Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.12.2010, Az. VIII R 13/10

8. Senat | REWIS RS 2010, 336

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Gegenstand

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Beschluss vom 15.12.2010 VIII R 50/09 - Insolvenzverwaltertätigkeit als sonstige selbständige Arbeit auch bei Beschäftigung qualifizierter Mitarbeiter - Abgrenzung von zulässiger Mitarbeiterbeschäftigung und gebotener höchstpersönlicher Berufsausübung des Insolvenzverwalters)


Leitsatz

1. NV: Einkünfte aus einer Tätigkeit als Insolvenzverwalter oder aus der Zwangsverwaltung von Liegenschaften sind, auch wenn sie von Rechtsanwälten erzielt werden, grundsätzlich den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs.1 Nr. 3 EStG zuzurechnen .

2. NV: Dies gilt auch dann, wenn der Insolvenzverwalter oder Zwangsverwalter die Tätigkeit unter Einsatz vorgebildeter Mitarbeiter ausübt, sofern er dabei selbst leitend und eigenverantwortlich tätig bleibt; insoweit sind § 18 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 3 und 4 EStG entsprechend anzuwenden (Aufgabe der Rechtsprechung zur sog. Vervielfältigungstheorie) .

3. NV: Die Ausübung der Insolvenzverwaltung an drei Standorten unter Beschäftigung von drei gleichermaßen wie der Insolvenzverwalter qualifizierten Angestellten allein begründet grundsätzlich keine Zweifel an leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit des Insolvenzverwalters .

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Rechtsanwalt. Nachdem er zunächst als Sozius in verschiedenen Kanzleien überwiegend auf dem Gebiet der Insolvenzverwaltung tätig war, übte er seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter und Rechtsanwalt ab dem Jahre 1995 in einer [X.] mit Zweigstellen in drei Städten aus. Er wurde --mit Ausnahme der [X.], in denen die Zahl geringer war-- jährlich von verschiedenen Amtsgerichten mit der Verwaltung von [X.] beauftragt. Die Bestellungen zum Insolvenzverwalter lauten alle auf seinen Namen. Die Abwicklung der Verfahren erstreckte sich oft über mehrere Jahre.

2

Der Kläger beschäftigte in den Jahren 1995 bis 1998 durchgehend zwei, in den Jahren 1999 bis 2000 drei Rechtsanwälte sowie fortlaufend einen "I-Ökonom", fünf bis sieben Fachkräfte (eine Industriekauffrau sowie Rechtsanwalts- und [X.]) und einige Hilfskräfte (z.B. Anwaltssekretärinnen und Studenten). Zur Bewertung und Verwertung von [X.] wurden ausschließlich Subunternehmer (Gutachter und Verwerter) von dem Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter herangezogen.

3

Seine Einkünfte ermittelte der Kläger durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und erklärte sie in seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1995 bis 2000 unter der [X.] "Rechtsanwalt/Konkursverwalter" als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) veranlagte den Kläger erklärungsgemäß zur Einkommensteuer und forderte keine Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 1995 bis 2000 an.

5

Am 2. Dezember 2002 ordnete das [X.] beim Kläger eine Außenprüfung u.a. wegen der Gewerbesteuer für die Jahre 1995 bis 2000 an und erließ bereits vor Beginn der Prüfung am 9. Dezember 2002 einen Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1995. Gegen den unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein.

6

Der Außenprüfer ging unter Berufung auf die Urteile des [X.] ([X.]) vom 12. Dezember 2001 [X.] ([X.]E 197, 442, [X.], 202) und vom 2. Oktober 2003 [X.] ([X.]E 204, 80, [X.], 363) davon aus, dass der Kläger aus seiner Konkurs-/Insolvenzverwaltertätigkeit (im Weiteren einheitlich als Insolvenzverwaltertätigkeit bezeichnet) gewerbliche Einkünfte erziele. Lediglich die Rechtsberatung außerhalb der Insolvenzverwaltertätigkeit stelle eine abgrenzbare, zu freiberuflichen Einkünften führende Tätigkeit dar.

7

Im [X.] an die Außenprüfung änderte das [X.] den [X.] nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung und erließ zeitgleich erstmalige Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 1996 bis 2000, in denen es die Einkünfte aus der Insolvenzverwaltertätigkeit als Gewinn aus Gewerbebetrieb ansetzte. Außerdem erließ es Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags für die Jahre 1995 bis 2000.

8

Gegen die Bescheide legte der Kläger fristgerecht mit der Begründung Einspruch ein, er habe in seiner Kanzlei zu mehr als 90 % fremde Rechtsangelegenheiten für Mandanten besorgt. Die in der Insolvenzabteilung verrichteten Tätigkeiten übe er selbst und höchstpersönlich in seiner Funktion als Partei kraft Amtes aus. Lediglich der angestellte "I-Ökonom" arbeite ihm in bestimmten Bereichen zu. Die von ihm angestellten Rechtsanwälte könnten und würden als Berufsanfänger diese Aufgaben nicht wahrnehmen.

9

Die nach erfolglosen Einsprüchen erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) mit seinem in Entscheidungen der [X.]e (E[X.]) 2010, 866 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.

Mit der umfassend begründeten Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts.

Er beantragt, das angefochtene Urteil sowie die Gewerbesteuermessbetragsbescheide für die Jahre 1995 bis 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2008 aufzuheben.

