Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.03.2018, Az. III ZR 126/17

3. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 12281

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Gegenstand

Fernüberwachungsvertrag: Anwendung von Dienstvertragsrecht; Wirksamkeit einer Klausel über eine Vertragslaufzeit von 72 Monaten


Leitsatz

1. Zur Einordnung eines Fernüberwachungsvertrags als Dienstvertrag.

2. Zur Unwirksamkeit einer Klausel in einem Fernüberwachungsvertrag, die eine Vertragslaufzeit von 72 Monaten vorsieht.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] - 4. Zivilsenat - vom 24. März 2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des [X.] zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung von bereits angefallenen sowie künftig fällig werdenden Entgelten aus zwei [X.]sverträgen in Höhe von insgesamt 21.420 €.

2

Die Klägerin ist ein Unternehmen der Sicherheitsbranche. Der Beklagte betreibt ein Handelsgeschäft für Quads, die er verkauft und vermietet. Die Parteien schlossen am 8. Juli 2015 für die beiden Geschäftsstandorte des Beklagten jeweils einen "S.   -V.   -Mietvertrag mit [X.]". Unter der Rubrik "Mietdauer" wurde jeweils die Variante "72 Monate" angekreuzt; daneben sieht jeder Vertrag zur Auswahl vier weitere Laufzeiten von 24, 36, 48 und 60 Monaten vor. Vertragsinhalt war die Lieferung, Installation und Instandsetzung der der [X.] vor Ort dienenden Geräte (Überwachungsbasispaket mit drei Passiv-Infrarotbewegungsmeldern, einem [X.] und einem LCD-Bedienteil), eine [X.] zur Beantwortung technischer Fragen, die Bereithaltung einer permanent besetzten Notruf- und Serviceleitstelle, auf welche die installierten Überwachungsgeräte aufgeschaltet sind, die Alarmüberwachung und gegebenenfalls nach visueller Alarmvorüberprüfung die Benachrichtigung des Kunden beziehungsweise der zuständigen öffentlichen Stellen. Die monatliche "Mietgebühr" belief sich auf 154,70 € (brutto) beziehungsweise 142,80 € (brutto). Hinzu kam jeweils eine einmalige Einrichtungsgebühr von 297,50 € (brutto) und eine Gebühr von 11,90 € (brutto) für jede Alarmbearbeitung. Einen Tag nach Vertragsschluss erklärte der Beklagte unter Hinweis auf finanzielle Gründe und Standortprobleme die Kündigung der Verträge und verweigerte die Installation der Geräte.

3

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Kündigung des Beklagten. Die Klägerin macht geltend, bei den beiden [X.]sverträgen handele es sich um Mietverträge. Der Beklagte meint demgegenüber, dass Dienstvertragsrecht anwendbar und die angekreuzte Bestimmung über die Vertragslaufzeit von 72 Monaten gemäß § 307 BGB unwirksam sei.

4

Das [X.] hat die Klage - insoweit unter teilweiser Aufrechterhaltung eines zuvor ergangenen klagestattgebenden Versäumnisurteils - lediglich in Höhe der Vergütung bis Ende Juli 2015 in Höhe von 76,77 € (nebst anteiliger Zinsen) für begründet erachtet und sie im Übrigen abgewiesen. Das [X.] hat die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die zulässige Revision ist unbegründet.

I.

6

Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung unter anderem in [X.], 691 veröffentlicht worden ist, schuldet der [X.] der Klägerin lediglich die für den Monat Juli 2015 noch offene Vergütung, weil er die [X.]sverträge gemäß § 620 Abs. 2, § 621 Nr. 3 BGB wirksam zum Ende dieses Monats gekündigt habe.

