Bundessozialgericht, Beschluss vom 31.01.2023, Az. B 12 SF 1/22 R

12. Senat | REWIS RS 2023, 975

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Rechtsweg - Streitigkeiten über Beitragszuschüsse für Beschäftigte zur privaten Krankenversicherung und Zuschüsse des Arbeitgebers zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen - Eröffnung des Sozialrechtswegs


Leitsatz

Für den Anspruch Beschäftigter gegen ihren Arbeitgeber auf Beitragszuschuss zur privaten Krankenversicherung sowie für den Anspruch von der Rentenversicherungspflicht befreiter Beschäftigter auf Zuschuss zur berufsständischen Versorgungseinrichtung ist jeweils der Sozialrechtsweg gegeben.

Tenor

Die weitere Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des [X.] vom 28. April 2022 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Streitig ist der Rechtsweg für eine Klage, mit der die Klägerin von der [X.] einen Beitragszuschuss zu ihrer privaten Krankenversicherung ([X.]) für die [X.] vom [X.] bis zum [X.] sowie einen Arbeitgeberzuschuss zur berufsständischen Versorgungseinrichtung für die [X.] vom [X.] bis zum [X.] begehrt.

2

Die Klägerin ist seit 31.1.2014 aufgrund eines sogenannten [X.] als Fachärztin für plastische Chirurgie bei der [X.] tätig. Wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze war sie im streitigen [X.]raum privat gegen Krankheit versichert. Aufgrund eines im sozialgerichtlichen Verfahren über die Statusfeststellung geschlossenen Vergleichs befreite die [X.] die Klägerin wegen ihrer seit dem [X.] bestehenden Mitgliedschaft in der [X.] ab dem [X.] von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ([X.]).

3

Am [X.] hat die Klägerin gegen die Beklagte Klage beim [X.] erhoben auf Zahlung eines [X.] zur [X.] in Höhe von 31 644,31 Euro für die [X.] vom [X.] bis zum [X.] gemäß § 257 [X.] sowie eines [X.] zur berufsständischen Versorgungseinrichtung in Höhe von 42 093,56 Euro für die [X.] vom [X.] bis zum [X.] gemäß § 172a [X.]I, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit. Auf den Antrag der [X.], den Rechtsstreit an das [X.] zu verweisen, hat das [X.] nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom [X.] für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit insgesamt an das [X.] verwiesen. Es handele sich sowohl bei § 172a [X.]I als auch bei § 257 [X.] um materiell-rechtliche Normen des Arbeitsrechts.

4

Das L[X.] hat auf die Beschwerde der Klägerin den Beschluss des [X.] aufgehoben und den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für zulässig erklärt. Es sei eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung (§ 51 Abs 1 [X.] [X.]G) gegeben. Im Hinblick auf den dem Recht der Sozialversicherung eigentümlichen Zweck des § 257 [X.] habe bereits der gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des [X.] zu der Vorgängerbestimmung des § 405 Abs 1 Reichsversicherungsordnung ([X.]) den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit als gegeben angesehen. Daran habe sich durch die inhaltsgleiche Überführung der Vorschrift in das [X.] nichts geändert. Für den Anspruch auf Beitragszuschuss des Arbeitgebers nach § 172a [X.]I gelte nichts anderes. Beide Normen gingen von dem sozialversicherungsrechtlichen Begriff des Beschäftigten in § 7 [X.]B IV aus. Die Klägerin stütze ihre Ansprüche auch nicht unmittelbar auf arbeitsvertragliche Regelungen. Die öffentlich-rechtliche Natur des Rechtsstreits werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Beteiligten nicht in einem hoheitlichen Über- und Unterordnungsverhältnis stünden. Dass der Anspruch auf Beitragszuschuss in den alten [X.]ländern ursprünglich tarifvertraglich geregelt und erst im Zuge der Herstellung der Deutschen Einheit bundesrechtlich geregelt worden sei, qualifiziere die Norm nicht als arbeitsrechtliche Schutzvorschrift. Der Gesichtspunkt der [X.] spreche für die Zuständigkeit der Sozialgerichte, selbst wenn nicht die Voraussetzungen des [X.], sondern Einwendungen und Einreden im Mittelpunkt stünden (Beschluss vom 28.4.2022).

