Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17.02.2015, Az. 1 ABR 45/13

1. Senat | REWIS RS 2015, 15384

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Gegenstand

Personalgestellung - Mitbestimmung des Betriebsrats


Leitsatz

Die Beendigung des Einsatzes eines zur Arbeitsleistung gestellten Arbeitnehmers infolge der Kündigung des ihn betreffenden Personalüberlassungsvertrags durch den Einsatzarbeitgeber ist keine Versetzung iSv. § 95 Abs. 3 BetrVG. Sie unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats des Einsatzbetriebs nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des [X.] vom 30. Januar 2013 - 2 TaBV 33/12 - aufgehoben.

Die Anschlussbeschwerde des Betriebsrats wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Betriebsrat des Einsatzbetriebs mitzubestimmen hat, wenn ein gestellter Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in der Folge der Kündigung des [X.] zurückkehrt.

2

Die Arbeitgeberin ist ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen. Ihr sind Aufgaben der [X.] im Bereich der ambulanten Drogenhilfe übertragen. Dazu schloss die [X.] mit der Arbeitgeberin am 28. Februar 2005 einen [X.], nach dem sie dieser den beim [X.] im Bereich Drogenhilfe tätigen [X.] zur Arbeitsleistung zur Verfügung stellt. In dem Überlassungsvertrag ist ua. geregelt, dass [X.] während seiner [X.]estellung an die Arbeitgeberin deren Weisungsrecht unterliegt, der Vertrag entsprechend der Kündigungsfristen des Arbeitsvertrags gekündigt werden kann und im Übrigen „zum gleichen Zeitpunkt“ endet, „in dem das Arbeitsverhältnis mit der [X.] aus rentenversicherungsrechtlichen [X.]ründen (Rente wegen Erwerbsminderung bzw. Altersrente) oder wegen Kündigung durch [X.] endet“. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2009 kündigte die Arbeitgeberin den [X.] zum 30. April 2010. Dem bei ihr bestehenden Betriebsrat, der im Hinblick auf die tatsächlichen Folgen der Vertragskündigung ein Beteiligungsrecht reklamiert hatte, teilte sie mit, dass sie kein Mitbestimmungsverfahren veranlassen werde. Anfang 2010 wurde [X.] in den Betriebsrat gewählt. Er ist von der Arbeitgeberin auch noch nach dem 30. April 2010 weiterbeschäftigt worden. Mit Ablauf des 31. Dezember 2012 hat sein Arbeitsverhältnis mit der [X.] geendet. Die Arbeitgeberin beschäftigt noch mindestens vier weitere bei der [X.] angestellte Arbeitnehmer im Wege von Personalgestellungen.

3

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, der praktische Vollzug der Kündigung des den Arbeitnehmer [X.] betreffenden [X.]s sei eine seiner Mitbestimmung unterliegende Versetzung. Der gestellte Mitarbeiter werde aus dem Betrieb der Arbeitgeberin ausgegliedert und in den Betrieb seiner Vertragsarbeitgeberin (wieder) eingegliedert. Wie bei einer betriebsübergreifenden Versetzung sei er daher als der Betriebsrat des abgebenden Betriebs nach §§ 99 ff. BetrV[X.] zu beteiligen.  

4

Der Betriebsrat hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung - sinngemäß beantragt

        

festzustellen, dass er bei der Versetzung von Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes, die im Betrieb der Arbeitgeberin tätig sind, auch dann nach § 99 BetrV[X.] mitzubestimmen hat, wenn die von der beabsichtigten Versetzung betroffenen Arbeitnehmer ohne seine Zustimmung in eine Dienststelle des [X.] zurückversetzt werden sollen.

5

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, in den Folgen der Kündigung des [X.]s liege keine personelle Maßnahme iSd. § 99 BetrV[X.].

