Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.2013, Az. B 8 SO 13/12 R

8. Senat | REWIS RS 2013, 342

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialhilfe - Nothilfe - stationäre Krankenhausbehandlung - Vorliegen eines Eilfalles - Unterrichtung des Sozialhilfeträgers - Überprüfung der für die Kostensicherheit wesentlichen Umstände


Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 27. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

[X.] ist ein [X.]nspruch der [X.]lägerin auf Erstattung von 3245,18 Euro als Nothelferin für die stationäre [X.]rankenhausbehandlung des [X.] ([X.]) in der [X.] vom 21. bis [X.].

2

Die [X.]lägerin betreibt das [X.] ; sie ist Rechtsnachfolgerin der gleichlautenden [X.], die das [X.]rankenhaus bis zur Fusion mit drei weiteren [X.]rankenhäusern Ende 2012 betrieben hatte. [X.]m [X.], einem Dienstag, wurde der in [X.] wohnhafte [X.] um 10.34 Uhr stationär aufgenommen und bis [X.] dort wegen eines Schlaganfalls behandelt. [X.] war (nach seinen eigenen [X.]ngaben) zu diesem [X.]punkt weder gesetzlich noch privat krankenversichert. [X.]m Tag seiner [X.]ufnahme führte er ein [X.]ufklärungsgespräch, unterzeichnete einen Behandlungsvertrag mit Wahlleistungsvereinbarung und füllte einen Fragebogen zur [X.]namnese aus. [X.]m 13.3.2006 stellte die Rechtsvorgängerin der [X.]lägerin bei der Beklagten einen [X.]ntrag auf Erstattung der [X.]osten für die stationäre [X.]rankenhausbehandlung. Weil [X.] auf [X.]nfragen der Beklagten telefonisch dieser gegenüber erklärte, dass er die [X.]osten der [X.]rankenhausbehandlung selbst tragen werde, teilte die Beklagte der Rechtsvorgängerin der [X.]lägerin mit, dass die [X.]ngelegenheit für sie "erledigt" sei (Schreiben vom [X.]). Nachdem diese gegen [X.] nach Durchführung eines Mahnverfahrens und Erteilung eines Vollstreckungsbescheids erfolglos die Zwangsvollstreckung betrieben hatte, beantragte sie am 13.7.2007 erneut die Übernahme der [X.]osten für die stationäre [X.]rankenhausbehandlung. Die Beklagte lehnte den [X.]ntrag mit der Begründung ab, eine bloße Fehleinschätzung der wirtschaftlichen Lage des Patienten begründe keinen Eilfall (Bescheid vom [X.]; Widerspruchsbescheid vom 25.10.2007).

3

Die hiergegen erhobene [X.]lage und die Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts <[X.]> Dortmund vom 8.12.2010; Urteil des Landessozialgerichts <[X.]> Nordrhein-Westfalen vom 27.2.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das [X.] ausgeführt, ein Eilfall sei nicht schon dann anzunehmen, weil aus medizinischer Sicht eine Notfallsituation vorliege. Vielmehr sei weitere Voraussetzung, dass nach Lage der Dinge eine rechtzeitige Hilfe des Sozialhilfeträgers objektiv nicht erlangt werden könne. Dies sei nicht der Fall, weil die [X.]lägerin die Möglichkeit gehabt habe, den zuständigen Sozialhilfeträger über den [X.] zu unterrichten. [X.]uf die subjektiven Vorstellungen des Nothelfers insbesondere von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Betroffenen komme es für das Vorliegen eines Eilfalls nicht an.

