Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2018, Az. III ZR 126/17

III. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 12286

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:150318UIIIZR126.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
III ZR 126/17

Verkündet am:

15. März 2018

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 Bd Cl, § 611 Abs. 1

a)
Zur Einordnung eines [X.] als Dienstvertrag.

b)
Zur Unwirksamkeit einer Klausel in einem [X.]svertrag, die eine [X.]laufzeit von 72 Monaten vorsieht.

[X.], Urteil vom 15. März 2018 -
III ZR 126/17 -
OLG [X.] in [X.]

[X.]

-
2 -
Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. März
2018
durch [X.] [X.], die Richter
Tombrink
und
Dr. Remmert
sowie die
Richterinnen
Pohl
und Dr. Arend

für Recht erkannt:

Die Revision der
Klägerin gegen
das Urteil des Oberlandesge-richts [X.] -
4. Zivilsenat -
vom 24. März 2017 wird [X.].

Die Klägerin hat die Kosten des
Revisionsrechtszugs
zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem [X.]n die Zahlung von bereits ange-fallenen sowie künftig fällig werdenden Entgelten aus zwei [X.]s-

Die Klägerin ist ein Unternehmen der Sicherheitsbranche. Der [X.] betreibt ein Handelsgeschäft für Quads, die er verkauft und vermietet. Die [X.] schlossen am 8. Juli 2015 für die beiden Geschäftsstandorte des [X.] jeweils einen "[X.]

-V.

-Mietvertrag mit [X.]".
Unter der Rubrik "Mietdauer"
wurde jeweils die Variante "72 Monate"
angekreuzt; dane-ben sieht jeder Vertrag zur Auswahl vier weitere Laufzeiten
von 24, 36, 48 und 1
2
-
3 -
60 Monaten vor. [X.]inhalt war die Lieferung, Installation und
Instandset-zung der der [X.] vor Ort dienenden Geräte (Überwachungsba-sispaket mit drei Passiv-Infrarotbewegungsmeldern, einem SOS-Panikalarm-
element und einem LCD-Bedienteil), eine [X.] zur Beantwortung technischer Fragen, die Bereithaltung einer permanent besetzten Notruf-
und Serviceleitstelle, auf welche die installierten Überwachungsgeräte aufgeschaltet sind, die Alarmüberwachung und gegebenenfalls nach visueller [X.] die Benachrichtigung des Kunden beziehungsweise der zuständigen öffentlichen Stellen. Die monatliche "Mietgebühr"

(brut-to)

(brutto). Hinzu kam jeweils eine einmalige Ein-(brutto) (brutto) für jede Alarmbearbeitung. Einen Tag nach [X.]schluss erklärte der [X.] unter Hinweis auf finanzielle Gründe und Standortprobleme die Kündigung der Verträge und verweigerte die Installation der Geräte.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Kündigung des [X.]n. Die Klägerin macht geltend, bei den beiden [X.]sverträgen [X.] es sich um Mietverträge. Der [X.] meint demgegenüber, dass Dienst-vertragsrecht anwendbar und die angekreuzte Bestimmung über die [X.]-laufzeit von 72 Monaten gemäß § 307 BGB
unwirksam sei.

Das [X.] hat die Klage -
insoweit unter teilweiser Aufrechterhal-tung eines zuvor ergangenen klagestattgebenden Versäumnisurteils -
lediglich (nebst anteiliger Zinsen) für begründet erachtet und sie im Übrigen abgewiesen.
Das [X.] hat die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren in vollem Umfang weiter.
3
4
-
4 -
Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet.

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung unter anderem in [X.], 691 veröffentlicht worden ist, schuldet
der [X.] der Klägerin lediglich die für den Monat Juli 2015 noch offene Vergütung, weil er die [X.]sverträge gemäß § 620 Abs. 2, § 621 Nr. 3 BGB wirksam zum Ende dieses Monats gekündigt habe.