6

Das Arbeitsgericht hat dem bei ihm allein erhobenen Antrag des [X.] auf Feststellung, dass er „im Hinblick auf die sich aus der Kündigung des [X.]es für den Mitarbeiter der Beteiligten zu 2., [X.], ergebende Versetzung nach §§ 99, 103 BetrV[X.] mitzubestimmen hat“, entsprochen. Hiergegen hat die Arbeitgeberin Beschwerde eingelegt. Der Vorsitzende der [X.] hat dem Betriebsrat mit Beschluss vom 8. März 2011 „[X.]elegenheit gegeben, binnen eines Monats schriftsätzlich“ zur Beschwerdebegründung der Arbeitgeberin „Stellung zu nehmen“; antragsgemäß hat er mit Beschluss vom 13. April 2011 die „[X.] bis zum 19. Mai 2011 einschließlich“ verlängert. In dem am 19. Mai 2011 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz hat der Betriebsrat einen Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde angekündigt. Im Hinblick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. Dezember 2012 hat der [X.] des [X.] mit Schriftsatz vom 28. September 2012 ausgeführt, dass noch nicht klar sei, ob der neu gewählte Betriebsrat „die weitere Durchführung des Verfahrens auf der Basis eines entsprechend geänderten Antrags wünscht“. Er hat außerdem um einen richterlichen Hinweis gebeten, ob ein geänderter Antrag auf Feststellung, dass der Betriebsrat bei Versetzungen von Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes, die im Betrieb der Arbeitgeberin tätig sind, nach § 99 BetrV[X.] mitzubestimmen hat, zulässig wäre. Die Arbeitgeberin hat das Verfahren mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2012 für erledigt erklärt; dem hat sich der Betriebsrat nicht angeschlossen. Mit Schriftsatz vom 20. November 2012 hat er mitgeteilt, „das vorliegende Verfahren mit dem im Schriftsatz vom 28.09.12 in Aussicht gestellten geänderten Antrag weiterzuführen“ und eine Begründung hierfür gegeben. Das [X.] hat dem zuletzt gestellten Antrag entsprochen, dessen Zurückweisung die Arbeitgeberin mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt.

7

[X.] Die zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Das [X.] hat dem zuletzt vom Betriebsrat zur Entscheidung gestellten Feststellungsbegehren zu Unrecht stattgegeben. Zwar ist die hierin liegende [X.] wirksam eingelegt worden. Der zulässige Feststellungsantrag ist aber unbegründet.

8

I. Entgegen der Auffassung des [X.] ist die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin zulässig; insbesondere ist sie ordnungsgemäß begründet.

9

1. Nach § 94 Abs. 2 Satz 2 Arb[X.][X.] muss die Rechtsbeschwerdebegründung angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird, welche Bestimmungen verletzt sein sollen und worin die Verletzung bestehen soll. Dazu hat sie den Rechtsfehler des [X.]s so aufzuzeigen, dass [X.]egenstand und Richtung ihres Angriffs erkennbar sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden [X.]ründen der angefochtenen Entscheidung. Der Rechtsbeschwerdeführer muss darlegen, warum er die Begründung des [X.] für unrichtig hält (BA[X.] 11. September 2013 - 7 [X.] - Rn. 13 mwN).

2. Dem wird das Rechtsmittel der Arbeitgeberin gerecht. Es beanstandet unter näherer Begründung, dass das Landearbeitsgericht über den zuletzt vom Betriebsrat angebrachten Antrag in der Sache entschieden und die hierin liegende [X.] nicht als unzulässig verworfen hat. Im Hinblick auf diese Rüge musste sich die Rechtsbeschwerdebegründung nicht mit den Erwägungen zur Zulässigkeit und Begründetheit des beschiedenen [X.] befassen. Es genügt, wenn ein Rechtsfehler gerügt wird. Dann ist für den gesamten davon betroffenen Verfahrensgegenstand die Rechtsfehlerkontrolle des [X.] eröffnet.

II. Das [X.] hat dem Feststellungsantrag zu Unrecht entsprochen. Die mit diesem Antrag verbundene [X.] ist zwar wirksam eingelegt. Das vom Betriebsrat reklamierte Mitbestimmungsrecht besteht aber nicht.

1. Mit dem in der Beschwerdeinstanz zuletzt gestellten Feststellungsantrag hat der Betriebsrat einen neuen Sachantrag angebracht und damit den Verfahrensgegenstand geändert. Der in erster Instanz voll obsiegende Betriebsrat konnte eine solche Änderung nur im Wege einer [X.] gem. § 87 Abs. 2 Satz 1, § 64 Abs. 6 Arb[X.][X.] iVm. § 524 ZPO anbringen. Die Anschließung ist wirksam erfolgt.