4

Mit ihrer Revision macht die [X.]lägerin eine Verletzung von § [X.] - ([X.]) geltend. Es habe sofort Hilfe geleistet werden müssen. Ohne Begründung schränke das [X.] den [X.]ufwendungsersatzanspruch ein, indem es zusätzlich fordere, dass es der hilfebedürftigen Person bzw dem Nothelfer nicht möglich oder zumutbar sei, den Sozialhilfeträger über den [X.] zu unterrichten. In der [X.]ufnahmesituation eines Schlaganfallpatienten, der zwar angebe, keine [X.]rankenversicherung zu haben, aber versichere, ein Vermögen in [X.] zu besitzen, eine Information des Sozialhilfeträgers vor [X.] zu verlangen, lasse sich weder auf den Gesetzeswortlaut stützen, noch mit irgendwelchen Interessen des Sozialhilfeträgers begründen. Sie habe deshalb davon ausgehen dürfen, dass [X.] die [X.]rankenhauskosten selbst zahlen könne und werde. Eine Verpflichtung, alsbald seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zu prüfen, habe nicht bestanden. Es habe auch keine Veranlassung bestanden, einen Vorschuss zu fordern. Der Rechtsprechung des [X.] (BVerwG) lasse sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Schließlich müsse bei der [X.]uslegung der Nothelfervorschrift das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, zu dem insbesondere der Schutz und die Versorgung des Einzelnen im [X.]rankheitsfall gehörten, und die Pflicht, unabhängig von den finanziellen Verhältnissen und den dazu gemachten [X.]ngaben des Notfallpatienten diesen zu behandeln, berücksichtigt werden. Unter Beachtung dieser Umstände ermögliche § 25 [X.] einen angemessenen [X.]ufwendungsersatzanspruch, wenn bei objektiver Betrachtung Hilfe geleistet worden sei, die "an sich" vom Sozialhilfeträger hätte erbracht werden müssen.

5

Die [X.]lägerin beantragt,
die Urteile des [X.] und des [X.] sowie den Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter [X.]ufhebung des Bescheids vom [X.] 3245,18 Euro zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die Entscheidung des [X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der [X.]lägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ). Die [X.]lägerin hat keinen Anspruch als Nothelferin nach § 25 [X.] (idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - [X.] 3022).

9

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Wider-spruchsbescheids vom 25.10.2007 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte eine [X.]orrektur ihres Bescheids vom [X.] (dazu unten) und die Erstattung der [X.]osten für die durchgeführte [X.]rankenhausbehandlung des [X.] abgelehnt hat. Die [X.]lägerin konnte als Rechtsnachfolgerin der früheren Stiftung das Verfahren fortführen. Dabei kann offenbleiben, ob eine identitätswahrende Umwandlung von einer Stiftung in eine GmbH und deshalb keine [X.]lageänderung nach § 99 SGG, sondern nur ein gesetzlicher Parteiwechsel vorliegt, dem durch Rubrumsberichtigung Rechnung zu tragen war (dazu [X.]-5425 § 24 [X.] Rd[X.]3), oder im Hinblick auf die Fusion mehrerer [X.]liniken ein gewillkürter Beteiligtenwechsel und deshalb eine [X.]lageänderung zu bejahen ist. Denn eine [X.]lageänderung wäre jedenfalls wegen der in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] erteilten Einwilligung der Beklagten nach § 99 Abs 1 SGG zulässig.

Richtige [X.]lageart ist die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 4, § 56 SGG, weil die Beklagte einen Anspruch gemäß § 25 [X.] bereits mit dem Schreiben vom [X.] (bestandskräftig) abgelehnt hat und sich der Bescheid vom [X.] deshalb als Überprüfungsbescheid nach § 44 [X.] - ([X.]) darstellt (zur [X.]lageart im Zugunstenverfahren: [X.], 299, 300 = [X.] 3-4300 § 137 [X.]; [X.]-4300 § 122 [X.] Rd[X.] 9). Das Schreiben vom [X.] ist - anders als das [X.] meint - nicht nur ein bloßer Hinweis an das [X.]rankenhaus, sich zunächst an den zahlungswilligen Patienten zu halten; im Hinblick auf die Aussage, dass die Angelegenheit als "erledigt" angesehen werde, ist es nach seinem objektiven Sinngehalt ausgehend vom [X.] (vgl zu dieser Voraussetzung bei der Auslegung von Verwaltungsakten nur: [X.]-1500 § 77 [X.] Rd[X.]5; [X.]surteil vom [X.] AY 8/07 R - Rd[X.]2; und [X.] in von [X.], [X.], 8. Aufl 2014, § 31 Rd[X.] 25 mwN) vielmehr als (endgültige) Ablehnung des Antrags (§ 31 [X.]) zu verstehen.