Auf die
in Rede stehenden
Verträge sei -
jedenfalls soweit es um die Frage der Kündigungsrechte gehe -
Dienstvertragsrecht anzuwenden. Die typi-sche und für den Kunden maßgebliche Hauptleistung des Vertrages bestehe in einer Dienstleistung, nämlich in der Überwachung der Räumlichkeiten mit Hilfe der beim Kunden installierten und
auf die Notruf-
und Serviceleitstelle aufge-schalteten Geräte. Diese Überwachung werde zusammen mit der [X.] zur Beantwortung technischer Fragen rund um die Uhr geschuldet. [X.] ändere
die Tatsache nichts, dass die für die automatisierte Überwachung installierten Geräte vom Kunden ein-
und ausgeschaltet würden, denn nur die Klägerin sei in der Lage, die geschuldete Überwachung zu gewährleisten. [X.] wenig komme es darauf an, dass die Mitarbeiter der Klägerin nur im Fal-le eines Alarms und dann auch nur für kurze [X.] tätig würden. Nur aufgrund der permanenten Vorhaltung geschulten Personals werde
die Klägerin in die Lage versetzt, im Falle eines Alarms die geschuldeten zusätzlichen Tätigkeiten zu gewährleisten. [X.] Elemente von erheblichem Gewicht bestünden 5
6
7
-
5 -
dagegen nicht, denn an den Geräten selbst habe
der Kunde, der die Geräte allein nicht bedienen und nutzen könne, regelmäßig kein Interesse.

Das Kündigungsrecht des [X.]n sei
nicht durch
die
angekreuzte [X.]laufzeit
von 72 Monaten ausgeschlossen. Bei der Laufzeitbestimmung in dem vorgedruckten [X.]formular handele
es sich um eine von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung. Dass die Parteien
die angekreuzte Variante individuell ausgehandelt hätten, habe
die Klägerin nicht dargetan. Die [X.], die eine feste [X.]laufzeit von 72 Monaten vorsehe, sei
nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie eine unangemessene Be-nachteiligung des [X.]n mit sich bringe. Eine sachliche Rechtfertigung für die sechsjährige [X.]bindung ergebe
sich im Streitfall insbesondere nicht aus Amortisationsgesichtspunkten. Die Klägerin habe
ihrer sekundären Darle-gungslast in Bezug auf den Wert der installierten Geräte und die
ihr bei [X.] insgesamt entstehenden Kosten nicht genügt. Ein unterstellter [X.] in der Größenordnung hätte sich in deutlich [X.] als der Hälfte der sechsjährigen [X.]laufzeit
für die Klägerin [X.].
Zu den übrigen, auf den jeweiligen Vertrag entfallenden Kosten habe
die Klägerin nichts Verwertbares vorgetragen. Sie habe
diese Kosten weder offen-gelegt noch deren Marktkonformität dargestellt. Es
sei
nicht feststellbar, dass die lange [X.]laufzeit von 72 Monaten erforderlich sei,
um als Anbieter von [X.] der streitgegenständlichen Art wirtschaftlich arbeiten zu kön-nen. Dabei sei
auch zu berücksichtigen, dass die Anlagen, da sie dem Kunden nicht verkauft,
sondern nur auf [X.] überlassen würden, nach Rückgabe
grund-sätzlich auch anderweitig einsetzbar
seien. Auf der anderen Seite sprächen die schützenswerten Interessen des Kunden gegen die lange [X.]bindung. Der Kunde werde
durch die lange [X.]laufzeit in seiner wirtschaftlichen Bewe-gungsfreiheit und Selbstständigkeit erheblich eingeschränkt. Er habe
keine 8
-
6 -
Möglichkeit, nach angemessener [X.] zu einem günstigeren oder im Service besseren Konkurrenzunternehmen zu wechseln oder auf einen geänderten [X.] zu reagieren. Diese Einschränkung der Dispositionsfreiheit wiege
beson-ders schwer, wenn die angebotene Dienstleistung für den Kunden kein [X.] mehr habe, etwa im Falle einer
-
unter Umständen kurzfristig notwendigen -
Geschäftsaufgabe.
Das Interesse des Kunden, nicht ohne Not übermäßig lang vertraglich an die Klägerin gebunden zu werden, werde
im Vertrag nicht hinrei-chend berücksichtigt, insbesondere enthalte
der Vertrag keine Regelungen, die einen angemessenen Ausgleich für die lange vertragliche Bindung darstellen könnten. Demnach diene
die lange Laufzeit allein und einseitig dem Interesse der Klägerin an einer langfristigen Ertragsquelle. Bei dieser Interessenlage stel-le
die vereinbarte Laufzeit von sechs
Jahren,
die beim Dreifachen der nach §
309 Nr. 9 Buchst. a
BGB für einen vergleichbaren Vertrag mit einem Verbrau-cher zulässigen Laufzeit von höchstens zwei
Jahren
liege, keine
billige Rege-lung dar. Vielmehr verschiebe
sie das Gleichgewicht der Rechte und Pflichten zu Lasten des [X.]n in treuwidriger Weise.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Be-rufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der [X.] die beiden [X.]sverträge gemäß § 620 Abs. 2, § 621 Nr. 3 BGB wirksam zum Schluss des Monats Juli 2015 gekündigt hat, so dass die Klägerin nur die bis dahin angefallene vertragliche Vergütung verlangen kann
(§ 611 Abs. 1 BGB).

