Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2006, Az. 2 ARs 428/06

2. Strafsenat | REWIS RS 2006, 1180

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[X.]/06 vom 25. Oktober 2006 Nachschlagewerk: ja [X.]St: ja Veröffentlichung: ja [X.] §§ 27, 30, 31, 62, 66 1. Die Sperrwirkung des § 66 Abs. 1 Satz 2 [X.] tritt nur ein, wenn der [X.] in früheren Entscheidungen ausdrücklich aus erzieherischen Gründen auf die Einbeziehung der rechtskräftig abgeurteilten Straftaten verzichtet hat. 2. Die Schuldfeststellung nach § 27 [X.] ist keine noch nicht vollständig erledig-te Entscheidung im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.]. 3. Bei Zusammentreffen einer Schuldfeststellung (§ 27 [X.]) und einer anderen rechtskräftigen Entscheidung hat grundsätzlich der im Verfahren nach §§ 30, 62 [X.] zuständige [X.] zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den [X.] einer Jugendstrafe vorliegen. [X.], Beschluss vom 25. Oktober 2006 - 2 [X.][X.] in der Bewährungssache des - 2 - wegen Widerstands pp.
[X.].: 8006 Js 004204/04 jug. Staatsanwaltschaft [X.] [X.].: 133 AR (7/06) [X.] [X.].: 12 BRs 46/04 Amtsgericht [X.] - 3 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] am 25. Oktober 2006 beschlossen: Das Amtsgericht - Jugendrichter - [X.] ist gemäß §§ 30, 62 [X.] für die Entscheidung zuständig. Gründe: [X.] Das Amtsgericht - Jugendrichter - [X.] hatte durch Urteil vom 6. Juli 2004 die Schuld des B. hinsichtlich mehrerer begangener Delikte festgestellt und die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt (§ 27 [X.]). Am 23. März 2006 verhängte das Amtsgericht - [X.] - [X.] gegen den B. wegen zweier Straftaten eine Jugend-strafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt [X.]. In dieser Entscheidung wird das Urteil des Amtsgerichts [X.] vom 6. Juli 2004 in der Vorgeschichte erwähnt; bei der Begründung der Rechtsfolgenent-scheidung kommt das [X.] auf dieses Urteil aber nicht mehr zurück. 1 Das Amtsgericht [X.] ist der Auffassung, es stehe eine [X.] nach § 66 [X.] an, die durch das [X.] zu erfolgen habe. Dieses Amtsgericht vertritt die Rechtsansicht, das Amtsgericht [X.] habe - jedenfalls zunächst - gemäß § 30 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 62 [X.] darüber zu befinden, ob gegen den Verurteilten Jugendstrafe zu verhängen ist. 2 - 4 - I[X.] Der [X.] ist als das gemeinschaftliche obere Gericht zur Entscheidung des [X.] berufen (§ 2 [X.] i.V.m. § 14 StPO). 3 Zuständig ist gemäß §§ 30, 62 [X.] das Amtsgericht - Jugendrichter - [X.], § 66 Abs. 1 [X.] findet keine Anwendung. 4 II[X.] Eine nachträgliche Entscheidung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] zur Er-gänzung rechtskräftiger Entscheidungen bei mehrfacher Verurteilung ist dann nicht zulässig, wenn der [X.] nach § 31 Abs. 3 [X.] von der Einbeziehung rechtskräftig abgeurteilter Straftaten abgesehen hatte (§ 66 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Die Sperrwirkung des § 66 Abs. 1 Satz 2 [X.] tritt jedoch nur ein, wenn der [X.] in früheren Entscheidungen ausdrücklich aus erzieherischen Gründen auf die Einbeziehung der rechtskräftig abgeurteilten Straftaten verzichtet hat (vgl. u. a. [X.]/Schoreit/[X.] [X.] 4. Aufl. [X.]. 5 zu § 66, [X.]/[X.] [X.] 11. Aufl. [X.]. 2 zu § 66; [X.] [X.] 6. Aufl. [X.]. 4 zu § 66). Diese Ausnahmeregelung hat ihre Berechtigung darin, dass eine - von der Ermes-sensentscheidung des erkennenden [X.]s nach § 31 Abs. 3 [X.] abwei-chende - Ermessensentscheidung des für das nachträgliche Verfahren zustän-digen [X.]s erzieherisch nicht zu rechtfertigen wäre. Diesem Zweck entspre-chend tritt die Sperrwirkung des § 66 Abs. 1 Satz 2 [X.] nur ein, wenn der [X.] in der früheren Entscheidung aus erzieherischen Gründen auf die Ein-beziehung der rechtskräftig abgeurteilten Straftaten verzichtet hat, nicht dage-gen, wenn nach den Urteilsgründen nicht auszuschließen ist, dass die [X.] der einheitlichen Festsetzungen einer Rechtsfolge nur übersehen worden ist ([X.] [X.] 11. Aufl. [X.]. 18 zu § 66 m.w.N.). 5 - 5 - Im Urteil des Amtsgerichts [X.] vom 23. März 2006 wird zwar das Urteil des Amtsgerichts [X.] vom 6. Juli 2004 mitgeteilt, eine ausdrückliche Entscheidung gemäß § 31 Abs. 3 [X.] hat der Jugendrichter jedoch nicht ge-troffen. Die Sperrwirkung des § 66 Abs. 1 Satz 2 [X.] tritt daher nicht ein. Zwar hätte das Amtsgericht - Jugendrichter - [X.] gemäß § 31 Abs. 2 [X.] die Entscheidung des Amtsgerichts - Jugendrichter - [X.] einbeziehen können. Hat es dies aber versäumt, so ist für diese Frage grundsätzlich wieder der sachnä-here [X.] gemäß §§ 30, 62 [X.] zuständig, der seinerseits die spätere Ent-scheidung einbeziehen kann. 6 IV. § 66 Abs. 1 [X.] findet auf Entscheidungen nach § 27 [X.] keine An-wendung. 