Richtiger Beklagter ist die [X.] (die [X.] von Behörden in [X.] ist seit dem 1.1.2011 mit dem Inkrafttreten des Justizgesetzes [X.] vom 26.1.2010 - Gesetz- und Verordnungsblatt [X.] 30 - entfallen), die nach § 99 Abs 1 [X.] iVm § 3 Landesausführungsgesetz zum [X.] für das Land [X.] vom 16.12.2004 (GVBl [X.] 816) iVm § 1 Abs 1 der Satzung über die Durchführung der Sozialhilfe nach dem [X.] im [X.] vom 30.12.2004 von dem örtlich und sachlich zuständigen [X.]reis (§§ 3, 97, 98 [X.]) zur Durchführung der Aufgaben der Sozialhilfe herangezogen worden ist und in eigenem Namen entscheidet. Dass sich der [X.]reis nach § 2 [X.]3 Buchst b der Satzung die Durchführung von Verfahren vor den Sozialgerichten vorbehalten hat, ändert hieran nichts; die Regelung betrifft ausschließlich die Vertretung im gerichtlichen Verfahren, nicht dagegen die Rückgängigmachung der durch Satzung übertragenen Aufgaben der Sozialhilfe ([X.] 103, 178 ff Rd[X.] 9 = [X.] 4-3500 § 25 [X.]). Zur Auslegung der vorgenannten landesrechtlichen Regelungen war der [X.] mangels eigener Auslegung des [X.] befugt (vgl nur [X.] 103, 34 ff Rd[X.]1 = [X.] 4-5910 § 108 [X.]).

Ob für die örtliche Zuständigkeit gemäß § 98 Abs 2 Satz 1 [X.] der gewöhnliche Aufenthalt des [X.] oder wegen eines Eilfalls sein tatsächlicher Aufenthalt (vgl § 98 Abs 2 Satz 3 [X.]) maßgeblich ist (BVerwGE 114, 326 ff), ist vorliegend ohne Bedeutung, weil sein tatsächlicher Aufenthalt zur [X.] der stationären Behandlung und sein gewöhnlicher Aufenthalt zusammenfallen. Einer Beiladung des [X.] nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG (echte notwendige Beiladung) bedurfte es nicht, weil er an dem Verfahren nicht derart beteiligt ist, dass die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Der Nothelfer macht einen Anspruch aus eigenem Recht nach § 25 [X.] geltend ([X.], Urteil vom [X.] [X.] 19/12 R); eine Entscheidung hierüber greift nicht unmittelbar in die Rechtssphäre des Hilfebedürftigen ein.

Verfahrensfehler, die die Leistungsablehnung formell rechtswidrig machen würden, liegen nicht vor. Insbesondere ist eine Beteiligung sozial erfahrener Dritter im Widerspruchsverfahren beim Streit über den Anspruch des [X.] nicht erforderlich. Es handelt sich nicht - wie dies das Gesetz in § 116 Abs 2 [X.] verlangt - um einen Widerspruch gegen die "Ablehnung von Sozialhilfe" des Hilfebedürftigen, sondern um einen Aufwendungsersatzanspruch des [X.] ([X.]).

Die materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beklagten misst sich an § 44 Abs 1 [X.], der auch im Sozialhilferecht Anwendung findet (vgl nur [X.]-1300 § 44 [X.]5 Rd[X.]9). Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht sind. Ob der Aufwendungsersatz eine Sozialleistung im Sinne dieser Regelung ist, bedarf - obwohl vieles hierfür spricht, zumal der Nothelfer zum kostenprivilegierten Personenkreis nach § 183 SGG gehört ([X.]-1500 § 183 [X.]) - keiner Entscheidung; denn die Beklagte hat den Aufwendungsersatz zu Recht nicht erbracht.