9
-
7 -
1.
Die Einordnung der [X.]sverträge als Dienstverträge im Sinne von § 611 BGB begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des [X.] bildet ein gemischter Vertrag ein einheitliches Ganzes und kann deshalb bei der rechtlichen Beurteilung nicht in dem Sinn in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt werden, dass etwa auf den Mietvertragsanteil Mietrecht und auf den [X.] anzuwenden wäre. Der Eigenart des [X.] wird vielmehr grundsätzlich nur die Unterstellung unter ein einziges [X.]recht gerecht, nämlich dasjenige, in dessen Bereich der Schwerpunkt des [X.] liegt (s. nur Senatsurteile
vom 8. Oktober 2009 -
III ZR 93/09, [X.], 150, 151 Rn. 16 und vom 12. Januar 2017 -
III
ZR 4/16, NJW-RR 2017, 622, 623 Rn. 10, jeweils
mwN). Hierbei kommt es für die rechtliche Ein-ordnung nicht auf die von den [X.]partnern gewählte Benennung, sondern auf die inhaltliche Ausgestaltung des [X.] beziehungsweise den tatsächli-chen Inhalt der wechselseitigen Rechte und Pflichten an (Senatsurteil vom 8.
Oktober 2009 aaO mwN).

b) Der Revision ist einzuräumen,
dass die streitigen
[X.]s-verträge mit der Lieferung, Installation und Instandsetzung der Überwachungs-geräte in den Geschäftsstandorten des [X.]n auch Elemente der entgeltli-chen Gebrauchsüberlassung enthalten. Dieser mietvertragliche Aspekt
tritt [X.] hinter das dienstvertragliche Element der eigentlichen Überwachung der Geschäftsräume des Kunden zurück; die Überwachungstätigkeit bildet nach dem Zweck des [X.] und dem Inbegriff des darin festgelegten [X.] den Schwerpunkt der Verträge mit der Folge, dass diese
nicht dem [X.], sondern insgesamt dem Dienstvertragsrecht zu unterstellen sind (so auch
[X.], [X.] 2015, 886, 888 Rn. 53, 57 für einen Fall, in dem
10
11
12
-
8 -
die
[X.]sgeräte mit Ablauf der [X.]laufzeit in das Eigentum des Kunden fielen;
[X.], [X.], 598, 599 Rn. 19 ff; [X.], Urteil vom 10. Juni 2016 -
1 [X.], BeckRS 2016, 109967; [X.], [X.], 274, 275 Rn. 29; [X.]/Weiler, BGB, § 309 Nr. 9 Rn. 38 [Stand: 1. Oktober 2017]; wohl auch [X.], NJW-RR 2002, 1713, 1714;
aA [X.], Beschluss vom 14. September 2016 -
2 [X.], BeckRS 2016, 123654 Rn. 11 f; LG [X.], Urteile
vom 6. August 2015 -
20 [X.]/13, BeckRS 2015, 121380 Rn. 19
und vom 16. Oktober 2015 -
8 [X.], juris Rn.
25, 29; [X.], Urteil vom 29. Januar 2016 -
2 [X.], BeckRS 2016, 123656 Rn. 16;
[X.], Urteil vom 3. November 2016
-
9
[X.], juris Rn. 28 ff).
Der Verwendung der Begriffe "Mietvertrag", "Mie-ter",
"Mietdauer"
oder "Mietgebühr"
im [X.]text kommt vor diesem Hinter-grund keine entscheidende
Bedeutung zu.

aa) Nach beanstandungsfreier Würdigung des Berufungsgerichts besteht die typische und für den Kunden maßgebliche Hauptleistung, welche die Kläge-rin
nach den
beiden [X.]sverträgen schuldet,
in der Überwachung der Räumlichkeiten des Kunden mithilfe der bei ihm installierten
und auf die Notruf-
und Servicestelle der Klägerin aufgeschalteten Geräte und mithin in ei-ner Dienstleistung.

bb) Die hiergegen erhobenen Angriffe der Revision sind unbegründet.