5

Mit der vom L[X.] zugelassenen weiteren Beschwerde rügt die Beklagte, dass für den Rechtsstreit die Zivilgerichtsbarkeit, hilfsweise die Arbeitsgerichtsbarkeit zuständig sei. Es sei fraglich, ob Grundlage für den geltend gemachten Anspruch das Bestehen eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses oder ein zivilrechtliches Dienstverhältnis sei. Ob tatsächlich ein "[X.]" vorliege, sei erst im Rahmen der materiell-rechtlichen Begründetheit der Klage zu klären und nicht Bestandteil der Vorfrage, welcher Rechtsweg eröffnet sei. Jedenfalls könne erst das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien in Verbindung mit den Normen im Sozialrecht einen Anspruch begründen. Ohne dieses gehe der Anspruch ins Leere. Auch die Höhe des möglichen [X.] finde seine Grundlage in der Höhe der zivilrechtlich vereinbarten Vergütung. Insofern liege eine Vergleichbarkeit mit den Ansprüchen auf Entgeltfortzahlung oder Urlaubsentgelt vor, die ebenso in öffentlich-rechtlichen Vorschriften geregelt seien und für die der Rechtsweg zur Arbeitsgerichtsbarkeit eröffnet sei. Für ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis fehle es an einem Über- und Unterordnungsverhältnis im Sinne der Subordinationstheorie. Die Rechtsnormen würden auch nicht nur für Träger öffentlicher Gewalt, sondern für "jedermann" gelten (Subjektstheorie). Es liege hier außerdem eine Regelung von [X.] im Rahmen eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses und nicht von öffentlichen Belangen vor (Interessentheorie). Auf die Motive des Gesetzgebers könne es insoweit nicht ankommen. Allein die Regelung im Sozialgesetzbuch sei nicht ausschlaggebend. Es bestünden deutliche Unterschiede zu öffentlich-rechtlichen Ansprüchen im Rahmen der Sozialversicherung. Die Klägerin könne über die Geltendmachung der Ansprüche selbst entscheiden, Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstünden dagegen aufgrund Gesetzes und seien von der Einzugsstelle ohne Ermessen geltend zu machen. Dagegen bestimme sich je nach Vertragsverhältnis und Vertragsauslegung, ob der [X.] überhaupt der behauptete Anspruch zustehe. Ob eine Behörde gegenüber dem Arbeitgeber Sanktionsmöglichkeiten habe, sei von dem zivilrechtlichen Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber zu unterscheiden.

6

Die Beklagte beantragt,
den Beschluss des [X.] vom 28. April 2022 aufzuheben sowie festzustellen, dass der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet ist, und den Rechtsstreit an das zuständige [X.], hilfsweise an das [X.], zu verweisen.

7

Die Klägerin stellt keinen Antrag. Sie hält den Beschluss des L[X.] für zutreffend.

8

II. Die weitere Beschwerde der [X.], über die der Senat ohne Zuziehung [X.] entscheiden konnte (§ 12 Abs 1 Satz 2 iVm § 33 Abs 1 Satz 2 und § 40 Satz 1, § 124 Abs 3 [X.]G), ist nach § 177 und § 202 Satz 1 [X.]G iVm § 17a Abs 4 Satz 4 [X.] statthaft, weil das L[X.] den Rechtsbehelf zugelassen hat und diese Entscheidung für das B[X.] bindend ist (§ 202 Satz 1 [X.]G iVm § 17a Abs 4 Satz 6 [X.]). Sie ist form- und fristgerecht (§ 73 Abs 4, § 173 [X.]G) eingelegt worden.

9

In der Sache erweist sich die weitere Beschwerde der [X.] aber als unbegründet. Nach den für die Bestimmung des zulässigen Rechtswegs maßgebenden Grundsätzen (hierzu 1.) ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten für den Beitragszuschuss zur [X.] (hierzu 2.) wie auch für den Arbeitgeberzuschuss zur berufsständischen Versorgung eröffnet (hierzu 3.).

