Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.04.2014, Az. I ZB 6/12

I. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6575

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I [X.]
vom

3. April
2014

in der Rechtsbeschwerdesache

betreffend die geographische Angabe "Schwarzwälder Schinken"
Nr. 30599007.1
(hier: Antrag auf Änderung der Spezifikation)

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:

nein
[X.]R:

ja
Schwarzwälder Schinken
[X.] § 83 Abs. 3 Nr. 1 und 3; Verordnung ([X.]) Nr. 1151/2012 Art. 7 Abs. 1 Buchst. e; Verordnung ([X.]) Nr. 2081/92 Art. 4 Abs. 2 Buchst. e
Die Rüge einer Verletzung der Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof der [X.] durch das [X.] kann nicht die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nach §
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.], wohl aber die zulassungs-freie Rechtsbeschwerde gemäß §
83 Abs.
3 Nr.
3 [X.] eröffnen.
[X.], Beschluss vom 3. April 2014 -
I [X.] -
[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am
3.
April 2014
durch die
Rich-ter Prof.
Dr.
Büscher, Pokrant,
Dr.
Kirchhoff,
Dr.
Löffler
und die
Richterin Dr.
Schwonke
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der [X.] zu
3 wird
der Be-schluss des 30.
[X.]s ([X.]) des Bundespa-tentgerichts vom 13.
Oktober 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000

e-setzt.

Gründe:
A. Seit dem 25.
Januar 1997 ist die Bezeichnung
"Schwarzwälder Schinken"
auf Antrag des Antragstellers, des Schutzverbandes der Schwarzwälder Schin-kenhersteller, mit Verordnung ([X.]) Nr.
123/97 der [X.] vom 23.
Januar 1997 zur Ergänzung des Anhangs der Verordnung ([X.]) Nr.
1107/96 der Kommis-sion über die Eintragung der geographischen Angaben und Ursprungsbezeich-nungen (ABl. Nr.
L
22 vom 24.
Januar 1997, S.
19)
als geographische Angabe 1
-
3
-
nach Art.
17 der Verordnung ([X.]) Nr.
2081/92 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vom 14.
Juli 1992 für "Fleischerzeugnisse"
eingetragen.
Mit dem am 18.
April
2005 beim Deutschen Patent-
und Markenamt einge-gangenen Antrag vom 23.
März 2005 begehrt der Antragsteller die Änderung der Spezifikation der geschützten Angabe "Schwarzwälder Schinken". Soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung, soll in die Spezifikation eine Regelung auf-genommen werden, wonach künftig das gewerbliche Aufschneiden (Slicen) und Verpacken zum Zwecke des Verkaufs als aufgeschnittenes Produkt
ebenfalls im [X.] zu erfolgen hat.
Ausnahmen sollen nur für Einzelhandels-, Gaststät-ten-
oder Catering-Betriebe gelten, die Schwarzwälder Schinken aufschneiden und zur alsbaldigen Abgabe verpacken oder lose an den Verbraucher abgeben.
Gegen den Änderungsantrag
sind drei Einsprüche beim Deutschen Patent-
und Markenamt eingegangen, von denen im vorliegenden Verfahren noch das Rechtsmittel der [X.] zu
3 relevant
ist. Diese bezieht im [X.] hergestellten Schinken, führt die Verarbeitungsschritte Aufschneiden und Verpa-cken
aber
in einer Anlage in Nor[X.]eutschland durch und vertreibt das Produkt so-dann unter der Bezeichnung "Schwarzwälder Schinken".
Die Markenabteilung des Deutschen Patent-
und Markenamts hat mit Be-schluss vom 5.
Dezember
2008
den Antrag
auf Änderung der Spezifikation
im Hinblick auf die Angaben zum Schneiden und Verpacken zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragstellers gegen
den die Änderung zurückweisenden Teil des Beschlusses
hat das [X.]
die Entscheidung des Deutschen Patent-
und Markenamts
insoweit aufgehoben, als der Antrag zurückgewiesen worden ist. Es hat ferner festgestellt, dass der Antrag auf Änderung
der Spezifika-tion der geschützten geographischen Angabe "Schwarzwälder Schinken"
vom
2
3
4
-
4
-
18.
April 2005 in der Fassung der Spezifikation vom 10.
August 2007 (Datum der [X.] im Markenblatt) den Anforderungen der
Verordnung
([X.])
Nr.
510/2006 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeich-nungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (nachfolgend: VO
510/2006) [X.] ([X.], Beschluss
vom
13.
Oktober 2011

