Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2011, Az. IV ZR 199/10

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2467

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 199/10

Verkündet am:

12. Oktober 2011

Bott

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: ja

[X.]R: ja

EG[X.] Art. 1 Abs. 3; [X.] §§ 28 Abs. 2 Satz 2, 81 Abs. 2; [X.] §
11 Nr. 2

1.
Die Sanktionsregelung bei Verletzung vertraglich vereinbarter Obliegenheiten (hier: § 11 Nr. 2 Satz 1 bis Satz 3 [X.]) ist unwirksam, wenn der Versicherer von der Möglichkeit der Vertragsanpassung gemäß Art.
1 Abs. 3 EG[X.] keinen Gebrauch gemacht hat. Der Versicherer kann deshalb bei grob fahrlässiger [X.] vertraglicher Obliegenheiten kein Leistungskürzungsrecht gemäß §
28 Abs.
2 Satz 2 [X.] geltend machen.

2.
Auf die Verletzung gesetzlicher Obliegenheiten (hier: grob fahrlässige Herbeifüh-rung des Versicherungsfalles gemäß § 81 Abs. 2 [X.]) kann sich der Versicherer weiterhin berufen.

[X.], Urteil vom 12. Oktober 2011 -
IV ZR 199/10 -
OLG [X.]

LG [X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzen-de Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter
[X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 12.
Oktober 2011

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9.
Zivilsenats des
Oberlandesgerichts [X.] vom 17.
Au-gust 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist
Zwangsverwalter
eines Miteigentumsanteils an ei-nem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an einem Haus. Er trat im März 2007 in einen bei der Beklagten bestehenden Versiche-rungsvertrag über eine Wohngebäudeversicherung ein und verlangt [X.] für einen Leitungswasserschaden
vom Januar 2009.

1
-
3
-

Dem Versicherungsverhältnis liegen "Allgemeine Wohngebäude-Versicherungsbedingungen ([X.]) -
Fassung Januar 1995"
zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:

"§ 11 Sicherheitsvorschriften

1. Der Versicherungsnehmer hat

c) nicht genutzte Gebäude oder Gebäudeteile genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anla-gen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und ent-leert zu halten;

d) in der kalten Jahreszeit alle Gebäude und Gebäudeteile zu beheizen und diese genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten;

2. Verletzt der Versicherungsnehmer eine dieser Obliegen-heiten, so ist der Versicherer nach Maßgabe von § 6 [X.] zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei. Eine Kündigung des Versicherers wird einen Monat nach Zugang wirksam.
Leistungsfreiheit tritt nicht ein, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht.
Führt die Verletzung zu einer Gefahrerhöhung, so gelten die §§ 23 bis 30 [X.]. Danach kann der Versicherer zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei sein."

Die Beklagte nahm keine Anpassung
der VGB
88
an die Vorschrif-ten des Versicherungsvertragsgesetzes in der Fassung des [X.] vom 23.
November 2007 ([X.]
I 2631
-
[X.] 2008) gemäß Art.
1 Abs.
3 EG[X.] vor.

Das versicherte Haus stand leer und wurde zur Vermietung vorge-halten. Eine Entleerung der wasserführenden Leitungen fand nicht statt. Am 8.
Januar 2009 wurde ein Leitungswasserschaden festgestellt.
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4
-

Die Beklagte berief sich vorgerichtlich auf eine Verletzung der [X.] zur regelmäßigen Kontrolle des Gebäudes und zur Entleerung aller wasserführenden Anlagen. Unter Berücksichtigung der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers sagte sie eine hälftige Zahlung der Schadenbeseitigungsaufwendungen zu, die während des anhängigen Berufungsverfahrens erfolgte. Im Prozess hat sie im Hinblick auf eine von ihr behauptete
unzureichende Beheizung des Gebäudes zudem gel-tend gemacht, dass der Kläger seine Aufklärungsobliegenheit verletzt, eine Gefahrerhöhung vorgenommen und den Versicherungsfall grob fahr-lässig herbeigeführt habe.

Das [X.] hat der Klage auf Zahlung von [X.] in Höhe
von 6.210,34

stattgegeben. Die Berufung der Beklagten, mit der diese eine Abweisung der Klage in Höhe von 3.105,17

wendet
sich die Beklagte mit ihrer Revision.

Während des Revisionsverfahrens wurde das Zwangsverwaltungs-verfahren nach rechtskräftigem Zuschlagsbeschluss aufgehoben und der Kläger zur Fortführung des Rechtsstreits ermächtigt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochte-nen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungs-gericht.

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8
-
5
-

I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem
in VersR 2010, 1592 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, dass die Beklagte den ein-getretenen Schaden in vollem Umfang zu ersetzen
habe,
da sie sich nicht auf eine Obliegenheitsverletzung gemäß §
11 Nr.
1
[X.] und ei-ne quotale Leistungskürzung berufen könne. §
11 Nr.
2 [X.] sei ge-mäß
§
32 [X.], wonach von den §§
19 bis 29 Abs.
4 und §
31 Abs.
1 Satz
2 [X.] nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden könne,
unwirksam. Die Klausel berücksichtige nicht die
in §
28 Abs.
2 Satz
2 [X.] statuierte quotale Leistungskürzung bei grob fahrläs-siger Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit und weiche deshalb von der gesetzlichen Regelung zum Nachteil des Versicherungsnehmers ab.

