Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.03.2012, Az. IV ZR 233/09

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7921

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV [X.]/09
vom

21. März 2012

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.], [X.], die Richterin [X.], den Richter [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller

am 21. März 2012

beschlossen:

Die Beschwerde der [X.] gegen die Nichtzulas-sung der Revision in dem Urteil des 8.
Zivilsenats des [X.] vom 19.
November 2009
wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der durch die Nichtzulassungsbeschwerde verursachten Kos-ten der Streithelfer der Beklagten
tragen

die Klägerin zu 1 zu
97%, die Klägerin zu 2 zu 0,8%,
die Klägerin zu 3 zu 0,4%, die Klägerin zu 4 zu 0,3%,
die Klägerin zu 5 zu 0,3%, die Klägerin zu 6 zu 0,1%,
die Klägerin zu 7 zu 0,1%, die Klägerin zu 8 zu 0,1%
und
die verbleibenden 0,9%
die [X.] zu 9 bis 41 zu gleichen Teilen.

(§ 39 Abs. 2 GKG).

-
3
-

Gründe:

I. Die [X.] fordern von der Beklagten als führendem [X.] anteilige Versicherungsleistungen und Schadensersatz aus einer von der [X.] mit mehreren Versicherungsunternehmen abge-schlossenen "[X.]", deren Bedingungen auszugsweise im [X.]surteil vom 25.
Mai 2011 ([X.]/09 -
Geldtransporte
[X.], [X.], 918 Rn. 1) und im [X.]sbeschluss vom 21.
Sep-tember 2011 ([X.]/09

Geldtransport II [X.]
II, juris Rn.
1) wie-dergegeben sind, und aus den ihnen erteilten [X.]. Sie sind Versicherte dieses Vertrages. Sie gehören

teilweise als Eigen-, teilweise als Partnergesellschaften

sämtlich zur R

-Unter-nehmensgruppe, die Verbrauchermärkte betreibt. Einzelne [X.] (1-6) unterhalten mehrere unselbständige Niederlassungen. Die [X.] hatten Unternehmen der [X.], insbesondere die [X.] GmbH,
unter anderem damit beauftragt, Bargeld von ih-ren Filialen abzuholen und
nach Auszählung zu [X.] zu transportieren, ferner ihre Filialen mit Münzgeld zu versorgen. Nach ihrer Behauptung haben sie infolge vertragswidrigen Verhaltens der [X.] sowohl im Rahmen der Bargeldentsorgung als auch der Bargeld-versorgung erhebliche Schäden erlitten, deren Erstattung sie sowohl als anteilige Versicherungsleistung als auch als Schadensersatz von der [X.] verlangen.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die Berufung der [X.]
zurückgewiesen und die Revision nicht [X.]. Dagegen wendet sich die Nichtzulassungsbeschwerde, mit der die [X.] ihr Klagebegehren weiterverfolgen.
1
2
-
4
-

II. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch [X.] die Fortbildung des Rechts
oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§
543 Abs.
2 Satz
1 ZPO). Eine Zulassung der Revision war schon im [X.]punkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht geboten, so dass es auf die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Revision im Übrigen nicht an-kommt (vgl. dazu [X.]sbeschluss vom 27.
Oktober 2004

[X.]6/02, [X.], 809 unter 2 m.w.N.).

1. Das Berufungsgericht hat die Klage in erster Linie abgewiesen, weil die Beklagte den unter der Police
Nr.
7509 geführten Versiche-rungsvertrag mit ihrem an den Insolvenzverwalter der [X.] gerichteten Schreiben vom 8.
Januar 2007 wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten
habe. Bei diesem mit Wirkung zum 1.
Dezember 2001 geschlossenen Vertrag habe es sich ungeachtet des bereits zuvor unter der Police
Nr.
7265 bestehenden langjährigen [X.] um einen Neuabschluss gehandelt, bei dem die Verantwortli-chen der [X.] der Beklagten das von der [X.] seit
langem praktizierte Schneeballsystem des fortlaufenden vertragswidrigen Zugriffs auf Kundengelder und die dadurch verursachten Liquiditätslü-cken (vgl. dazu [X.]surteil vom 25.
Mai 2011 [X.]O Rn.
5) arglistig ver-schwiegen hätten. Insoweit deckt die Beschwerde keine Rechtsfehler auf, die die Zulassung der Revision erfordern.

