als homogenes Gruppenverhalten.

Aus dieser Rüge ergibt sich eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO schon deshalb nicht, weil der Kläger nicht darlegt, welche geeigneten und erforderlichen Aufklärungsmaßnahmen in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen voraussichtlich getroffen worden wären und welche Relevanz diesen Feststellungen für das Ergebnis der vorinstanzlichen Entscheidung hätte zukommen können. Zudem hat der [X.]hof ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung durch Inaugenscheinnahme der polizeilichen Videoaufzeichnungen über die Ereignisse in dem Kreisverkehr und auf der [X.] am 30. April 2016 in der [X.] von 6.30 Uhr bis 8.00 Uhr sowie durch die Vernehmung von drei Polizeibeamten als Zeugen Beweis erhoben. Der Prozessbevollmächtigte des [X.] hat nicht durch die Stellung von Beweisanträgen auf eine weitere Beweiserhebung hingewirkt. Dafür, dass eine solche sich dem [X.]hof von sich aus hätte aufdrängen müssen, trägt der Kläger nichts vor (vgl. zu den Anforderungen an die Begründung einer Aufklärungsrüge: [X.], Urteil vom 31. Mai 2017 - 6 [X.] 42.16 - [X.]E 159, 64 Rn. 31).

b[X.] Der Kläger meint ferner, der [X.]hof habe in willkürlicher Weise nicht berücksichtigt, dass die Polizei mit der Unterscheidung von friedlichen und unfriedlichen [X.] in den Lautsprecherdurchsagen, die sie an die auf der [X.] eingekesselten Personen gerichtet habe, selbst vom Bestehen einer geschützten Versammlung ausgegangen sei. Mit dieser Rüge übersieht der Kläger, dass die Rechtsauffassung der vor Ort eingesetzten Polizeikräfte die rechtliche Beurteilung des polizeilichen Einschreitens durch das später entscheidende Gericht in keiner Weise bindet. Ebenso wenig verlässt der Tatrichter durch ihre Außerachtlassung den Wertungsrahmen, der ihm durch § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO für die Würdigung des Sachverhalts eingeräumt wird.

[X.]. Wie dargelegt, ist die versammlungsgesetzliche Sperrwirkung gegenüber einer Anwendung des [X.]s nach der Rechtsprechung des [X.]s in dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 [X.] angelegt. Es ist eine Folge dieser verfassungsrechtlichen Wurzel der Sperrwirkung, dass die in Art. 8 Abs. 1 [X.] enthaltene Entscheidung des Verfassungsgesetzgebers, unfriedliche Versammlungen von dem Schutzbereich der grundgesetzlich garantierten Versammlungsfreiheit auszunehmen, bei der Auslegung der Reichweite der durch den Auflösungsvorbehalt des § 15 Abs. 3 [X.] bewirkten Sperre einer Anwendung des [X.]s ihren Niederschlag finden muss. Dementsprechend hat das [X.], wie bereits erwähnt, etwa einen auf allgemeines Polizeirecht gegründeten Platzverweis - nur - für ausgeschlossen erachtet, solange sich eine Person in einer Versammlung befinde und sich auf die Versammlungsfreiheit berufen könne ([X.], [X.] vom 26. Oktober 2004 - 1 BvR 1726/01 - NVwZ 2005, 80 <81>). Letzteres ist im Rahmen einer unfriedlichen Versammlung grundsätzlich nicht der Fall.

Allerdings hat das [X.] zugleich auf die Funktion einer Auflösungsverfügung als eine für den Schutz des Grundrechts aus Art. 8 [X.] wesentliche Förmlichkeit verwiesen. Es handele sich um eine Anforderung im Sinne der Erkennbarkeit und Rechtssicherheit, deren Beachtung für die Möglichkeit einer Nutzung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit wesentlich sei. In Versammlungen entstünden häufig Situationen rechtlicher und tatsächlicher Unklarheit. Könnten Versammlungsteilnehmer nicht wissen, ab wann der Schutz der Versammlungsfreiheit ende und dürften sie gleichwohl wegen eines ihrer Ansicht nach von der Versammlungsfreiheit geschützten Verhaltens negativ sanktioniert werden, könne diese Unsicherheit sie einschüchtern und von der Ausübung des Grundrechts abhalten ([X.], [X.] vom 30. April 2007 - 1 BvR 1090/06 - NVwZ 2007, 1180 <1182>).