Sie könne wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion nicht auf einen zulässigen Inhalt zurückgeführt werden. Für eine ergän-zende Vertragsauslegung
sei kein Raum,
da es die Beklagte durch eine Anpassung ihrer Bedingungen nach Art.
1 Abs.
3 EG[X.] selbst in der Hand gehabt habe, das Entstehen von Regelungslücken zu verhindern.

Schließlich könne sich die Beklagte nicht unmittelbar auf ein [X.] nach §
28 Abs.
2 Satz
2 [X.] stützen, da dieses ei-ne wirksame vertragliche Vereinbarung einer Obliegenheit voraussetze, an der es wegen der Unwirksamkeit der gesamten Bestimmung des §
11 VGB
88 fehle.

Eine allgemeine Aufklärungspflichtverletzung durch falsche [X.] des Schadenhergangs scheide mangels einschlägiger vertragli-cher Regelung i.S. des §
28 Abs.
2 [X.] aus.
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12
-
6
-

Der Vortrag der Beklagten zu einer grob fahrlässigen Herbeifüh-rung des Versicherungsfalles und zu einer Gefahrerhöhung sei nicht hin-reichend substantiiert.

[X.]. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

Zutreffend hat das Berufungsgericht ein Leistungskürzungsrecht der Beklagten sowohl wegen Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit als auch aufgrund einer Gefahrerhöhung verneint. Dagegen hat es die Anforderungen an den Sachvortrag der Beklagten zur grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles gemäß §
81 [X.] überspannt.

1. Der Kläger, dessen Prozessführungsbefugnis in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist, ist nach Beendigung der Zwangsvollstreckung infolge der rechtskräftigen Zuschlagserteilung [X.] prozessführungsbefugt (vgl. [X.], Urteil vom 11.
August 2010
[X.], [X.], 3033 Rn.
13
ff.).

2. Die Bestimmungen des §
11 Nr.
2 Satz
1 bis Satz
3 [X.] sind unwirksam.

a) Da der Versicherungsfall im [X.] eingetreten ist, findet gemäß Art.
1 Abs.
1 EG[X.] das Versicherungsvertragsgesetz
in der Fassung des [X.] vom 23.
November 2007 ([X.] I 2631) Anwendung. §
28 Abs.
2 Satz
2 [X.] bestimmt, dass der Versicherer im Fall einer grob fahrlässigen Verlet-zung einer Obliegenheit nur berechtigt ist, seine Leistung in einem der 13
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7
-

Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Von dieser Regelung weicht das Sanktionensystem in §
11 Nr.
2 Satz
1 bis Satz
3 [X.] entgegen §
32 Satz
1 [X.] zum Nachteil des Versicherungsnehmers ab. Denn §
11 Nr.
2 Satz
1 bis Satz
3 [X.] nimmt Bezug auf die Kündigung und die Leistungsfreiheit in §
6 [X.] a.F., wonach eine grob fahrlässig begangene [X.] bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen der Vorschrift die volle Leistungsfreiheit
zur Folge hat.

b) Dies führt zur Unwirksamkeit der Regelung gemäß
§
307 Abs.
1
Satz 1
BGB. Die Abweichung von der halbzwingenden Vorschrift des §
28 Abs.
2 Satz
2 [X.] zum Nachteil des Versicherungsnehmers stellt eine unangemessene Benachteiligung dar
(vgl. [X.]surteil vom 28. Juni 1995

IV ZR 19/94,
unter I 3 c [X.]), da die Leistungsfreiheit des [X.] bei lediglich grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung mit we-sentlichen Grundgedanken des §
28 Abs.
2
Satz
2 [X.] nicht zu verein-baren ist.

3. Die [X.], die durch die Unwirksamkeit der Regelung über die Folgen einer Obliegenheitsverletzung entstanden ist, kann nicht geschlossen werden.

Allerdings ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten, ob sich der Versicherer bei grob fahrlässiger Verletzung einer Obliegenheit durch den Versicherungsnehmer auf ein quotales Leistungskürzungs-recht berufen kann, wenn in einem Altvertrag i.S. des Art.
1 Abs.
1 Satz
1 EG[X.] die dortigen Bestimmungen über die Rechtsfolgen
der Verletzung vertraglich vereinbarter Obliegenheiten
durch Inkrafttreten und Anwendbarkeit des [X.] 2008 unwirksam geworden sind, weil der 19
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-
8
-

Versicherer auf eine Anpassung seiner Versicherungsbedingungen nach Art.
1 Abs.
3 EG[X.] verzichtet hat. Hiernach konnte der Versicherer bis zum 1.
Januar 2009 seine
[X.] für
Altverträge mit Wirkung zum 1.
Januar 2009 ändern, soweit sie von den Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes abwichen, und er dem Versicherungsnehmer die geänderten Versicherungsbedingungen unter Kenntlichmachung der Unterschiede spätestens einen Monat vor diesem Zeitpunkt in Textform mitteilte.

a) Zum Teil
wird vertreten, dass die vereinbarte Obliegenheit im Sinne einer Verhaltensnorm
weiterhin wirksam bleibt und die gesetzliche Bestimmung des §
28 Abs.
2 Satz
2 [X.] gemäß §
306 Abs.
2 BGB an die Stelle der unwirksamen vertraglichen Sanktionsregelung tritt.

