Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.01.2011, Az. VIII R 3/10

8. Senat | REWIS RS 2011, 10077

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Insolvenzverwaltertätigkeit als sonstige selbständige Arbeit auch bei Beschäftigung qualifizierter Mitarbeiter


Leitsatz

Eine aus einem beratenden Betriebswirt und einem Dipl.-Ökonom bestehende Partnerschaftsgesellschaft, die Insolvenzverwaltung betreibt, erzielt auch dann Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, wenn sie fachlich vorgebildete Mitarbeiter einsetzt, sofern ihre Gesellschafter als Insolvenzverwalter selbst leitend und eigenverantwortlich tätig bleiben.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Partnerschaftsgesellschaft. Ihre beiden Gesellschafter, ein beratender Betriebswirt und ein Dipl.-Ökonom, waren im Streitjahr 2000 im Bereich der Insolvenzverwaltung tätig. Neben dem Hauptsitz in [[X.].] betrieb die Klägerin Niederlassungen in [[X.].] und [[X.].] und erzielte überwiegend Einnahmen aus der Insolvenzverwaltung.

2

Aufgrund einer Außenprüfung für die Jahre 2000 bis 2003 ging der Prüfer des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) davon aus, dass die Einkünfte, die die Klägerin bisher als solche aus einer freiberuflichen Tätigkeit erklärt hatte, als Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzusehen seien.

3

[[X.].] wickelte die Klägerin 18 Unternehmerinsolvenzen und 18 Verbraucherinsolvenzen ab.

4

Sie beschäftigte in den Jahren 2000 bis 2003 zwischen 21 und 34 Mitarbeiter (einschließlich Auszubildende und Aushilfen). Im Einzelnen wurden folgende Mitarbeiter im Streitjahr tätig:

-

Ein Bürokaufmann, der nach erfolgreichem Abschluss seines berufsbegleitenden Studiums als Betriebswirt ab dem [[X.].] vornehmlich im Büro [[X.].] als auch in [[X.].] für einzelne Insolvenzverfahren bzw. deren Abwicklung im schriftlichen Bereich tätig war und seit 2003 weiterer Partner der Klägerin mit eigener Insolvenzverwalterbestellung ist;

-

eine in [[X.].] seit Oktober 2000 tätige Juristin;

-

19 weitere Mitarbeiter, davon zehn zeitweise Tätige, eine Aushilfe, sechs Auszubildende. Ohne Auszubildende und geringfügig Beschäftigte waren sieben Mitarbeiter das ganze Jahr vollzeitbeschäftigt, zwei Mitarbeiter teilzeitbeschäftigt und fünf Mitarbeiter nur während eines Teils des Jahres angestellt. Die meisten Angestellten waren mit [[X.].]uarbeiten in Insolvenzverfahren beschäftigt. Die Aufgabengebiete umfassten die Bereiche der Erstellung von "offenen [X.]", Vorbereitung  des [X.], Tabellenführung, Schreibarbeiten, Buchführungsarbeiten, Lohn- und Gehaltsabrechnungen.

-

Eine Subunternehmerin für Buchführungsarbeiten war mit einem Bruttorechnungsbetrag von 44.660 DM tätig.

5

Die jährlichen Aufwendungen für die Beauftragung von Subunternehmern, Versteigerern und Verwertern zu Lasten der Masse betrugen im [[X.].]  269.385,25 DM. Die erzielten [X.] (ohne Abschreibungen für Firmenwerte) der Klägerin betrugen in den Jahren 2000 bis 2003 zwischen ca. ... DM und ... €.

6

Aufgrund der Feststellungen des Außenprüfers setzte das [X.] mit Bescheid vom 20. Juli 2006 den [X.] in Höhe von ... fest. Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) ab.

7

Die der Art nach selbständige vermögensverwaltende Tätigkeit der Klägerin [X.] des § 18 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei nach der sog. Vervielfältigungstheorie unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ein Gewerbebetrieb [X.] des § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes, weil sie ständig mehrere Angestellte beschäftigt und Subunternehmer beauftragt habe, nicht nur untergeordnete, insbesondere vorbereitende oder mechanische Arbeiten wahrzunehmen. Allein die Tatsache, dass ein Steuerpflichtiger "selbständig und eigenverantwortlich" [X.] des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG tätig gewesen sei, reiche im Rahmen des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht aus, die Tätigkeit als selbständige zu qualifizieren.

8

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.

9

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil und den angefochtenen Gewerbesteuermessbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil und der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung sind aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Zu Unrecht hat das [X.] die Einkünfte der Klägerin aus der Insolvenzverwaltertätigkeit ihrer Gesellschafter als solche aus Gewerbebetrieb angesehen und deshalb unter Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 [X.] auch hinsichtlich der übrigen Einkünfte der Klägerin insgesamt gewerbliche Einkünfte angenommen. Entgegen dieser Auffassung sind die Einkünfte der Klägerin aus Insolvenzverwaltertätigkeit als solche aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nicht gewerbesteuerpflichtig, so dass die Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung für das Streitjahr aufzuheben ist.