a) Keiner grundsätzlichen Klärung bedarf, inwieweit die Arglistan-fechtung in Ziffer
13.4 der Versicherungsbedingungen wirksam ausge-schlossen werden konnte. Der [X.] hat einen vergleichba-3
4
5
-
5
-

ren vertraglichen Anfechtungsausschluss bereits mit Urteil vom 17.
Janu-ar 2007 ([X.], [X.], 1084 Rn.
17
ff.) für unwirksam er-achtet. Dem hat sich der erkennende [X.] angeschlossen. Ergänzend wird dazu auf den [X.]sbeschluss vom 21.
September 2011 ([X.]O Rn.
27-33) verwiesen. Da ein Ausschluss der [X.] nicht wirksam vereinbart werden konnte, kommt es auf die von der [X.] erörterte Frage, ob das Berufungsgericht die genannte Klausel unzu-treffend ausgelegt, dabei Vortrag der [X.] übergangen und ab-weichend von Urteilen der Oberlandesgerichte
Hamm (vom 18.
De-zember 2009

20 U 137/08, juris Rn.
100
ff.; vgl. dazu [X.]surteil
vom 9.
November 2011

IV ZR 16/10, juris Rn.
45, 46) und [X.] (vom 5.
November 2008

18 U 188/07, juris Rn.
139
ff.; vgl. dazu [X.]surteil vom 9.
November 2011

IV ZR 251/08, juris Rn.
60
ff.) entschieden hat, nicht an.

Auch mit den

einzelnen [X.] übersandten

"R.

-Versi-cherungsbestätigungen" hat die Beklagte gegenüber den jeweiligen [X.] nicht wirksam auf die Geltendmachung der Arglistanfech-tung verzichtet. Ein solcher Verzicht setzt

ähnlich wie die Bestätigung anfechtbarer Rechtsgeschäfte gemäß §
144 BGB

in der Regel die Kenntnis vom Anfechtungsgrund voraus (vgl. [X.]/[X.], BGB 71.
Aufl. §
144 Rn.
2). Diese Kenntnis hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Ein ausnahmsweise möglicher konkludenter Verzicht ist den [X.] nicht zu entnehmen. Ein Motiv der Beklagten für einen solchen Verzicht ist ohnehin nicht ersichtlich.

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, es sei für die Wirksamkeit der Anfechtung ohne Bedeutung, ob die [X.] 6
7
-
6
-

den Anfechtungsgrund kannten. §
123 Abs.
2 BGB ist hier nicht [X.].
Sowohl §
123 Abs.
2 Satz
1 als auch Abs.
2 Satz
2 BGB setzen voraus, dass die Täuschung von einem Dritten ausgeht, und können [X.] nicht eingreifen, wenn allein eine Täuschung durch den [X.]

hier die [X.] als Versicherungsnehmerin

in Rede steht (vgl. [X.]sbeschluss vom 21.
September 2011 [X.]O Rn.
34; [X.], Urteil vom 8.
Dezember 1959

VIII ZR 134/58, [X.]Z 31, 321, 327
f.).

c) Durch die [X.]srechtsprechung ist weiter geklärt, dass den Versicherer keine Nachfrageobliegenheit trifft, wenn ihn der Versiche-rungsnehmer bei Anbahnung des Versicherungsvertrages arglistig täuscht ([X.]sbeschlüsse vom 15.
März 2006

[X.], [X.], 96; vom 4.
Juli 2007

IV ZR 170/04, [X.], 1256 unter 2 m.w.N.). Seine
früher anderslautende Rechtsprechung ([X.]Z 117, 385, 387) hat der [X.]
aufgegeben.