[X.]) Dabei wird
das Weiterbestehen der Obliegenheit trotz [X.] der hierzu in den [X.] ge-troffenen
Sanktionsregelung unterschiedlich begründet:

(1) Teilweise wird angenommen, dass es sich bei der [X.] und der Sanktionsregelung um inhaltlich trennbare
Regelungen handele, wobei die Verhaltensnorm aus sich heraus verständlich sei. Deshalb sei eine derartige Klausel in [X.] nicht insgesamt, sondern nur teilweise hinsichtlich der dort be-stimmten Rechtsfolgen unwirksam
([X.], [X.], 612, 616; [X.]/[X.], [X.], 907, 909).

(2) Überwiegend
wird für Allgemeine Versicherungsbedingungen, die Obliegenheiten vertraglich festlegen und deren Verstoß mit den Rechtsfolgen des §
6 [X.] a.F. sanktionieren, eine Ausnahme vom Ver-22
23
24
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9
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bot der geltungserhaltenden Reduktion befürwortet. Denn der [X.] dieses Prinzips passe nicht für [X.], die bei Vertragsschluss wirksam
gewesen und erst durch eine spätere
Gesetzesänderung unwirksam geworden
seien (MünchKomm-[X.]/Looschel[X.],
Art.
1 EG[X.] Rn.
27;
Funck, [X.], 163, 168; [X.]
[X.]O).

(3) Schließlich wird vereinzelt eine Parallele zur Behandlung ver-hüllter Obliegenheiten gezogen. Bei diesen halte die Sanktionsregelung der Klausel den gesetzlichen Vorgaben nicht stand;
dennoch betrachte die Rechtsprechung die Obliegenheiten als wirksam und wende hierauf unmittelbar das Obliegenheitenrecht an. Gleiches müsse hier gelten ([X.]/[X.], [X.], 440, 445).

[X.]) Auch hinsichtlich der Rechtsfolgen finden sich unterschiedliche Begründungsansätze:

(1) Teilweise wird das Fehlen einer vertraglichen Vereinbarung über die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung bei grob [X.] als unschädlich betrachtet, da es sich bei §
28 Abs.
2 Satz
2 [X.] um ein gesetzliches Leistungskürzungsrecht handele, das unabhängig von einer vertraglichen Vereinbarung der
Parteien be-stehe (LG Erfurt VersR
2011, 335; HK-[X.]/[X.], Art.
1 EG[X.]
Rn.
17; Brand in [X.], [X.] Art.
1 EG[X.] Rn.
21; [X.], [X.], 480, 481; [X.]/[X.], [X.], 949, 951; [X.]/[X.] [X.]O 441).

(2) Überwiegend wird angenommen, dass die Lücke bezüglich der Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung durch die gesetzliche Rege-26
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10
-

lung des §
28 Abs.
2 Satz
2 [X.] zu schließen sei (LG Ellwangen [X.], 62; Funck
[X.]O; [X.] [X.]O). Teilweise wird auch hier wiede-rum auf die
Lückenfüllung durch Anwendung des Obliegenheitenrechts auf verhüllte
Obliegenheiten verwiesen ([X.]/[X.]
[X.]O 445).

b) Nach anderer Auffassung führt unabhängig von der Frage der Teilwirksamkeit einer vertraglichen Obliegenheitsvereinbarung ohne ent-sprechende Sanktionsregelung -
also auch
bei Gesamtnichtigkeit einer solchen Klausel
-
eine ergänzende Vertragsauslegung dazu, dass die in den [X.]
vereinbarte Obliegenheit mit den Sanktionen
des §
28 [X.] als vereinbart gelten
soll (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.] 28.
Aufl. Art.
1 EG[X.] Rn.
39; nur für den Fall der vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung:
Brand in Looschel[X.]/
[X.] [X.]O; HK-[X.]/[X.] [X.]O Rn.
24; [X.]/[X.]
[X.]O 952).

c) Schließlich wird
eine
Korrektur der gesetzlichen Unwirksam-keitsfolge abgelehnt. Wenn der Versicherer von der in Art.
1 Abs.
3 EG[X.] eingeräumten Möglichkeit zur Anpassung seiner [X.] keinen Gebrauch gemacht habe, so müsse
es bei
der sich aus dem
Gesetz ergebenden
Unwirksamkeit bleiben
([X.], 145, 147; [X.]/[X.], [X.] §
12 Rn.
2; [X.]/[X.], Das neue [X.] kom-pakt 4.
Aufl. Rn.
391
ff.;
[X.]/[X.], [X.], 320, 322
f.; von [X.], [X.], 221, 223
ff.; [X.], [X.], 448; [X.], r+s 2008, 89, 90; [X.], [X.] 2007, 408, 409; [X.], [X.], 986, 987
ff.; [X.], [X.], 1, 4
f.; [X.]. [X.] 3/2010 Anm.
2; [X.]/
[X.], [X.] 2011, 411, 412
ff.; Wagner, [X.], 1190, 1193
f.).