1. Die Tätigkeit eines Insolvenz-, Zwangs- und Vergleichsverwalters ist nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) eine vermögensverwaltende i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] und keine freiberufliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ([X.]-Urteile vom 29. März 1961 [X.], [X.]E 73, 100, [X.]I 1961, 306; vom 5. Juli 1973 IV R 127/69, [X.]E 110, 40, [X.] 1973, 730; vom 11. Mai 1989 IV R 152/86, [X.]E 157, 148, [X.] 1989, 729). Dies gilt auch dann, wenn diese Tätigkeit durch einen beratenden Betriebswirt und einen Dipl.-Ökonom ausgeübt wird. Darüber besteht zwischen den Beteiligten des [X.] kein Streit.

2. Die danach den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zuzurechnende Insolvenzverwaltertätigkeit ist jedoch entgegen der Auffassung des [X.] nicht wegen der Beteiligung qualifizierter Mitarbeiter an der Abwicklung der einzelnen Insolvenzverfahren als gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 [X.] zu beurteilen.

a) Die abweichende Auffassung des [X.] beruht auf der bislang vom [X.] im Anwendungsbereich des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] vertretenen sog. Vervielfältigungstheorie, nach der die sonstige selbständige Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] grundsätzlich persönlich --d.h. ohne die Mithilfe fachlich vorgebildeter [X.] ausgeübt werden muss ([X.]-Urteile vom 13. Mai 1966 VI 63/64, [X.]E 86, 305, [X.]I 1966, 489 mit zustimmender Anmerkung Gollub, Anmerkungen zur [X.], Einkommensteuergesetz bis 1974, § 18, [X.]; vom 25. November 1970 [X.], [X.]E 101, 215, [X.] 1971, 239; vom 11. August 1994 IV R 126/91, [X.]E 175, 284, [X.] 1994, 936; vom 12. Dezember 2001 [X.]/00, [X.]E 197, 442, [X.] 2002, 202: Umkehrschluss aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.]; ebenso [X.]/[X.], § 18 [X.] [X.]; [X.]/Wacker, [X.], 29. Aufl., § 18 Rz 23; Kanzler, [X.] 1994, 114; [X.] Köln, Urteil vom 13. August 2008  4 K 3303/06, Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2009, 669, rechtskräftig).

b) An dieser Rechtsprechung hält der Senat, auf den die alleinige Zuständigkeit für die Einkünfte aus selbständiger Arbeit übergegangen ist, nach erneuter Prüfung nicht mehr fest.

Weder der ursprünglichen Fassung des Gesetzes ([X.] 1934) noch derjenigen durch das Steueränderungsgesetz 1960 vom 30. Juli 1960 ([X.] 1960, 616, BStBl I 1960, 514) lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit des Einsatzes fachlich vorgebildeter Mitarbeiter für Berufe i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 [X.] unterschiedlich beurteilt sehen wollte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Senats vom 15. Dezember 2010 [X.]/09 verwiesen.

c) Die somit auch für Insolvenzverwalter als Vermögensverwalter i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zulässige Mitarbeit fachlich [X.] setzt allerdings voraus, dass der Berufsträger trotz solcher Mitarbeiter weiterhin seinen Beruf leitend und eigenverantwortlich i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] ausübt.

aa) Diesem Erfordernis entspricht eine Berufsausübung nur, wenn sie über die Festlegung der Grundzüge der Organisation und der dienstlichen Aufsicht hinaus durch Planung, Überwachung und Kompetenz zur Entscheidung in Zweifelsfällen gekennzeichnet ist ([X.]-Urteile vom 29. Juli 1965 IV 61/65 U, [X.]E 83, 154, [X.]I 1965, 557; vom 5. Juni 1997 IV R 43/96, [X.]E 183, 424, [X.] 1997, 681) und die Teilnahme des [X.] an der praktischen Arbeit in ausreichendem Maße gewährleistet ([X.]-Urteil vom 11. September 1968 [X.], [X.]E 93, 468, [X.] 1968, 820; [X.]-Beschluss vom 7. Oktober 1987 [X.], [X.]E 151, 147, [X.] 1988, 17; [X.]-Urteil vom 30. September 1999 [X.], [X.]E 189, 569; [X.]-Beschluss vom 31. August 2005 [X.]/03, [X.]/NV 2006, 48; m.w.N).