Die Rechtssicherheit gewährleistende Funktion der versammlungsgesetzlichen Auflösungsverfügung mag zwar den Erlass einer solchen vor einer Anwendung des [X.]s über den Kreis der durch Art. 8 [X.] geschützten, von Anfang an friedlichen oder jedenfalls später friedlich gewordenen Versammlungen hinaus auch in Fallgestaltungen gebieten, in denen eine anfänglich friedliche Versammlung in ihrem weiteren Verlauf objektiv einen unfriedlichen [X.]harakter bekommt. Denn ein solcher Wechsel wird für die einzelnen Versammlungsteilnehmer oftmals nicht oder nur mit einer zeitlichen Verzögerung erkennbar sein. Hingegen kommt die besagte Funktion jedenfalls in Bezug auf eine unfriedliche Versammlung, die von ihrem Beginn an und dann durchgehend bis zum [X.]punkt des polizeilichen Einschreitens einen unfriedlichen [X.]harakter hat, nicht zum Tragen. Wird eine Versammlung - wie im vorliegenden Fall - von Anfang an und sodann unverändert durch kollektive und aggressive Ausschreitungen gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten geprägt, kann das keinem Versammlungsteilnehmer - auch nicht einem solchen, der sich als Einzelner an diesen Ausschreitungen oder Gewalttätigkeiten nicht beteiligt - verborgen bleiben. In einer solchen Konstellation ist die Polizei zwar nicht gehindert, vor der Anwendung des [X.]s eine versammlungsrechtliche Auflösungsverfügung zu erlassen, es bedarf ihrer jedoch nicht zwingend.

Die verfassungsrechtliche Verankerung der versammlungsgesetzlichen Sperrwirkung in Art. 8 [X.] bestimmt zugleich die Reichweite des in § 15 Abs. 3 [X.] zum Ausdruck kommenden Auflösungsvorbehalts. Demzufolge besteht - im Gleichklang mit dem auf friedliche Versammlungen beschränkten Schutzbereich des Versammlungsgrundrechts - bei von Beginn an durchgehend unfriedlichen Versammlungen kein Vorrang dieser Vorschrift als lex specialis gegenüber dem [X.]. Denn mit Blick auf den Zweck des Auflösungsvorbehalts, Rechtssicherheit für Versammlungsteilnehmer in diffusen Übergangssituationen von friedlichen zu unfriedlichen Versammlungen zu gewährleisten, kann dem Gesetzgeber ohne dahingehende Anhaltspunkte nicht unterstellt werden, er habe darauf bestanden, dass die Polizei eine - wie im vorliegenden Fall - von Beginn an kollektiv unfriedliche Versammlung vor der Anwendung polizeilicher Befugnisnormen erst noch aufzulösen hat.

e. Die Anwendung des versammlungsgesetzlich nicht gesperrten [X.]s durch den [X.]hof steht insoweit nicht im Einklang mit Bundesrecht, als der [X.]hof den Anforderungen, die sich für die richterliche Sachverhaltsaufklärung aus dem Grundrecht der Freiheit der Person nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 [X.] und Art. 104 Abs. 1 und 2 [X.] vor allem mit Blick auf die Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Eingriffen in dieses Grundrecht ergeben (aa.), für einen Teil der freiheitsentziehenden Maßnahmen, denen der Kläger am 30. April 2016 unterzogen wurde, bei der Anwendung der landesrechtlichen Befugnisnormen nicht gerecht geworden ist. Dies gilt zum einen für die mit dem Klageantrag zu 3 angegriffene Fesselung des [X.], was die [X.] von seiner Ankunft in bzw. vor der [X.] bis zur Abnahme der Fesseln im [X.] an seine Identitätsfeststellung und erkennungsdienstliche Behandlung um 13.30 Uhr anbelangt ([X.]). Betroffen ist zum anderen die in der Sachbehandlung des [X.]hofs insgesamt dem Klageantrag zu 9 zugeordnete Fortsetzung des polizeilichen [X.] des [X.] nach der Erteilung des [X.] um 17.54 Uhr mitsamt der durch die Absetzung des [X.] am Bahnhof in [X.] verbundenen zusätzlichen Belastung ([X.]).