30
31
-
11
-

d)
Letztgenannte Auffassung trifft zu. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die durch Unwirksamkeit der Sanktionsrege-lung des §
11 Nr.
2 Satz
1 bis Satz
3 [X.] entstandene [X.] nicht geschlossen werden
kann. Ob die vertragliche Obliegenheit in §
11 Nr.
1 VGB
88 als teilbare Klausel oder im Wege einer geltungserhalten-den Reduktion weiter besteht, obwohl §
11 Nr.
2 Satz
1 bis Satz
3 VGB
88 zwar eine Sanktion anordnet, jedoch ein [X.] enthält, kann deshalb
dahinstehen.

[X.]) Eine quotale Leistungskürzung wegen grob fahrlässiger Verlet-zung einer Obliegenheit gemäß
§
28 Abs.
2 Satz
2 [X.] setzt voraus, dass neben einer vertraglichen Obliegenheit auch eine Sanktion für den Fall ihrer Verletzung im Versicherungsvertrag vereinbart ist. §
28 Abs.
2 Satz
2 [X.] enthält kein gesetzliches Leistungskürzungsrecht.

Der [X.] hält an der Rechtsprechung zu §
6 Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F., wonach der Versicherungsvertrag eine Vereinbarung über die [X.] einer Obliegenheitsverletzung enthalten muss (vgl. [X.], Urteil vom 18.
Dezember 1989

[X.], NJW-RR 1990, 405
unter 3),
auch für das neue Recht fest. Für den Fall der vorsätzlichen Obliegenheitsverlet-zung regelt §
28 Abs.
2 Satz
1 [X.] ausdrücklich, dass der [X.] muss, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versiche-rungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leis-tung verpflichtet ist. Systematisch knüpft §
28 Abs.
2 Satz
2 [X.] unmit-telbar an die allgemeinen
Voraussetzungen des §
28 Abs.
2 Satz
1 [X.] an und ersetzt lediglich die vollständige Leistungsfreiheit nach §
28 Abs.
1 Satz
1 [X.] für den Fall der groben Fahrlässigkeit durch ein [X.] des Versicherers (MünchKomm-[X.]/[X.],
§
28 Rn.
214; [X.], [X.], 195;
[X.]/[X.]
[X.]O).
Weiterhin
finden 32
33
34
-
12
-

sich in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks.
16/3945, S.
69) keine [X.] dafür, dass das Erfordernis einer vertraglichen Vereinbarung zwar für eine vollständige Leistungsfreiheit, nicht jedoch für teilweise Leistungsfreiheit erforderlich sein soll (MünchKomm-[X.]/[X.] [X.]O).

[X.]) Die Vorschrift des §
28 Abs.
2
Satz
2 [X.] kann nicht gemäß §
306 Abs.
2 BGB zur Lückenfüllung herangezogen werden. Bei Art.
1 Abs.
3 EG[X.]
handelt es sich um eine gesetzliche Sonderregelung, die in ihrem Anwendungsbereich die allgemeine Bestimmung des §
306 Abs.
2 BGB verdrängt.

(1) Das Gesetzgebungsverfahren belegt, dass der Gesetzgeber die Schließung von [X.]n, die durch die Anwendung der Regelun-gen des [X.] 2008 entstehen, allein durch eine Wahrnehmung der An-passungsoption des Art.
1 Abs.
3 EG[X.] seitens des Versicherers
zu-lassen wollte, um die erforderliche Transparenz des vertraglichen [X.] zu gewährleisten
(vgl. von [X.]
[X.]O
224
f.; [X.] [X.]O). Zur Vermeidung des Aufwands für die Anpassung von Altverträgen an das [X.] 2008 hatte der Bundesrat eine Regelung vorgeschlagen, "die bestehende Versicherungsbedingungen unter Berücksichtigung des fiktiven Willens der Vertragsparteien für den Fall der Kenntnis der neuen Rechtslage auslegt" (BR-Drucks.
707/06 [Beschluss], S.
10). Der Ge-setzgeber hat diesen Vorschlag nicht aufgegriffen, sondern an der An-passungsmöglichkeit des Art.
1 Abs.
3 EG[X.] in seiner jetzigen [X.] festgehalten. Damit
hat er nicht nur einer ergänzenden Vertrags-auslegung eine Absage erteilt, sondern auch deutlich gemacht, dass es ohne eine Anpassung
gemäß
Art.
1 Abs.
3 EG[X.] für den Versicherer keine Möglichkeit geben soll, aus der Verletzung vertraglicher Obliegen-35
36
-
13
-

heiten in Altverträgen nachteilige Rechtsfolgen für den Versicherungs-nehmer abzuleiten.