30
W
(pat)
33/09, [X.]E 53, 113 =
[X.], 398).
Hiergegen wendet sich die Einsprechende zu
3
mit ihrer
nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der
sie eine vorschriftswidrige Gerichtsbesetzung, die Versagung des rechtlichen Gehörs
sowie einen Begründungsmangel
rügt.
B. Das [X.] hat die Auffassung vertreten,
die
allgemeinen Voraussetzungen für die Genehmigung einer Änderung der Spezifikation nach Art.
9 Abs.
1 VO
510/2006 lägen vor. Sie
seien bereits deshalb erfüllt, weil erst
durch eine Änderung der Rechtslage
aufgrund der Urteile
des [X.] der [X.] vom 20.
Mai 2003 in den Rechtssachen "Prosciutto di Parma"
(C108/01, Slg.
2003, [X.] = [X.], 616) und "Grana Padano"
(C-469/00, Slg.
2003, [X.] = [X.], 609) sowie deren unionsrechtliche Umsetzung (Art.
4 Abs.
2 Buchst.
e der Verordnung ([X.]) Nr.
2081/92 in der Fassung der Verordnung ([X.]) Nr.
692/2003 und Art.
4 Abs.
2 Buchst.
e der Verordnung ([X.]) Nr.
510/2006) die Möglichkeit ersichtlich
geworden sei, die Verarbeitungsschritte des Schneidens und Verpackens durch entsprechende Vorgaben in der Spezifika-tion in das Herkunftsland zu verlegen. Diese Änderung
der Rechtslage sei den in Art.
9 Abs.
1 VO
510/2006 ausdrücklich anerkannten Gründen für eine Änderung der Spezifikation gleichzustellen.
Der Änderungsantrag sei auch in der Sache begründet. Zwar sei zweifelhaft, ob insoweit die vom [X.] im Jahre 2003 aufge-stellten strengen Anforderungen erfüllt sein müssten. Danach sei für die Zulässig-5
6
7
-
5
-
keit einer Spezifikation, die das Aufschneiden und Verpacken nur im [X.] erlaube, der Nachweis erforderlich, dass diese Vorgaben ein erforderliches und verhältnismäßiges Mittel darstellten, um die Qualität und Echtheit des Pro-dukts zu gewährleisten. Zum Zeitpunkt der Entscheidungen des [X.] habe es keine
dem Art.
4 Abs.
2 Buchst.
e
VO
510/2006 entsprechende Regelung ge-geben, die
es erlaubt hätte, in die Produktspezifikation das Erfordernis aufzuneh-men, dass die Aufmachung in dem abgegrenzten geographischen Gebiet erfolgen müsse. Diese Frage könne aber dahingestellt bleiben, da dem streitgegenständli-chen Antrag auch nach den strengen Kriterien des [X.] stattzugeben sei.
Zwar sei die beabsichtigte Änderung zur Qualitätssicherung nicht erforderlich. Sie sei jedoch unter den Gesichtspunkten der Sicherung der Rückverfolgbarkeit und der Effektivität der Kontrolle des Lebensmittels gerechtfertigt.
[X.] Die Rechtsbeschwerde der [X.] zu
3 hat Erfolg.
[X.] Die form-
und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist zulässig
(§§
133, 83
[X.]). Ihre Statthaftigkeit folgt
daraus, dass im Gesetz aufgeführte, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnende Verfahrensmängel gerügt werden. Die Rechtsbeschwerde beruft sich auf eine Versagung des rechtli-chen Gehörs
und einen Begründungsmangel. Außerdem macht sie geltend, das [X.] sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen. Diese [X.]
hat die Rechtsbeschwerde im Einzelnen begründet. Auf die Frage, ob die erhobenen [X.] durchgreifen, kommt es für die Statthaftigkeit des Rechtsmittels nicht an (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 26.
Juni 2010
I
ZB
40/09, [X.], 1034 Rn.
9 = [X.], 1034
LIMES LOGISTIK).
I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Zwar liegt kein die zulassungs-freie Rechtsbeschwerde begründender Verstoß nach §
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.] vor (dazu nachstehend C
II
1). Das Verfahren vor dem [X.] ver-8
9
10
-
6
-
letzt die Einsprechende zu
3
jedoch in ihrem Anspruch auf rechtliches
Gehör
nach Art.
103 Abs.
1 GG,
§
83 Abs.
3 Nr.
3 [X.]
(dazu nachfolgende C
II
2).
1.
Die Rechtsbeschwerde
macht
ohne Erfolg geltend,
die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde sei begründet, weil das [X.]
gegen die Vorla-gepflicht nach Art.
267 Abs.
3 A[X.]V verstoßen
habe.
a) Allerdings unterliegt das [X.] im markenrechtlichen Be-schwerdeverfahren der Vorlagepflicht des Art.
267 Abs.
3 A[X.]V, wenn es
wie im Streitfall