aa. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s ist die freiheitssichernde Funktion des Grundrechts der Freiheit der Person, das nach Art. 2 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 1 [X.] nur aus besonders gewichtigen Gründen und unter strengen formellen Gewährleistungen eingeschränkt werden darf und nach Art. 104 Abs. 2 [X.] für eine über eine Freiheitsbeschränkung hinausgehende Freiheitsentziehung einem [X.]vorbehalt unterliegt, im Verfahrensrecht allgemein zu beachten. Es ist hiernach unverzichtbare Voraussetzung rechtsstaatlichen Verfahrens, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. Oktober 1985 - 2 BvR 1150/80 u. a. - [X.]E 70, 297 <308> und vom 15. Mai 2002 - 2 BvR 2292/00 - [X.]E 105, 239 <250>, [X.] vom 23. März 1998 - 2 BvR 2270/96 - N[X.]W 1998, 1774 <1775>). Angesichts des hohen Ranges des Freiheitsgrundrechts gilt dies in gleichem Maße, wenn die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit einer freiheitsentziehenden Maßnahme in Rede steht ([X.], [X.] vom 13. Dezember 2005 - 2 BvR 447/05 - NVwZ 2006, 579 Rn. 40 und vom 2. November 2016 - 1 BvR 289/15 - NVwZ 2017, 555 Rn. 25). Es ist zwar im Ausgangspunkt zutreffend, dass [X.] im Rahmen von Großdemonstrationen eine spezifische Problematik aufweisen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die personelle und sachliche Ausstattung von Behörden und Gerichten begrenzt und das Ausmaß des notwendigen außergewöhnlichen Einsatzes nur beschränkt planbar ist und es demzufolge zu Schwierigkeiten bei der praktischen Durchführung der Ingewahrsamnahmen kommen kann. Diese allgemeine Erkenntnis ersetzt jedoch nicht die gerichtliche Aufklärung des konkret in Rede stehenden Sachverhalts ([X.], [X.] vom 13. Dezember 2005 - 2 BvR 447/05 - NVwZ 2006, 579 Rn. 44 und vom 12. [X.]uni 2006 - 2 BvR 1395/05 - juris Rn. 40).

[X.] Der [X.]hof hat die Fesselung des [X.] - mittels Einwegschließen mit den Händen auf dem Rücken - in der [X.] von der Herauslösung des [X.] aus der eingekesselten Versammlung um 8.10 Uhr bis zum Abschluss seiner Identitätsfeststellung und erkennungsdienstlichen Behandlung um 13.30 Uhr am 30. April 2016 als Anwendung unmittelbaren Zwangs im Sinne von § 52 Abs. 1 [X.] BW a. F. als gerechtfertigt angesehen.

Nach dem von dem [X.]hof festgestellten, gewürdigten und von dem Kläger nicht mit Verfahrensrügen im Sinne des § 137 Abs. 2 VwGO angegriffenen Sachverhalt gingen die eingesetzten Polizeikräfte auf Grund des aggressiven Vorverhaltens der eingekesselten Versammlungsteilnehmer nachvollziehbar davon aus, dass während des [X.] von der [X.] zur [X.] mit Störungen gerechnet werden musste. Die Busse seien von lediglich fünf Polizeibeamten begleitet worden, die angesichts der räumlichen Enge in den Bussen nur eingeschränkt handlungsfähig gewesen seien und etwa eine Entglasung der [X.] nicht wirksam hätten verhindern können. Dem habe nur durch eine Fesselung der in Gewahrsam genommenen Personen Rechnung getragen werden können. Es habe keine ins Auge springenden Hinweise darauf gegeben, dass ein aggressives Verhalten speziell des [X.] sicher auszuschließen gewesen sei.