a) In dem vom Betriebsrat im zweiten Rechtszug zuletzt zur Entscheidung gestellten Feststellungsantrag liegt eine Änderung des [X.]. Anders als der erstinstanzliche Antrag bezieht er sich nicht auf die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts bei einer konkreten Einzelmaßnahme. Der Betriebsrat will mit ihm vielmehr die Frage, ob er in einer bestimmten Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht hat oder an einer Maßnahme in einer bestimmten Weise zu beteiligen ist, losgelöst von einem konkreten Einzelfall zur gerichtlichen Entscheidung stellen. Ein solches Begehren war auch nicht von vornherein in dem auf die konkrete Einzelmaßnahme bezogenen Antrag enthalten. Ein hierauf bezogener Antrag kann nur dann als abstrakter Feststellungsantrag ausgelegt werden, wenn sich aus dem gesamten Vorbringen des Antragstellers ergibt, dass er die Rechtsfrage losgelöst von dem konkreten Einzelfall entschieden haben will (vgl. zu solch einer Auslegung zB BA[X.] 12. November 1991 - 1 [X.] - zu [X.] der [X.]ründe). Die Begründung des ursprünglichen, auf den Arbeitnehmer [X.] bezogenen [X.] gibt für solch ein Antragsverständnis nichts her.

b) Ein in erster Instanz im Beschlussverfahren voll obsiegender Antragsteller kann in zweiter Instanz eine Antragsänderung nur im Rahmen einer nach § 87 Abs. 2 Satz 1, § 64 Abs. 6 Arb[X.][X.], § 524 Abs. 1, 3 ZPO zulässigen [X.] vornehmen (vgl. BA[X.] 14. Mai 2013 - 1 [X.] - Rn. 35). Der Betriebsrat hat mit seinem letzten Feststellungsantrag - angekündigt mit seinem Schriftsatz vom 20. November 2012 - eine Anschließung wirksam erklärt.

aa) Es bedarf keiner ausdrücklichen Bezeichnung als [X.]. Vor dem Hintergrund, dass der durch die erstinstanzliche Entscheidung nicht beschwerte Betriebsrat eine Änderung des [X.] nur durch eine [X.] vornehmen kann, ist die zuletzt erstrebte Feststellung als eine solche auszulegen (vgl. zur Auslegung einer Klageänderung als Anschlussberufung BA[X.] 12. November 2013 - 3 [X.] - Rn. 67 mwN).

bb) [X.], der Betriebsrat habe die Anschließung nicht innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO erklärt, ist unbegründet.

(1) Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 87 Abs. 2 Satz 1, § 64 Abs. 6 Satz 1 Arb[X.][X.] ist eine [X.] nur bis zum Ablauf der einem Beteiligten gesetzten Frist zur Beschwerdeerwiderung zulässig. Wird die [X.] verlängert, verlängert sich automatisch die Einlegungsfrist ([X.]/[X.] ZPO 29. Aufl. § 524 Rn. 10 mwN). Die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gilt auch für eine den Verfahrensgegenstand ändernde [X.] (zur Klageänderung mit der Anschlussberufung vgl. B[X.]H 7. Dezember 2007 - V ZR 210/06 - Rn. 22). Sie bezieht sich auf eine Fristsetzung iSv. § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Wurde die Frist zur Beschwerdeerwiderung nicht wirksam gesetzt, ist eine Anschließung bis zum Schluss des Termins zur Anhörung möglich (zur Berufungserwiderungsfrist vgl. B[X.]H 23. September 2008 - [X.]/08 - Rn. 4).

(2) Vorliegend ist die Anschließung mit dem Schriftsatz des [X.] vom 20. November 2012 nicht verfristet. Sie ist bis zum Schluss des Termins zur Anhörung erfolgt. Das [X.] hat keine wirksame Frist zur Beschwerdeerwiderung gesetzt. Mit Beschluss des Vorsitzenden der [X.] vom 8. März 2011 wurde dem Betriebsrat „[X.]elegenheit gegeben, binnen eines Monats schriftsätzlich“ zur Beschwerdebegründung der Arbeitgeberin „Stellung zu nehmen“. Eine so bestimmte Frist ist hinsichtlich ihres Beginns - und damit zwangsläufig ihres Endes - unklar. Auch liegt in der „[X.]elegenheit zur Stellungnahme“ kein „Setzen“ einer [X.], sondern die Zustellung der Beschwerdeschrift und Beschwerdebegründung zur Äußerung iSv. § 90 Abs. 1 Satz 1 Arb[X.][X.]. Die auf Antrag des [X.]n des [X.] gewährte Verlängerung der „[X.] bis zum 19. Mai 2011 einschließlich“ mit Beschluss des Vorsitzenden der [X.] vom 13. April 2011 vermochte die nicht entsprechend § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO gesetzte Frist nicht zu verlängern.

cc) Auch sonst ist die Anschließung wirksam. Nach § 524 Abs. 3 ZPO iVm. § 87 Abs. 2 Satz 1, § 64 Abs. 6 Satz 1 Arb[X.][X.] muss sie in der [X.] begründet werden. Dem genügt der Schriftsatz des [X.] vom 20. November 2012.

c) Die in der Beschwerdeinstanz mit der [X.] erfolgte Antragsänderung ist schließlich nicht aus anderen [X.]ründen unzulässig. Die Entscheidung des [X.]s über ihre Zulassung ist nach § 81 Abs. 3 Satz 3, § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 Arb[X.][X.] unanfechtbar.