Nur unter diesen Voraussetzungen trägt die Arbeitsleistung --selbst wenn der Berufsträger ausnahmsweise in einzelnen Routinefällen nicht mitarbeitet-- den erforderlichen "Stempel der Persönlichkeit" des Steuerpflichtigen ([X.]-Urteile vom 1. Februar 1990 IV R 140/88, [X.]E 159, 535, [X.] 1990, 507; vom 21. März 1995 [X.], [X.]E 177, 377, [X.] 1995, 732; vom 14. März 2007 [X.], [X.]/NV 2007, 1319).

bb) Ob diese Voraussetzungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Arbeitsorganisation einer Insolvenzverwalterpraxis wie auch der Zahl der betreuten Verfahren und der Zahl qualifizierter Mitarbeiter vorliegen, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und -würdigung, die den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz obliegt. Diese Würdigung ist jeweils nach den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalls und den Besonderheiten des jeweiligen Berufs vorzunehmen ([X.]-Entscheidung vom 7. Mai 1997 [X.], [X.]/NV 1997, 800). Sie wird insbesondere bei Ausübung der Insolvenzverwaltertätigkeit im Wesentlichen dadurch bestimmt, was nach den Regelungen der Insolvenzordnung ([X.]) zu den höchstpersönlich auszuführenden Aufgaben eines Insolvenzverwalters gehört.

(1) Dabei eröffnet das Leitbild der Insolvenzverwaltung als [X.] Tätigkeit unter Verwertung besonderer Wirtschafts- und Rechtskenntnisse (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 73, 100, [X.]I 1961, 306) einen umso größeren Spielraum für die Beschäftigung von Mitarbeitern, je mehr es um einfachere [X.] Tätigkeiten geht. Je mehr die Insolvenzverwaltertätigkeit dagegen Grundentscheidungen in der Durchführung des Insolvenzverfahrens betrifft und damit eher besondere Wirtschafts- und Rechtskenntnisse erforderlich macht, spricht dies für die Notwendigkeit höchstpersönlicher Tätigkeit des [X.]. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat ebenfalls auf sein Urteil vom 15. Dezember 2010 [X.]/09.

(2) Danach ist für Abgrenzung von zulässiger Mitarbeiterbeschäftigung und gebotener höchstpersönlicher Berufsausübung des Insolvenzverwalters entscheidend, ob Organisation und Abwicklung des Insolvenzverfahrens insgesamt den "Stempel der Persönlichkeit" desjenigen tragen, dem nach § 56 [X.] das Amt des Insolvenzverwalters vom Insolvenzgericht übertragen worden ist.

Dies erfordert, dass die Entscheidungen über das "Ob" bestimmter Einzelakte im Rahmen des Insolvenzverfahrens wie z.B. die Führung eines Anfechtungsprozesses oder die Aufnahme eines nach § 240 der Zivilprozessordnung unterbrochenen Prozesses, die Entscheidung über die Kündigung und Entlassung von Arbeitnehmern sowie die Entscheidung über die Art der Verwertung der Masse durch den Insolvenzverwalter persönlich zu treffen sind. Auch die zentralen Aufgaben des Insolvenzverwalters wie die Berichtspflicht gegenüber dem Insolvenzgericht, der Gläubigerversammlung und dem Gläubigerausschuss (§§ 58 Abs. 1 Satz 2, 69, 79, 152, 156 [X.]), seine Pflicht zur Erstellung eines Insolvenzplans nach § 218 [X.] auf entsprechenden Beschluss der Gläubigerversammlung (§ 157 [X.]) wie auch die Schlussrechnungslegung (§ 66 [X.]) muss er unbeschadet etwaiger Zulieferungs- und Hilfsarbeiten seiner Mitarbeiter im Wesentlichen selbst vornehmen.

Hat er Entscheidungen dieser Art (höchstpersönlich) getroffen, bleibt seine Tätigkeit auch dann eine solche i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.], wenn er das "Wie", nämlich die kaufmännisch-technische Umsetzung dieser Entscheidung wie z.B. die anwaltliche Durchführung eines Prozesses, die Kündigung bzw. Abwicklung der Entlassung von Arbeitnehmern oder die Verwertung der Masse durch Versteigerung auf Dritte überträgt. Denn der Gesetzgeber hat in der [X.] für diese kaufmännisch-technischen Abwicklungsmaßnahmen, anders als für die Berichtspflichten nach den §§ 58 Abs. 1 Satz 2, 156 [X.], keine höchstpersönliche Wahrnehmung durch den Insolvenzverwalter vorgeschrieben (vgl. zu diesen Abwicklungsmaßnahmen auch [X.] Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Juni 2007  4 K 2063/05, E[X.] 2007, 1523). Sie können mithin entsprechend § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] qualifizierten Hilfspersonen übertragen werden (vgl. [X.], [X.] Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht --[X.]-- 2002, 265; [X.], [X.] 2002, 316).