Ist der Versicherer bei Vertragsschluss infolge des arglistigen Ver-haltens des Versicherungsnehmers nicht gehalten nachzufragen, so kann auch ein erst nachträglich in
den Schutzbereich des mittels Arglist erschlichenen Versicherungsvertrages eintretender Dritter (Versicherter) nicht mehr geltend machen, der Versicherer habe seine [X.] verletzt.
Ob eine Nachfrageobliegenheit besteht und der [X.] dagegen verstößt, richtet sich allein nach der Sachlage im [X.]-punkt des Vertragsschlusses.

d) Die Angriffe der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die
für die Anwendbarkeit des §
123 Abs.
1 BGB entscheidende

Feststellung des Berufungsgerichts, es sei mit Wirkung ab dem
1.
Dezember 2001 zum 8
9
10
-
7
-

Neuabschluss des Versicherungsvertrages (Police Nr.
7509) und nicht lediglich zu einer Änderung des seinerzeit schon bestehenden Vertrages (Police Nr.
7265) gekommen, erfordern ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Der [X.] hat insbesondere die damit in Zusammenhang ste-henden [X.] der Verletzung von [X.] (Art.
103 Abs.
1, Art.
3 Abs.
1 GG) geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.
Dazu weist er ergänzend auf folgendes hin:

[X.]) Ein neuer Vertrag liegt vor, wenn der aus den gesamten [X.] zu ermittelnde [X.]e der Vertragsparteien darauf gerichtet war, die vertraglichen Beziehungen auf eine selbständige neue [X.] zu stellen und nicht, einzelne Regelungen des bestehenden Vertrages zu modifizieren. Für einen neuen Vertrag spricht die Veränderung [X.] Vertragsinhalte, etwa des versicherten Risikos, des versicher-ten Objekts, der Vertragsdauer, der Vertragsparteien und der Gesamt-versicherungssumme (vgl. [X.]sbeschluss vom 21.
September 2011, [X.]/09 [X.]O Rn.
21; [X.]surteil vom 19.
Oktober 1988

[X.], r+s 1989, 22, 23; OLG S[X.]rbrücken [X.], 1681, 1682; [X.] VersR 2002, 1225; [X.], [X.] §
38 Rn.
9; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 28.
Aufl. §
37 Rn.
5; [X.] in [X.]/Langheid, [X.] 2.
Aufl. §
38 Rn.
6).

bb) Unter Beachtung dieser Maßstäbe und Heranziehung der den Einzelfall prägenden Umstände ist das Berufungsgericht ohne durchgrei-fenden Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, die Police Nr.
7509 sei als neuer, zum 1.
Dezember 2001 in [X.] getretener Vertrag anzusehen. Entscheidungserheblichen Vortrag oder relevante Beweisangebote der [X.]
hat es

entgegen dem Vorwurf der Beschwerde

nicht 11
12
-
8
-

übergangen. Vielmehr hat es sich mit den Tatsachen, die als Indizien gegen einen Neuabschluss des Versicherungsvertrages vorgetragen und unter Beweis gestellt worden sind, im Rahmen seiner Abwägung der Fallumstände befasst, ohne jedoch daraus die von den [X.] ge-wünschten Schlüsse zu ziehen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Beschwerdeführerinnen erschöpfen sich im Wesentlichen in dem revisi-onsrechtlich unbehelflichen Versuch, die Beweiswürdigung des [X.] unter abweichender Bewertung einzelner Indizien durch eine vermeintlich bessere eigene Würdigung zu ersetzen.
Die
[X.]führerinnen verkennen insbesondere, dass ihr Einwand, zahlreiche vom Berufungsgericht als Indiz für den Neuabschluss herangezogene Änderungen des Vertragswerkes seien ihrer Art nach auch schon bei [X.] Gelegenheit im Rahmen des laufenden Vertrages vorgekommen, eine indizielle Wirkung dieser Umstände für einen Neuabschluss im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht entfallen lässt.