2. Der mit der wirksamen [X.] zur gerichtlichen Entscheidung gestellte Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

a) Der Antrag ist in der gebotenen Auslegung zulässig.

aa) Mit ihm begehrt der Betriebsrat die allgemeine Feststellung, dass die Beendigung des Einsatzes eines zur Arbeitsleistung gestellten Arbeitnehmers infolge der Kündigung des ihn betreffenden [X.]s durch die Arbeitgeberin als Versetzung seinem Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrV[X.] unterliegt. Wie der Anlassfall und das schriftsätzliche Vorbringen des [X.] zeigen, sieht dieser die mitbestimmungspflichtige Maßnahme darin, dass die Arbeitgeberin dem ihr gestellten Arbeitnehmer nach der Kündigung des [X.]s keine Arbeit (mehr) zuweist und ihn damit - nach Auffassung des [X.] - aus ihrem Betrieb ausgliedert und der Arbeitnehmer (wieder) in den Betrieb seiner Vertragsarbeitgeberin, der [X.], eingegliedert wird oder einzugliedern ist. Es geht dem Betriebsrat nicht um eine Mitbestimmung bei der Vertragskündigung, sondern bei deren tatsächlichen Folgen. Das hat er in der Anhörung vor dem [X.] ausdrücklich bestätigt.

bb) Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig.

(1) Er ist - trotz der Verwendung des Rechtsbegriffs „Versetzung“ in seinem Wortlaut - hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Zwar vertreten die Beteiligten zu der rechtlichen Bewertung eines bestimmten Sachverhalts als „Versetzung“ unterschiedliche Auffassungen. Die Maßnahme, für die der Betriebsrat die Mitbestimmung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrV[X.] beansprucht, ist aber unter Berücksichtigung der Antragsbegründung so genau bezeichnet, dass mit der Entscheidung feststeht, für welchen Vorgang das Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint worden ist.

(2) Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Der Streit darüber, ob das Mitbestimmungsrecht bei der vom Antrag umfassten Angelegenheit besteht, betrifft ein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis der Betriebsparteien im Sinn einer durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandenen rechtlichen Beziehung einer Person zu einer anderen Person. Der Betriebsrat hat an der begehrten alsbaldigen Feststellung ein berechtigtes Interesse, da die Arbeitgeberin nach wie vor personalgestellte Arbeitnehmer beschäftigt und die verfahrensgegenständliche Mitbestimmung in Abrede stellt.

b) Der Antrag ist unbegründet. Der streitbefangene Vorgang unterliegt nicht der Mitbestimmung des [X.]. Es handelt sich um keine Versetzung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1, § 95 Abs. 3 BetrV[X.].

aa) Nach § 99 Abs. 1 BetrV[X.] bedarf in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Mitarbeitern die Versetzung von Arbeitnehmern der Zustimmung des [X.]. Auch eine betriebsübergreifende Versetzung bedarf nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrV[X.] regelmäßig der Zustimmung des [X.] des abgebenden Betriebs (vgl. BA[X.] 8. Dezember 2009 - 1 [X.] - Rn. 19 ff., BA[X.]E 132, 324). Versetzung ist nach der Definition des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrV[X.] die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die entweder die Dauer von einem Monat voraussichtlich überschreitet, oder mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit geleistet werden muss. Die betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmung knüpft an die tatsächliche Zuweisung eines neuen Arbeitsbereichs als Realakt an.Der bloße Entzug des bisherigen Arbeitsbereichs ohne Übertragung eines neuen ist keine Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs iSd. § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrV[X.]. Deshalb liegt etwa in der Freistellung von der Arbeitspflicht während der Kündigungsfrist keine mitbestimmungspflichtige Versetzung (vgl. BA[X.] 28. März 2000 - 1 [X.] - zu [X.] 2 der [X.]ründe mwN, BA[X.]E 94, 163). Im Übrigen knüpft der Versetzungsbegriff an eine Arbeitsbereichszuweisung durch den Arbeitgeber an, auf dessen Initiative sie erfolgen muss. Hiervon ist nur auszugehen, wenn die Arbeitsleistung im neuen Arbeitsbereich dem Arbeitgeber zuzurechnen ist, der Arbeitnehmer also auch im neuen Tätigkeitsbereich für diesen tätig wird und die Arbeitsleistung im neuen Arbeitsbereich die dem Arbeitgeber geschuldete Arbeitsleistung bleibt (zur Entsendung eines Arbeitnehmers in einen anderen Betrieb eines anderen Konzernunternehmens vgl. BA[X.] 19. Februar 1991 - 1 [X.] - zu [X.] 2 b bb der [X.]ründe, BA[X.]E 67, 236). Bestimmt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zu einer anderen Tätigkeit, ist für eine Mitbestimmung des [X.] kein Raum.