1. Nach § 202 Satz 1 [X.]G iVm § 17a Abs 2 Satz 1 [X.] (in der Fassung des [X.] zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 17.12.1990, [X.]) spricht das Gericht, wenn der beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, dies aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs. Eine Verweisung des Rechtsstreits ist jedoch nur dann geboten und zulässig, wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, dh für den [X.] mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, unzulässig ist. Anderenfalls entscheidet das angegangene Gericht des zulässigen Rechtswegs nach § 202 Satz 1 [X.]G iVm § 17 Abs 2 Satz 1 [X.] den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden, also auch für ihn rechtswegfremden rechtlichen Gesichtspunkten (B[X.] Beschluss vom 4.4.2012 - [X.] SF 1/10 R - [X.] 4-1720 § 17a [X.] RdNr 7 mwN; B[X.] Beschluss vom [X.] - B 6 SF 1/20 R - juris Rd[X.]9).

a) Maßgeblich für die Rechtswegzuweisung ist grundsätzlich der Streitgegenstand, dh der prozessuale Anspruch, der durch den zur Begründung vorgetragenen tatsächlichen Lebenssachverhalt (Klagegrund) näher bestimmt wird. Dieser ist auf der Grundlage des Klagebegehrens und des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts zu ermitteln (stRspr; zB B[X.] Beschluss vom [X.] - B 6 SF 1/20 R - juris Rd[X.] f mwN). Bei einer Mehrheit von prozessualen Ansprüchen ist für jeden dieser Ansprüche die [X.] gesondert zu prüfen ([X.] Beschluss vom 27.11.2013 - [X.]/13 - [X.]Z 199, 159, juris Rd[X.]4 mwN). Betrifft das Verfahren demgegenüber einen einheitlichen Streitgegenstand im Sinne eines einheitlichen prozessualen Anspruchs, hat das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit nach § 17 Abs 2 [X.] unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu entscheiden.

b) Gemäß § 51 Abs 1 [X.] [X.]G (idF des [X.] - 6. [X.]GÄndG - vom 17.8.2001, [X.] 2144) entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung. Es handelt sich insoweit um eine Auffangregelung für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, die nicht den einzelnen Versicherungszweigen zugeordnet werden können (vgl BT-Drucks 14/5943 [X.] zu [X.]). Ob eine bürgerliche oder eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegt, bestimmt sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses aus dem der [X.] hergeleitet wird (stRspr; vgl zB [X.] Beschluss vom 10.4.1986 - GmS-OGB 1/85 - [X.] 1500 § 51 [X.], juris Rd[X.]0).

2. Nach § 257 Abs 2 Satz 1 [X.] (idF des Beitragssatzsicherungsgesetzes - BSSichG - vom [X.], [X.] 4637) erhalten Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze oder aufgrund von § 6 Abs 3a [X.] versicherungsfrei oder die von der Versicherungspflicht befreit und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind und für sich und ihre Angehörigen, die bei Versicherungspflicht des Beschäftigten nach § 10 [X.] versichert wären, Vertragsleistungen beanspruchen können, die der Art nach den Leistungen des [X.] entsprechen, von ihrem Arbeitgeber einen Beitragszuschuss. Der Rechtsweg vor die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ist für diesen Anspruch eröffnet, weil es sich dabei um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nicht verfassungsrechtlicher Art) in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung (§ 51 Abs 1 [X.] [X.]G) handelt. Der Senat hält insoweit an der Auffassung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] fest, die zu der Vorgängervorschrift des § 405 [X.] ergangen ist ([X.] Beschluss vom [X.] - GmS-OGB 2/73 - B[X.]E 37, 292 = [X.] 1500 § 51 [X.] - juris; vgl B[X.] Urteil vom 20.3.2013 - [X.] KR 4/11 R - [X.] 4-2500 § 257 [X.] Rd[X.]4; B[X.] Beschluss vom 10.12.2015 - [X.] SF 1/14 R - [X.] 4-1720 § 17a [X.]4 Rd[X.]5; so auch [X.] Beschluss vom [X.] - juris RdNr 8 f; [X.] Urteil vom [X.] - 9 [X.] - [X.]E 104, 289, juris Rd[X.]0; [X.] Beschluss vom 19.8.2008 - 5 [X.] - juris Rd[X.]; [X.] Urteil vom 19.5.2010 - [X.]/08 - [X.]E 230, 279, juris Rd[X.]0). § 257 [X.] entspricht im Wesentlichen § 405 [X.] (vgl BT-Drucks 11/2237 [X.] zu § 266).