die Rechtsbeschwerde nicht zulässt ([X.], Beschluss vom 6.
Februar 2013
I
ZB
85/11, [X.], 1046 Rn.
16
= [X.], 1346

Variable Bild-marke, mwN).
b) Im Streitfall fehlt es jedoch an den
in §
83 Abs.
3 [X.] geregelten
wei-teren Voraussetzungen für die Begründetheit einer zulassungsfreien Rechtsbe-schwerde, soweit sie auf eine Verletzung der Vorlagepflicht nach Art.
267 Abs.
3 A[X.]V gestützt ist.
aa) Im Schrifttum ist die Frage umstritten, ob eine Verletzung der Vorlage-pflicht nach Art.
267 Abs.
3 A[X.]V die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nach §
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.] begründen kann (bejahend Büscher in Bü-scher/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 2.
Aufl., §
83 [X.] Rn.
27; [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
83 Rn.
47; allgemein [X.]/Lückemann, ZPO, 30.
Aufl., §
16 GVG Rn.
3; aA [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10.
Aufl.,
§
83 Rn.
31, 36 und 60) oder nur unter den Voraussetzungen des §
83 Abs.
3 Nr.
3 [X.] wegen Verletzung des [X.] auf rechtliches Gehör eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde in Betracht kommt (vgl. Fezer/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, 2.
Aufl., S.
457 Rn.
659 und 661).
11
12
13
14
-
7
-
[X.]) Der [X.] hat die Frage bislang offengelassen (vgl. [X.], Beschluss vom 2.
Oktober 2002
I
ZB
27/00, [X.], 546, 547 = [X.], 655
[X.]; Beschluss vom 10.
April 2008
I
ZB
98/07, [X.], 1027 Rn.
24 = [X.], 1438
Cigarettenpackung; Beschluss vom 20.
Mai 2009
I
ZB
107/08, [X.], 994 Rn.
10 = [X.], 1102
[X.]; Beschluss vom 28.
Oktober 2010
I
ZB
13/10, [X.] 2011, 177 Rn.
8
Ivadal
II; [X.], [X.], 1046 Rn.
15
Variable Bildmarke). Er schließt sich der Auffassung an, dass eine Verletzung der Vorlagepflicht nach Art. 267 A[X.]V keine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nach §
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.] begründet.
(1) Zwar ist der [X.] [X.] im Sinne des Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG ([X.] 73, 339, 366). Eine Verletzung des Grundsatzes des gesetzlichen Richters im Sinne des Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG wegen eines Verstoßes gegen die Vorlagepflicht nach Art.
267 Abs.
3 A[X.]V liegt danach vor, wenn die Vorlage willkürlich unterblieben ist ([X.], NJW 1992, 678). Das [X.] zählt zu den Verfahrensgrundrechten, die der Einhaltung eines rechtsstaatlichen Mindeststandards dienen, Art.
101 Abs.
1 GG. Es folgert daraus, dass in einem Rechtsstaat die Möglichkeit einer zumindest einmaligen gerichtlichen Kontrolle der Einhaltung dieses Verfahrensgrundrechts bestehen muss ([X.], NJW 2003, 1924, 1926). Dabei haben zunächst die Fachgerichte die Aufgabe, einen Grundrechtsverstoß durch Verletzung des Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG selbst zu beseitigen ([X.] 49, 252, 258; 63, 77, 79). Der [X.] hat deshalb erwogen, §
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.] auch auf den Fall eines Verstoßes gegen [X.] anzuwenden. Er hat sich einer entsprechenden Auslegung der Vorschrift gleichwohl nicht anschließen können.
(2) Die Bestimmung des §
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.] eröffnet nach ihrem Wortlaut die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nur im Fall der nicht vorschrifts-mäßigen Besetzung des beschließenden Gerichts. Die Vorschrift ist §
100 Abs.
3 15
16
17
-
8
-
Nr.
1 [X.] nachgebildet worden (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks.
12/6581, S.
106) und entspricht inhaltlich §
547 Nr.
1 ZPO. Anders als §
83 Abs.
3 Nr.
3 [X.] und §
100 Abs.
3 Nr.
3 [X.], die an einen Verstoß ge-gen den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art.
103 Abs.
1 GG anknüpfen, [X.] §
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.], §
100 Abs.
3 Nr.
1 [X.] und §
547 Nr.
1 ZPO nicht auf einen Verstoß gegen [X.] nach Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG ab. Dementsprechend hat es der [X.] bislang abgelehnt, die unter-bliebene Zulassung der Rechtsbeschwerde, in der ebenfalls ein Verstoß gegen [X.] liegen kann (vgl. [X.], [X.], 601 Rn.
19), als Grund für eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts anzuerkennen (vgl. [X.], Beschluss vom 21.
April 1964
Ia
ZB
218/63, [X.], 519, 521