Diese Ausführungen sind aus bundesrechtlicher Sicht als solche nicht zu beanstanden. Sie sind allerdings lediglich geeignet, die Verhältnismäßigkeit der Fesselung des [X.] in der [X.] von 8.10 Uhr bis zu seiner Ankunft in bzw. vor der [X.] zu begründen. Der [X.]hof hat indes bereits den [X.]punkt dieser Ankunft nicht festgestellt. Überdies und vor allem fehlt es für den sich daran anschließenden [X.]raum bis zum Abschluss der um 13.30 Uhr durchgeführten Identitätsfeststellung und erkennungsdienstlichen Behandlung des [X.] an jeglichen tatrichterlichen Feststellungen über die in bzw. vor der [X.] bestehende Situation, insbesondere in Gestalt von Gesichtspunkten, die für eine Aufrechterhaltung der Fesselung des [X.] sprechen konnten. Die Erforderlichkeit solcher Feststellungen musste sich dem [X.]hof insbesondere deshalb aufdrängen, weil sich der mit der Fesselung des [X.] verbundene, schon für sich genommen äußerst schwerwiegende Grundrechtseingriff mit zunehmender Dauer noch intensivierte.

[X.] Die Rechtsgrundlage für die Fortsetzung des polizeilichen [X.] des [X.] am 30. April 2016 nach der Erteilung des [X.] um 17.54 Uhr hat der [X.]hof in § 28 Abs. 1 Nr. 1 [X.] BW a. F. gefunden. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehende erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht verhindert oder eine bereits eingetretene Störung nicht beseitigt werden kann. Für die mit der Absetzung des [X.] am Bahnhof in [X.] verbundene zusätzliche Belastung hat der [X.]hof auf die polizeiliche Generalklausel aus § 3 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] BW a. F. abgestellt.

In tatsächlicher Hinsicht hat der [X.]hof in der erstgenannten Hinsicht festgestellt, die Voraussetzungen für die Fortsetzung des bereits um 7.02 Uhr begründeten - im Folgenden im Zusammenhang mit den Klageanträgen zu 1 und zu 2 näher zu untersuchenden - [X.] hätten bis zur [X.]entlassung des [X.] am Bahnhof in [X.] weiterhin vorgelegen und die Entziehung der Bewegungsfreiheit des [X.] auch noch während des [X.] von der [X.] nach [X.] gerechtfertigt. Mit diesen Feststellungen hat der [X.]hof nicht annähernd den Anforderungen an die richterliche Sachverhaltsaufklärung genügt, die sich aus Art. 2 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 1 und 2 [X.] mit Blick auf die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der mit dem fortgesetzten polizeilichen Gewahrsam des [X.] verbundenen Freiheitsentziehung ergeben.

Erstens steht die Feststellung des [X.]hofs, der Kläger sei erst am Bahnhof in [X.] aus dem um 7.02 Uhr begründeten polizeilichen Gewahrsam entlassen worden, in Widerspruch zu der im Zusammenhang mit den - im Folgenden zu erörternden - Klageanträgen zu 2 und zu 8 getroffenen, ihrerseits mit dem Inhalt des Verwaltungsvorgangs übereinstimmenden Feststellung, die [X.]entlassung des [X.] habe bereits um 17.54 Uhr in der [X.] mit der Erteilung des [X.] stattgefunden.

Zweitens hat der [X.]hof nicht festgestellt, wann der Kläger nach [X.] transportiert wurde und wann er - so jedenfalls eine der von dem [X.]hof getroffenen Feststellungen - an dem dortigen Bahnhof aus dem Gewahrsam entlassen worden sein soll. Die Beteiligten haben angegeben, die Entlassung habe gegen 19.50 Uhr stattgefunden.

