Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.03.2012, Az. V ZB 257/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 8351

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 257/11

vom

8. März 2012

in der Abschiebungshaftsache

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 8. März 2012
durch den [X.] [X.] [X.], die Richterin Dr.
Stresemann, [X.]
Czub
und die Richterinnen Dr.
Brückner und [X.]
beschlossen:
Dem Betroffenen wird Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt [X.] beigeordnet.
Auf die Rechtsbeschwerde
des Betroffenen wird der Beschluss der 2.
Zivilkammer des [X.] vom 18.
Oktober
2011 insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Be-troffenen erkannt worden ist.
Es wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 2. August 2011 von diesem Tag an den [X.] in seinen Rechten verletzt hat.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die zur [X.] Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des [X.] werden der [X.] auferlegt.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

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Gründe:
I.
Der Betroffene, ein [X.] Staatsangehöriger, reiste 1986 im Alter von knapp drei Jahren zur Familienzusammenführung nach [X.] ein und erhielt eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Mit Verfügung vom 5. [X.] wurde er wegen begangener Straftaten unter Androhung der Ab-schiebung aus der Bundesrepublik [X.] ausgewiesen. Nachdem im November 2007 die Abschiebung aufgrund schlechter Wetterverhältnisse ge-scheitert war, tauchte der Betroffene unter und wurde erst im [X.] 2011 wieder aufgegriffen. Mit Beschluss vom 2. August 2011 hat das Amtsgericht auf Antrag der beteiligten Behörde die Haft zur Sicherung der Abschiebung für längstens zwei Monate angeordnet. Auf den Asylantrag des Betroffenen stellte das [X.] mit Bescheid vom 16. September 2011 ein Abschiebungsverbot fest. Daraufhin wurde er am 19. September 2011 aus der Haft entlassen. Auf seine Beschwerde hat das [X.] festgestellt, dass die Haftanordnung ihn ab dem 3. September 2011 in seinen Rechten ver-letzt hat; im Übrigen hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der Rechtsbe-schwerde erstrebt der Betroffene die Feststellung, dass ihn die Anordnung der Haft von Anfang an in seinen Rechten verletzt hat. Für die Durchführung des [X.] beantragt er Verfahrenskostenhilfe.
II.
Nach Auffassung des [X.] liegen die Haftgründe des §
62 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 5 [X.] vor. Die angeordnete Haftdauer sei angemessen, da [X.] hätten beschafft werden müssen. Ab dem 3. September 2011 sei die Haft jedoch rechtwidrig, da die beteiligte Behörde ab 1
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diesem Zeitpunkt Kenntnis von dem Vorliegen eines Abschiebungshindernisses hätte haben müssen.
III.
Die mit einem Antrag nach §
62 FamFG gemäß §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
3, Satz 2 FamFG, § 106 Abs. 2 Satz 1 [X.] statthafte (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Februar 2010 -
V
ZB 172/09, [X.] 2010, 150, 151) und im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist begründet.
Die Anordnung der [X.] war rechtswidrig, weil es an einem zulässigen Haftantrag und damit an der nach § 417 Abs. 1 FamFG unverzicht-baren Grundlage für die Freiheitsentziehung fehlt.
1. Das Vorliegen eines zulässigen [X.] ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforde-rungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer (§
417 Abs.
2 Satz
2 Nr.
3 bis 5 FamFG). Fehlt es [X.], darf die beantragte [X.] nicht angeordnet werden (Senat, [X.] vom 27. Oktober 2011 -
V
ZB 311/10, Rn. 12 mwN, juris; Senat, [X.] vom 15. September 2011 -
V
[X.], Rn. 8 mwN, juris).
2. Die Begründung des [X.] muss auf den konkreten Fall zuge-schnitten sein; Leerformeln und Textbausteine genügen nicht. Danach bestim-men sich Inhalt und Umfang der notwendigen Darlegungen. Sie dürfen knapp gehalten sein, müssen aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte des Falls ansprechen (vgl. Senat, Beschluss vom 15. September 2011 -
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123/11, Rn. 9, juris). Hinsichtlich der Durchführbarkeit der Abschiebung sind auf das Land bezogene Ausführungen erforderlich, in das der [X.] werden soll. Anzugeben ist, ob und
innerhalb welchen Zeitraums Ab-schiebungen in das betreffende Land üblicherweise möglich sind. Erforderlich sind konkrete Angaben zum Ablauf des Verfahrens und eine Darstellung, in welchem Zeitraum die einzelnen Schritte unter normalen Bedingungen durch-laufen werden können (Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2011 -
V
ZB 311/10, Rn.
13 f., juris).
3. Diesen gesetzlichen Anforderungen an die Begründung genügt der Haftantrag nicht. Er beschränkt sich auf den nicht näher konkretisierten Hin-weis, dass ein Zeitra
werde. Auf welcher Grundlage diese Einschätzung erfolgt, lässt sich dem Haftantrag nicht entnehmen. Es fehlen Ausführungen zu der üblichen Abschie-bungsdauer in den [X.]. Zudem verhält sich der Haftantrag nicht dazu, [X.] Zeit für die kurz vor Stellung des [X.] in die Wege geleitete Be-schaffung eines [X.]s voraussichtlich benötigt wird und welche weiteren Maßnahmen zur Rückführung des Betroffenen erforderlich sind. Damit fehlen in dem Haftantrag jegliche Tatsachen, anhand derer der Haftrichter die Prognose nach §
62 Abs. 2 Satz 4 [X.] treffen konnte.
4. Die beteiligte Behörde hat das Versäumnis auch nicht, was für die Zu-kunft möglich gewesen wäre (siehe nur Senat, Beschluss vom 15. September 2011 -
V [X.] Rn. 15, juris), nachgeholt.

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IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
83 Abs.
2, §
81 Abs.
1, §
430
FamFG. Unter Berücksichtigung der Regelung in
Art. 5 Abs. 5 [X.] entspricht es billigem Ermessen, die [X.] zur Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des [X.] zu verpflichten (vgl. Senat, Beschluss vom 22.
Juli 2010 -
V
ZB 28/10 Rn. 18, juris). Die Festsetzung des [X.] folgt aus §
128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.

Krüger

Stresemann

Czub

Brückner

[X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.08.2011 -
81 [X.] B -

LG Koblenz, Entscheidung vom 18.10.2011 -
2 T 482/11 -

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Meta

V ZB 257/11

08.03.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.03.2012, Az. V ZB 257/11 (REWIS RS 2012, 8351)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8351

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V ZB 123/11

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