Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.09.2022, Az. 30 W (pat) 73/21

30. Senat | REWIS RS 2022, 8946

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Tenor

In der Beschwerdesache

...

betreffend die Marke 30 2016 213 858

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 22. September 2022 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin [X.] und des [X.] Merzbach

beschlossen:

Die Beschwerde des Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 11. Mai 2016 angemeldete Wortmarke

2

fluctus [X.]

3

ist am 21. Juni 2016 unter der Nummer 30 2016 213 858 für die Dienstleistungen

4

„Klasse 44: Behandlung von Allergien; Behandlungen zur Gewichtsreduzierung; Dermatologische Dienstleistungen für die Behandlung von Hautleiden; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Alternativmedizin; Durchführung von Massagen für Hunde; Entwicklung individueller Programme zur körperlichen Rehabilitation”

5

in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 22. Juli 2016.

6

Gegen die Eintragung ist am 5. Oktober 2016 Widerspruch erhoben worden von der Inhaberin der seit dem 22. Juni 2015 u. a. für die Dienstleistungen

7

Klasse 44: Gesundheitspflege für Tiere; Tierpflegedienste; Gesundheitspflege für den Menschen; Hygiene- und Schönheitspflege für den Menschen“

8

registrierten Unionsmarke 013 804 621

9

[X.]

Die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte [X.]stelle für Klasse 44 des [X.]s hat mit Beschluss vom 1. Juli 2021 den Widerspruch zurückgewiesen, da eine [X.] zwischen den [X.] mangels hinreichender Zeichenähnlichkeit auch insoweit ausscheide, als sich beide [X.] bei identischen Dienstleistungen begegnen könnten.

Die [X.] seien in ihrer Gesamtheit aufgrund des im angegriffenen Zeichen zusätzlich enthaltenen ersten Bestandteils „fluctus“ und der sich daraus ergebenden Unterschiede in Länge, [X.], [X.] und Konsonantenfolge unähnlich.

Entgegen der Auffassung des Widersprechenden ergebe sich eine [X.] auch nicht daraus, dass das Widerspruchszeichen „[X.]“ vollständig im angegriffenen Zeichen fluctus [X.] enthalten sei. Denn das angegriffene Zeichen werde durch den Bestandteil „[X.]“ nicht geprägt.

Die dem [X.] entstammenden Wörter des angegriffenen Zeichens „fluctus“ und „[X.]“ würden von den zahlenmäßig eher größeren Teilen der angesprochenen Verkehrskreise mangels Kenntnis der [X.] als reine Fantasiewörter wahrgenommen, bei denen weder das eine noch das andere einen Anlass biete, es isoliert herauszugreifen und als einzig kennzeichnenden Bestandteil des angegriffenen Zeichens zu betrachten.

Aber auch wer des [X.] mächtig sei, habe keinen Anlass, aus der Wortfolge „fluctus [X.]“ das eine oder andere Wort isoliert herauszugreifen, da es sich dann um den Gesamtbegriff „heilende Welle“ handele.

Insgesamt komme daher dem Bestandteil „[X.]“ des angegriffenen Zeichens keine selbstständig kollisionsbegründende Wirkung zu, so dass eine die Gefahr von Verwechslungen begründende Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] auch unter dem Aspekt, dass die Zeichen gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten, ausgeschlossen sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie zunächst geltend macht, dass sich die Löschungsreife der angegriffenen Marke bereits aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ergebe, da sich die [X.] nicht nur auf identischen Dienstleistungen begegnen könnten, sondern auch die [X.] identisch seien. Die angegriffene Marke weise gegenüber der Widerspruchsmarke [X.] nur so geringfügige Unterschiede auf, dass diese den angesprochenen Verkehrskreisen entgingen. Denn dem mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden Bestandteil „[X.]“ sei lediglich ein weiteres Wort vorangestellt worden. Insoweit handle es sich jedoch um eine unbedeutende Abweichung, welche vom Verkehr nicht wahrgenommen werde.