cc) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht vorgenommenen Gesamtschau der entscheidungserheblichen Umstände, die sich insbe-sondere nicht als willkürlich i.S. von Art.
3 Abs.
1 GG erweist, schließt der [X.] weiter aus, dass einzelne
von der Beschwerde [X.] Aspekte das Berufungsgericht zu einer anderen Entscheidung [X.] hätten, mögen sie auch
für sich betrachtet

auf eine Verlängerung der früheren Police hindeuten.

(1) Das gilt zum einen, soweit das Berufungsgericht übersehen hat, dass [X.] von und zu einer Bank in [X.] bereits seit 1996 auf der Grundlage einer Zusatzvereinbarung von der Police Nr.
7265 umfasst waren, weshalb seine Annahme, die in Ziffer
4.1.11 der 13
14
-
9
-

Police Nr.
7509 getroffene "Sondervereinbarung [X.]" spreche für eine Neuregelung, nicht trägt. Es gilt zum anderen, soweit das [X.]

ebenfalls nicht ganz unbedenklich

angenommen hat, die anlässlich der Währungsumstellung von [X.] zu [X.] abgeschlossenen zusätzlichen Versicherungsverträge hätten das mit dieser Währungsum-stellung verbundene [X.] nur unzureichend abgedeckt. Es gilt schließlich für die Frage,
ob die Erweiterung des Versicherungs-schutzes auf Subunternehmer der [X.] bereits zur [X.] der Geltung der Police Nr.
7265 vereinbart worden
war. Der [X.] schließt aus, dass das Berufungsgericht, hätte es die genannten Punkte
anders
behandelt, auch insgesamt zu einer anderen Bewertung der Police Nr.
7509 gelangt wäre.

(2) Ohne Erfolg rügt die Beschwerde in diesem Zusammenhang
mehrfach, es sei angebotener Zeugenbeweis übergangen worden. Von einer näheren Begründung sieht der [X.] insoweit nach §
564 Satz
1 ZPO ab.

e)
Die Erörterungen des Berufungsgerichts
zum arglistigen
Verhal-ten des [X.]-Geschäftsführers W.

und dazu, dass es nach §
166 Abs.
2 BGB für die [X.] nicht auf eine etwaige Unkenntnis der Mitarbeiter der Versicherungsmaklerin vom Schneeballsystem an-kommt, setzen sich erkennbar mit dem dazu gehaltenen Vortrag der Klä-gerinnen auseinander. Ein Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG liegt inso-weit nicht vor.

f) Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht weiter an, die [X.] habe der Beklagten bei Abschluss der Police Nr.
7509 15
16
17
-
10
-

ihr bis dahin praktiziertes Schneeballsystem offenbaren müssen (vgl. da-zu [X.]sbeschluss vom 21.
September 2011

[X.]/09 [X.]O Rn.
35-40).

g)
Im Ergebnis ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe der Be-schwerde gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe Ende 2001 von dem Schneeballsystem der [X.] nichts gewusst und ihre Vertragserklärung sei durch diesen Irrtum verursacht.
Ein Revisionszulassungsgrund ist damit nicht dargetan.

[X.]) Allerdings durfte das Berufungsgericht den Irrtum der Beklag-ten nicht im Wege des Anscheinsbeweises feststellen, weil der dafür vo-rausgesetzte typische Geschehensablauf hier nicht vorliegt, vielmehr die in Rede stehenden außergewöhnlichen Vorgänge einer Typisierung nicht zugänglich sind (vgl. [X.], Urteil vom 20.
November 1995

[X.], NJW 1996, 1051 unter 2 m.w.N.).