Damenschuh-Absatz; Beschluss vom 15.
April 2010
Xa
ZB
10/09, [X.], 950 Rn.
16
[X.]). Auch den absoluten Revisionsgrund des §
547 Nr.
1 ZPO hat der [X.] auf den Fall einer nicht vor-schriftsmäßigen Besetzung des Gerichts in der letzten mündlichen Verhandlung beschränkt (vgl. [X.], Urteil vom 4.
November 1997
VI
ZR
348/96, [X.], 377, 378; Beschluss vom 13.
November 2008
IX
ZB
231/07, [X.] 2009, 210 Rn.
14; ebenso [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 72.
Aufl., §
547 Rn.
5; [X.] in [X.].ZPO, 4. Aufl., §
574 Rn.
5; Musielak/Ball, ZPO, 11.
Aufl., §
547 Rn.
3; Prütting/Gehrlein/[X.], ZPO, 6.
Aufl., §
547 Rn.
6; [X.]/[X.] aaO §
547 Rn.
2).
Auch der Sinn und Zweck des §
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.] spricht gegen eine Anwendung der Bestimmung auf die Verletzung der Vorlagepflicht. Durch die Er-öffnung der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde gemäß
§
83 Abs.
3 Nr.
1 Mar-kenG soll
sichergestellt werden, dass eine Entscheidung durch einen [X.] des [X.]s getroffen wird, der gemäß §
67 Abs.
1 [X.] als Be-schwerdesenat eingerichtet ist und dessen Besetzung
unter Einhaltung der [X.] des [X.] (§
21e GVG) und der senatsinternen [X.]
-
9
-
kungsregeln (§
21g GVG)
gebildet worden ist. Erfasst wird hiervon, dass ein Rich-ter mitgewirkt hat, der nicht hätte mitwirken dürfen oder dass [X.] nicht mit-gewirkt hat, der hätte mitwirken müssen
(vgl. [X.]/[X.]/[X.]
aaO §
83 Rn.
25; [X.] in Ströbele/[X.], [X.], 10.
Aufl., §
83 Rn.
34). [X.] des §
83 Abs.
3 Nr.
1 [X.] ist damit die personelle Zu-sammensetzung der Richterbank. Dazu rechnet nicht die