Ungeachtet dessen bestehe zwischen den [X.] jedenfalls [X.] nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Beide [X.] könnten sich bei identischen Dienstleistungen begegnen. Weiterhin verfüge die Widerspruchsmarke nach ihrem Gesamteindruck über eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft, da sei einen eindeutigen Herkunftshinweis enthalte und geeignet sei, sich den angesprochenen Verkehrskreisen als Marke einzuprägen.

Die [X.] seien zumindest hochgradig ähnlich. Der weitere Wortbestandteil „fluctus“ auf Seiten der angegriffenen Marke falle angesichts der Übereinstimmung in dem Bestandteil [X.] weder klanglich noch schriftbildlich ins Gewicht. Zudem sei der Bedeutungs- und Sinngehalt der streitgegenständlichen [X.] identisch. Als Partizip Präsens Aktiv des lateinischen Verbs „sanare“ stelle das Widerspruchszeichen [X.] mit der Bedeutung „heilend“ einen unmittelbaren Bezug zur Gesundheit her. Der Wortstamm „san“ sei den angesprochenen Verkehrskreisen durch Begriffe wie z. B. „sanieren“, „Sanitäter“ oder „Sanatorium“ bekannt, so dass sie bei Wahrnehmung der Widerspruchsmarke eine gedankliche Verbindung zum Gesundheitssektor herstellten. Von dieser gedanklichen Verknüpfung mache auch die angegriffene Marke Gebrauch. Der vorangestellte Begriff „fluctus“ ändere daran nichts, da dieser den Bedeutungs- und Sinngehalt des Zeichens [X.] unberührt lasse.

Jedenfalls werde der Gesamteindruck der angegriffenen Marke durch den mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden Bestandteil „[X.]“ aufgrund des mit diesem Begriff verbundenen Hinweises auf ein Gesundheitsprodukt bzw. auf die gesundheitsfördernde Wirkung der so gekennzeichneten Dienstleistungen geprägt. Dem in vorliegendem Dienstleistungszusammenhang keinen Sinngehalt vermittelnden Bestandteil „fluctus“ der angegriffenen Marke komme demgegenüber keine Bedeutung zu.

Zumindest komme der Widerspruchsmarke aufgrund der vorgenannten Umstände in dem angegriffenen Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung zu.

Die Übereinstimmung der Widerspruchsmarke mit dem Bestandteil „[X.]“ der angegriffenen Marke führe auf jeden Fall dazu, dass die [X.] gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Denn selbst wenn die angesprochenen Verkehrskreise einen Unterschied zwischen „[X.]“ und „fluctus [X.]“ wahrnehmen würden, entstehe der Eindruck, es handele sich lediglich um unterschiedliche Produkte derselben Marke. Durch eine Kennzeichnung mit fluctus [X.] entstehe der Eindruck, es handle sich um ein Produkt einer Submarke der Dachmarke „[X.]“, nämlich fluctus [X.], Die angesprochenen Verkehrskreise seien an diese Art der [X.]gestaltung gewöhnt. Deshalb gingen sie auch im Falle von „[X.]“ und „fluctus [X.]“ von einer einheitlichen betrieblichen Herkunft aus.

Die Widersprechende beantragt,

den angefochtenen Beschluss der [X.]stelle für Klasse 44 des [X.]es vom 1. Juli 2021 aufzuheben und die angegriffene Marke 30 2016 213 858 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke [X.] 013 804 621 zu löschen.

Mit Beschluss des [X.]... vom 11. März 2022 – ... - wurde ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Inhaberin der angegriffenen Marke mangels Masse abgewiesen.

Nach Zustellung der Beschwerdeschrift an die im vorgenannten Beschluss des [X.]... benannten Verfahrensbevollmächtigten der Inhaberin der angegriffenen Marke haben diese mit Schriftsatz vom 5. Mai 2022 mitgeteilt, dass eine inhaltliche Stellungnahme nicht beabsichtigt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da der – von der Widersprechenden bereits vor der [X.]stelle geltend gemachte, seitens der [X.]stelle aber nicht weiter erörterte - Löschungsgrund der „Doppelidentität“ nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nicht vorliegt und die [X.]stelle eine Gefahr von Verwechslungen zwischen den [X.] nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zutreffend verneint und den Widerspruch daher zu Recht zurückgewiesen hat.

