Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2006, Az. VI ZB 66/04

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 4141

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[X.] vom 4. April 2006 in dem [X.]- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 4. April 2006 durch die Rich-ter Dr. [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 11. Zivilkammer des [X.] vom 16. August 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entschei-dung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen. Gegenstandswert: 903,53 • Gründe: [X.] Die Klägerin hat nach einem Verkehrsunfall den Beklagten zu 1 als Fah-rer und die Beklagte zu 2 als Haftpflichtversicherer auf Schadensersatz in [X.] genommen. Die Beklagte, die keine eigene Rechtsabteilung unterhält, hat einem an ihrem Geschäftssitz ansässigen Rechtsanwalt [X.] erteilt. Den Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Prozessgericht hat ein 1 - 3 - dort ansässiger Rechtsanwalt in [X.] wahrgenommen. In seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Februar 2004 hat das Amtsgericht die von der Klägerin an die Beklagten zu erstattenden Kosten auf 1.942,08 • fest-gesetzt und dabei die geltend gemachten Kosten für die Beauftragung des Un-terbevollmächtigten berücksichtigt. Gegen den ihr am 4. März 2004 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 18. März 2004 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie sich gegen die Erstattungsfähigkeit der Kosten des [X.] wandte. Mit Beschluss vom 16. August 2004 hat das [X.] den angefochtenen Beschluss dahingehend abgeändert, dass die Klägerin (nur) verpflichtet ist, an die Beklagten einen Betrag in Höhe von 1.038,55 • nebst Zinsen zu erstatten. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zuge-lassene Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Wiederherstellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Amtsgerichts erstreben. I[X.] 1. Das Beschwerdegericht hat die Kosten eines Unterbevollmächtigten nicht als notwendig und damit erstattungspflichtig im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO erachtet. Es ist dabei zwar davon ausgegangen, dass es in der Regel zweckentsprechender Rechtsverfolgung im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO entspreche, einen am Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen und dieser einen Unterbevollmächtigten am Sitz des Prozessge-richts einschalten dürfe, falls dessen Kosten die Reisekosten des [X.] zur auswärtigen [X.] nicht überstiegen. Von [X.] sei jedoch eine Ausnahme zu machen, wenn bereits zum Zeit-punkt der Beauftragung des Hauptbevollmächtigten absehbar sei, dass ein ein-gehendes [X.] nicht notwendig sei. Dabei sei unerheblich, ob 2 - 4 - die Beklagte zu 2 über eine eigene Rechtsabteilung mit Prozesserfahrung ver-füge oder nicht. Entscheidend sei vielmehr, ob die den Rechtsanwalt beauftra-gende [X.] in der Lage sei, den erforderlichen Informationsaustausch auf schriftlichem oder ggf. telefonischem Wege vorzunehmen, dies im Regelfall tue und auch im konkreten Einzelfall ein persönliches Treffen zwischen der [X.] bzw. ihrem Vertreter und dem Rechtsanwalt nicht erforderlich gewesen sei. Es könne kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass die Beklagte zu 2 dazu in der Lage sei, einen Prozessbevollmächtigten schriftlich, mündlich oder per Te-lefax zu beauftragen und auf diesem Weg alle relevanten Informationen auszu-tauschen. Die Beklagten hätten auch nicht vorgetragen, dass hier im konkreten Einzelfall eine persönliche Besprechung notwendig gewesen wäre. 2. Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 3 a) Das Beschwerdegericht ist allerdings von dem zutreffenden rechtli-chen Ansatz ausgegangen, dass die Kosten eines - hier tatsächlich eingeschal-teten - Unterbevollmächtigten, der für den am Wohnort oder Geschäftsort der [X.] ansässigen Anwalt Termine beim Prozessgericht wahrnimmt, dann not-wendige Kosten der Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind, wenn durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Rei-sekosten des Hauptbevollmächtigten erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Unterbevollmächtigten entstanden wä-ren (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. September 2004 - [X.] ZB 37/04 - [X.], 997, 998 und vom 11. November 2003 - [X.] ZB 41/03 - [X.], 352, 353 und [X.], Beschluss vom 16. Oktober 2002 - [X.]II ZB 30/02 - NJW 2003, 898, 899, jeweils m.w.N.). Notwendige Voraussetzung für die Erstattung von Kosten des Unterbevollmächtigten ist demnach zunächst, dass die dem Haupt-bevollmächtigten im Falle eigener [X.] zustehenden [X.] - 5 - kosten dem Grunde nach zu erstatten sind. Das hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft verneint. 