Im Ergebnis hat sich dieser Rechtsfehler des Berufungsgerichts aber nicht ausgewirkt;
das Berufungsurteil beruht
darauf nicht.

(1)
Es ist tatrichterliche Aufgabe festzustellen,
ob die Beklagte [X.] 2001 wusste, dass sie mit dem Abschluss der Police ein Geldtrans-portunternehmen versicherte, das schon seit Jahren systematisch auf Kundengelder zugriff und hierdurch eine ungedeckte Finanzlücke in [X.] Millionenhöhe verursacht hatte. Insoweit obliegt der Beklagten, wie
das Berufungsgericht im Ansatz noch zutreffend angenommen hat, der Beweis für ihren behaupteten Irrtum.

18
19
20
21
-
11
-

Verübt der [X.]
seine Täuschung durch Verschwei-gen, besteht der Irrtum des Erklärenden in einem Nichtwissen. [X.] er sich auf die Unkenntnis der verschwiegenen Umstände berufen, muss er mithin darlegen und unter Beweis stellen, er habe diese Umstände nicht gekannt. Hierfür gelten die Regeln über Darlegung und Beweis von [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Oktober 2000

[X.], NJW 2001, 64 unter III; [X.]/[X.], BGB 71.
Aufl.
§
123 Rn.
30). Dabei genügt der Anfechtende seiner Darlegungslast zunächst mit der Behauptung, die betreffenden Umstände seien ihm vom [X.] verschwiegen worden und auch nicht auf andere Weise zur Kenntnis gelangt. Sodann ist es Aufgabe des Gegners, Umstände darzu-legen, aus denen sich das Wissen des [X.] um die verschwie-genen Tatsachen ergibt. Diese in erster Linie den [X.], mithin die Versicherungsnehmerin
([X.]), treffende sekundäre Darle-gungslast trifft auch denjenigen Versicherten, der

wie die [X.]

an Stelle der Versicherungsnehmerin Rechte aus dem angefochtenen Vertrag herleiten will.

(2) Das Berufungsgericht hätte, nachdem sich die Beklagte auf ei-nen durch Verschweigen des Schneeballsystems hervorgerufenen Irrtum berufen hatte,
prüfen müssen, ob der Klagvortrag insoweit geeignet war, substantiiert und schlüssig darzulegen, dass die Beklagte
entgegen ihrer Behauptung Wesen und Ausmaß des von [X.] im Jahre 2001 unter-haltenen Schneeballsystems kannte.

(3) Das Berufungsgericht
hat bei seiner rechtsirrtümlichen Prüfung, ob der von ihm herangezogene Anscheinsbeweis erschüttert sei, den Vortrag der [X.] zu den behaupteten Indizien als wahr unterstellt 22
23
24
-
12
-

und anschließend unter Abwägung der Gesamtumstände
zugrunde
ge-legt, dass selbst dann, wenn sich alle Behauptungen der [X.] beweisen ließen, daraus nicht folge, dass die Beklagte Ende 2001 vom Schneeballsystem der [X.] in seiner tatsächlichen Dimension positive Kenntnis gehabt habe. Es hat
damit im Ergebnis festgestellt, der Vortrag der [X.] reiche letztlich nicht aus, um die [X.] der Beklagten ernstlich zu erschüttern. Der [X.] schließt aus, dass es

hätte es erkannt, dass die [X.] nicht lediglich einen Anscheinsbeweis erschüttern, sondern eine sekundäre Darlegungslast erfüllen mussten

zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
Eine
Verlet-zung von [X.]
der [X.] liegt
darin nicht. Misst der Tatrichter dem Parteivortrag nach Würdigung aller Umstände keine ausreichende Indizwirkung für das Vorliegen einer entscheidungserhebli-chen Tatsache bei, ist der Vortrag damit nicht unter Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG übergangen;
er kann vielmehr
analog §
244 Abs.
3 StPO davon absehen, Beweis über die dann bedeutungslosen [X.] zu erheben (vgl. [X.], Urteil vom 10.
Februar 1993

XII ZR 241/91, [X.]Z 121, 266, 270
f.).