Der Verbleib der Überwachungsgeräte in den Räumen des Kunden hat für diesen keine selbständige funktionale Bedeutung und ist für ihn ohne die Überwachung durch die Notruf-
und Servicestelle der Klägerin wert-
und zweck-los (vgl. auch [X.] aaO
Rn. 53; [X.] aaO Rn. 20; [X.], [X.] aaO). Es handelt sich hierbei um bloße
Hilfsmittel der zuge-13
14
15
-
9 -
sagten
Überwachungstätigkeit
(vgl. auch [X.] aaO; [X.] aaO; [X.]/Weiler aaO). Diese besteht in einer Kontrolle durch eine rund um die Uhr
besetzte Notruf-
und Serviceleitstelle,
die im Alarmfall weitere, stufenweise Gefahrenmeldemaßnahmen ergreift. Die in dieser Kontrolle liegende [X.] gibt
den [X.]
das wesentliche
Gepräge (vgl. auch [X.] aaO Rn. 19 f; [X.] aaO). Da die Notruf-
und Serviceleitstelle der Klägerin rund um die Uhr mit deren Mitarbeitern
besetzt ist, vermag der Einwand der Revision, es finde keine konstante
personalgestützte Überwachung statt, nicht zu überzeugen. Im [X.] geht es um
die Gewährleistung einer dauerhaften
Ein-satzbereitschaft für den Notfall
(so auch [X.] aaO Rn.
21). Hierin liegt eine regelmäßig zu erbringende Dienstleistung der Klägerin. Unerheblich ist, ob und wie häufig Alarm ausgelöst wird und welche [X.]dauer die hierauf zu ergrei-fenden Maßnahmen in Anspruch nehmen
(anders aber [X.] aaO Rn.
12; LG [X.], Urteil vom 6. August 2015 aaO; LG [X.], Urteil vom 16.
Oktober 2015 aaO Rn. 29; [X.], Urteil vom 3. November 2016 aaO Rn. 30). Insofern gilt hier das Gleiche wie
bei anderen, auf Not-
oder Alarmfälle ausgerichteten
und hierfür bereitgestellten
Dienstleistungen, bei de-nen
die Häufigkeit und die Dauer ihrer Inanspruchnahme für die rechtliche Ein-ordnung der Verträge unerheblich sind (wie etwa im Falle eines
Hausnotrufver-trags, bei welchem
dem Kunden ein "Hausnotrufgerät"
überlassen wird, vgl. Senatsurteil vom 11. Mai 2017 -
III ZR 92/16, [X.], 2108). Die gesonderte Vergütung für die Meldemaßnahmen betrifft solche Dienstleistungen, die über eine
Überwachung in Gestalt der dauerhaften
Ein-satzbereitschaft hinausgehen (vgl. [X.] aaO Rn. 21).
Aus diesem [X.] kann mithin nicht, wie die Revision vorbringt, geschlossen
werden, dass allein in den im Alarmfall zu treffenden (Melde-)Maßnahmen eine Dienstleistung liege und die vorgängige Einsatzbereitschaft nicht als Erbringung von Diensten, -
10 -
sondern (jedenfalls schwerpunktmäßig) als entgeltliche Gebrauchsüberlassung einzuordnen sei.

c) Gegen die
Anwendung von Dienstvertragsrecht lässt sich
letztlich

-
anders, als die Revision meint -
nicht anführen, dass das [X.] Karlsru-he (Urteil vom 6. August 2015 -
20 [X.]/13, BeckRS 2015, 121380
Rn. 13) ei-nen "[X.]"
als Mietvertrag angesehen
und
die Klage des Kunden auf Rückzahlung von bereits
geleistetem Entgelt abgewiesen hat und
der Antrag dieses Kunden auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der vom [X.] zugelassenen Revision vom
[X.] Zivilsenat
des [X.] ([X.] 49/15) mangels Erfolgsaussicht abgelehnt
wor-den ist.
Der [X.] Zivilsenat hat auf Anfrage des erkennenden Senats mitgeteilt, dass
seine
Entscheidung unabhängig von
der Qualifizierung des dortigen [X.] als Mietvertrag getroffen worden sei
und dass er
die Auffassung teile, wo-nach
die
hier streitigen [X.]sverträge als Dienstverträge einzu-ordnen seien.