A. Das Widerspruchsverfahren ist nicht wegen eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der [X.]inhaberin gemäß § 240 ZPO unterbrochen, da dessen Eröffnung durch den Beschluss des [X.]... vom 11. März 2022 abgelehnt worden ist.

B. Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht worden ist, ist für die gegen diese Eintragung erhobenen Widersprüche gemäß § 158 Abs. 3 [X.] in der seit dem 14. Januar 2019 geltenden Fassung ([X.] n. F.) weiterhin die Vorschrift des § 42 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (im Folgenden „[X.]“).

C. Der seitens des Widersprechenden geltend gemachte Löschungsgrund der sog. „Doppelidentität“ nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 [X.] - welcher ein zwingendes Schutzhindernis hinsichtlich der jüngeren Marke begründet, ohne dass es einer gesonderten Feststellung einer [X.] bedarf (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 9 Rn. 14) - scheidet bereits mangels Identität der [X.] aus. Die Auffassung der Widersprechenden, bei dem zusätzlichen und dem mit der Widerspruchsmarke identischen [X.] „[X.]“ vorangestellten [X.] „fluctus“ auf Seiten der angegriffenen Marke handele es sich um eine unbedeutende, einem Durchschnittsverbraucher entgehende und daher die Zeichenidentität nicht in Frage stellende Abweichung, geht fehl.

Das Kriterium der [X.] ist restriktiv auszulegen. [X.] setzt grundsätzlich eine vollständige Übereinstimmung der kollidierenden Zeichen voraus; unschädlich sind nur so geringfügige Unterschiede zwischen den Zeichen, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können ([X.], [X.], 422 Nr. 50–54 – [X.]; [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 14 Rdnr. 337). Davon kann aber im Hinblick auf den zusätzlichen, nicht zu übersehenden [X.] „fluctus“ auf Seiten der angegriffenen Marke nicht ausgegangen werden.

D. Zwischen den Vergleichsmarken besteht auch keine [X.] nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.].

Die Frage, ob [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vorliegt, ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der [X.] und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der [X.] oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. nur [X.] [X.] 2020, 52 Rn. 41-43 – [X.] [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; [X.], 1098 Rn. 44 – [X.]/[X.]; [X.], 933 Rn. 32 – [X.]; [X.] 2020, 870 Rn. 25 – [X.]/[X.]; [X.], 1058 Rn. 17 – [X.]; [X.] 2018, 79 Rn. 7 – [X.]/[X.]; [X.], 1104 ff. – [X.]/[X.]; [X.], 382 Rn. 19 – [X.]; [X.], 283 Rn. 7 – [X.]/[X.] DEUTSCHE [X.]). Bei dieser umfassenden Beurteilung der [X.] ist auf den durch die [X.] hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. [X.], a. a. [X.] Rn. 48 – [X.] [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; [X.] a. a. [X.] Rn. 25 – [X.]/INJEX).

Nach diesen Grundsätzen ist eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken nicht zu besorgen, und zwar auch insoweit, als sich beide [X.] nach der vorliegend maßgeblichen [X.] bei identischen Dienstleistungen begegnen können.

1. So verfügt die Widerspruchsmarke lediglich über eine eingeschränkte Kennzeichnungskraft.

a. Wie von der Widersprechenden selbst vorgetragen, stellt die Widerspruchsmarke [X.] als Partizip Präsens Aktiv des lateinischen Verbs „sanare“ mit der Bedeutung „heilend“ einen unmittelbaren Bezug zur Gesundheit her, welcher sich den angesprochenen Verkehrskreisen aufgrund des geläufigen Wortbildungselements „san“ in Begriffen wie z. B. „sanieren“, „Sanitäter“ oder „Sanatorium“ ohne weiteres erschließt. Der Verkehr wird der Widerspruchsmarke dann aber einen deutlich beschreibenden Anklang auf eine gesundheitsfördernde Wirkung der betreffenden Dienstleistungen entnehmen.