Drittens steht die Feststellung des [X.]hofs, die Voraussetzungen für den polizeilichen Gewahrsam nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 [X.] BW a. F. hätten noch während des [X.] des [X.] von der [X.] zu dem Bahnhof in [X.] - also jedenfalls nach 17.54 Uhr - unverändert fortbestanden, in Widerspruch zu der zuvor im Zusammenhang mit den Klageanträgen zu 2 und zu 8 getroffenen Feststellung, dass sich die Lage bereits am späten Nachmittag - nach dem Verständnis des [X.]hofs um 17.54 Uhr - beruhigt gehabt habe.

Viertens fehlt es an jeglichen Feststellungen des [X.]hofs dazu, wie der polizeiliche Gewahrsam des [X.] - eine Entlassung erst am Bahnhof in [X.] vorausgesetzt - in der [X.] nach 17.54 Uhr ausgestaltet war, insbesondere wo genau der Kläger festgehalten wurde. Der Kläger hat in der ersten Instanz vorgetragen, bis 19.40 Uhr in einer Gefangenenbuseinzelzelle eingeschlossen gewesen zu sein.

Fünftens gibt es keine Feststellungen des [X.]hofs dazu, weshalb der Bus, der den Kläger zum Bahnhof in [X.] verbrachte, die Fahrt - eine [X.]entlassung des [X.] erst in [X.] vorausgesetzt - nicht bereits um 17.54 Uhr, sondern, ausgehend von den Angaben der Beteiligten über den [X.]punkt der [X.]entlassung, erst knapp zwei Stunden später begann.

Die von dem [X.]hof in Anwendung des Landesrechts gefundene Rechtfertigung der mit der Absetzung des [X.] am Bahnhof in [X.] verbundenen zusätzlichen Belastung kann aus der Sicht des Bundesrechts schon deshalb keinen Bestand haben, weil sie an die Billigung des nach 17.54 Uhr fortgesetzten polizeilichen [X.] des [X.] durch den [X.]hof anknüpft, die bundesrechtlichen Maßgaben, wie dargelegt, nicht genügt.

f. Hinsichtlich der übrigen Maßnahmen, denen der Kläger am 30. April 2016 auf der Grundlage des [X.]s unterworfen wurde, ist die Anwendung des irrevisiblen Rechts durch den [X.]hof auf der Grundlage des von ihm festgestellten und gewürdigten Sachverhalts sowie unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger keine die Bindung des [X.]s nach § 137 Abs. 2 VwGO ausschließenden Verfahrensrügen erhoben hat, nach bundesrechtlichen Maßgaben nicht zu beanstanden. Hierbei handelt es sich um die mit dem Klageantrag zu 1 angegriffene Einkesselung der Versammlung auf der [X.] um 7.02 Uhr (aa.), den von dem [X.]hof dem Klageantrag zu 2 zugeordneten polizeilichen Gewahrsam des [X.] von seiner Herauslösung aus der eingekesselten Versammlung um 8.10 Uhr bis zur Erteilung des [X.] um 17.54 Uhr ([X.]), den von dem Klageantrag zu 4 umfassten Bustransport des [X.] von der [X.] zur [X.] ([X.]), die Feststellung der Identität des [X.] als Gegenstand des ersten Teils des Klageantrags zu 7 ([X.].) sowie den um 17.54 Uhr erteilten Platzverweis des [X.], den dieser mit dem Klageantrag zu 8 zur gerichtlichen Prüfung gestellt hat (ee.).

aa. Die mit dem Klageantrag zu 1 angegriffene polizeiliche Einkesselung der Versammlung auf der [X.] um 7.02 Uhr hat der [X.]hof als nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 [X.] BW a. F. gerechtfertigte Ingewahrsamnahme der anwesenden Personen und damit auch des [X.] qualifiziert.