2.
Ebenso rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Vereinbarung einer [X.]laufzeit von 72 Monaten als nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (in Verbin-dung mit § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB) unwirksam erachtet.

a) Bei den in den [X.] vorgesehenen Varianten einer [X.]lauf-zeit von 24, 36, 48, 60 und 72 Monaten
handelt es sich um für eine Vielzahl von [X.] vorformulierte [X.]bedingungen, welche die Klägerin dem [X.] bei Abschluss der beiden [X.]sverträge gestellt hat, [X.] um Allgemeine Geschäftsbedingungen
(§ 305 Abs. 1 BGB).
Solche liegen
auch dann vor, wenn der Kunde nur die Wahl zwischen bestimmten, vom [X.] vorgegebenen Varianten
hat, denn bereits hierin liegt die einseitige 16
17
18
-
11 -
Ausnutzung der [X.]gestaltungsfreiheit durch eine [X.]partei (s. [X.], Urteile vom 7. Februar 1996 -
IV ZR 16/95, NJW 1996, 1676,
1677; vom 1. De-zember 2005 -
I [X.], NJW-RR 2006, 758, 760 Rn. 26
und vom 15. [X.] 2017 -
IV ZR 91/16, [X.], 2346
f
Rn. 9; vgl. auch [X.], Urteil vom 13.
November 1997 -
X [X.], NJW 1998, 1066, 1067). Anderes gilt
nur, wenn die vom [X.]partner des Verwenders gewählte Variante zwischen den [X.]parteien im Einzelnen ausgehandelt worden ist (§ 305 Abs. 1 Satz
3 BGB; vgl. [X.], Urteile vom 13. November 1997 aaO; vom 6. Dezember 2002 -
V [X.], [X.]Z 153, 148, 151
und vom
15. Februar 2017 aaO Rn.
9
ff). Für Letzteres hat die Klägerin, die als Verwender insoweit
darlegungs-
und beweispflichtig ist (vgl.
z.B. [X.], Urteile vom 6. Dezember 2002 aaO [X.]
152
und vom 15. Februar 2017 aaO [X.] 2347 Rn. 12 mwN), jedoch
nichts Näheres dargetan. Insoweit erhebt
die Revision auch keine konkreten Rügen.

b) [X.] benachteiligt den [X.]n als [X.]partner der Klägerin unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB
(so
für ähnliche Verträge auch [X.], [X.]
2015, 886, 887
f Rn.
43 ff [54 Monate Laufzeit]; [X.], [X.], 598, 600 f Rn.
28
ff [72 Monate Laufzeit]; [X.], NJW-RR 2002, 1713, 1714 f [48 Monate Laufzeit]; [X.], Urteil vom 10. Juni 2016 -
1 [X.], BeckRS 2016, 109967
[72 Monate Laufzeit]; [X.], [X.], 274, 275 f Rn 27 ff
[72 Monate
Laufzeit]).

aa) Eine unangemessene Benachteiligung des [X.]partners des Verwenders im Sinne von §
307 BGB ist gegeben, wenn der Verwender durch eine einseitige [X.]gestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines [X.]partners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen 19
20
-
12 -
Ausgleich zuzugestehen (st. Rspr.; s. etwa Senatsurteile vom 18.
Februar 2016
-
III ZR 126/15, [X.]Z 209, 52, 58 Rn. 17; vom 19. Mai 2016 -
III ZR 274/15, NJW-RR 2016, 842, 844 Rn. 29 und vom
14. Juli 2016 -
III ZR 387/15, NJW 2016, 2800, 2801 Rn. 9, jeweils mwN; [X.], Urteil vom 8. Dezember 2011
-
VII ZR 111/11, NJW-RR 2012, 626, 627 Rn. 14; Versäumnisurteil vom 8. [X.] 2012 -
XII ZR 42/10, NJW 2012, 1431 Rn. 20 mwN). Ob eine die Laufzeit eines Vertrages betreffende Klausel den [X.]partner des Verwenders ge-mäß §
307 Abs.
1 Satz
1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, ist mit Hilfe einer umfassenden Abwägung der schützenswerten Interessen beider Parteien im Einzelfall festzustellen. Bei die-ser Abwägung sind nicht nur die auf Seiten des Verwenders getätigten Investiti-onen, sondern es ist der gesamte [X.]inhalt zu berücksichtigen; notwendig ist eine Gegenüberstellung der insgesamt begründeten gegenseitigen Rechte und Pflichten ([X.], Urteil vom 8. Dezember 2011 aaO Rn. 15
und
Versäumnis-urteil vom 8. Februar 2012 aaO [X.] 1432 Rn.
21). Zu prüfen ist, ob die [X.]-dauer im Allgemeinen eine billige Regelung darstellt oder ob sie das Gleichge-wicht der Rechte und Pflichten zu Lasten des [X.]gegners in treuwidriger Weise verschiebt ([X.], Urteil vom 6. Dezember 2002 aaO [X.]
154).