Bei [X.], die wie vorliegend an freihaltungsbedürftige oder aus anderen Gründen schutzunfähige Angaben angelehnt sind, handelt es sich aber nicht um – wie die Widersprechende meint -, „besonders einprägsame“ und damit durchschnittlich oder sogar von Haus überdurchschnittlich kennzeichnungskräftige Zeichen; vielmehr weisen sie aufgrund ihres sich den inländischen allgemeinen wie auch [X.] ohne weiteres erschließenden beschreibenden [X.] lediglich eine eingeschränkte Kennzeichnungskraft auf. Ihr Schutzumfang ist eng zu bemessen und beschränkt sich auf die jeweilige (ggf. nur minimale) eintragungsbegründende Eigenprägung (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 9 Rdnr. 193).

b. Der Zuerkennung einer lediglich eingeschränkten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke steht entgegen der Auffassung des Widersprechenden auch nicht deren Eintragung in das Register entgegen. Denn die Eintragung des Zeichens verleiht für sich genommen nicht einmal eine normale, geschweige denn eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Selbst eine vermeintliche Eigenart und Einprägsamkeit eines – hier nicht vorliegenden – originär durchschnittlich kennzeichnungskräftigen [X.] rechtfertigt für sich gesehen noch nicht die Zuerkennung einer erhöhten Kennzeichnungskraft (vgl. hierzu: BPatG 33 W (pat) 57/10 33 W (pat) 57/10 – [X.]/SCHWEDOKAL;29 W (pat) 13/10 – MÖBEL 33 W (pat) 57/10 – [X.]/SCHWEDOKAL;29 W (pat) 13/10 – MÖBEL MIX/MÖBELIX;29 W (pat) 10/09 – [X.]/[X.]; die Entscheidungen sind über die Homepage des [X.] öffentlich zugänglich). Hierfür ist vielmehr eine durch intensive und nicht nur kurzfristige Benutzung gesteigerte Verkehrsbekanntheit erforderlich (Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. [X.] § 9 Rn. 155 m. w. N.).

2. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. z. B. [X.] 2013, 833[X.] 2013, 833, Nr. 45 - Culinaria/[X.]; [X.], 1040, Nr. 25 - [X.] 2013, 833, Nr. 45 - Culinaria/[X.]; [X.], 1040, Nr. 25 - pjur/pure; [X.], 930, Nr. 22 - [X.]/[X.]; [X.], 64, Nr. 15 - [X.]/[X.]; [X.], 729, Nr. 23 - [X.]). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, ([X.] und Sinngehalt zu beurteilen, weil [X.] auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. [X.] [X.], 413, Nr. 19 - [X.]/SIR; [X.], 1042, Nr. 28 - [X.] LIFE; [X.]. 2004, 843, Nr. 29 - [X.]; [X.] 2015, 1009 Nr. 24 - [X.]; [X.], 235[X.] 2015, 1009 Nr. 24 - [X.]; [X.], 235, Nr. 15 - [X.]/[X.]; [X.], 484[X.] 2015, 1009 Nr. 24 - [X.]; [X.], 235, Nr. 15 - [X.]/[X.]; [X.], 484[X.], 484, Nr. 32 - [X.]; [X.], 60, Nr. 17 - coccodrillo; [X.], 779, 781[X.], 484, Nr. 32 - [X.]; [X.], 60, Nr. 17 - coccodrillo; [X.], 779, 781[X.], 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). Dabei genügt für die Annahme einer [X.] [X.], 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). Dabei genügt für die Annahme einer [X.] regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. [X.] 2015, 1009, Nr. 24 - [X.]; [X.], 1114, Nr. 23 - [X.]; [X.], 235[X.] 2015, 1009, Nr. 24 - [X.]; [X.], 1114, Nr. 23 - [X.]; [X.], 235, Nr. 18 - [X.]/[X.] m. w. N.; vgl. [X.] 2015, 1009, Nr. 24 - [X.]; [X.], 1114, Nr. 23 - [X.]; [X.], 235, Nr. 18 - [X.]/[X.] m. w. N.; vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. [X.] § 9 Rdn. 270 m. w. N.). Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. [X.] in [X.], 283 Rn. 37 – [X.] m. w. N.).