Er hat festgestellt, im [X.]punkt des polizeilichen Einschreitens seien in Gestalt der Blockaden des Verkehrs in dem Kreisverkehr und auf der [X.], von Sachbeschädigungen an [X.] und des A[X.]rennens von Pyrotechnik bereits erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit im Sinne der Vorschrift eingetreten gewesen. Weitere Gewalttätigkeiten und Störungen mit Bezug auf den [X.]-Bundesparteitag und seine Teilnehmer hätten - insbesondere nach einer drohenden Vereinigung der dann eingekesselten Personen mit anderen [X.] - nach der nicht zu beanstandenden Annahme der Polizei unmittelbar [X.]. Eine Verwirklichung der Straftatbestände des § 21 [X.] und der §§ 240 Abs. 1, 224 und 125 Abs. 1 StGB habe im Raum gestanden. Der Kläger habe jedenfalls in zurechenbarer Weise den Anschein erweckt, Verhaltensstörer im Sinne des § 6 [X.] BW a. F. zu sein. Dies sei durch seine Anwesenheit in der Personengruppe auf der [X.] und durch sein Auftreten geschehen, welches ihn jedenfalls nicht offensichtlich von den übrigen in polizeilichen Gewahrsam genommenen Personen unterschieden habe. Der Schluss, der Kläger könne versehentlich in die eingekesselte Personengruppe geraten sein, habe sich den eingesetzten Polizeikräften nicht aufdrängen müssen. Die Ingewahrsamnahme sei erforderlich gewesen, weil mildere Mittel zur Gefahrenabwehr nicht existiert hätten. Sie habe angesichts des Ausmaßes der bereits eingetretenen Störungen und der zu erwartenden Gefährdungen von gewichtigen Rechtsgütern auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gewahrt.

Diese Erwägungen lassen Verletzungen von Bundesrecht, insbesondere der in Art. 2 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 1 und 2 [X.] wurzelnden Anforderungen an die richterliche Sachverhaltsaufklärung als Grundlage der von dem [X.]hof angestellten Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht erkennen.

[X.] Der [X.]hof hat die von ihm dem Klageantrag zu 2 zugeordnete Aufrechterhaltung des polizeilichen [X.] des [X.] in der [X.] von seiner Herauslösung aus der eingekesselten Versammlung um 8.10 Uhr bis zur Erteilung des [X.] um 17.54 Uhr auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 Nr. 1 [X.] BW a. F. als rechtmäßig erachtet.

Die im Rahmen des Klageantrags zu 1 für den frühen Morgen bejahte Gefahrenlage habe fortbestanden und sich erst am späten Nachmittag beruhigt. Der unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung über den polizeilichen Gewahrsam des [X.] im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 3 [X.] BW a. F. habe es nach § 28 Abs. 3 Satz 4 [X.] BW a. F. nicht bedurft, weil anzunehmen gewesen sei, dass die Entscheidung erst nach dem Wegfall des Grundes des [X.] ergehen werde. Die Polizei habe um 13.26 Uhr die Kenntnis erlangt, dass sich die Anhörungen der in Gewahrsam genommenen Personen durch die vor Ort anwesenden vier [X.] des [X.] erheblich verzögern würden. Die richterliche Personalstärke sei auf die von der Polizei im Vorfeld erwarteten höchstens 250 bis 300 Ingewahrsamnahmen ausgelegt gewesen, tatsächlich seien aber 589 Personen in Gewahrsam genommen worden. Vor diesem Hintergrund habe die Polizei die nicht zu beanstandende Prognose getroffen, dass über den Gewahrsam des [X.] eine richterliche Entscheidung nicht würde herbeigeführt werden können, "bevor ab 16.40 Uhr mit den ersten Entlassungen aus dem Gewahrsam begonnen wurde und der Kläger um 17.54 Uhr die Gefangenensammelstelle in der [X.] verließ." Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das [X.] seiner Verpflichtung zu hinreichenden personellen Vorkehrungen deshalb nicht gerecht geworden sei, weil der Einsatz von vier [X.]n zu gering bemessen gewesen sei, um bei den polizeilich prognostizierten 250 bis 300 Ingewahrsamnahmen eine unverzügliche richterliche Entscheidung sicherzustellen. Die Annahme, dass bei einer nachträglichen deutlichen Erhöhung der Personalstärke eine Entscheidung über den Gewahrsam von 589 Personen noch vor dem späten Nachmittag hätte herbeigeführt werden können, liege fern.