(4) Zwar hat der [X.] in der Sache [X.]/09
(Beschluss vom 21.
September 2011 [X.]O), in der die Klage einer anderen Versicherten vom Berufungsgericht ebenfalls mit der Begründung abgewiesen worden war, die Beklagte habe den Versicherungsvertrag mit der [X.] wirksam angefochten, die Revision zugelassen. Alleiniger Zulas-sungsgrund war jedoch, dass das Berufungsgericht einen Beweisantritt auf Vernehmung zweier Zeugen zur Frage der Kenntnis der Beklagten vom Anfechtungsgrund übergangen und damit gegen Art.
103 Abs.
1 GG
verstoßen hatte ([X.]O Rn.
12
ff.). Der [X.] hat deshalb das dortige [X.]
-
13
-

rufungsurteil nach §
544 Abs.
7
ZPO im [X.] aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Eine solche Ver-fahrensrüge erhebt die Beschwerdeführerin hier nicht (vgl. dazu auch [X.]sbeschluss vom 18.
Januar 2012

IV ZR 41/11,
juris Rn.
10-17).

bb) Keine Bedenken bestehen dagegen, dass das Berufungsge-richt die Kausalität des Irrtums der Beklagten für ihre Vertragserklärung im Wege des Anscheinsbeweises als erwiesen angesehen hat.

(1) Zwar hat der II.
Zivilsenat im Urteil vom 20.
November 1995
([X.], NJW 1996, 1051 unter 2) darauf hingewiesen, dass der ursächliche Zusammenhang zwischen Täuschung und Vertragsabschluss meist nicht mittels Anscheinsbeweises festgestellt werden könne (vgl. dazu auch [X.], Urteile vom 10.
April 1958

[X.], [X.], 991, 992; vom 20.
September 1968

[X.], NJW 1968, 2139). Dies hat seinen Grund darin, dass diese Beweisführung einen typischen Geschehensablauf voraussetzt, während die einem Vertragsschluss zu-grunde
liegende [X.]ensentschließung in der Regel von individuellen Umständen des Einzelfalles abhängt. Der [X.] hat aber nicht in Abrede gestellt, dass
bei bestimmten Rechtsgeschäften und unter be-sonderen Umständen aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung den-noch eine ausreichende Typizität gegeben sein kann.

(2) So liegt der Fall hier.
Es versteht sich, dass der Versicherer [X.] nicht bereit ist, Versicherungsschutz zu gewäh-ren, der unter anderem auch die Unterschlagung von Kundengeldern durch die Versicherungsnehmerin umfassen soll, wenn er weiß, dass diese
Versicherungsnehmerin bereits seit Jahren durch systematischen 26
27
28
-
14
-

rechtswidrigen Zugriff auf Kundengelder Millionenschäden verursacht hat. Die Annahme des Berufungsgerichts, hier sei nach der [X.] die Täuschung
geeignet gewesen, die Vertragserklärung der [X.]
zu beeinflussen, ist deshalb nicht zu beanstanden und steht mit der Rechtsprechung des [X.]s im Einklang
(vgl. dazu [X.], Urteile vom 12.
November 1957

VIII ZR 311/56, NJW 1958, 177;
vom 5.
Dezember 1975

[X.], [X.], 111; vom
12.
Mai 1995

[X.], NJW 1995, 2361).

h) Die [X.], das Berufungsgericht habe die Indizien für eine Kenntnis der Beklagten vom Anfechtungsgrund bei der Prüfung des Be-ginns der Anfechtungsfrist nach §
124 Abs.
1 BGB unzureichend gewür-digt und zu Unrecht eine Bestätigung des anfechtbaren Vertrages nach §
144 Abs.
1
BGB verneint, zeigen keinen Revisionszulassungsgrund, insbesondere keinen Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte auf.