7

Auf die in Rede stehenden Verträge sei - jedenfalls soweit es um die Frage der Kündigungsrechte gehe - Dienstvertragsrecht anzuwenden. Die typische und für den Kunden maßgebliche Hauptleistung des Vertrages bestehe in einer Dienstleistung, nämlich in der Überwachung der Räumlichkeiten mit Hilfe der beim Kunden installierten und auf die Notruf- und Serviceleitstelle aufgeschalteten Geräte. Diese Überwachung werde zusammen mit der [X.] zur Beantwortung technischer Fragen rund um die Uhr geschuldet. Daran ändere die Tatsache nichts, dass die für die automatisierte Überwachung installierten Geräte vom Kunden ein- und ausgeschaltet würden, denn nur die Klägerin sei in der Lage, die geschuldete Überwachung zu gewährleisten. Genauso wenig komme es darauf an, dass die Mitarbeiter der Klägerin nur im Falle eines Alarms und dann auch nur für kurze [X.] tätig würden. Nur aufgrund der permanenten Vorhaltung geschulten Personals werde die Klägerin in die Lage versetzt, im Falle eines Alarms die geschuldeten zusätzlichen Tätigkeiten zu gewährleisten. [X.] Elemente von erheblichem Gewicht bestünden dagegen nicht, denn an den Geräten selbst habe der Kunde, der die Geräte allein nicht bedienen und nutzen könne, regelmäßig kein Interesse.

8

Das Kündigungsrecht des [X.]n sei nicht durch die angekreuzte [X.]laufzeit von 72 Monaten ausgeschlossen. Bei der Laufzeitbestimmung in dem vorgedruckten [X.]formular handele es sich um eine von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung. Dass die Parteien die angekreuzte Variante individuell ausgehandelt hätten, habe die Klägerin nicht dargetan. Die [X.], die eine feste [X.]laufzeit von 72 Monaten vorsehe, sei nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie eine unangemessene Benachteiligung des [X.]n mit sich bringe. Eine sachliche Rechtfertigung für die sechsjährige [X.]bindung ergebe sich im Streitfall insbesondere nicht aus Amortisationsgesichtspunkten. Die Klägerin habe ihrer sekundären Darlegungslast in Bezug auf den Wert der installierten Geräte und die ihr bei [X.]erfüllung insgesamt entstehenden Kosten nicht genügt. Ein unterstellter [X.] in der Größenordnung von bis zu 4.000 € hätte sich in deutlich weniger als der Hälfte der sechsjährigen [X.]laufzeit für die Klägerin amortisiert. Zu den übrigen, auf den jeweiligen Vertrag entfallenden Kosten habe die Klägerin nichts Verwertbares vorgetragen. Sie habe diese Kosten weder offengelegt noch deren Marktkonformität dargestellt. Es sei nicht feststellbar, dass die lange [X.]laufzeit von 72 Monaten erforderlich sei, um als Anbieter von [X.] der streitgegenständlichen Art wirtschaftlich arbeiten zu können. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Anlagen, da sie dem Kunden nicht verkauft, sondern nur auf [X.] überlassen würden, nach Rückgabe grundsätzlich auch anderweitig einsetzbar seien. Auf der anderen Seite sprächen die schützenswerten Interessen des Kunden gegen die lange [X.]bindung. Der Kunde werde durch die lange [X.]laufzeit in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit und Selbstständigkeit erheblich eingeschränkt. Er habe keine Möglichkeit, nach angemessener [X.] zu einem günstigeren oder im Service besseren Konkurrenzunternehmen zu wechseln oder auf einen geänderten Bedarf zu reagieren. Diese Einschränkung der Dispositionsfreiheit wiege besonders schwer, wenn die angebotene Dienstleistung für den Kunden kein Interesse mehr habe, etwa im Falle einer - unter Umständen kurzfristig notwendigen - Geschäftsaufgabe. Das Interesse des Kunden, nicht ohne Not übermäßig lang vertraglich an die Klägerin gebunden zu werden, werde im Vertrag nicht hinreichend berücksichtigt, insbesondere enthalte der Vertrag keine Regelungen, die einen angemessenen Ausgleich für die lange vertragliche Bindung darstellen könnten. Demnach diene die lange Laufzeit allein und einseitig dem Interesse der Klägerin an einer langfristigen Ertragsquelle. Bei dieser Interessenlage stelle die vereinbarte Laufzeit von sechs Jahren, die beim Dreifachen der nach § 309 Nr. 9 Buchst. a BGB für einen vergleichbaren Vertrag mit einem Verbraucher zulässigen Laufzeit von höchstens zwei Jahren liege, keine billige Regelung dar. Vielmehr verschiebe sie das Gleichgewicht der Rechte und Pflichten zu Lasten des [X.]n in treuwidriger Weise.