Der [X.] vermag in diesen Erwägungen, die der Kläger nicht angegriffen hat, eine Verletzung von Bundesrecht letztlich nicht zu erkennen. Dies gilt auch für die Berücksichtigung der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 [X.] und Art. 104 Abs. 1 und 2 [X.] ableitbaren Anforderungen an die richterliche Sachverhaltsaufklärung im Hinblick auf die Frage, ob innerhalb der von dem [X.]hof dem Klageantrag zu 2 zugeordneten Dauer des polizeilichen [X.] des [X.] bis 17.54 Uhr eine unverzügliche richterliche Entscheidung durch organisatorische Vorkehrungen des [X.] im Hinblick auf die Zahl der vor Ort befindlichen [X.] oder des Beklagten in Bezug auf die Stärke der eingesetzten Polizeikräfte hätte sichergestellt werden können (vgl. zu der aus Art. 104 Abs. 2 [X.] folgenden staatlichen Verpflichtung zu derartigen Vorkehrungen: [X.], Beschluss vom 15. Mai 2002 - 2 BvR 2292/00 - [X.]E 105, 239 <249, 251>, [X.] vom 13. Dezember 2005 - 2 BvR 447/05 - NVwZ 2006, 579 Rn. 36, 44 und vom 12. [X.]uni 2006 - 2 BvR 1395/05 - juris Rn. 40). Die Erwägungen des [X.]hofs zur Organisation der [X.]präsenz sind knapp, aber noch angemessen. Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist es auch, dass der [X.]hof nicht explizit erörtert hat, ob bei einer höheren Zahl eingesetzter Polizeikräfte eine schnellere Vorbereitung und Abwicklung der Vorführung der in Gewahrsam genommenen Personen vor die zur Entscheidung berufenen [X.] erreichbar gewesen wäre. In den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils wird mehrfach hervorgehoben, dass die dem Beklagten zur Verfügung stehenden Polizeikräfte nicht nur durch die hier in Rede stehende unfriedliche Versammlung, sondern gleichzeitig durch mehrere andere gegen den [X.]-Bundesparteitag gerichtete Aktionen in Anspruch genommen waren. Der [X.] erachtet diese Verweise als hinreichend.

[X.] Die Beurteilung des [X.]hofs, dass mit dem von dem Klageantrag zu 4 umfassten Transport des [X.] gefesselt und stehend in einem Bus von der [X.] zu der 600 Meter entfernten [X.] kein Eingriff in die Menschenwürde des [X.] nach Art. 1 Abs. 1 [X.] oder in sein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] verbunden war, ist nicht zu beanstanden. Der [X.]hof hat festgestellt, der Bus sei besonders vorsichtig und den Umständen angepasst gefahren worden.

[X.]. Die Identitätsfeststellung des [X.], auf die sich der erste Teil des Klageantrags zu 7 bezieht, wird nach der Einschätzung des [X.]hofs durch § 26 Abs. 1 Nr. 1 [X.] BW a. F. getragen, der es der Polizei erlaubt, die Identität einer Person festzustellen, um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine Störung der Öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Diese Voraussetzungen hat der [X.]hof aus den für die Rechtmäßigkeit der Ingewahrsamnahme des [X.] genannten Gründen für gegeben erachtet. Hiergegen ist nach Maßgabe des Bundesrechts nichts zu erinnern.