Die [X.]lägerin hat keinen Anspruch nach § 25 [X.]. Danach sind demjenigen, der in einem Eilfall einem anderen Leistungen erbracht hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, auf Antrag Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat (Satz 1). Der Anspruch richtet sich gegen den für die Sozialhilfeleistung zuständigen Sozialhilfeträger. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird (Satz 2).

Ein Eilfall setzt zunächst voraus, dass ein beim Nothilfeempfänger bestehender Bedarf nach dem [X.] bis [X.] [X.]apitel des [X.] unabwendbar ist und unmittelbar durch den Nothelfer gedeckt werden muss. Dies beschreibt zunächst als bedarfsbezogenes Moment die Eilbedürftigkeit des Eingreifens selbst ([X.], Urteil vom [X.] [X.] 19/12 R). Auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] steht insoweit fest, dass am Aufnahmetag die sofortige medizinische Hilfe durch das [X.]rankenhaus notwendig war. Solange im [X.] an die Aufnahme ein stationärer Behandlungsbedarf andauerte und eine Entlassung des [X.] in die ambulante Behandlung aus medizinischen Gründen ausschied, bestand dieses bedarfsbezogene Moment des Eilfalls fort.

Ob stationäre Behandlungsbedürftigkeit durchgehend bis zum Ende der Behandlung vorlag, bedarf vorliegend allerdings keiner Entscheidung. Hinzukommen muss nämlich - entgegen der Auffassung der [X.]lägerin - ein sozialhilferechtliches Moment, an dem es bereits zum [X.]punkt der Aufnahme des [X.] im [X.]rankenhaus fehlte. Das sozialhilferechtliche Moment erfordert grundsätzlich, dass eine rechtzeitige Leistung des Sozialhilfeträgers objektiv nicht zu erlangen war, der Sozialhilfeträger also nicht eingeschaltet werden konnte ([X.]). Der Anspruch des [X.] besteht in Abgrenzung zum Anspruch des Hilfebedürftigen nur dann, wenn der Sozialhilfeträger keine [X.]enntnis vom Leistungsfall hat und ein Anspruch des Hilfebedürftigen gegen den Sozialhilfeträger (nur) deshalb nicht entsteht (vgl: [X.]; BVerwG, Beschluss vom [X.]/92 -, juris Rd[X.] 6 mwN; im Einzelnen [X.] in [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl 2012, § 25 [X.] Rd[X.] 21 f). Der Mangel der [X.]enntnis des Trägers der Sozialhilfe wird tatbestandlich von § 25 Satz 1 [X.] vorausgesetzt ("... bei rechtzeitigem Einsetzen der Sozialhilfe ..."), weil mit der [X.]enntnis iS des § 18 [X.] bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für einen Anspruch nach dem [X.] die Sozialhilfe "einsetzt" ([X.], Urteil vom 30.10.2013 - [X.] [X.]). Die [X.]enntnis des Sozialhilfeträgers bildet damit die Zäsur für die sich gegenseitig ausschließenden Ansprüche des [X.] und des Hilfebedürftigen ([X.]). Ein Eilfall liegt deshalb nur dann vor, wenn keine [X.] zur Unterrichtung des zuständigen Sozialhilfeträgers verbleibt, um zunächst dessen Entschließung über eine Gewährung der erforderlichen Hilfe abzuwarten (vgl: BVerwGE 59, 73, 75; 114, 298, 300) bzw um die Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialhilfe zu schaffen ([X.]larstellung zum Urteil des [X.]s vom [X.] [X.] 19/12 R - Rd[X.]8). Dass es der [X.]lägerin objektiv unmöglich war, den zuständigen Sozialhilfeträger über den [X.] zu unterrichten, hat das [X.] verneint, weil die Aufnahme des [X.] an einem Dienstag um 10.34 Uhr erfolgt sei und es der Zustand des [X.] trotz bestehender Behandlungsbedürftigkeit zugelassen habe, vor der stationären Behandlung ein Aufklärungsgespräch zu führen, einen Fragebogen zur Anamnese auszufüllen und einen Behandlungsvertrag mit Wahlleistungsvereinbarung abzuschließen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden und wird von der [X.]lägerin auch im Tatsächlichen nicht mit Verfahrensrügen angegriffen.