Der Beitragszuschuss soll die Anspruchsberechtigten den versicherungspflichtigen Arbeitnehmern, deren Krankenversicherungsbeiträge zur Hälfte von den Arbeitgebern getragen werden (vgl § 249 Abs 1 [X.]), wirtschaftlich gleichstellen. Dieser Zweck betrifft das Gebiet der Sozialversicherung. Das ist nicht nur der Fall, wenn der Beitragszuschuss zu einer Versicherung zu leisten ist, die - trotz freiwilliger Versicherung - Teil der Sozialversicherung ist (vgl § 257 Abs 1 [X.]). Auch der Zuschuss für eine [X.] (vgl § 257 Abs 2 [X.]) unterfällt einem der Sozialversicherung "eigentümlichen Sicherungszweck", wenn die Vertragsleistungen der Art nach den Leistungen des [X.] entsprechen und damit als "Ersatzversicherung" anerkannt sind (vgl [X.] Beschluss vom [X.] - GmS-OGB 2/73 - B[X.]E 37, 292 = [X.] 1500 § 51 [X.], - juris RdNr 8 f). Bereits diese über das Verhältnis der Beteiligten hinausreichende Voraussetzung im Interesse des Gesamtsystems der Sozialversicherung unterscheidet die Inpflichtnahme der Arbeitgeber nach § 257 [X.] von dem Arbeitsschutzrecht wie zB das [X.] oder das Urlaubsrecht.

Zuschussberechtigte nach § 257 [X.] sind außerdem nur "Beschäftigte"; durch den ausdrücklichen Bezug auf diesen zentralen Begriff des Sozialversicherungsrechts nach § 7 [X.]B IV wird die Einordnung in das öffentliche Recht noch deutlicher als früher (§ 405 [X.] hatte demgegenüber noch den Begriff des Angestellten verwendet; vgl [X.] in [X.]/Voelzke, jurisPK-[X.], 4. Aufl, § 257 RdNr 42, Stand 15.6.2020). Die Beschäftigung knüpft zwar regelmäßig an ein Arbeitsverhältnis an, unterliegt jedoch eigenen sozialrechtlichen Voraussetzungen. Schon deshalb handelt es sich bei dem in § 257 Abs 2 [X.] geregelten Anspruch nicht um einen Anspruch "aus dem Arbeitsverhältnis" (so bereits in Bezug auf den Begriff des Arbeitgebers als derjenige, bei dem die "Beschäftigung" stattfindet [X.] Beschluss vom [X.] - GmS-OGB 2/73 - B[X.]E 37, 292 = [X.] 1500 § 51 [X.], juris Rd[X.]). Ohne ein zugrundeliegendes Vertragsverhältnis zwischen dem Beschäftigten und dem Arbeitgeber kann zwar - wie die Beklagte zutreffend ausführt - der Anspruch nicht entstehen. Auf die Qualifikation des Verhältnisses als Arbeits- oder Dienstverhältnis kommt es jedoch nicht an, soweit jedenfalls eine Beschäftigung vorliegt. Nicht zuletzt wird damit auch eine der Verfahrensklarheit widersprechende Aufsplittung des Rechtswegs verhindert (vgl bereits [X.] Beschluss vom [X.] - GmS-OGB 2/73 - aaO , RdNr 7).

Etwas anderes würde gelten, wenn der streitige Anspruch nicht auf § 257 [X.] gestützt würde, sondern ausschließlich auf eine einzelvertragliche Zuschussabrede mit dem Arbeitgeber (vgl [X.] Urteil vom [X.] - 6 AZR 675/11 - juris Rd[X.]5). Dies ist aber nach den Feststellungen des L[X.] und auch nach dem Vortrag der [X.] nicht der Fall. Ob ein Anspruch auf den Zuschuss nach § 257 Abs 2 [X.] tatsächlich gegeben ist, ist für die Begründung des [X.] unerheblich. Insoweit reicht es aus, dass diese Möglichkeit besteht (vgl B[X.] Urteil vom 22.5.1985 - 1 RS 1/84 - B[X.]E 58, 110 = [X.] 5755 Art 2 § 1 [X.], juris Rd[X.]0).