(3) Auf dieser Grundlage kann allein aus der Anzahl der für einen Insolvenzverwalter tätigen Hilfspersonen nicht abgeleitet werden, inwieweit der Insolvenzverwalter seine Aufgaben selbständig und höchstpersönlich wahrnimmt. Deshalb kann nicht allein wegen der Beschäftigung von mehr als einem (gleich) qualifizierten Mitarbeiter die gewerbliche Qualifizierung der Einkünfte des Insolvenzverwalters gefolgert werden ([X.], Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung 2002, 190; Leibner, [X.] 2002, 273; [X.], Betriebs-Berater 2002, 1727). Dies gilt umso mehr, als die Insolvenzverwaltertätigkeit als kaufmännisch--praktische Aufgabe ([X.]-Urteil in [X.]E 73, 100, [X.]I 1961, 306) weniger durch einen "persönlichen Dienst am Kunden" als vielmehr durch eine Vielzahl von Einzelgeschäften und einen dadurch bedingten hohen Mitarbeitereinsatz geprägt wird (vgl. zu diesem Unterscheidungskriterium [X.]-Entscheidungen in [X.]/NV 1997, 800; in [X.]E 183, 424, [X.] 1997, 681; vom 10. Juni 1997 [X.], [X.]/NV 1998, 224; in [X.]E 189, 569; vom 30. August 2007 [X.], [X.]/NV 2007, 2280; vom 21. Januar 1999 [X.], [X.]/NV 1999, 822 - jeweils zum Pflegedienst).

Deshalb hat ein Insolvenzverwalter die erforderlichen höchstpersönlichen Organisations- und Entscheidungsleistungen im Regelfall selbst bei einer Mehrzahl beschäftigter qualifizierter Personen erbracht, wenn er über das "Ob" der einzelnen Abwicklungsmaßnahmen in jedem der von ihm betreuten Verfahren entschieden hat.

3. Nach diesen Grundsätzen ist nach Maßgabe der tatsächlichen Feststellungen des [X.] die im Streitfall ausgeübte Insolvenzverwaltertätigkeit als (sonstige) selbständige Arbeit i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zu beurteilen.

Die gegenteilige Auffassung des [X.] gründet sich allein auf die Feststellung, dass die Klägerin sich in den Streitjahren einer Vielzahl von qualifizierten Mitarbeitern bedient und ihre Tätigkeit überregional ausgeübt hat. Deshalb beruhten die im Rahmen der Insolvenzverwaltung erbrachten Tätigkeiten jedenfalls im steuerrechtlichen Sinne nicht mehr im Kernbereich auf der unmittelbaren, persönlichen und individuellen Arbeitsleistung ihrer Gesellschafter.

Diese Argumentation berücksichtigt indessen nicht, dass eine Entlastung des Insolvenzverwalters durch qualifizierte Mitarbeiter nach den Ausführungen unter II.2. nur dann die durch § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] gezogenen Grenzen überschreitet, wenn der Insolvenzverwalter die von ihm höchstpersönlich zu treffenden Entscheidungen über das "Ob" bestimmter Abwicklungsmaßnahmen seinen Mitarbeitern überlässt und damit nicht mehr leitend und eigenverantwortlich das jeweilige Insolvenzverfahren betreibt.

Eine solche Aufgabenverschiebung des Klägers hin zu den angestellten Mitarbeitern oder beauftragten Subunternehmern hat das [X.] nicht festgestellt; sie ist auch den Akten im Übrigen nicht zu entnehmen.

Meta

VIII R 3/10

26.01.2011

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 29. September 2009, Az: 13 K 170/07, Urteil

§ 18 Abs 1 Nr 1 S 1 EStG 1997, § 18 Abs 1 Nr 1 S 3 EStG 1997, § 18 Abs 1 Nr 3 EStG 1997, § 56 InsO, § 118 Abs 2 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.01.2011, Az. VIII R 3/10 (REWIS RS 2011, 10077)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10077

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII R 37/09 (Bundesfinanzhof)

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Beschluss vom 15.12.2010 VIII R 50/09 - Insolvenzverwaltertätigkeit als sonstige selbständige …


VIII R 13/10 (Bundesfinanzhof)

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Beschluss vom 15.12.2010 VIII R 50/09 - Insolvenzverwaltertätigkeit als sonstige selbständige …


VIII R 50/09 (Bundesfinanzhof)

(Insolvenzverwaltertätigkeit als sonstige selbständige Arbeit auch bei Beschäftigung qualifizierter Mitarbeiter - Gleichbehandlung freiberuflicher Tätigkeiten - …


VIII R 12/10 (Bundesfinanzhof)

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Beschluss vom 15.12.2010 VIII R 50/09 - Insolvenzverwaltertätigkeit als sonstige selbständige …


VIII R 29/08 (Bundesfinanzhof)

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Beschluss vom 15.12.2010 VIII R 50/09 - Insolvenzverwaltertätigkeit als sonstige selbständige …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.