5 b) Nach den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Beklagten im Rahmen des § 91 ZPO zur Kostenersparnis eines am Ort des [X.] residierenden Rechtsanwalts als Hauptbevollmächtigten bedienen mussten. Nach der Rechtsprechung des [X.] (aaO) hat sich die Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten zur [X.] Rechtsverteidigung notwendig waren, daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige [X.] die kostenauslösende [X.] im damaligen Zeitpunkt (ex ante) als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die [X.] ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrneh-mung ihrer Belange erforderlichen Schritte tun. Sie trifft lediglich die Obliegen-heit, unter mehreren gleichgearteten Maßnahmen die kostengünstigere auszu-wählen. In diesem Zusammenhang hat der erkennende Senat in seinem Be-schluss vom 11. November 2003 - [X.] ZB 41/03 - (aaO) bereits entschieden, dass die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen [X.] ansässigen Rechtsanwalts auch dann regelmäßig zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ZPO anzusehen ist, wenn ein Haftpflichtversicherer [X.] ist, der keine eigene Rechtsabteilung unterhält, sondern bei rechtlichen Schwie-rigkeiten einen Hausanwalt an seinem Geschäftsort beauftragt (so genanntes Outsourcing). 6 Ein eingehendes persönliches [X.] kann zwar auch bei Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilung ausnahmsweise dann entbehrlich gewesen sein, wenn die Sache von Mitarbeitern bearbeitet worden ist, die in 7 - 6 - der Lage waren, einen am Sitz des [X.] ansässigen [X.] umfassend schriftlich zu instruieren. Davon kann auszugehen sein, wenn es sich bei den mit der Sache befassten Mitarbeitern um rechtskun-diges Personal handelt und der Rechtsstreit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweist (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Mai 2004 - [X.] - NJW-RR 2004, 1212, 1213 und vom 25. März 2004 - [X.] - [X.], 1305, 1306). Hierzu hat das Beschwerdegericht aber keine Feststellungen getroffen, sondern lediglich allgemein ausgeführt, unter Berücksichtigung des täglich zu bewältigenden [X.], in dem im Kontakt mit dem Versiche-rungsnehmer oder etwaigen dritten Geschädigten regelmäßig alle Kontakte le-diglich schriftlich oder telefonisch erfolgten, könne kein ernsthafter Zweifel dar-an bestehen, dass die Beklagte zu 2 in der Lage sei, dies zu tun und auf die-sem Weg alle relevanten Informationen auszutauschen. 8 Dies reicht zur Begründung einer Ausnahme von dem grundsätzlichen Recht des [X.] auf Beauftragung eines Hauptbevollmächtig-ten am Geschäftssitz (vgl. Senatsbeschluss vom 11. November 2003 - [X.] ZB 41/03 - aaO) nicht aus, zumal die Beklagte zu 2 geltend macht, ihre Sachbearbeiter seien juristisch nicht geschult und verfügten über keine prozes-sualen Kenntnisse. Darüber hinaus ist die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder [X.] ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte [X.] in der Regel nicht nur des-halb als eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechts-verteidigung anzusehen, weil ein persönliches Informations- und Beratungsge-spräch zwischen [X.] und Anwalt mindestens zu Beginn eines Mandats in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle erforderlich und sinnvoll erscheint (vgl. [X.], Beschluss vom 23. März 2004 - [X.]II ZB 145/03 - FamRZ 2004, 866). 9 - 7 - Vielmehr wird dessen Beauftragung bei einem Unternehmen, das laufend Rechtsstreitigkeiten zu führen hat, auch von dessen Interesse getragen, mit besonders sachkundigen Rechtsanwälten seines Vertrauens am Ort [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 2. Dezember 2004 - [X.] - [X.]-Report 2005, 472, 473), was insbesondere die Kommunikationswege vereinfa-chen kann. Deshalb lässt das Fehlen eines persönlichen Zusammentreffens des Sachbearbeiters mit diesem Rechtsanwalt nicht den zwingenden Schluss zu, dass die schriftliche oder telefonische Beauftragung eines am Ort des [X.] residierenden Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechts-verfolgung ausgereicht hätte. Schließlich lässt die Entscheidung des [X.] auch nicht erkennen, dass die Rechtssache rechtlich und tat-sächlich so einfach war, dass die Einschaltung des vertrauten [X.] am Geschäftssitz der Beklagten zu 2 von vorneherein entbehrlich erschien. - 8 - c) Nach alledem war der Beschluss des [X.] aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurück-zuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen nachholen kann. 10 [X.] [X.] [X.]

[X.]

Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.02.2004 - 36 C 297/01 - [X.], Entscheidung vom 16.08.2004 - 11 T 213/04 -

Meta

VI ZB 66/04

04.04.2006

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2006, Az. VI ZB 66/04 (REWIS RS 2006, 4141)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 4141

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