a. Ausgehend davon unterscheiden sich die Vergleichsmarken trotz der Übereinstimmung der Widerspruchsmarke mit dem [X.] „[X.]“ der angegriffenen Marke wegen des zusätzlichen, in gleich großer Schrift und unmittelbar vor „[X.]“ angeordneten und daher nicht zu übersehenden zusätzlichen [X.] „fluctus“ auf Seiten der angegriffenen Marke in ihrer Gesamtheit bei gleichmäßiger Berücksichtigung sämtlicher Bestandteile nach allen für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit maßgeblichen Kriterien wie Zeichenlänge, [X.] etc. klanglich und bildlich deutlich und unverwechselbar voneinander. Eine die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen begründende Zeichenähnlichkeit kommt daher nur dann in Betracht, wenn auf Seiten der angegriffenen Marke der mit der Widerspruchsmarke übereinstimmende Wortbestandteil „[X.]“ zur Prüfung einer die [X.] begründenden [X.]ähnlichkeit isoliert herangezogen werden könnte. Dies ist aber aus den nachfolgenden Gründen nicht der Fall.

aa. So vermag entgegen der Auffassung der Widersprechenden allein die identische Übernahme der Widerspruchsmarke [X.] in die jüngere Marke keine für eine [X.] hinreichende klangliche, bildliche und/oder begriffliche (durchschnittliche) Zeichenähnlichkeit zu begründen.

Denn das Publikum pflegt [X.] nicht zu analysieren. Mehrteilige [X.] werden daher in der Regel in der Weise aufgenommen, in der sie dem Verbraucher entgegentreten. Bei [X.], die nicht in ihrer Gesamtheit, sondern – wie vorliegend – nur in Einzelbestandteilen Ähnlichkeiten aufweisen, kann daher für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nicht ohne weiteres allein auf identische bzw. ähnliche [X.]e ohne Berücksichtigung der [X.] als Ganzes abgestellt werden (vgl. [X.] [X.], 1042 Nr. 29 – [X.] LIFE). Deshalb ist es grundsätzlich verwehrt, aus der angegriffenen jüngeren Marke ein Element herauszugreifen und allein auf dieser Grundlage eine [X.] mit der älteren Marke festzustellen ([X.][X.] 1996,198,199 - Springende Raubkatze; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 9 Rdnr. 382).

Dieser Ausgangspunkt zwingt indessen nicht dazu, die [X.] stets nur in ihrer Gesamtheit zu vergleichen. Vielmehr kann ein [X.]bestandteil eine selbständige kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn dieser Bestandteil entweder den Gesamteindruck der angegriffenen Marke prägt oder aber in dem angegriffenen Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, die den Verkehr zu der Annahme veranlasst, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen (vgl. [X.], [X.], 1042 Nr. 29 – [X.] LIFE; [X.] 2019, 1058 Nr. 38 – [X.]). Beides ist hier aber nicht der Fall.

bb. So kann zunächst nicht von einer Prägung des Gesamteindrucks der angegriffenen Marke durch den mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden [X.] „[X.]“ ausgegangen werden.

Eine zusammengesetzte Marke wird durch einen oder mehrere Bestandteile geprägt, wenn aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise alle anderen [X.]bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke daher nicht bestimmen, sondern dafür vernachlässigt werden können ([X.], [X.], 700 Rn. 42 – [X.]/[X.]; [X.], 80 Rn. 37 - [X.] [[X.]/[X.] Bundesverband der [X.] Gesundheitswirtschaft], m. w. N.; [X.], [X.], 64 Rn. 15 = [X.], 83 – [X.]/[X.]).

Davon kann in Bezug auf den Bestandteil „fluctus“ der angegriffenen Marke jedoch nicht ausgegangen werden, und zwar unabhängig davon, ob und ggf. inwieweit der Verkehr den beschreibenden Anklang von „[X.]“ als Hinweis auf eine gesundheitsfördernde Wirkung der betreffenden Dienstleistungen und/oder des vorangestellten [X.]s „fluctus“ als ebenfalls [X.] Wort für „Strömung, Woge/Welle“ (vgl. [X.]) erfasst.

So wird der Teil des Verkehrs, der mangels jeglicher Kenntnisse der [X.] weder den Bedeutungsgehalt von „[X.]“ noch den von „fluctus“ erfasst, in der angegriffenen Marke eine Kombination und Aneinanderreihung von zwei in gleicher Größe und mit identischem Schriftbild nebeneinander angeordneten Phantasiebegriffen erkennen, welche gleichermaßen zum Gesamteindruck der angegriffenen Marke beitragen.