II.

9

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der [X.] die beiden [X.]sverträge gemäß § 620 Abs. 2, § 621 Nr. 3 BGB wirksam zum Schluss des Monats Juli 2015 gekündigt hat, so dass die Klägerin nur die bis dahin angefallene vertragliche Vergütung verlangen kann (§ 611 Abs. 1 BGB).

1. Die Einordnung der [X.]sverträge als Dienstverträge im Sinne von § 611 BGB begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des [X.] bildet ein gemischter Vertrag ein einheitliches Ganzes und kann deshalb bei der rechtlichen Beurteilung nicht in dem Sinn in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt werden, dass etwa auf den Mietvertragsanteil Mietrecht und auf den [X.] anzuwenden wäre. Der Eigenart des [X.] wird vielmehr grundsätzlich nur die Unterstellung unter ein einziges [X.]recht gerecht, nämlich dasjenige, in dessen Bereich der Schwerpunkt des [X.] liegt (s. nur Senatsurteile vom 8. Oktober 2009 - [X.], [X.], 150, 151 Rn. 16 und vom 12. Januar 2017 - [X.], NJW-RR 2017, 622, 623 Rn. 10, jeweils mwN). Hierbei kommt es für die rechtliche Einordnung nicht auf die von den [X.]partnern gewählte Benennung, sondern auf die inhaltliche Ausgestaltung des [X.] beziehungsweise den tatsächlichen Inhalt der wechselseitigen Rechte und Pflichten an (Senatsurteil vom 8. Oktober 2009 aaO mwN).

b) Der Revision ist einzuräumen, dass die streitigen [X.]sverträge mit der Lieferung, Installation und Instandsetzung der Überwachungsgeräte in den Geschäftsstandorten des [X.]n auch Elemente der entgeltlichen Gebrauchsüberlassung enthalten. Dieser mietvertragliche Aspekt tritt jedoch hinter das dienstvertragliche Element der eigentlichen Überwachung der Geschäftsräume des Kunden zurück; die Überwachungstätigkeit bildet nach dem Zweck des [X.] und dem Inbegriff des darin festgelegten Leistungsbilds den Schwerpunkt der Verträge mit der Folge, dass diese nicht dem Mietvertragsrecht, sondern insgesamt dem Dienstvertragsrecht zu unterstellen sind (so auch [X.], [X.] 2015, 886, 888 Rn. 53, 57 für einen Fall, in dem die [X.]sgeräte mit Ablauf der [X.]laufzeit in das Eigentum des Kunden fielen; [X.], [X.], 598, 599 Rn. 19 ff; [X.], Urteil vom 10. Juni 2016 - 1 O 396/15, BeckRS 2016, 109967; [X.], [X.], 274, 275 Rn. 29; [X.]/Weiler, BGB, § 309 Nr. 9 Rn. 38 [Stand: 1. Oktober 2017]; wohl auch [X.], NJW-RR 2002, 1713, 1714; [X.], Beschluss vom 14. September 2016 - 2 U 223/16, BeckRS 2016, 123654 Rn. 11 f; [X.], Urteile vom 6. August 2015 - 20 S 59/13, BeckRS 2015, 121380 Rn. 19 und vom 16. Oktober 2015 - 8 O 100/15, juris Rn. 25, 29; [X.], Urteil vom 29. Januar 2016 - 2 O 217/15, BeckRS 2016, 123656 Rn. 16; [X.], Urteil vom 3. November 2016 - 9 O 23/16, juris Rn. 28 ff). Der Verwendung der Begriffe "Mietvertrag", "Mieter", "Mietdauer" oder "Mietgebühr" im [X.]text kommt vor diesem Hintergrund keine entscheidende Bedeutung zu.

aa) Nach beanstandungsfreier Würdigung des Berufungsgerichts besteht die typische und für den Kunden maßgebliche Hauptleistung, welche die Klägerin nach den beiden [X.]sverträgen schuldet, in der Überwachung der Räumlichkeiten des Kunden mithilfe der bei ihm installierten und auf die Notruf- und Servicestelle der Klägerin aufgeschalteten Geräte und mithin in einer Dienstleistung.

bb) Die hiergegen erhobenen Angriffe der Revision sind unbegründet.