(2) Die Heranziehung
des §
28 Abs.
2 Satz
2 [X.] über die allge-meine Bestimmung des §
306 Abs.
2 BGB wi[X.]präche
der in Art.
1 Abs.
3 EG[X.] vorgenommenen Interessenabwägung zwischen [X.] und Versicherungsnehmern bei der Anpassung von [X.] an das [X.] 2008.

Hauptanliegen des Gesetzgebers bei der Reform des [X.] war es, die Stellung des Versicherungsnehmers deutlich zu stärken und die Transparenz von Versicherungsbedingungen zu verbessern (vgl. Gesetzentwurf, BT-Drucks. 16/3945, S.
1). Vor [X.] Hintergrund muss die
Regelung
des
Art.
1 Abs.
3 EG[X.] gesehen werden. Dem Gesetzgeber war das Problem der Unwirksamkeit von [X.] Versicherungsbedingungen in Altverträgen durch Inkrafttreten des neuen Rechts bewusst. Deshalb hat er den Versicherern die [X.] des Art.
1 Abs.
3 EG[X.] eingeräumt. Ein Versicherer kann die [X.] hiernach jedoch nur durch eine Anpassung seiner [X.] abwenden, indem er den Versicherungsnehmer in der durch Art.
1 Abs.
3 EG[X.] geregelten [X.] über die geänderte [X.] informiert (vgl. BT-Drucks.
16/3945, S.
118, wo die [X.] als "geboten"
bezeichnet wird). Dies zeigt, dass es dem Gesetzgeber auch um eine rasche Umstellung auf transparente, neue Vertragswerke ging und er eine unterbliebene Vertragsumstellung durch den Wegfall der unwirksam gewordenen Ver-tragsbestimmung sanktionieren wollte (vgl. von [X.] [X.]O).

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38
-
14
-

Dieses Regelungsgefüge würde unterlaufen, wenn dem [X.] auch ohne Umstellung seiner [X.] die Anwendung der
Rechtsfolgen des [X.] 2008 auf [X.]en gestattet wäre. Das Anpassungsverfahren nach Art.
1 Abs.
3 EG[X.] wäre in diesem Falle
letztlich überflüssig. Eine Lückenfül-lung durch §
28 Abs.
2 Satz
2 [X.] über die allgemeine Bestimmung des §
306 Abs.
2 BGB
hätte entgegen dem Zweck des Art.
1 Abs.
3 EG[X.] zur Folge, dass für den Versicherungsnehmer mangels Übersendung an-gepasster Allgemeiner Versicherungsbedingungen eine völlig intranspa-rente Sanktionsregelung
Bestand hätte, bei der er dem [X.] nicht seine nach §
28 [X.] 2008 erweiterten [X.] entnehmen kann.

(3) Dem steht nicht entgegen, dass eine Vertragsumstellung mit hohen Kosten verbunden ist. Der hohe Umstellungsaufwand der [X.] wurde im Gesetzgebungsverfahren gesehen (BR-Drucks.
707/06 [Beschluss], S.
10). Von der Bundesregierung wurde die Übergangsrege-lung mit Blick auf den erheblichen Anpassungsbedarf
nochmals geprüft (vgl. BT-Drucks.
16/3945, S.
133). Danach hat der Gesetzgeber an Art.
1 Abs.
3 EG[X.] in seiner jetzigen Fassung festgehalten.

Nicht durchdringen kann die Beklagte damit, dass es ihr auf Grund besonderer Umstände wie einem hohen Vertragsbestand, vieler unter-schiedlicher Allgemeiner Versicherungsbedingungen und mehrerer EDV-Plattformen faktisch unmöglich gewesen sei, alle Altverträge gemäß Art.
1 Abs.
3 EG[X.] umzustellen, folglich der Gesetzgeber in Art.
1 Abs.
3 EG[X.] eine zu kurze Umstellungsfrist bemessen habe und des-halb zur Wahrung des Rechtsst[X.]tsprinzips an eine unterbliebene [X.] keine negativen Folgen geknüpft werden
dürften. Der Gesetzge-39
40
41
-
15
-

ber ist zutreffend davon ausgegangen, dass die durch Art.
1 EG[X.] sta-tuierte
Anwendung des neuen Rechts auf Altverträge lediglich unechte Rückwirkung entfaltet (BT-Drucks.
16/3945, S.
118), da eine Norm auf gegenwärtig noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und [X.] für die Zukunft einwirkt
(vgl. [X.] 123, 186, 257; 101, 239, 263). Gemessen am Rechtsst[X.]tsprinzip des Art.
20 Abs.
3 GG ist die unechte Rückwirkung in der Regel zulässig ([X.] 123, 186, 257; 101, 239, 263). Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt das Er-fordernis angemessener Übergangsregelungen ([X.] 67, 1, 15). Ob und in welchem Umfang Übergangsregelungen notwendig sind, muss [X.] Abwägung des gesetzlichen Zwecks mit der Beeinträchtigung der Be-troffenen entnommen werden. Dabei steht dem Gesetzgeber ein erhebli-cher Spielraum zur Verfügung ([X.] 67, 1, 15). Überdies ist er bei [X.] zu Typisierungen verfassungsrechtlich befugt ([X.] 103, 271, 290).