Das sozialhilferechtliche Moment eines Eilfalls kann zwar auch vorliegen, wenn der Sozialhilfeträger erreichbar ist und unterrichtet werden könnte, jedoch die Umstände des Einzelfalls seine Einschaltung aus Sicht des [X.] nicht nahelegen, weil nach dem [X.]enntnisstand des [X.] die Leistungspflicht einer gesetzlichen [X.]rankenkasse besteht ([X.], Urteil vom [X.] [X.] 19/12 R). Ein solcher Fall liegt aber gerade nicht vor. Das [X.] ist im Hinblick auf die Angaben des [X.] davon ausgegangen, dass dieser weder gesetzlich noch privat krankenversichert sei. Ob die Umstände des Einzelfalls eine solche Schlussfolgerung rechtfertigen, kann dahinstehen. Jedenfalls hat die [X.]lägerin eine erforderliche Aufklärung des Versichertenstatus unterlassen und ist in der Folge davon ausgegangen, dass [X.] als Selbstzahler die [X.]osten der [X.]rankenhausbehandlung übernimmt. Dieser Umstand allein rechtfertigt es indes nicht, die Einschaltung des Sozialhilfeträgers zu unterlassen.

Die Überprüfung der für die [X.]ostensicherheit wesentlichen Umstände gehört, soweit nach den Umständen möglich, auch bei der Aufnahme von Notfallpatienten zu den Obliegenheiten eines ordnungsgemäßen [X.]rankenhausbetriebes; dabei spielt es keine Rolle, ob zunächst ein Vorschuss geleistet wird und die Obliegenheit erst in dem Moment eintritt, in dem erkennbar wird, dass der Vorschuss nicht ausreichen wird bzw aufgebraucht ist, oder bereits bei Aufnahme differenzierte Schritte wegen der Prüfung der [X.]ostentragung unterbleiben; das Irrtums- und Fehleinschätzungsrisiko insoweit wird dem Nothelfer durch § 25 [X.] nicht abgenommen (BVerwGE 114, 298 ff). Da der Nothelfer, wenn der Träger der Sozialhilfe erreichbar ist und unterrichtet werden könnte, mit seiner Hilfeleistung (auch) eine öffentliche Aufgabe anstelle des eigentlich zuständigen Hoheitsträgers erfüllt und eine Durchbrechung des öffentlich-rechtlichen Systems für die Gewährung der Sozialhilfe (insbesondere des speziell hierfür normierten Verwaltungsverfahrens und der "Vergütungsstruktur") regelmäßig nicht im öffentlichen Interesse liegt (vgl dazu im Einzelnen [X.] 86, 1, 7 ff = [X.] 3-7610 § 683 [X.] ff), kann er Ersatz hierfür nur verlangen, wenn er ohne Verletzung eigener Obliegenheiten davon ausgehen durfte, den Sozialhilfeträger nicht einschalten zu müssen ([X.], Urteil vom [X.] [X.] 19/12 R - Rd[X.] 20).

