Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.11.2020, Az. II B 41/20

2. Senat | REWIS RS 2020, 3702

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Grundstückserwerb durch Treuhänder


Leitsatz

NV: Ein Erwerbsvorgang ist nicht bereits deshalb grunderwerbsteuerfrei, weil der Erwerber das Grundstück lediglich als Treuhänder für den Veräußerer als Treugeber halten soll.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 12.03.2020 - 7 K 263/19 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine KG, erwarb durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom ...2018, in dem auch die Auflassung erklärt wurde, ein Mehrfamilienhaus. Am folgenden Tag schlossen die Parteien einen notariell beurkundeten Treuhandvertrag. Danach sollte die Klägerin das Grundstück auf Gefahr und für Rechnung der Veräußerin halten und sanieren und war zur jederzeitigen Rückübertragung verpflichtet. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) setzte Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes ([X.]) fest. Mit Einspruch und Klage machte die Klägerin geltend, der Vorgang sei grunderwerbsteuerfrei, da die wirtschaftliche und trotz der [X.] auch die sachenrechtliche Zuordnung des Grundbesitzes bei der Veräußerin als Treugeberin verblieben sei. Diese habe die vollständige Herrschaftsmacht über das Grundstück behalten, lediglich nicht nach außen auftreten wollen.

2

Das Finanzgericht ([X.]) hat die Klage abgewiesen. Die Besteuerungstatbestände des § 1 [X.] knüpften an das bürgerliche Recht an. Der Treuhänder werde Eigentümer. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung ([X.]) finde nicht statt. Soweit der [X.] ([X.]) in seinem Urteil vom 25.11.2015 - II R 18/14 ([X.]E 251, 492, [X.] 2018, 783) die mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft nach § 1 Abs. 2a [X.] nach wirtschaftlichen Maßstäben beurteilt habe, habe er aber auch klargestellt, dass es sich um eine auf diesen Tatbestand beschränkte und notwendige Ausnahme handele, da es zivilrechtlich keine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes gebe. Wenn zudem die Übertragung des Grundstücks auf den Treuhänder nicht steuerbar wäre, wäre es auch die Rückübertragung nicht, so dass § 3 Nr. 8 [X.], der die Rückübertragung ausdrücklich steuerfrei stelle, obsolet wäre.

3

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) geltend. Bei [X.] innerhalb von uneigennützigen Treuhandverhältnissen, die von Anfang an auf Rückübertragung ausgelegt sind, müsse ausnahmsweise auch mit Hinblick auf die Handhabung im Einkommensteuerrecht eine wirtschaftliche Betrachtung des Eigentums erfolgen, wie es auch bei mittelbaren Gesellschafterwechseln der Fall sei. Diese Grundfrage sei bisher ungeklärt.

4

Bei der uneigennützigen Treuhand --wie im [X.] sei das Eigentum lediglich eine inhaltslose formale Hülle. Die Treuhänderin habe keinerlei Befugnisse. Die Interessenlage sei dem mittelbaren Gesellschafterwechsel vergleichbar. So wie dem Treuhänder eines Gesellschaftsanteils nur ein Stimmrecht ohne wirtschaftlichen Wert zustehe (ausweislich des [X.]-Urteils vom 09.07.2014 - II R 49/12, [X.]E 246, 215, [X.] 2016, 57, Rz 23), so habe ein Treuhänder, dem nur die Grundbuchposition zustehe, keine Verfügungsgewalt über das Grundstück. Dies gelte erst recht, als der Treugeber der uneigennützigen Treuhand einen unentziehbaren Rechtsanspruch auf Rückübertragung des Grundstücks habe. Im Grunde erwerbe der Treuhänder keinen Anspruch auf Übereignung. Das Ziel der Grunderwerbsteuer, den Rechtsträgerwechsel zu belasten, gehe fehl, wenn der Treuhänder nicht Inhaber von Rechten sei.

5

Schließlich wäre eine inkongruente Behandlung der Treuhandverhältnisse einerseits im Einkommensteuerrecht, das die Treuhand nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 [X.] wirtschaftlich betrachte, andererseits im Grunderwerbsteuerrecht, nicht einsichtig. Der Steuerpflichtige müsse die Herrschaft darüber behalten, ob er im Verkehr auftreten wolle.

Entscheidungsgründe

II.

6

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache weist keine grundsätzliche Bedeutung auf.

7

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. [X.] ist eine Rechtsfrage, wenn hinsichtlich ihrer Beantwortung Unsicherheit besteht. Daran fehlt es nach ständiger Rechtsprechung des [X.], wenn die streitige Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das [X.] getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (vgl. etwa [X.]-Beschluss vom 03.06.2020 - II B 54/19, [X.]/NV 2020, 1174, [X.], 586, Rz 3, m.w.N.). Das gilt insbesondere, wenn sich die Beantwortung der Rechtsfrage ohne Weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt (vgl. etwa [X.]-Beschluss vom 28.04.2020 - IX B 121/19, [X.]/NV 2020, 870, Rz 3).