Indem der Gesetzgeber die in Art.
1 Abs.
3 EG[X.] festgelegte Frist für angemessen erachtet hat, hat er weder seinen Gestaltungsspiel-raum überschritten noch den Bereich zulässiger Typisierung verlassen. Dies folgt zum einen daraus, dass die Beklagte für einige Versicherungs-sparten branchenweit eine weitgehende Umstellung der Altverträge ge-mäß Art.
1 Abs.
3 EG[X.] eingeräumt hat und auch für die Sachversi-cherung nicht geltend macht, dass sämtliche oder die Mehrzahl der [X.] die Anpassungsoption des Art.
1 Abs.
3 EG[X.]
nicht hätten wahrnehmen können. Zum anderen beruft sich die Beklagte auf [X.], die gerade ihren spezifischen Vertragsbestand betreffen und unter anderem durch die Übernahme zahlreicher kleinerer Versicherer mit [X.] abweichenden [X.] und eine besondere Situation bei der [X.] bedingt sind. Derartige 42
-
16
-

spezifische [X.] muss der Gesetzgeber im Rahmen zulässi-ger Typisierung nicht in Rechnung stellen. Vor diesem Hintergrund ist auch für die Annahme eines
Verstoßes gegen Art.
12 Abs.
1 GG kein Raum. Daher hat das Berufungsgericht dieses Vorbringen der Beklagten zu Recht als unerheblich betrachtet und auf eine weitere Sachaufklärung verzichtet.

(4)
Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb geboten, weil Art.
1 Abs.
3 EG[X.] keine Verpflichtung zur Umstellung enthält, sondern der Gesetzgeber den Versicherern lediglich die Möglichkeit einräumt, ihre Bedingungen anzupassen. Damit hat der Gesetzgeber die Weiterver-wendung der bisherigen [X.] für Alt-verträge zugelassen. Er hat jedoch zugleich an den Verzicht auf eine Vertragsanpassung die dargestellten Rechtsfolgen gekoppelt. Hierfür
war es nicht notwendig, in Art.
1 Abs.
3 EG[X.] eine besondere Unwirksam-keitsfolge bei nicht angepassten
Allgemeinen
Versicherungsbedingungen zu statuieren. Diese ergibt sich über Art.
1 Abs.
1 EG[X.] aus der An-wendung des [X.] 2008 auf Altverträge mit den Folgen der §
32 [X.] und §
307 BGB.

(5) Entgegen der Ansicht der Revision steht die Nichtanwendung des §
28 Abs.
2 Satz
2 [X.] in den Fällen unterbliebener Bedingungsan-passung nach Art.
1 Abs.
3 EG[X.] nicht in Wi[X.]pruch zur Anwendung des [X.] auf verhüllte Obliegenheiten. Zwar trifft es zu, dass in der Rechtsprechung des [X.]s bei verhüllten Obliegenheiten auf die gesetzliche Regelung des §
6 [X.] a.F. zurückgegriffen wurde, obwohl es in den zu beurteilenden Klauseln keine Sanktionsregelung gab, da diese als Risikobegrenzung formuliert waren ([X.]surteile vom 24.
Mai 2000

[X.], [X.], 969 unter 1 c; vom 29.
No-43
44
-
17
-

vember 1972

IV ZR 162/71, NJW 1973, 284 unter
[X.]
2). Indes stellt die Anwendung des §
6 [X.] a.F. auf verhüllte Obliegenheiten nichts [X.] als eine Lückenfüllung i.S.
von §
306 Abs.
2 BGB dar. Die allgemeine Bestimmung des §
306 Abs.
2 BGB wird jedoch für den speziellen Be-reich der erst durch Inkrafttreten des [X.] 2008 unwirksam gewordenen [X.] durch die Sondervorschrift des Art.
1 Abs.
3 EG[X.] verdrängt, die für die unwirksame Sanktionsrege-lung bei Verletzung vertraglicher Obliegenheiten gerade keine Schlie-ßung der [X.] durch Rückgriff auf gesetzliche Regelungen zu-lässt. Aus dem dargestellten Zweck der Regelung und dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens folgt, dass im Anwendungsbereich dieser Vor-schrift eine Lückenfüllung bei unterbliebener [X.] aus-geschlossen ist.

cc)
Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet aus.

(1) Grundsätzlich ist sie bei Unwirksamkeit einer Klausel in einem vorformulierten Vertrag möglich, wenn dispositive Gesetzesbestimmun-gen nicht zur Verfügung stehen, so dass das Regelungsgefüge eine [X.] aufweist ([X.]surteil vom 22.
Januar 1992

IV ZR 59/91, [X.]Z 117, 92
unter 5). Voraussetzung hierfür ist, dass die ergänzende [X.] nicht zu einer Erweiterung des Vertragsgegenstandes führt, es dem Versicherer gemäß §
306 Abs.
3 BGB ohne ergänzende Vertragsauslegung unzumutbar ist, an dem lückenhaften [X.] zu werden, und der ergänzte Vertrag für den Versicherungsneh-mer typischerweise von Interesse ist.
Liegen diese Voraussetzungen vor, tritt diejenige Gestaltungsmöglichkeit ein, die die Parteien bei [X.] der bei[X.]eitigen Interessen nach [X.] und Glauben redlicher Weise vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der 45
46
-
18
-

Klausel bekannt gewesen wäre ([X.]surteil vom 22.
Januar 1992 [X.]O
unter 6).