Der Verbleib der Überwachungsgeräte in den Räumen des Kunden hat für diesen keine selbständige funktionale Bedeutung und ist für ihn ohne die Überwachung durch die Notruf- und Servicestelle der Klägerin wert- und zwecklos (vgl. auch [X.] aaO Rn. 53; [X.] aaO Rn. 20; [X.], [X.] aaO). Es handelt sich hierbei um bloße Hilfsmittel der zugesagten Überwachungstätigkeit (vgl. auch [X.] aaO; [X.] aaO; [X.]/Weiler aaO). Diese besteht in einer Kontrolle durch eine rund um die Uhr besetzte Notruf- und Serviceleitstelle, die im Alarmfall weitere, stufenweise Gefahrenmeldemaßnahmen ergreift. Die in dieser Kontrolle liegende Dienstleistung gibt den [X.] das wesentliche Gepräge (vgl. auch [X.] aaO Rn. 19 f; [X.] aaO). Da die Notruf- und Serviceleitstelle der Klägerin rund um die Uhr mit deren Mitarbeitern besetzt ist, vermag der Einwand der Revision, es finde keine konstante personalgestützte Überwachung statt, nicht zu überzeugen. Im [X.] geht es um die Gewährleistung einer dauerhaften Einsatzbereitschaft für den Notfall (so auch [X.] aaO Rn. 21). Hierin liegt eine regelmäßig zu erbringende Dienstleistung der Klägerin. Unerheblich ist, ob und wie häufig Alarm ausgelöst wird und welche [X.]dauer die hierauf zu ergreifenden Maßnahmen in Anspruch nehmen (anders aber [X.] aaO Rn. 12; [X.], Urteil vom 6. August 2015 aaO; [X.], Urteil vom 16. Oktober 2015 aaO Rn. 29; [X.], Urteil vom 3. November 2016 aaO Rn. 30). Insofern gilt hier das Gleiche wie bei anderen, auf Not- oder Alarmfälle ausgerichteten und hierfür bereitgestellten Dienstleistungen, bei denen die Häufigkeit und die Dauer ihrer Inanspruchnahme für die rechtliche Einordnung der Verträge unerheblich sind (wie etwa im Falle eines Hausnotrufvertrags, bei welchem dem Kunden ein "Hausnotrufgerät" überlassen wird, vgl. Senatsurteil vom 11. Mai 2017 - [X.]/16, [X.], 2108). Die gesonderte Vergütung für die Meldemaßnahmen mit 11,90 € pro Alarmfall betrifft solche Dienstleistungen, die über eine Überwachung in Gestalt der dauerhaften Einsatzbereitschaft hinausgehen (vgl. [X.] aaO Rn. 21). Aus diesem Umstand kann mithin nicht, wie die Revision vorbringt, geschlossen werden, dass allein in den im Alarmfall zu treffenden (Melde-)Maßnahmen eine Dienstleistung liege und die vorgängige Einsatzbereitschaft nicht als Erbringung von Diensten, sondern (jedenfalls schwerpunktmäßig) als entgeltliche Gebrauchsüberlassung einzuordnen sei.

c) Gegen die Anwendung von Dienstvertragsrecht lässt sich letztlich - anders, als die Revision meint - nicht anführen, dass das [X.] (Urteil vom 6. August 2015 - 20 S 59/13, BeckRS 2015, 121380 Rn. 13) einen "[X.]" als Mietvertrag angesehen und die Klage des Kunden auf Rückzahlung von bereits geleistetem Entgelt abgewiesen hat und der Antrag dieses Kunden auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der vom [X.] zugelassenen Revision vom [X.]. Zivilsenat des [X.] ([X.] ZA 49/15) mangels Erfolgsaussicht abgelehnt worden ist. Der [X.]. Zivilsenat hat auf Anfrage des erkennenden Senats mitgeteilt, dass seine Entscheidung unabhängig von der Qualifizierung des dortigen [X.] als Mietvertrag getroffen worden sei und dass er die Auffassung teile, wonach die hier streitigen [X.]sverträge als Dienstverträge einzuordnen seien.

