Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.11.2014, Az. NotSt (Brfg) 5/14

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2014, 1073

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Gegenstand

Notarrechtliches Disziplinarverfahren: Amtspflichtverletzung bei Geldüberweisung vom Notaranderkonto auf ein Konto der Sozietät


Tenor

Der Antrag des [X.], die Berufung gegen das Urteil des 2. Senats für Notarsachen des [X.] vom 23. April 2014 zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 400 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger ist seit 1977 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und seit Oktober 1982 als Notar im Bezirk des [X.]s [X.]furt am Main tätig; er hat seinen Amtssitz in [X.]    /O.    .

2

1. Im November 2011 wurden im Auftrag des Präsidenten des [X.] die Geschäfte des [X.] geprüft. Der daraufhin erstellte Prüfbericht sah folgende Vorgänge als aufklärungsbedürftig an:

3

(a) Die Überweisung eines Betrages von 1.011,50 Euro von dem [X.] auf das Geschäftskonto der Sozietät des [X.] mit dem Rechtsanwalt und Notar R. Die Überweisung stand im Zusammenhang mit anwaltlicher Tätigkeit von Rechtsanwalt R.

4

(b) Im Zusammenhang mit der Urkunde zu [X.].     fehlte auf dem Deckblatt der genannten Urkunde ein Vermerk über eine spätere Änderungsurkunde; dieser befand sich auf der Rückseite der Urkunde. Der tatsächliche Grundbuchstand sei in der Urkunde nicht wiedergegeben worden, weil bezüglich des Kaufgegenstandes aufgrund von Vorbeurkundungen eines anderen Notars erst Grundbucheintragungen erfolgen. In der Urkunde des [X.] seien diese Eintragungen aber als bereits feststehend beurkundet worden.

5

(c) Bezüglich der vorstehend genannten Urkunde zu [X.].      stellte der mit der Notarprüfung Beauftragte zudem fest, dass die [X.] EDV-unterstützt in [X.] geführt wurde und dass die bereits vollständig ausgedruckte Seite 3 der Urkunde nochmals ausgedruckt worden war.

6

2. Aufgrund dieser Vorgänge verhängte der Präsident des [X.] mit Disziplinarverfügung vom 24. Juni 2013 gegen den Kläger wegen eines Dienstvergehens in vier Punkten eine Geldbuße in Höhe von 500,00 Euro. Im Einzelnen wurde die Entnahme von dem [X.] als wenigstens fahrlässiger Verstoß gegen die Amtspflichten aus § 14 [X.] in Verbindung mit § 54b Abs. 3 [X.] (Ziffer 1 der Disziplinarverfügung) beurteilt. Darüber hinaus stellte die Disziplinarverfügung im Zusammenhang mit dem [X.] bezüglich der Urkunde zu [X.].      darauf ab, dass dieser versteckt auf der Rückseite der [X.] angebracht worden sei und so später die Änderung der Urkunde nicht mehr zu erkennen gewesen sei. Hinsichtlich der Beurkundung habe es nicht in der Macht des [X.] gelegen, die in der Urkunde als feststehend angegebenen Grundbucheintragungen selbst vorzunehmen. Der noch nicht feststehende Rechtszustand hätte den [X.] deutlich gemacht werden müssen (Ziffer 3 der Disziplinarverfügung). Die vorgenommene Änderung bereits abgeschlossener Seiten in der [X.] durch neu ausgedruckte Seiten verstoße gegen § 14 Abs. 1 [X.] [X.]. § 17 Abs. 1 Satz 4 [X.]; es hätte ein Korrekturvermerk gemäß § 7 Abs. 2 [X.] in datierter und unterschriebener Form angebracht werden müssen (Ziffer 4 der Disziplinarverfügung).

7

3. Der Kläger hat nach erfolglosem Widerspruch Klage gegen die Disziplinarverfügung vom 24. Juni 2013 erhoben.

8

4. Das [X.] hat die Disziplinarverfügung in der Fassung des Widerspruchsbescheids insoweit aufgehoben, als dem Kläger auch vorgeworfen worden war, einen näher bezeichneten Antrag auf Eigentumsumschreibung verspätet gestellt zu haben (Ziffer 2 der Disziplinarverfügung). Die Geldbuße hat es auf 400,00 Euro herabgesetzt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

9

Hiergegen richtet sich der Antrag des [X.], die Berufung gegen das Urteil des [X.]s zuzulassen.