bb) Diese Maßgaben hat das Berufungsgericht beachtet. Seine Würdi-gung ist nicht zu beanstanden.

(1) Zu Recht hat das Berufungsgericht eine unangemessene Benachtei-ligung des [X.]n nicht schon daraus hergeleitet, dass eine formularmäßige Laufzeitvereinbarung von 72 Monaten bei [X.] mit einem Verbraucher gemäß § 309 Nr. 9 Buchst. a BGB unwirksam wäre. Dieses Klauselverbot findet zugunsten des [X.]n als Unternehmer (§ 14 Abs. 1 BGB) keine direkte An-wendung (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB). Wegen seiner spezifisch verbraucher-21
22
-
13 -
orientierten Ausrichtung enthält es auch kein Indiz für die Unangemessenheit
einer entsprechenden Laufzeitregelung im unternehmerischen Geschäftsver-kehr nach § 307 Abs.
1 Satz 1 BGB (s. [X.], Urteile vom 17. Dezember 2002
-
X
ZR 220/01, NJW 2003, 886, 887
und
vom 8. Dezember 2011 -
VII ZR 111/11, NJW-RR 2012, 626, 627 Rn. 13; s. auch [X.]
aaO [X.]
887 Rn.
46; [X.]
aaO [X.]
600 Rn. 29;
[X.], [X.], 274, 275 Rn.
28; offen: [X.], Urteil vom 13. Februar 1985 -
VIII ZR 154/84, NJW 1985, 2328; a.A. wohl [X.]
aaO [X.]
1714; LG [X.], Urteil vom 6. August 2015 -
20 [X.]/13, BeckRS 2015, 121380 Rn. 16). Vielmehr kann eine in [X.] Geschäftsbedingungen bestimmte, zwei Jahre erheblich
überschrei-tende Laufzeit in [X.] mit Unternehmern unbedenklich sein, weil von ei-nem Unternehmer
grundsätzlich
erwartet werden kann, dass er seinen betrieb-lichen Bedarf längerfristig abzuschätzen imstande ist und weiß, worauf er sich einlässt, wenn er unter mehreren Varianten die längste Laufzeit wählt
(vgl. [X.], Urteil vom 13. Februar 1985 aaO; [X.], Beschluss vom 14. Sep-tember 2016 -
2 [X.], BeckRS 2016, 123654 Rn. 14; [X.], Urteil vom 3. November 2016 -
9 [X.], juris Rn. 32). Dies hindert freilich nicht, dass eine -
hier gegebene -
Überschreitung der in § 309 Nr. 9 Buchst. a BGB beschriebenen Höchstdauer (zwei Jahre) um das Dreifache bei der im Rahmen der [X.] nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB anzustellenden
Gesamtab-wägung berücksichtigt werden
kann
(vgl. hierzu [X.] aaO [X.] 888 Rn.
53; [X.] aaO).

(2) Die Einwände, welche die Revision gegen die Abwägung des [X.] vorbringt, greifen nicht durch.