auch willkürlich
unter-bliebene Vorlage an den [X.].
cc) Eine Verletzung der Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof der [X.] gemäß Art.
267 Abs.
3 A[X.]V kann jedoch gemäß §
83 Abs.
3 Nr.
3 [X.]
in Verbindung mit Art.
103 Abs.
1 GG
eine zulassungsfreie Rechtsbe-schwerde eröffnen. Dies setzt voraus, dass die Rechtsbeschwerde erfolgreich rügt, das [X.]
habe
unter Verstoß gegen den Anspruch auf [X.] Gehör entscheidungserhebliches Vorbringen des Beschwerdeführers über-gangen, mit dem dieser geltend gemacht habe, der Streitfall werfe eine Zweifels-frage zur Auslegung des Unionsrechts auf, so dass entweder die Rechtsbe-schwerde gemäß §
83 Abs.
2 [X.] zuzulassen oder die Sache gemäß Art.
267 Abs.
3 A[X.]V dem
[X.] vorzulegen sei.
Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt ferner vor, wenn das [X.] die Zulassung
der Rechtsbeschwerde und
die Vorlage an den [X.] ohne einen vorherigen Hinweis an die Verfahrensbeteiligten unterlässt, sofern ein gewissenhafter und kundiger
Verfah-rensbeteiligter

selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretener Rechtsauf-fassungen

damit nach dem bisherigen [X.] nicht zu
rechnen brauchte
(vgl. [X.], [X.], 1034 Rn.
11
LIMES LOGISTIK, mwN).
[X.]) Im Streitfall
fehlt es an einem Gehörsverstoß in Bezug auf eine
Vorlage-frage. Die Rechtsbeschwerde hat nicht dargelegt, das [X.] habe Vorbringen der [X.] zu
3 übergangen, mit dem diese geltend gemacht 19
20
-
10
-
habe, dass
sich im Streitfall Zweifelsfragen zur Auslegung des Unionsrechts
[X.], die im Wege des [X.] gemäß Art.
267 Abs.
3 A[X.]V vom [X.] zu klären seien. Die Rechtsbe-schwerde hat auch nicht geltend gemacht, dass das [X.] insoweit seine Hinweispflicht verletzt hat.
2. Mit Erfolg macht die Rechtsbeschwerde dagegen geltend, das Bundespa-tentgericht habe den Anspruch der [X.] zu
3 auf rechtliches Gehör verletzt, indem es ihr Vorbringen zur fehlenden Erforderlichkeit einer Kontrolle des Aufschneidens und Verpackens innerhalb des Erzeugungsgebietes
unberücksich-tigt gelassen habe.
a) Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet ein Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen
([X.]
86, 133, 144; [X.], Beschluss vom 9.
September 2010

I
ZB
81/09, GRUR 2011, 654 Rn.
11 =
[X.], 753
[X.]). Art.
103 Abs.
1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht die-ser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Ent-scheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Ein Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG setzt deshalb voraus, dass im Einzelfall besondere Umstände deutlich ma-chen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Gericht in seinen Entscheidungsgründen auf [X.] des [X.] zu einer Frage nicht ein, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des [X.] schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts uner-21
22
-
11
-
heblich oder offensichtlich unsubstantiiert war ([X.], NJW 2009, 1584
Rn.
14
mwN).
b) Die Einsprechende zu
3 hat vorgetragen, beim Schwarzwälder Schinken gebe es
anders als in dem vom [X.] in dem Ver-fahren "Prosciutto di Parma" zu beurteilenden Sachverhalt
keine produktspezifi-schen Besonderheiten, die es erforderlich machten, den Vorgang des Schneidens und Verpackens zum Schutz des Rufs des Produktes einer eingehenden
Kontrolle zu unterwerfen. Der Änderungsantrag enthalte keinerlei Anforderungen an die Verarbeitung, die spezifisches fachmännisches Wissen in Bezug auf [X.] Schinken voraussetzten und die daher eine Kontrolle im Schutzgebiet [X.] könnten. Es sei auch nicht ersichtlich, warum das Risiko, dass anderer Schinken als Schwarzwälder Schinken
geschnitten werde, außerhalb des [X.] sei als innerhalb des Schutzgebiets. Die Einsprechende zu
3 hat ferner vorgetragen, dass bereits durch die allgemeinen lebensmittelrechtlichen und hygienischen Anforderungen an die Fleischverarbeitung
sowie die von dem weit überwiegenden Anteil der Lieferanten des Einzelhandels freiwillig geübten Anforderungen höchste Kontrollintensität und Rückverfolgbarkeit gewährleistet seien.
In
Deutschland fordere das QS-System, dem mehr als 120.000 System-partner