i) Im Beschluss vom 21.
September 2011 ([X.]O Rn.
53-59) hat der [X.] allerdings im Rahmen eines rechtlichen Hinweises die Begründung beanstandet, mit der das Berufungsgericht es

wie auch im vorliegenden Rechtsstreit

verneint hat, dass die [X.] über den [X.] des Versicherungsvertrages Nr.
7509 hinaus auch die zeitgleiche einvernehmliche Aufhebung der [X.] Nr.
7265 erfasst und im Ergebnis zu deren Wiederaufleben führt. Soweit dem Berufungsge-richt bei der Prüfung der Voraussetzungen des §
139 BGB ein Rechts-fehler unterlaufen ist, gebietet dies nicht die Zulassung der Revision.

An einer grundsätzlichen Bedeutung i.S. von §
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 ZPO fehlt es schon deshalb, weil die allein auf Umständen des Ein-29
30
31
-
15
-

zelfalles beruhende Entscheidung nur für die beiden zwischen der
[X.] und der Beklagten abgeschlossenen Versicherungspoli-cen und die dazu erklärte [X.] bedeutsam ist. Zwar ist, wie gerade das vorliegende Verfahren zeigt,
mittelbar eine Reihe Versicher-ter dieser beiden Verträge nach ihrer Behauptung mit erheblichen [X.] betroffen, doch handelt es sich insoweit sämtlich um ehemalige [X.] ([X.]) und damit um einen abgeschlossenen Kreis von Geschädigten, weshalb sich die vom Berufungsgericht entschiedene Rechtsfrage nicht in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 1.
Oktober 2002

[X.], [X.]Z 152, 182, 191; vom 4.
Juli 2002

V ZB 16/02, [X.]Z 151, 221, 223). Einen verallgemeinerungsfähigen unrichtigen Rechtssatz hat das Berufungsgericht bei Prüfung der Voraussetzungen des §
139 BGB nicht aufgestellt. Seine Entscheidung steht deshalb nicht in Divergenz zum Urteil des Oberlandesgerichts S[X.]rbrücken vom 16.
Mai 2007 ([X.], 1681), so dass die Zulassung der Revision auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfolgen muss (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 Alt.
2 ZPO). Dass das Berufungsgericht Verfahrensgrundrechte der [X.]
bei der Prüfung des §
139 BGB verletzt hätte, ist nicht ersichtlich.

2. Soweit das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche der [X.] gegen die Beklagte sowohl aus dem angefochtenen Vertrag als auch den [X.] verneint hat, zeigt die Be-schwerde keinen Rechtsfehler
auf, der die Zulassung der Revision erfor-dert. Ergänzend verweist der [X.] auf das [X.]surteil vom 25.
Mai 2011 ([X.]/09 [X.]O Rn.
68).

32
-
16
-

3. Die [X.] der Verletzung von [X.] hat der [X.] auch im Übrigen geprüft, sie greifen nicht durch. Von einer weite-ren Begründung wird gemäß §
544 Abs.
4 Satz
2 Halbsatz
2 ZPO abge-sehen.

4. Da
nach allem
die Abweisung der Klage infolge der [X.] im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde standhält, kommt es auf
Fragen des Versicherungsfalles
nicht an.

[X.] [X.] [X.]

[X.] Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 31.10.2008 -
13 O 20/07 -

OLG [X.], Entscheidung vom 19.11.2009 -
8 [X.] -

33
34

Meta

IV ZR 233/09

21.03.2012

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.03.2012, Az. IV ZR 233/09 (REWIS RS 2012, 7921)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7921

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 152/10 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 264/10 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 229/10 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 17/11 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 38/09 (Bundesgerichtshof)

Valorenversicherung: Wirksamkeit eines im Voraus vereinbarten Ausschlusses der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung - HEROS II


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

I ZR 203/08

IV ZR 117/09

IV ZR 38/09

IV ZR 16/10

IV ZR 251/08

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.