Zweck des § 25 [X.] ist es nämlich nur, die Hilfsbereitschaft Dritter im Interesse in Not geratener Menschen zu erhalten und zu stärken und Hilfe auch in Fällen sicherzustellen, in denen Leistungen des Sozialhilfeträgers zu spät kämen oder wegen [X.]ablaufs ins Leere gingen ([X.], aaO, Rd[X.]9; [X.] 103, 178 ff Rd[X.]4 = [X.] 4-3500 § 25 [X.]; [X.], 245, 248; 114, 326, 332; [X.]/1799, [X.] zu § 114). Die Entlastung des [X.] von seinen [X.]osten ist nur in diesen Fallgestaltungen die vom Gesetzgeber beabsichtigte Folge, auch wenn Dritte schon wegen drohender strafrechtlicher Sanktionen (vgl § 323c Strafgesetzbuch) und [X.]rankenhausträger sowie ihr ärztliches Personal zudem aus berufs- und zulassungsrechtlichen Gründen ggf zu entsprechender Hilfe verpflichtet sind (vgl auch [X.], Urteil vom 10.5.2005 - [X.]/04 -, NJW 2005, 1363 f). Die so vorgenommene Abgrenzung verhindert einerseits, dass der Träger der Sozialhilfe in die Stellung eines "Ausfallbürgen" gedrängt wird ([X.], Urteil vom [X.] [X.] 19/12 R - Rd[X.] 20; BVerwGE 114, 298, 300), andererseits aber auch, dass die mit der Norm zu fördernde Hilfsbereitschaft Dritter durch ein für den Nothelfer unabsehbares [X.]ostenrisiko beeinträchtigt wird.

Werden die dem [X.]rankenhaus obliegenden Prüfungspflichten - wie hier - bereits vor Beginn der [X.]rankenhausbehandlung verletzt, kann ein Anspruch aus § 25 [X.] auch nicht darauf gestützt werden, dass eine Unterrichtung des Sozialhilfeträgers erst an dem der Aufnahme folgenden Werktag zumutbar und deshalb zumindest für die ersten beiden Tage Aufwendungsersatz zu leisten sei (dazu [X.], Urteil vom [X.] [X.] 19/12 R - Rd[X.] 24 und 29), weil das für den Tatbestand eines Nothelferanspruchs notwendige sozialhilferechtliche Moment zu keinem [X.]punkt vorgelegen hat.

Einer Entscheidung darüber, ob ein Nothelferanspruch darüber hinaus auch daran scheitert, weil [X.] im Hinblick auf die gegenüber der Beklagten abgegebene telefonische Erklärung, selbst zahlen zu wollen, seinerseits die notwendige Hilfe durch den Sozialhilfeträger nicht in Anspruch genommen hätte (vgl dazu [X.], Urteil vom [X.] [X.] 19/12 R - Rd[X.] 27), bedarf danach keiner Entscheidung. Andere öffentlich-rechtliche Aufwendungsersatzansprüche, insbesondere aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag, scheiden als denkbare Anspruchsgrundlage aus. § 25 [X.] regelt abschließend die Voraussetzungen eines [X.]ostenersatzanspruchs einer Person, die anstelle des Sozialhilfeträgers und damit entgegen dem öffentlich-rechtlich geregelten [X.]ompetenz- und Zuständigkeitsgefüge Hilfeleistungen ohne dessen Auftrag erbringt. Soweit öffentlich-rechtliche Regelungen solche Sachverhalte erfassen, scheidet ein Rückgriff auf die Grundsätze der Regelungen der §§ 677 ff Bürgerliches Gesetzbuch aus ([X.], Urteile vom [X.] [X.] 19/12 R -, Rd[X.] 21, und vom 30.10.2013 - [X.] [X.] - mwN).

Die [X.]ostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG. Der Nothelfer gehört zum kostenprivilegierten Personenkreis nach § 183 SGG (vgl [X.]-1500 § 183 [X.]).

Meta

B 8 SO 13/12 R

12.12.2013

Bundessozialgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Dortmund, 8. Dezember 2010, Az: S 5 (47) SO 268/07, Urteil

§ 25 S 1 SGB 12

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.2013, Az. B 8 SO 13/12 R (REWIS RS 2013, 342)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 342

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