ee. Der den Gegenstand des Klageantrags zu 8 bildende Platzverweis, der dem Kläger durch die eingesetzten Polizeikräfte am 30. April 2016 um 17.54 Uhr bis um 20.00 Uhr am Folgetag erteilt wurde, konnte nach der Beurteilung des [X.]hofs auf § 27a Abs. 1 [X.] BW a. F. gestützt werden, wonach die Polizei zur Abwehr einer Gefahr oder zur Beseitigung einer Störung eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten kann. Die Polizei habe vor dem Hintergrund der bereits eingetretenen Störungen von weiteren Angriffen im Zusammenhang mit dem bis zum 1. Mai 2016 andauernden [X.]-Bundesparteitag ausgehen dürfen. Die zwischenzeitlich eingetretene Beruhigung der Lage habe der Beklagte nachvollziehbar auf die zahlreichen Ingewahrsamnahmen zurückgeführt. Der Kläger habe weiterhin in verhältnismäßiger Weise jedenfalls als [X.] in Anspruch genommen werden dürfen. In diesen Erwägungen kann eine Verletzung von Bundesrecht nicht gefunden werden.

g. Auf strafprozessuale Grundlagen hat der [X.]hof mit § 163b Abs. 1 StPO für die Identitätsfeststellung des [X.], gegen die sich der erste Teil des Klageantrags zu 7 richtet, und in Gestalt von § 81b Alt. 1 StPO für die mit dem zweiten Teil des Klageantrags zu 7 angegriffene erkennungsdienstliche Behandlung des [X.] abgestellt. Auf die Tragfähigkeit des § 163b Abs. 1 StPO für die Identitätsfeststellung des [X.] kommt es allerdings nicht an, weil diese Maßnahme, wie dargelegt, von den eingesetzten Polizeikräften ohne Verstoß gegen Bundesrecht nach dem [X.] auf der Grundlage von § 26 Abs. 1 Nr. 1 [X.] BW a. F. vorgenommen werden konnte.

Die Anwendung der bundesrechtlichen Vorschrift des § 81b Alt. 1 StPO durch den [X.]hof ist insoweit zu beanstanden, als dieser angenommen hat, ihr Eingreifen könne grundsätzlich durch den Auflösungsvorbehalt des § 15 Abs. 3 [X.] entsprechend dem Verhältnis dieses Vorbehalts zum [X.] gesperrt sein. Für das Bestehen einer solchen Sperrwirkung gibt es jedoch in Bezug auf die strafprozessuale Grundlage für erkennungsdienstliche Behandlungen zum Zweck der Durchführung von Strafverfahren schon vom Ansatz her keinen Anhaltspunkt. Das Vorgehen nach § 81b Alt. 1 StPO gegenüber den Teilnehmern einer Versammlung ist gegebenenfalls, sofern es sich um eine dem Schutzbereich des Art. 8 [X.] unterf[X.]de Versammlung handelt, unmittelbar an dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit zu messen (vgl. in Bezug auf § 163b und § 163c StPO: [X.], [X.] vom 2. November 2016 - 1 BvR 289/15 - NVwZ 2017, 555 Rn. 13 ff.).

Das Berufungsurteil erweist sich allerdings auch in Bezug auf die auf § 81b Alt. 1 StPO gestützte erkennungsdienstliche Behandlung des [X.] als im Ergebnis richtig. Der [X.]hof hat die Anwendbarkeit der Vorschrift auf die gleiche Weise wie diejenige des [X.]s bejaht. Er hat zudem die Voraussetzungen der unter anderem die erforderliche Aufnahme von Lichtbildern eines Beschuldigten für die Zwecke der Durchführung eines Strafverfahrens auch gegen den Willen des Beschuldigten gestattenden Norm zutreffend unter Verweis auf das gegen den Kläger am 30. April 2016 eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs nach § 125 StGB als erfüllt angesehen. Die Frage einer Vereinbarkeit dieser Rechtsanwendung mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit stellt sich nicht, da die Versammlung wegen ihrer von Beginn an und dann durchgehend bestehenden [X.]keit keinen Grundrechtsschutz genoss.

3. [X.] ist der Schlussentscheidung vorzubehalten.

Meta

6 C 1/22

27.03.2024

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 18. November 2021, Az: 1 S 803/19, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.03.2024, Az. 6 C 1/22 (REWIS RS 2024, 2440)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 2440

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