Aber auch soweit der überwiegende Teil des Verkehrs aus den zuvor genannten Gründen jedenfalls den beschreibenden Sinn- und Bedeutungsgehalt des in beiden Zeichen übereinstimmend vorhandenen Begriffs „[X.]“ verstehen und mit diesem Begriff – wie der Widersprechende es ausgedrückt hat – „eine gedankliche Verbindung zum Gesundheitssektor herstellen“ wird, besteht für ihn kein Anlass, sich auf Seiten der angegriffenen Marke allein an diesem [X.] zu orientieren und den weiteren [X.] „fluctus“ zu vernachlässigen.

So wie Übereinstimmungen zwischen [X.] in beschreibenden Angaben für sich genommen grundsätzlich keine für eine [X.] relevante begriffliche Ähnlichkeit begründen können, da der Verkehr in diesem Fall den [X.] allenfalls dieselbe beschreibende Angabe entnimmt, die [X.] aber nicht demselben Unternehmen zuordnet, können derartige beschreibende bzw. sachbezogene Bestandteile zu Bestimmung und Inhalt der betreffenden Dienstleistungen auch den Gesamteindruck eines [X.]s in der Regel nicht prägen, weil der Verkehr ihm lediglich eine inhaltliche Sachaussage entnehmen wird, ohne darin eine Marke zu erkennen, die auf die Herkunft des Produkts hinweist (vgl. [X.][X.],1071, [X.], 37 - Kinder II; [X.],68, [X.]/VIN [X.]; [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 9 Rdnr. 395 m. w. Nachw.).

Dies gilt erst recht, soweit ein Teil des Verkehrs auch den Sinn- und Bedeutungsgehalt von „fluctus“ aufgrund seiner Nähe zum [X.] Wort „Fluss“ in der Bedeutung „fließende Bewegung; stetiger, ununterbrochener Fortgang“ (vgl. [X.] zu „Fluss“) erfasst. Denn in diesem Fall verbinden sich beide [X.]e der angegriffenen Marke zu der einheitlichen und die Dienstleistungen ebenfalls nach Gegenstand und Inhalt beschreibenden gesamtbegrifflichen Aussage [X.]heilende Welle“.

Da die beiden [X.]e zudem in gleicher Größe und mit identischem Schriftbild nebeneinander angeordnet sind, wird eine Prägung der angegriffenen Marke durch den mit der Widerspruchsmarke übereinstimmenden Bestandteil „[X.]“ auch nicht durch dessen Position im Zeichen oder durch seine Größe nahegebracht (vgl. dazu [X.], [X.], 1058 Nr. 41 – [X.]), so dass für den Verkehr auch insoweit kein Anlass besteht, sich den [X.] „[X.]“ als [X.] und/oder Merkwort herauszugreifen.

cc. Weiterhin kommt auch eine [X.] unter dem Gesichtspunkt einer selbständig kennzeichnenden Stellung der Widerspruchsmarke [X.] in dem angegriffenen Zeichen fluctus [X.] nicht in Betracht.

Voraussetzung dafür wäre, dass der mit der Widerspruchsmarke übereinstimmende [X.] „[X.]“ im Gesamtgefüge der angegriffenen Marke selbständig hervortritt, was grundsätzlich nur dann angenommen werden kann, wenn er wie eine „Marke in der Marke“ erscheint. Dies wäre dann der Fall, wenn es sich bei „fluctus“ um das (hinreichend bekannte) Firmenschlagwort oder um eine bekannte Marke oder um den Stammbestandteil einer Zeichenserie der Inhaberin der angegriffenen Marke oder wenn es sich umgekehrt bei „[X.]“ um ein bekanntes Firmenschlagwort des Widersprechenden handeln würde (vgl. dazu [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 9 Rdnr. 492, 495). All dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Auch soweit dem Verkehr durch die äußere Gestaltung einer jüngeren Marke wie z. B. die deutliche abgesetzte Darstellung des betreffenden Bestandteils eine selbständig kennzeichnende Stellung nahegebracht werden kann (vgl. [X.] 2006, 859 Nr. 22 – [X.]), liegt ein solcher Fall hier nicht vor, da der mit der Widerspruchsmarke übereinstimmende [X.] „[X.]“ innerhalb der angegriffenen Marke gestalterisch nicht besonders hervortritt, sondern unmittelbar neben diesem in gleicher Größe mit identischem Schriftbild angeordnet ist.