23
-
14 -

(a) Auf Seiten des [X.]n hat das Berufungsgericht berücksichtigt, dass die
wirtschaftliche Dispositionsfreiheit des [X.]kunden
durch eine Laufzeit von sechs Jahren erheblich eingeschränkt wird und dies insbesondere im Falle einer erforderlich werdenden
kurzfristigen Geschäftsaufgabe mit schwerwiegenden Nachteilen für ihn verbunden ist. Es
hat ferner darauf [X.], dass
die beiden [X.]sverträge
keine Regelungen
enthal-ten, die einen angemessenen Ausgleich für die lange vertragliche Bindung [X.] könnten, wie etwa günstigere (Preis-)Konditionen (vgl. hierzu Senatsur-teil vom 11. November 2010 -
III ZR 57/10, [X.], 81 Rn. 13) oder besonde-re außerordentliche Kündigungsmöglichkeiten.
Diesen Gesichtspunkten tritt die Revision nicht entgegen.

(b) Auf Seiten der Klägerin hat das Berufungsgericht
bemängelt,
dass nicht dargelegt worden sei, dass die lange [X.]laufzeit von 72 Monaten er-forderlich sei, um als Anbieter von [X.] der in Rede stehenden
Art wirtschaftlich arbeiten zu können
(vgl. hierzu Senat aaO Rn. 14). Insbesondere habe die Klägerin ihre Kalkulation nicht -
hinreichend -
offen gelegt. Auch dies lässt jedenfalls im Ergebnis einen Rechtsfehler nicht erkennen.

(aa) Zwar trägt im [X.] der [X.]partner des [X.], hier also der
[X.], der sich auf die Unwirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB beruft, die Darlegungs-
und Beweislast für das Vorliegen einer unangemessenen Benachteiligung. Da dem [X.]partner jedoch regelmäßig der Einblick in die Kalkulationsgrundla-gen des Verwenders fehlt und ihm deshalb der Vergleich mit den maßgeblichen typischen Verhältnissen am Markt erschwert ist, ist es Angelegenheit des [X.]s, die sein Angebot bestimmenden Daten offenzulegen und ihre Markt-24
25
26
-
15 -
konformität darzustellen (s. z.B. [X.], Urteil vom 6. Dezember 2002 -
V [X.], [X.]Z 153, 148, 155 f).

(bb) Dieser sekundären Darlegungslast hat die Klägerin nicht genügt. Ohne Erfolg bleibt
die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe bei der Prüfung der
Amortisation der
Gerätekosten fehlerhaft einen Anschaffungswert

-
ohne Umsatzsteuer -
der Bruttovergütung aus den Fernüberwa-chungsverträgen gegenübergestellt.
Auch im Falle eines Vergleichs der jeweili-gen Bruttobeträge hätte sich
der Anschaffungswert in weniger als der Hälfte der sechsjährigen Laufzeit amortisiert. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass die Überwachungsgeräte nach Ablauf der [X.]-dauer anderweitig einsetzbar sind
und dementsprechend noch über einen ge-wissen ([X.] verfügen,
ohne dass die Revision dem entgegen getreten ist.
Dass die Klägerin zur Darlegung und Berechnung ihrer
Kosten Sachver-ständigenbeweis angeboten hat, hilft ihr nicht über das Fehlen einer ausrei-chenden Darlegung hinweg. Es ist der Klägerin ohne weiteres möglich und zu-mutbar, ihre Kalkulation offen zu legen, zumal der [X.] seinerseits nicht in der Sicherheitsbranche tätig ist und mit der Klägerin in keinem [X.] steht.
Die von der Klägerin eingereichten
Konkurrenzangebote (Anla-ge K 23)
hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht als unerheblich be-trachtet. Sie enthalten
nicht nur kürzere Laufzeiten (54 bzw. 60 Monate), [X.] lassen auch -
bei sehr unterschiedlichen Preisen -
nicht erkennen, inwie-weit die dort angebotenen Leistungen mit dem Leistungsangebot der vorliegen-den
[X.]sverträge vergleichbar sind.

3.
Nach alldem kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die vereinbarte [X.]laufzeit von 72 Monaten berufen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Gemäß §
306 Abs. 1 und 2 BGB finden die Regelungen in
§ 620 Abs. 2, § 621 Nr. 3
27
28
-
16 -
BGB Anwendung, so dass der [X.] die beiden [X.]sverträge wirksam zum Ende des Monats Juli 2015 kündigen konnte.

[X.]

Tombrink

Remmert

Pohl
Arend
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.04.2016 -
1 O
180/15 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 24.03.2017 -
4 [X.] -

Meta

III ZR 126/17

15.03.2018

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2018, Az. III ZR 126/17 (REWIS RS 2018, 12286)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12286

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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