2. Ebenso rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Vereinbarung einer [X.]laufzeit von 72 Monaten als nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (in Verbindung mit § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB) unwirksam erachtet.

a) Bei den in den [X.] vorgesehenen Varianten einer [X.]laufzeit von 24, 36, 48, 60 und 72 Monaten handelt es sich um für eine Vielzahl von [X.] vorformulierte [X.]bedingungen, welche die Klägerin dem [X.]n bei Abschluss der beiden [X.]sverträge gestellt hat, mithin um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 BGB). Solche liegen auch dann vor, wenn der Kunde nur die Wahl zwischen bestimmten, vom Verwender vorgegebenen Varianten hat, denn bereits hierin liegt die einseitige Ausnutzung der [X.]gestaltungsfreiheit durch eine [X.]partei (s. [X.], Urteile vom 7. Februar 1996 - [X.], NJW 1996, 1676, 1677; vom 1. Dezember 2005 - I ZR 103/04, NJW-RR 2006, 758, 760 Rn. 26 und vom 15. Februar 2017 - [X.], [X.], 2346 f Rn. 9; vgl. auch [X.], Urteil vom 13. November 1997 - [X.], NJW 1998, 1066, 1067). Anderes gilt nur, wenn die vom [X.]partner des Verwenders gewählte Variante zwischen den [X.]parteien im Einzelnen ausgehandelt worden ist (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB; vgl. [X.], Urteile vom 13. November 1997 aaO; vom 6. Dezember 2002 - [X.], [X.]Z 153, 148, 151 und vom 15. Februar 2017 aaO Rn. 9 ff). Für Letzteres hat die Klägerin, die als Verwender insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. z.B. [X.], Urteile vom 6. Dezember 2002 aaO [X.] und vom 15. Februar 2017 aaO [X.] 2347 Rn. 12 mwN), jedoch nichts Näheres dargetan. Insoweit erhebt die Revision auch keine konkreten Rügen.

b) [X.] benachteiligt den [X.]n als [X.]partner der Klägerin unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (so für ähnliche Verträge auch [X.], [X.] 2015, 886, 887 f Rn. 43 ff [54 Monate Laufzeit]; [X.], [X.], 598, 600 f Rn. 28 ff [72 Monate Laufzeit]; [X.], NJW-RR 2002, 1713, 1714 f [48 Monate Laufzeit]; [X.], Urteil vom 10. Juni 2016 - 1 O 396/15, BeckRS 2016, 109967 [72 Monate Laufzeit]; [X.], [X.], 274, 275 f Rn 27 ff [72 Monate Laufzeit]).

aa) Eine unangemessene Benachteiligung des [X.]partners des Verwenders im Sinne von § 307 BGB ist gegeben, wenn der Verwender durch eine einseitige [X.]gestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines [X.]partners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (st. Rspr.; s. etwa Senatsurteile vom 18. Februar 2016 - [X.]/15, [X.]Z 209, 52, 58 Rn. 17; vom 19. Mai 2016 - [X.], NJW-RR 2016, 842, 844 Rn. 29 und vom 14. Juli 2016 - [X.], NJW 2016, 2800, 2801 Rn. 9, jeweils mwN; [X.], Urteil vom 8. Dezember 2011 - [X.], NJW-RR 2012, 626, 627 Rn. 14; Versäumnisurteil vom 8. Februar 2012 - [X.] ZR 42/10, NJW 2012, 1431 Rn. 20 mwN). Ob eine die Laufzeit eines Vertrages betreffende Klausel den [X.]partner des Verwenders gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, ist mit Hilfe einer umfassenden Abwägung der schützenswerten Interessen beider Parteien im Einzelfall festzustellen. Bei dieser Abwägung sind nicht nur die auf Seiten des Verwenders getätigten Investitionen, sondern es ist der gesamte [X.]inhalt zu berücksichtigen; notwendig ist eine Gegenüberstellung der insgesamt begründeten gegenseitigen Rechte und Pflichten ([X.], Urteil vom 8. Dezember 2011 aaO Rn. 15 und Versäumnisurteil vom 8. Februar 2012 aaO [X.] 1432 Rn. 21). Zu prüfen ist, ob die [X.]dauer im Allgemeinen eine billige Regelung darstellt oder ob sie das Gleichgewicht der Rechte und Pflichten zu Lasten des [X.]gegners in treuwidriger Weise verschiebt ([X.], Urteil vom 6. Dezember 2002 aaO [X.] 154).