(2) Eine planwidrige [X.] ist hier nicht anzunehmen. Die am hypothetischen Parteiwillen orientierte richterliche
Vertragsergän-zung soll eine Regelung herbeiführen, die die Parteien vereinbart hätten, wenn sie von der Unwirksamkeit der Klausel gewusst hätten. Dies be-deutet im Umkehrschluss, dass für eine richterliche Vertragsergänzung dann kein Raum ist, wenn der Verwender von der Unwirksamkeit der Klausel wusste und eine mögliche Vorsorge hiergegen nicht getroffen hat (vgl. [X.]/[X.]
[X.]O; [X.], NJW 1981, 2025, 2031). Vor [X.] Hintergrund hat der [X.] eine ergänzende Vertrags-auslegung abgelehnt, wenn der Verwender
einer Klausel diese in [X.] ihrer Unwirksamkeit weiter
verwendet (Urteil vom 4.
Juli 2002

V[X.] ZR 502/99, [X.]Z 151, 229
unter [X.]). Gleiches muss gelten, wenn der Verwender in Kenntnis der Unwirksamkeit einer Klausel die gesetz-lich eingeräumte Möglichkeit zu ihrer einseitigen Ersetzung durch eine gültige Regelung nicht wahrnimmt
(insoweit abweichend der Sachverhalt in [X.], Urteil vom 1.
Februar 1984
V[X.]I ZR 54/83, [X.]Z 90, 69, 74). Für eine richterliche Vertragsergänzung ist dann kein Raum mehr.

Den Versicherern war spätestens mit Verkündung des [X.] im November 2007 ([X.]
I S.
2631) bekannt, dass das neue Versicherungsvertragsgesetz
gemäß
Art.
1 Abs.
1 EG[X.] ab 1.
Januar 2009 auf Altverträge
anzuwenden sein wird. Damit war klar, dass die an §
6 [X.] a.F. orientierten Klauseln über die Rechtsfolgen der Verletzung vertraglicher Obliegenheiten im Hinblick auf §§
28, 32
[X.], §
307 Abs.
1 Satz
1, Abs.
2 Nr.
2 BGB künftig un-wirksam werden. Gleichzeitig bestand Kenntnis von der Möglichkeit, über 47
48
-
19
-

die Wahrnehmung der Anpassungsoption des Art.
1 Abs.
3 EG[X.] selbst
Vorsorge durch Anpassung der betroffenen Klauseln zu treffen. Wenn der Verwender eine derartige Möglichkeit zur Schließung einer [X.] nicht ergreift
und diese
Lücke

etwa wegen der hiermit verbundenen Umstellungskosten

hinnimmt, dann kann von einer plan-widrigen [X.], die durch subsidiäre richterliche Vertragsergän-zung geschlossen werden müsste, nicht mehr die Rede sein (vgl. [X.]/[X.], [X.]O).

(3) Gesetzesgeschichte und Regelungssystematik des Art.
1 Abs.
3 EG[X.] sprechen wie oben unter [X.]) (1) dargelegt gegen die Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung. Die Situation ist an-[X.] als bei den [X.] des Schuldrechtsmodernisie-rungsgesetzes (zur ergänzenden Vertragsauslegung dort [X.] NJW 2005, 1820), da in Art.
229 §
5 EGBGB die in Art.
1 Abs.
3 EG[X.] [X.] für Altverträge gerade nicht vorgesehen wurde ([X.]/[X.] [X.]O; [X.] [X.]O; [X.]/[X.] [X.]O). Die sich im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung
ergebende Frage, wie mit lang-fristig angelegten Formularverträgen ohne die Möglichkeit der einseitigen Änderung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen umzugehen ist, stellt sich daher hier nicht.

(4)
Dem Versicherer ist es nicht unzumutbar, an dem lückenhaften Vertrag festgehalten zu werden.

Ob eine unzumutbare Härte vorliegt, ist im Wege der Interessen-abwägung zu ermitteln; zu berücksichtigen ist nicht nur die nachteilige Veränderung der Austauschbedingungen für den Verwender der [X.] Geschäftsbedingung, sondern auch das berechtigte Interesse 49
50
51
-
20
-

des anderen Teils an der Aufrechterhaltung des Vertrags ([X.], Urteil vom 22.
Februar 2002

[X.], NJW-RR 2002, 1136
unter [X.] 3). Un-zumutbar kann das Festhalten am Vertrag dann sein, wenn infolge der Unwirksamkeit einer Klausel das Vertragsgleichgewicht grundlegend ge-stört ist. Allerdings genügt nicht schon jeder wirtschaftliche Nachteil des Verwen[X.], sondern es ist eine einschneidende Störung des Äquiva-lenzverhältnisses erforderlich, die das Festhalten am [X.] ([X.], Urteil vom 22.
Februar 2002 [X.]O).