Die öffentlich-rechtliche Natur des Anspruchs aus § 257 Abs 2 [X.] wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Beteiligten - Beschäftigter und Arbeitgeber - nicht in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen, sondern einander gleichgeordnet sind. Eine gleichgeordnete Beziehung zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten ist dem Recht der Sozialversicherung nicht fremd; insbesondere werden Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern über die Berechnung und Anrechnung von Sozialversicherungsbeiträgen von jeher als öffentlich-rechtlich angesehen (vgl [X.] Beschluss vom [X.] - GmS-OGB 2/73 - B[X.]E 37, 292 = [X.] 1500 § 51 [X.], juris Rd[X.]1; B[X.] Beschluss vom 10.12.2015 - [X.] SF 1/14 R - [X.] 4-1720 § 17a [X.]4 Rd[X.]5). Erheblich ist insoweit, dass die streitige Verpflichtung dem Einzelnen durch den Staat zur Sicherung öffentlicher Aufgaben auferlegt ist (B[X.] Urteil vom 27.1.1977 - 12/8 [X.] - B[X.]E 43, 148 = [X.] 2200 § 1385 [X.], juris Rd[X.]1).

Soweit die Beklagte meint, dass § 257 Abs 2 [X.] deutliche Unterschiede zu den kraft Gesetzes entstehenden öffentlich-rechtlichen Beitragsansprüchen aufweise, verkennt sie, dass auch der Anspruch auf den Beitragszuschuss (gegebenenfalls) kraft Gesetzes entsteht. Der Arbeitgeber ist aufgrund seiner gesetzlichen Indienstnahme grundsätzlich verpflichtet, die Voraussetzungen für die Zahlung des Zuschusses festzustellen und diesen an den Arbeitnehmer auszuzahlen. Es gilt das in § 32 [X.]B I normierte Verbot nachteiliger privatrechtlicher Vereinbarungen (vgl B[X.] Urteil vom 8.10.1998 - [X.] KR 19/97 R - B[X.]E 83, 40 = [X.] 3-2500 § 257 [X.], juris Rd[X.], 26). Parallelen zur gesetzlichen Krankenversicherung bestehen auch hinsichtlich der Höhe des [X.], die sich gemäß § 257 Abs 2 Satz 2 [X.] nach den Beitragssätzen der Krankenkassen (§§ 241, 242a [X.]) und den bei versicherungspflichtig Beschäftigten zugrunde zu legenden beitragspflichtigen Einnahmen bemisst.

3. Das L[X.] führt zutreffend aus, dass die zu 2. genannten Gesichtspunkte auch die Zuordnung des Anspruchs nach § 172a [X.]I zum Sozialrechtsweg bedingen (zustimmend [X.], NZS 2022, 719; aA L[X.] [X.] Beschluss vom [X.] - juris).

Nach § 172a [X.]I (idF des [X.] zur Änderung des [X.]B IV und anderer Gesetze vom 22.12.2011, [X.] 3057) zahlen für Beschäftigte, die nach § 6 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.]I von der Versicherungspflicht befreit sind, die Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe der Hälfte des Beitrags zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, höchstens aber die Hälfte des Beitrags, der zu zahlen wäre, wenn die Beschäftigten nicht von der Versicherungspflicht in der [X.] befreit worden wären. Zwar war eine der Norm entsprechende Verpflichtung der Arbeitgeber vor 1992 in [X.] und Einzelarbeitsverträgen geregelt und wurde die Vorläuferregelung des § 172 Abs 2 [X.]I aufgrund der im Beitrittsgebiet fehlenden tariflichen Regelungen in diesem Bereich erst durch das [X.] vom 25.7.1991 ([X.] 1606) zum [X.] eingeführt, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden (vgl BT-Drucks 12/405 S 119 zu [X.]6). Wie sich an der Einordnung der Vorschrift in das [X.]I unter den Titel "Verteilung der [X.]" zeigt, steht jedoch auch diese Arbeitgeberverpflichtung in einem engen sozialrechtlichen Zusammenhang.