b. Ebenso wenig kommt eine [X.] unter dem Aspekt eines Serienzeichens in Betracht, da für eine [X.]serie der Widersprechenden mit einem Stammbestandteil „[X.]“ keine Anhaltspunkte bestehen.

c. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden unterliegen die [X.] auch nicht deshalb einer (mittelbaren) [X.] unter dem Gesichtspunkt eines gedanklichen Inverbindungbringens, weil der Verkehr angesichts der Übereinstimmung der angegriffenen Marke mit der Widerspruchsmarke in dem Bestandteil „[X.]“ davon ausgeht, dass es sich bei der angegriffenen Marke um eine Spezifizierung der Widerspruchsmarke handelt und daher die entsprechend gekennzeichneten Produkte irrtümlich ein und demselben Hersteller bzw. Anbieter zuordnet.

Eine [X.] aufgrund einer „selbstständig kennzeichnenden Stellung“ einer älteren Marke in einem jüngeren [X.] bzw. [X.] stellen zwar nicht die einzig denkbaren Formen einer [X.] wegen gedanklichen Inverbindungbringens dar. Vielmehr sind daneben noch andere Fallgestaltungen denkbar, die unter diesem Gesichtspunkt beurteilt werden müssen (vgl.[X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 9 Rdnr. 551). Allerdings kann das bloße Vorhandensein eines übereinstimmenden Wortteils allein noch nicht die Annahme einer derartigen [X.] begründen, zumal hierfür nicht jegliche, wie auch immer geartete gedankliche Assoziationen ausreichen (st. Rspr., vgl. z. B. [X.][X.] 1999,735,736- [X.]/[X.]). Maßgeblich ist vielmehr, ob die als unterschiedlich erkannten Vergleichsmarken wegen Übereinstimmungen in Teilbereichen oder aus anderen Gründen auf die Ursprungsidentität der betroffenen Waren oder Dienstleistungen (vgl. [X.][X.] 1998,922,924- [X.]; [X.]) oder auf sonstige wirtschaftliche und organisatorische Verbindungen deren Hersteller bzw. Anbieter (vgl. [X.][X.]. 1999,734,736- [X.]) schließen lassen.

Diese Voraussetzung kann insbesondere dann erfüllt sein, wenn die jüngere Marke den Eindruck einer Spezifizierung der älteren Marke hervorruft (vgl. BPatG [X.] 2002, 438, 440 – [X.]/[X.]; 25 W (pat) 78/09 – [X.], veröffentlicht auf der Internetseite des BPatG).

Daran fehlt es jedoch vorliegend. Wie bereits dargelegt, wird der Verkehr dem weiteren Bestandteil „fluctus“ der angegriffenen Marke entweder mangels Kenntnis der [X.] überhaupt keinen Sinngehalt zuordnen, somit in der angegriffenen Marke ein [X.] erkennen und daher bereits aus diesem Grunde „fluctus“ keinen Hinweis auf eine bestimmte Produktart und/oder -linie der unter der Marke „[X.]“ vertriebenen Produkte entnehmen, oder er wird fluctus [X.] als einheitlichen Gesamtbegriff i. S. von „heilende Welle“ wahrnehmen, was aber ebenfalls einer Wahrnehmung des Zeichens als Spezifizierung der Widerspruchsmarke [X.] entgegensteht.

3. In Anbetracht der eingeschränkten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie der nur geringen Ähnlichkeit der [X.] scheidet daher in der Gesamtabwägung die Annahme einer [X.] selbst bei identischen Dienstleistungen aus.

E. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 [X.], da Billigkeitsgründe eine Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

Meta

30 W (pat) 73/21

22.09.2022

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.09.2022, Az. 30 W (pat) 73/21 (REWIS RS 2022, 8946)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 8946

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