bb) Diese Maßgaben hat das Berufungsgericht beachtet. Seine Würdigung ist nicht zu beanstanden.

(1) Zu Recht hat das Berufungsgericht eine unangemessene Benachteiligung des [X.]n nicht schon daraus hergeleitet, dass eine formularmäßige Laufzeitvereinbarung von 72 Monaten bei [X.] mit einem Verbraucher gemäß § 309 Nr. 9 Buchst. a BGB unwirksam wäre. Dieses Klauselverbot findet zugunsten des [X.]n als Unternehmer (§ 14 Abs. 1 BGB) keine direkte Anwendung (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB). Wegen seiner spezifisch verbraucherorientierten Ausrichtung enthält es auch kein Indiz für die Unangemessenheit einer entsprechenden Laufzeitregelung im unternehmerischen Geschäftsverkehr nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (s. [X.], Urteile vom 17. Dezember 2002 - [X.]/01, NJW 2003, 886, 887 und vom 8. Dezember 2011 - [X.], NJW-RR 2012, 626, 627 Rn. 13; s. auch [X.] aaO [X.] 887 Rn. 46; [X.] aaO [X.] 600 Rn. 29; [X.], [X.], 274, 275 Rn. 28; offen: [X.], Urteil vom 13. Februar 1985 - [X.], NJW 1985, 2328; a.A. wohl [X.] aaO [X.] 1714; [X.], Urteil vom 6. August 2015 - 20 S 59/13, BeckRS 2015, 121380 Rn. 16). Vielmehr kann eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmte, zwei Jahre erheblich überschreitende Laufzeit in [X.] mit Unternehmern unbedenklich sein, weil von einem Unternehmer grundsätzlich erwartet werden kann, dass er seinen betrieblichen Bedarf längerfristig abzuschätzen imstande ist und weiß, worauf er sich einlässt, wenn er unter mehreren Varianten die längste Laufzeit wählt (vgl. [X.], Urteil vom 13. Februar 1985 aaO; [X.], Beschluss vom 14. September 2016 - 2 U 223/16, BeckRS 2016, 123654 Rn. 14; [X.], Urteil vom 3. November 2016 - 9 O 23/16, juris Rn. 32). Dies hindert freilich nicht, dass eine - hier gegebene - Überschreitung der in § 309 Nr. 9 Buchst. a BGB beschriebenen Höchstdauer (zwei Jahre) um das Dreifache bei der im Rahmen der [X.] nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB anzustellenden Gesamtabwägung berücksichtigt werden kann (vgl. hierzu [X.] aaO [X.] 888 Rn. 53; [X.] aaO).

(2) Die Einwände, welche die Revision gegen die Abwägung des Berufungsgerichts vorbringt, greifen nicht durch.

(a) Auf Seiten des [X.]n hat das Berufungsgericht berücksichtigt, dass die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit des [X.]kunden durch eine Laufzeit von sechs Jahren erheblich eingeschränkt wird und dies insbesondere im Falle einer erforderlich werdenden kurzfristigen Geschäftsaufgabe mit schwerwiegenden Nachteilen für ihn verbunden ist. Es hat ferner darauf hingewiesen, dass die beiden [X.]sverträge keine Regelungen enthalten, die einen angemessenen Ausgleich für die lange vertragliche Bindung darstellen könnten, wie etwa günstigere (Preis-)Konditionen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 11. November 2010 - [X.], [X.], 81 Rn. 13) oder besondere außerordentliche Kündigungsmöglichkeiten. Diesen Gesichtspunkten tritt die Revision nicht entgegen.