Zweck der Bestimmung ist es - anknüpfend an die Regelungen über die gesetzliche Rentenversicherungspflicht - den grundsätzlich kraft Gesetzes in der [X.] Versicherten die Absicherung in einem berufsständischen Versorgungswerk zu ermöglichen, ohne dass ihnen dadurch der gesetzlich rentenversicherten Beschäftigten eingeräumte Anspruch auf Tragung eines Teils des Beitrags durch den Arbeitgeber entgeht. Die Arbeitgeber sollen keinen Vorteil daraus haben, dass Beschäftigte in einem berufsständischen Versorgungswerk und damit in einem nach der gesetzlichen Wertung gleichwertigen Versorgungssystem pflichtversichert sind ([X.] Urteil vom [X.] - 3 AZR 753/06 - juris Rd[X.]8, das ausdrücklich offenlässt, ob der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit wie bei den Arbeitgeberzuschüssen zur privaten Krankenversicherung gegeben ist). Letztlich handelt es sich bei § 172a [X.]I ebenso wie bei § 257 [X.] um einen Zuschuss zu einer "Ersatzversicherung".

Beide Normen sind ihrem Zweck entsprechend ähnlich ausgestaltet. Auch § 172a [X.]I legt den [X.] zugrunde und orientiert sich hinsichtlich der Höhe der Beiträge an der (allgemeinen) gesetzlichen Rentenversicherung. Wie § 257 [X.] ist auch § 172a [X.]I als eigenständige sozialrechtliche Pflicht nicht dispositiv (vgl [X.] Urteil vom [X.] - 3 [X.] - juris Rd[X.]). Auch wenn § 172a [X.]I nur Rechte und Pflichten im [X.] und - vergleichbar mit § 257 [X.] - keine Beitragstragung gegenüber der berufsständischen Versorgung, sondern nur einen Zuschuss des Arbeitgebers an den Beschäftigten als Beitragsschuldner regelt (vgl BT-Drucks 17/6764 S 22 zu [X.]0), steht dies der Annahme einer öffentlich-rechtlichen Vorschrift nicht entgegen (so aber L[X.] [X.] Beschluss vom [X.] - juris Rd[X.]3 zu § 172 Abs 2 [X.]I aF).

Dass die Frage des Beschäftigungsverhältnisses in den Fällen des § 172a [X.]I regelmäßig keine Probleme aufwerfen mag (so L[X.] [X.] Beschluss vom [X.] - juris Rd[X.]5), ist für die Einordnung als zivil- oder sozialversicherungsrechtlicher Rechtsanspruch ebenso wenig von Bedeutung. Auch streitige Einwendungen und Einreden werden von der einmal einschlägigen Rechtswegzuordnung erfasst.

4. [X.] (zu deren Notwendigkeit vgl B[X.] Beschluss vom [X.] - B 3 SF 1/02 R - [X.] 3-1500 § 51 [X.]7 S 78, juris Rd[X.]4 mwN) beruht auf der Anwendung von §§ 193, 183 Satz 1 und 3 [X.]G. § 197a Abs 1 Satz 1 [X.]G ist nicht anwendbar, da die Klägerin einen Anspruch auf Sozialleistungen geltend macht (vgl § 11 [X.]B I; B[X.] Urteil vom 20.3.2013 - [X.] KR 4/11 R - [X.] 4-2500 § 257 [X.] Rd[X.]8).

[X.]

Meta

B 12 SF 1/22 R

31.01.2023

Bundessozialgericht 12. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SF

vorgehend SG Nürnberg, 26. Januar 2022, Az: S 12 R 765/21, Beschluss

§ 17a Abs 2 S 1 GVG, § 17a Abs 4 S 4 GVG, § 17 Abs 2 S 1 GVG, § 51 Abs 1 Nr 5 SGG, § 177 SGG, § 202 S 1 SGG, § 32 SGB 1, § 7 SGB 4, § 257 Abs 2 S 1 SGB 5, § 172a SGB 6, § 172 Abs 2 SGB 6 vom 25.07.1991, § 405 RVO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 31.01.2023, Az. B 12 SF 1/22 R (REWIS RS 2023, 975)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 975

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6 AZR 675/11

III ZB 59/13

XI R 35/08

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