bb) Hiernach ist die Beendigung der [X.]estellung von einem Arbeitnehmer der [X.] an die Arbeitgeberin infolge einer von dieser ausgesprochenen Kündigung des [X.]estellungsvertrags und die damit verbundene Rückkehr des gestellten Arbeitnehmers in den Betrieb seiner Vertragsarbeitgeberin keine mitbestimmungspflichtige Versetzung. In dem Ende des Einsatzes des gestellten Arbeitnehmers liegt zwar ein Entzug dessen bisherigen Aufgabenbereichs. Mit ihm bestimmt die in Anspruch genommene Arbeitgeberin aber nicht über die tatsächliche Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs. Eine solche Bestimmung liegt schon deshalb nicht vor, weil die Arbeitgeberin insoweit keine [X.]estaltungsmacht hat. Wo für den Arbeitgeber nichts zu entscheiden ist, gibt es für den Betriebsrat nichts mitzubestimmen (vgl. BA[X.] 23. Juni 2009 - 1 [X.] - Rn. 23). Auch wird der vormals der Arbeitgeberin gestellte Arbeitnehmer nach Beendigung des [X.]estellungsvertrags und Rückkehr in den Betrieb seiner Vertragsarbeitgeberin nicht mehr für die Arbeitgeberin tätig. Allenfalls die [X.] Bremen weist dem betroffenen Arbeitnehmer einen neuen Arbeitsbereich zu. Hierin liegt der entscheidende Unterschied zu der vom Betriebsrat als vergleichbar angesehenen betriebsübergreifenden Versetzung. In diesen Fällen entscheidet ein- und derselbe Arbeitgeber sowohl über den Entzug des bisherigen als auch über die Zuweisung des neuen Arbeitsbereichs.

cc) Aus § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrV[X.] folgt nichts Abweichendes. Nach dieser Vorschrift gelten ua. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind, als Arbeitnehmer. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrV[X.] begründet kein Mitbestimmungsrecht, wenn der Betriebsinhaber weder materiell noch formell etwas entscheidet oder zu entscheiden hat (vgl. BA[X.] 9. Juni 2011 - 6 [X.] - Rn. 32, BA[X.]E 138, 116).

III. Über den konkret auf die Maßnahme gegenüber dem Arbeitnehmer [X.] gerichteten (ursprünglichen) Antrag des [X.] - der [X.]egenstand der Beschwerde der Arbeitgeberin ist - hatte der [X.] nicht zu befinden. Nach § 92 Abs. 2, § 72 Abs. 5 Arb[X.][X.] iVm. § 557 Abs. 1 ZPO kann das Rechtsbeschwerdegericht über den Verfahrensgegenstand nur insoweit entscheiden, als er ihm angefallen ist. Dies setzt voraus, dass das Beschwerdegericht ihn überhaupt beschieden hat. Hieran fehlt es vorliegend. Das [X.] hat zwar im Eingangssatz unter [X.] seiner Entscheidung formuliert, „die Beschwerde“ sei unbegründet und zurückzuweisen. Ausweislich der [X.]ründe des angefochtenen Beschlusses hat es sich aber ausschließlich mit dem zuletzt angebrachten Feststellungsantrag des [X.] befasst.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    K. Schmidt    

        

        

        

    Schwitzer    

        

    [X.]    

                 

Meta

1 ABR 45/13

17.02.2015

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven, 7. September 2010, Az: 12 BV 1202/10, Beschluss

§ 95 Abs 3 BetrVG, § 99 Abs 1 S 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17.02.2015, Az. 1 ABR 45/13 (REWIS RS 2015, 15384)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15384

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4 TaBV 10/23

3 TaBV 118/19

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