(b) Auf Seiten der Klägerin hat das Berufungsgericht bemängelt, dass nicht dargelegt worden sei, dass die lange [X.]laufzeit von 72 Monaten erforderlich sei, um als Anbieter von [X.] der in Rede stehenden Art wirtschaftlich arbeiten zu können (vgl. hierzu Senat aaO Rn. 14). Insbesondere habe die Klägerin ihre Kalkulation nicht - hinreichend - offen gelegt. Auch dies lässt jedenfalls im Ergebnis einen Rechtsfehler nicht erkennen.

(aa) Zwar trägt im [X.] der [X.]partner des Verwenders, hier also der [X.], der sich auf die Unwirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB beruft, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer unangemessenen Benachteiligung. Da dem [X.]partner jedoch regelmäßig der Einblick in die Kalkulationsgrundlagen des Verwenders fehlt und ihm deshalb der Vergleich mit den maßgeblichen typischen Verhältnissen am Markt erschwert ist, ist es Angelegenheit des Verwenders, die sein Angebot bestimmenden Daten offenzulegen und ihre Marktkonformität darzustellen (s. z.B. [X.], Urteil vom 6. Dezember 2002 - [X.], [X.]Z 153, 148, 155 f).

(bb) Dieser sekundären Darlegungslast hat die Klägerin nicht genügt. Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe bei der Prüfung der Amortisation der [X.] fehlerhaft einen Anschaffungswert von 4.000 € - ohne Umsatzsteuer - der Bruttovergütung aus den [X.]sverträgen gegenübergestellt. Auch im Falle eines Vergleichs der jeweiligen [X.] hätte sich der Anschaffungswert in weniger als der Hälfte der sechsjährigen Laufzeit amortisiert. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass die Überwachungsgeräte nach Ablauf der [X.]dauer anderweitig einsetzbar sind und dementsprechend noch über einen gewissen ([X.] verfügen, ohne dass die Revision dem entgegen getreten ist. Dass die Klägerin zur Darlegung und Berechnung ihrer Kosten [X.] angeboten hat, hilft ihr nicht über das Fehlen einer ausreichenden Darlegung hinweg. Es ist der Klägerin ohne weiteres möglich und zumutbar, ihre Kalkulation offen zu legen, zumal der [X.] seinerseits nicht in der Sicherheitsbranche tätig ist und mit der Klägerin in keinem Wettbewerbsverhältnis steht. Die von der Klägerin eingereichten [X.] (Anlage [X.]) hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht als unerheblich betrachtet. Sie enthalten nicht nur kürzere Laufzeiten (54 bzw. 60 Monate), sondern lassen auch - bei sehr unterschiedlichen Preisen - nicht erkennen, inwieweit die dort angebotenen Leistungen mit dem Leistungsangebot der vorliegenden [X.]sverträge vergleichbar sind.

3. Nach alldem kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die vereinbarte [X.]laufzeit von 72 Monaten berufen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Gemäß § 306 Abs. 1 und 2 BGB finden die Regelungen in § 620 Abs. 2, § 621 Nr. 3 BGB Anwendung, so dass der [X.] die beiden [X.]sverträge wirksam zum Ende des Monats Juli 2015 kündigen konnte.

Herrmann          

      

Tombrink          

      

Remmert

      

Pohl          

      

Arend          

      

Meta

III ZR 126/17

15.03.2018

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 24. März 2017, Az: 4 U 88/16, Urteil

§ 306 Abs 1 BGB, § 306 Abs 2 BGB, § 307 Abs 1 S 1 BGB, § 611 Abs 1 BGB, § 620 Abs 2 BGB, § 621 Nr 3 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.03.2018, Az. III ZR 126/17 (REWIS RS 2018, 12281)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 512-513 REWIS RS 2018, 12281

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