unter diesen der größte Teil der Fleischwarenindustrie

angehörten, oh-nehin eine Rückverfolgbarkeit über sämtliche Herstellungs-
und Handelsstufen hinweg. Die Einhaltung des Systems werde im Rahmen von zweijährigen Audits sowie im Wege unangemeldeter Stichprobenkontrollen überprüft. Die Rückver-folgbarkeit von Schwarzwälder Schinken sei zudem aufgrund der Bestimmung des
Art.
18 Abs.
1 der Verordnung ([X.])
Nr.
178/2002
zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Euro-päischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit
sichergestellt.
Mit diesem
Vorbringen, das den
wesent-23
-
12
-
lichen Kern des Tatsachenvortrags der [X.] zu
3 betrifft, hat sich das [X.] nicht auseinandergesetzt.
c) Das von der Rechtsbeschwerde als übergangen gerügte Vorbringen ist auch entscheidungserheblich und für das Verfahren von zentraler Bedeutung.
aa) Nach Art.
4 Abs.
2 Buchst.
e der Verordnung ([X.]) Nr.
2081/92, der zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags beim Deutschen Patent-
und Markenamt galt und an dessen Stelle zunächst Art.
4 Abs.
2 Buchst.
e der Verordnung ([X.]) 510/2006 getreten ist, der nunmehr durch Art.
7 Abs.
1 Buchst.
e der VO
1151/2012 abgelöst ist, muss die antragstellende Vereinigung eine hinreichende produktspezifische Rechtfertigung dafür liefern, dass die Aufmachung in dem [X.] geographischen Gebiet erfolgen muss, um die Qualität zu wahren
oder den Ursprung oder die Kontrolle zu gewährleisten. Dabei ist dem Unions-recht, insbesondere den Vorschriften über den freien Waren-
und Dienstleistungs-verkehr, Rechnung zu tragen (Art.
7 Abs.
1 Buchst.
e VO
1151/2012, zuvor
Art.
8 und Erwägungsgrund
8 der Verordnung ([X.]) Nr.
1898/2006 der [X.] vom 14.
Dezember 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur VO
510/2006). Die
be-antragte Änderung betrifft eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmä-ßige Ausfuhrbeschränkung im Sinne von Art.
29 [X.]V/Art.
35 A[X.]V (vgl. [X.], [X.], 616 Rn.
59
Prosciutto di Parma). Ihre Zulässigkeit
setzt wegen der Auswirkungen auf den freien Warenverkehr voraus, dass sie zur Erhaltung des Ansehens der geographischen Angabe oder der Ursprungsbezeichnung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist ([X.], GRUR
2003, 616 Rn.
66
Prosciutto di Parma).
[X.]) Es ist nicht ausgeschlossen, dass das [X.] bei Berück-sichtigung des von der Rechtsbeschwerde als übergangen gerügten
Vorbringens zu der Erkenntnis gelangt wäre, dass die Erfordernisse des Aufschneidens und 24
25
26
-
13
-
Verpackens im Schutzgebiet für die Gewährleistung des Ursprungs oder der [X.] nicht erforderlich, jedenfalls aber mit Blick auf die notwendige Abwägung mit dem betroffenen Schutzgut der Waren-
und Dienstleistungsfreiheit nicht verhält-nismäßig sind. Dies gilt umso mehr, als das [X.] angenommen hat, dass der Gesichtspunkt der Qualitätssicherung die beanstandete Angabe in der Produktspezifikation nicht zu rechtfertigen vermag, weil die Vorschriften nicht mit besonderen
Qualitätsmerkmalen des Produkts in Zusammenhang stehen, sondern sich im Rahmen der bei der Verarbeitung von Fleischerzeugnissen übli-cherweise einzuhaltenden Hygienemaßnahmen bewegen.
-
14
-
D. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zu-rückzuverweisen (§
89 Abs.
4 Satz
1 [X.]).

Richter am [X.] Pokrant ist

in Urlaub und daher verhindert

zu unterschreiben.
Büscher

Büscher

Kirchhoff

Löffler
Schwonke
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 13.10.2011 -
30 W(pat) 33/09 -

27

Meta

I ZB 6/12

03.04.2014

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.04.2014, Az. I ZB 6/12 (REWIS RS 2014, 6575)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6575

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZB 6/12

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