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn der Versicherer aus der Verletzung vertraglicher Obliegenheiten keine Sanktionen mehr [X.] kann. Denn das Gesetz bietet dem Versicherer zahlreiche [X.], zu denen die Regelungen über die Gefahrerhöhung ge-mäß
§§
23
ff.
[X.], die Bestimmungen über die Herbeiführung des [X.] nach §
81 [X.] und
die Obliegenheiten nach §
82 [X.] gehören
(vgl. [X.], [X.], 837, 838
ff.; Stockmeier, [X.], 312, 315
ff.). Der [X.] verkennt nicht, dass diese Regelungen nicht das gesamte Spektrum möglicher vertraglicher Obliegenheiten ab-bilden, von anderen Tatbestandsvoraussetzungen abhängen
und für den Versicherer verglichen mit den vertraglichen Obliegenheiten prozessuale Nachteile wie das Fehlen gesetzlicher
Vermutungen zu grober
Fahrläs-sigkeit und Kausalität bei §
81 Abs.
2 [X.] mit sich bringen. Insofern verschiebt sich das Vertragsgleichgewicht zu Ungunsten des [X.]s. Die genannten gesetzlichen Auffangregelungen verhindern jedoch, dass das Vertragsgleichgewicht grundlegend gestört ist (vgl. [X.] [X.]O 196). Zudem spricht die bewusst getroffene Entscheidung, die gesetzlich eingeräumte Anpassungsmöglichkeit nicht wahrzunehmen, ebenfalls gegen die Unzumutbarkeit.

52
-
21
-

4. Die Beklagte kann ihre Leistung
auch nicht gemäß
§
26 Abs.
1 Satz
2 [X.] wegen einer Gefahrerhöhung
kürzen. Das Berufungsgericht hat zu Recht bemängelt, dass der Sachvortrag der Beklagten zu den Vo-raussetzungen des §§
23
ff. [X.] keine Ausführungen zur [X.] der von ihr behaupteten Gefahrerhöhung enthält.

5. Die weitere Auffassung des Berufungsgerichts, der Sachvortrag der Beklagten zur grob fahrlässigen Herbeiführung des [X.] gemäß §
81 [X.] durch den Kläger sei nicht hinreichend substanti-iert, hält rechtlicher Überprüfung indes nicht stand.

Nach ständiger Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darle-gungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Per-son entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen die-sen Anforderungen, kann der Vortrag weiterer Einzelheiten nicht verlangt werden. Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten, um dort eventuell weitere Einzelheiten zu ermitteln ([X.]s-beschluss vom 23.
September 2009

IV ZR 152/08, [X.]. 2009
Nr.
216 unter [X.] 2
m.w.N.).
Die Beklagte hat
unter Benennung konkreter Außentemperaturen am Ort des Gebäudes und unter Beweisantritt eines Sachverständigengutachtens vorgetragen, dass die zum [X.] notwendige Auskühlung des Gebäudes nur deshalb erreicht werden konnte, weil das Gebäude bereits vor dem vom Kläger behaupteten Hei-zungsausfall nicht ordnungsgemäß beheizt war.
Damit hat sie eine grob fahrlässige Herbeiführung des Leitungswasserschadens seitens des Klä-gers
in ausreichender Weise geltend gemacht. An diesem Sachvortrag war sie nicht dadurch gehindert, dass sie ihre vorgerichtliche Leistungs-ablehnung noch nicht auf die grob fahrlässige Herbeiführung eines Ver-53
54
55
-
22
-

sicherungsfalles gemäß §
81 [X.] gestützt hatte
(vgl. [X.]surteil vom 30.
November 2005

IV ZR 154/04, [X.]Z 165, 167 unter
[X.] 2 b).

Das Berufungsgericht wird daher den Sachverhalt weiter aufzuklä-ren haben. Bei den Anforderungen an eine genügend häufige Kontrolle der Beheizung des versicherten Gebäudes in der kalten Jahreszeit wird es dabei zu berücksichtigen haben, dass das jeweils erforderliche Kon-trollintervall vom Tatrichter an Hand der Umstände des Einzelfalles zu bestimmen und dabei allein zu Grunde zu legen ist, in welchen Interval-len die jeweils eingesetzte Heizungsanlage nach der [X.] und Lebenserfahrung mit Blick auf ihre Bauart, ihr Alter, ihre Funkti-onsweise, regelmäßige Wartung, Zuverlässigkeit, Störanfälligkeit und ähnliches kontrolliert werden muss; unerheblich ist dagegen, welcher 56
-
23
-

Zeitablauf nach einem unterstellten Heizungsausfall im ungünstigsten Fall bis zum Schadeneintritt zu erwarten ist ([X.]surteil vom 25.
Juni 2008

IV ZR 233/06, [X.], 1207
Rn.
14
ff.).

Dr. [X.]

[X.] [X.]

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.01.2010 -
24 O 458/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 17.08.2010 -
9 [X.] -

Meta

IV ZR 199/10

12.10.2011

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2011, Az. IV ZR 199/10 (REWIS RS 2011, 2467)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2467

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IV ZR 199/10

XII ZR 181/08

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