II.

Der Antrag ist unbegründet. Ein Grund für die Zulassung der Berufung gemäß § 105 [X.], § 64 Abs. 2 Satz 2 [X.] [X.]. § 124 Abs. 2 [X.] besteht nicht.

1. Der [X.] aus § 124 Abs. 2 Nr. 1 [X.] (hier [X.]. § 105 [X.]; § 64 Abs. 2 Satz 2 [X.]) - ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils - ist nur gegeben, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat ([X.] 110, 77, 83; [X.] 125, 104, 140; [X.], Beschluss vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2011/10 - juris Rn. 17; Beschluss vom 16. Juli 2013 - 1 BvR 3057/11 - juris Rn. 36; Senat, Beschluss vom 25. November 2013 - [X.]([X.]) 13/13, [X.], 148 Rn. 8). Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen füllen den [X.] aber dann nicht aus, wenn solche Zweifel nicht auch die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4/03, NVwZ-RR 2004, 542 f.; siehe auch [X.], Beschluss vom 16. Juli 2013 - 1 BvR 3057/11 - juris Rn. 40).

a) An diesen Grundsätzen gemessen, bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Die Entscheidung des [X.]s, die angefochtene Disziplinarverfügung lediglich teilweise aufzuheben und die dort verhängte Geldbuße herabzusetzen, ist bei der im Rahmen der Entscheidung über die Zulassung der Berufung gebotenen summarischen Prüfung (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 25. November 2013 - [X.]([X.]) 13/13, [X.], 148 Rn. 8; [X.]/[X.], [X.], 20. Aufl., § 124 Rn. 7) nicht zu beanstanden.

Nach § 60 Abs. 3 [X.] [X.]. § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.] hat das Gericht bei einer Klage gegen eine Disziplinarverfügung neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit der angefochtenen Disziplinarentscheidung zu überprüfen. Es ist nicht auf die Prüfung beschränkt, ob die dem Kläger zum Vorwurf gemachte Verhaltensweise (Lebenssachverhalt) tatsächlich gegeben und disziplinarrechtlich als Dienstvergehen zu würdigen ist, sondern hat - [X.] - unter Beachtung des Verschlechterungsverbotes (vgl. § 88 [X.] [X.]. § 3 [X.], § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.]) im Interesse der Verfahrensbeschleunigung (§ 4 [X.] [X.]. § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.]) auch darüber zu entscheiden, welches die angemessene Disziplinarmaßnahme ist. Anders als sonst bei einer Anfechtungsklage ist das Gericht danach nicht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 [X.] darauf beschränkt, eine rechtswidrige Verfügung aufzuheben; es trifft in Anwendung der in § 13 Abs. 1 [X.] [X.]. § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.] niedergelegten Grundsätze innerhalb der durch die Verfügung vorgegebenen [X.] vielmehr eine eigene "Ermessensentscheidung". Es kann die angefochtene Disziplinarverfügung zu Gunsten des [X.] abändern und an Stelle der verhängten eine mildere Disziplinarmaßnahme aussprechen (Senatsbeschlüsse vom 23. Juli 2012 - [X.]([X.]) 5/11, [X.], 359 Rn. 3 m.w.N.; vom 17. März 2014 - [X.]([X.]) 1/13, D[X.] 2014, 470, 471).

b) Diese Grundsätze bei der Überprüfung der Disziplinarverfügung hat das [X.] beachtet. Es ist von einem einheitlichen Dienstvergehen gemäß § 95 [X.] ausgegangen.