7 Die Frage, ob die Schuldfeststellung im Rahmen von § 27 [X.] als eine im Sinne von § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] noch nicht vollständig erledigte Entschei-dung angesehen werden kann, ist allerdings umstritten (vgl. [X.] aaO [X.]. 22 zu § 66). Nach überwiegender Ansicht im Schrifttum kann auch eine Schuldfeststellung nach § 27 [X.] in die nachträgliche einheitliche Entschei-dung einbezogen werden (vgl. u. a. [X.]/Schoreit/[X.] aaO [X.]. 8 zu § 66; [X.]/[X.] aaO [X.]. 2 und 3 zu § 66; [X.] aaO [X.]. 7 zu § 66). Zur Begründung wird darauf abgestellt, dass ansonsten zwei richterliche Entscheidungen erforderlich seien, zunächst jene nach § 30 [X.] durch den [X.], der die Entscheidung nach § 27 [X.] getroffen hatte, sodann die Nach-tragsentscheidung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] durch den nach § 66 Abs. 2 [X.] zuständigen [X.]. Dies verstoße gegen prozessökonomische Grund-sätze. 8 - 6 - Dieser Ansicht folgt der Senat jedoch nicht; zuständig ist vielmehr gemäß §§ 30, 62 [X.] der [X.], der die Entscheidung über die Verhängung der [X.] ausgesetzt hat. Für diese Lösung gibt es gewichtige Gründe: 9 1. Schon der Wortlaut des § 66 [X.] spricht gegen eine Einbeziehung der Fälle des § 27 [X.] in die Nachtragsentscheidung. Während in § 31 Abs. 2 Satz 1 [X.] ausdrücklich die rechtskräftige Schuldfeststellung aufgeführt wird, ist in § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] nur von [X.], [X.] und Strafen die Rede; die Feststellung der Schuld nach § 27 [X.] wird nicht [X.]. 10 2. Die Entscheidung nach § 30 Abs. 1 [X.] über die Verhängung der Ju-gendstrafe ergeht gemäß § 62 Abs. 1 [X.] zwingend aufgrund einer [X.] durch Urteil. § 66 Abs. 2 [X.] hingegen sieht nur fakultativ eine Hauptverhandlung vor. Der Betroffene würde daher bei Zusammenfassung [X.] mit einer anderen rechtskräftigen Entscheidung bei einer Nachtragsentscheidung gemäß § 66 [X.] schlechter gestellt, weil ihm für den Fall der Verhängung einer Jugendstrafe nach § 30 [X.] eine obligatorische Hauptverhandlung zusteht (so zutreffend [X.] aaO [X.]. 22 zu § 66; [X.]/[X.] [X.] 2. Aufl. [X.]. 8 zu § 66). Dies kann nicht dadurch [X.] werden, dass man - gegen den Gesetzeswortlaut des § 66 Abs. 2 Satz 1 [X.] - eine "Bindung des Ermessens für die Durchführung einer Hauptverhand-lung" annimmt (so aber [X.] aaO [X.]. 7 zu § 66 [X.]). 11 3. Das Argument, Gründe der [X.] sprächen dafür, die Ent-scheidung nach § 30 [X.] im Rahmen der Nachtragsentscheidung des § 66 Abs. 1 [X.] zu fällen, da ansonsten zwei [X.] zur Entscheidung erforderlich 12 - 7 - seien, trifft nicht zu, da auch bei einer Zuständigkeit nach §§ 30, 62 [X.] nur eine Entscheidung ergeht. Bei Zusammentreffen einer Schuldfeststellung (§ 27 [X.]) und einer an-deren rechtskräftigen Entscheidung hat der im Verfahren nach §§ 30, 62 [X.] zuständige [X.] zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Ausspruch einer Jugendstrafe vorliegen. [X.] wird er Hauptverhandlung anberau-men, wobei er seinerseits die andere rechtskräftige Entscheidung nach § 31 Abs. 2 [X.] in seine Entscheidung einbeziehen oder hiervon absehen kann ([X.] aaO [X.]. 22 zu § 66, [X.]/[X.] aaO [X.]. 8 zu § 66). Auch in diesem Fall ist daher nur eine Entscheidung erforderlich. 13 4. Für die Zuständigkeit des [X.]s gemäß §§ 30, 62 [X.] spricht auch seine größere Sachnähe für die Beurteilung der Frage, ob und welche Jugend-strafe zu verhängen ist. Gemäß § 30 Abs. 1 [X.] hat er auf die Strafe zu erken-nen, die er im Zeitpunkt des Schuldspruchs bei sicherer Beurteilung der schäd-lichen Neigungen des Jugendlichen ausgesprochen hätte. Dies kann er selbst am besten beurteilen. Zur Wahrung der Einheit zwischen Schuld- und 14 - 8 - [X.] ist daher der [X.] des Schuldspruchs nach wie vor zum Erlass der Entscheidung gemäß § 30 Abs. 1 [X.] berufen (vgl. auch [X.] Recht der Jugend 1956 S. 209, 211). [X.] Appl

Meta

2 ARs 428/06

25.10.2006

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: ARs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2006, Az. 2 ARs 428/06 (REWIS RS 2006, 1180)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1180

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