8

2. So verhält es sich im Streitfall.

9

a) Der Erwerb eines Treuhänders von dem Treugeber ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.], ggf. nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.] steuerpflichtig. Der Treuhänder erwirbt zivilrechtlich einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks und spätestens durch die Auflassung das Eigentum am Grundstück. Hieran ändern weder die schuldrechtlichen Abreden der Parteien noch ein zeitgleich vereinbarter Anspruch auf Rückübertragung etwas. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise des § 39 Abs. 2 Nr. 1 [X.] findet keine Anwendung ([X.]-Urteil vom 29.09.2004 - II R 14/02, [X.]E 207, 59, [X.] 2005, 148, unter [X.], m.w.N.). Inwieweit dem Eigentum des Treuhänders ein wirtschaftlicher Wert zukommt, ist deshalb nicht entscheidend. Die Auffassung der Klägerin, sie sei als Treuhänderin eigentlich nicht Eigentümerin geworden, ist nicht nachvollziehbar.

Diese Betrachtungsweise ist nach dem Wortlaut der Vorschriften eindeutig und wird auch so von der Finanzverwaltung in den gleich lautenden Ländererlassen zu [X.] sowie zu [X.] durch Auftragnehmer bzw. [X.] vom 12.10.2007 ([X.], 757) in [X.]. 1.1. vertreten. Die Klägerin hat keine Gegenmeinungen hierzu angeführt.

b) Es besteht keine ausnahmsweise Freistellung von der Steuer. Das folgt aus § 3 Nr. 8 Satz 2 [X.]. Nach § 3 Nr. 8 Satz 1 [X.] ist u.a. von der Besteuerung ausgenommen der Rückerwerb eines Grundstücks durch den Treugeber bei Auflösung des [X.]. Voraussetzung ist nach § 3 Nr. 8 Satz 2 [X.], dass für den Rechtsvorgang, durch den der Treuhänder den Anspruch auf Übereignung des Grundstücks oder das Eigentum an dem Grundstück erlangt hatte, die Steuer entrichtet worden ist. Diese Voraussetzung kann nur erfüllt sein, wenn genau der Rechtsvorgang, durch den der Treuhänder den Anspruch auf Übereignung des Grundstücks oder das Eigentum an dem Grundstück erlangt hatte, steuerbar und steuerpflichtig ist. Wäre er es nicht, liefe die Vorschrift leer. Das wäre eine sachwidrige Auslegung. Die Auffassung der Klägerin ist also offenkundig unzutreffend.

c) Es gibt keinen Grund dafür, bestimmte Treuhandverhältnisse, etwa die uneigennützige Treuhand, im Wege der teleologischen Reduktion von der Besteuerung auszunehmen. Die Grunderwerbsteuer ist eine Rechtsverkehrsteuer und knüpft an das Zivilrecht an (vgl. [X.]-Urteil vom 29.06.2016 - II R 14/12, [X.]/NV 2017, 1, Rz 21). Darauf weist die Klägerin selbst zu Recht hin. Diesem Grundsatz wäre es fremd, wenn es darauf ankäme, welchen wirtschaftlichen Zweck ein Treuhandverhältnis verfolgt.

d) Die Handhabung der Treuhandverhältnisse im Rahmen von § 1 Abs. 2a [X.], auf die die Klägerin hinweist, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Sie ist [X.]. Der [X.] nimmt hier eine wirtschaftliche Betrachtung vor, weil die zivilrechtliche Betrachtung nicht möglich ist.

e) Die unterschiedliche Behandlung der Treuhandverhältnisse im Einkommensteuerrecht und im Grunderwerbsteuerrecht ist nicht zu beanstanden. Die beiden Steuerarten erfassen mit dogmatisch verschiedenen Ansätzen unterschiedlich geartete Lebensvorgänge.

f) Soweit die Klägerin beanstandet, es sollte nicht im Verkehr auftreten müssen, wer nicht im Verkehr auftreten wolle, ist dieses Vorbringen unerheblich. Der Treugeber wird nicht gezwungen, im Verkehr aufzutreten. Es entspricht allerdings der Funktionsweise einer Rechtsverkehrsteuer, dass der Wechsel desjenigen, der im Verkehr auftritt, Steuern auslöst.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

4. Von einer weiteren Begründung wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]O abgesehen.

Meta

II B 41/20

30.11.2020

Bundesfinanzhof 2. Senat

Beschluss

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 12. März 2020, Az: 7 K 263/19, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 1 GrEStG 1997, § 1 Abs 1 Nr 2 GrEStG 1997, § 1 Abs 2a GrEStG 1997, § 3 Nr 8 GrEStG 1997, § 39 Abs 2 Nr 1 AO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.11.2020, Az. II B 41/20 (REWIS RS 2020, 3702)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3702

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II R 22/19 (Bundesfinanzhof)

Grunderwerbsteuer bei treuhänderischem Erwerb


II R 54/14 (Bundesfinanzhof)

Verwertungsbefugnis bei Treuhandverhältnissen


II R 41/13 (Bundesfinanzhof)

(Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2 GrEStG: Verwertungsbefugnis aufgrund eines treuhänderischen Auftragserwerbs - Geschäftsbesorgung als …


II R 40/20 (Bundesfinanzhof)

Zurechnung von Grundstücken nach Abschluss einer Vereinbarungstreuhand


II R 18/14 (Bundesfinanzhof)

(Mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG durch Abschluss von Treuhandverträgen)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.