Hinsichtlich der mit § 54b Abs. 3 Satz 8 [X.] nicht zu vereinbarenden Überweisung in Höhe von 1.011,50 Euro von dem [X.] auf ein Geschäftskonto der Anwaltssozietät des [X.] hat dieser den Vorgang als solchen und die darin liegende fahrlässige Amtspflichtverletzung eingeräumt. Das [X.] durfte diese Pflichtverletzung als schwerwiegend bewerten. Verstöße gegen die Vorschriften über die notarielle Verwahrung gemäß §§ 54a ff. [X.] betreffen den Kernbereich notarieller Pflichten ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 97 Rn. 11) und erweisen sich grundsätzlich als schwerwiegend (vgl. Senat, Urteil vom 14. Juli 2003 - [X.]([X.]) 5/02, D[X.] 2004, 226 f.). Angesichts der besonderen Bedeutung der Regelungen über die notarielle Verwahrung für die Amtsausübung des Notars wird das Gewicht der Amtspflichtverletzung durch die seitens des [X.] veranlasste spätere Korrektur des Überweisungsfehlers lediglich in einem gewissen Maße vermindert.

Das vorgenannte Dienstvergehen rechtfertigt bereits für sich gesehen die von dem [X.] festgesetzte Geldbuße, so dass auf die weiteren Vorwürfe amtspflichtwidrigen Verhaltens des [X.] nicht eingegangen werden muss. Selbst wenn in Bezug auf diese Vorwürfe Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen im oberlandesgerichtlichen Urteil bestünden, würden diese sich angesichts des für § 95 [X.] geltenden Grundsatzes der Einheit des Dienstvergehens (siehe nur [X.] in [X.]/Vaasen, [X.]/[X.], 3. Aufl., § 95 Rn. 20 m.w.N.) aus dem vorstehend genannten Grund nicht auf die Richtigkeit des Ergebnisses auswirken. Dies ist jedoch - wie ausgeführt - für den [X.] aus § 124 Abs. 2 Nr. 1 [X.] maßgeblich.

2. Auch der [X.] aus § 124 Abs. 2 Nr. 3 [X.] (hier [X.]. § 105 [X.]; § 64 Abs. 2 Satz 2 [X.]) - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - ist nicht gegeben.

Dieser [X.] ist erfüllt, wenn es im konkreten Fall auf eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage ankommt, die über den von der ersten Instanz entschiedenen Fall hinausgeht und an deren Klärung daher im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts auch für vergleichbare Fälle ein Interesse besteht ([X.] NVwZ 2010, 434, 641; BVerwG NVwZ 2005, 709; [X.], in [X.], [X.], § 124 Rn. 40 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind gerade nicht gegeben, wenn die Streitfrage bereits in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt ist ([X.] aaO).

Das Vorliegen solcher Tatsachen- oder Rechtsfragen ist in Bezug auf die die Disziplinarmaßnahme rechtfertigende Amtspflichtverletzung des Verstoßes gegen § 54b Abs. 3 Satz 8 [X.] weder dargetan noch ersichtlich.

3. Der [X.] aus § 124 Abs. 2 Nr. 5 [X.] (hier [X.]. § 105 [X.]; § 64 Abs. 2 Satz 2 [X.]) - Vorliegen eines [X.], auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann - greift im Hinblick auf das zu Ausgeführte ebenfalls nicht ein. Verfahrensmängel im Zusammenhang mit der dort genannten Amtspflichtverletzung sind nicht dargetan und auch nicht ersichtlich.

Soweit der Kläger auf Verfahrensmängel in Bezug auf den der Ziffer 4 der Disziplinarverfügung zugrunde gelegten Sachverhalt abstellen will, würde das Urteil des [X.]s darauf nicht beruhen (vgl.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 111b Abs. 1 [X.] [X.]. § 154 Abs. 2 [X.]. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 111g Abs. 1 Satz 1 [X.] in Verbindung mit § 52 Abs. 2 GKG.

Galke                      [X.]

              Strzyz                                  [X.]

Meta

NotSt (Brfg) 5/14

24.11.2014

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Frankfurt, 23. April 2014, Az: 2 Not 6/13

§ 60 BDG, § 54b Abs 3 S 8 BeurkG, § 95 BNotO, § 96 BNotO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.11.2014, Az. NotSt (Brfg) 5/14 (REWIS RS 2014, 1073)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1073

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1 BvR 2011/10

1 BvR 3057/11

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