Das [X.] beantragt im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen [X.]-Urteils, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil sowie die angefochtenen Gewerbesteuermessbetragsbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung sind aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. In rechtsschutzgewährender Auslegung des Klagebegehrens geht der Senat auch aufgrund der Revisionsbegründung davon aus, dass Gegenstand des [X.] lediglich die Aufhebung der angefochtenen Gewerbesteuermessbetragsbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung, nicht aber die Aufhebung der Zerlegungsbescheide ist.

2. Zu Unrecht hat das [X.] die Einkünfte des [X.] aus seiner Tätigkeit als Insolvenzverwalter wegen Beteiligung fachlich vorgebildeter Angestellter an der Tätigkeit als gewerblich angesehen und deshalb der Gewerbesteuer unterworfen. Die Einkünfte sind vielmehr als solche aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zu erfassen und unterliegen dementsprechend nicht der Gewerbesteuerpflicht; auf die vom Kläger aufgeworfene Frage eines Anspruchs auf Erlass der streitigen Gewerbesteuer oder auf Gewährung von Vertrauensschutz gegen eine verschärfende höchstrichterliche Rechtsprechung (hier durch die [X.] in [X.], 442, [X.], 202) kommt es danach nicht an.

a) Die Tätigkeit eines Insolvenz-, Zwangs- und Vergleichsverwalters ist nach der Rechtsprechung des [X.] eine vermögensverwaltende i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] und keine freiberufliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ([X.]-Urteile vom 29. März 1961 [X.], [X.]E 73, 100, [X.]I 1961, 306; vom 5. Juli 1973 IV R 127/69, [X.]E 110, 40, [X.] 1973, 730; vom 11. Mai 1989 IV R 152/86, [X.]E 157, 148, [X.] 1989, 729).

Dies gilt nach der Rechtsprechung auch dann, wenn die Tätigkeit --wie im [X.] durch einen Rechtsanwalt ausgeübt wird, weil sie nicht für einen Rechtsanwalt berufstypisch ist ([X.]-Urteil in [X.], 442, [X.], 202 mit kritischer Anmerkung [X.], [X.] 2005, 308; [X.], Festschrift für [X.], 2005, 41; Verfassungsbeschwerde gemäß §§ 93a, 93b des Gesetzes über das [X.] nicht zur Entscheidung angenommen, Entscheidung des [X.]s vom 5. März 2003  1 BvR 437/02; [X.]-Beschluss vom 14. Juli 2008 [X.]/07, [X.]/NV 2008, 1874). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Zur Begründung verweist er auf das Urteil vom 15. Dezember 2010 im Verfahren [X.]/09, [X.]E 232, 162.

b) Die danach --selbst bei Ausübung durch einen [X.] den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zuzurechnende Insolvenzverwaltertätigkeit ist entgegen der Auffassung des [X.] nicht wegen der Beteiligung qualifizierter Mitarbeiter an der Abwicklung der einzelnen Insolvenzverfahren als gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 [X.] zu beurteilen. Die abweichende Auffassung des [X.] beruht auf der bislang vom [X.] im Anwendungsbereich des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] vertretenen sog. Vervielfältigungstheorie, nach der die sonstige selbständige Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] grundsätzlich persönlich --d.h. ohne die Mithilfe fachlich vorgebildeter [X.] ausgeübt werden muss ([X.]-Urteile vom 13. Mai 1966 VI 63/64, [X.]E 86, 305, [X.]I 1966, 489 mit zustimmender Anmerkung Gollub, Anmerkungen zur [X.], Einkommensteuergesetz bis 1974, § 18, [X.]; vom 25. November 1970 [X.], [X.]E 101, 215, [X.] 1971, 239; vom 11. August 1994 IV R 126/91, [X.]E 175, 284, [X.] 1994, 936; in [X.], 442, [X.], 202: Umkehrschluss aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.]; ebenso [X.]/[X.], § 18 [X.] [X.]; [X.]/Wacker, [X.], 29. Aufl., § 18 Rz 23; Kanzler, [X.] 1994, 114; [X.] Köln, Urteil vom 13. August 2008  4 K 3303/06, E[X.] 2009, 669, rechtskräftig).

An dieser Rechtsprechung hält der Senat, auf den die alleinige Zuständigkeit für die Einkünfte aus selbständiger Arbeit übergegangen ist, nach erneuter Prüfung nicht mehr fest. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird insoweit ebenfalls auf das Urteil des Senats vom 15. Dezember 2010 [X.]/09 verwiesen.

c) Die somit auch für Insolvenzverwalter als Vermögensverwalter i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zulässige Mitarbeit fachlich [X.] setzt allerdings voraus, dass der Berufsträger trotz solcher Mitarbeiter weiterhin seinen Beruf leitend und eigenverantwortlich ausübt. Insoweit ist § 18 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 3 und 4 [X.] entsprechend anzuwenden.

aa) Diesem Erfordernis entspricht eine Berufsausübung nur, wenn sie über die Festlegung der Grundzüge der Organisation und der dienstlichen Aufsicht hinaus durch Planung, Überwachung und Kompetenz zur Entscheidung in Zweifelsfällen gekennzeichnet ist ([X.]-Urteile vom 29. Juli 1965 IV 61/65 U, [X.]E 83, 154, [X.]I 1965, 557; vom 5. Juni 1997 IV R 43/96, [X.]E 183, 424, [X.] 1997, 681) und die Teilnahme des [X.] an der praktischen Arbeit in ausreichendem Maße gewährleistet ([X.]-Urteil vom 11. September 1968 [X.], [X.]E 93, 468, [X.] 1968, 820; [X.]-Beschluss vom 7. Oktober 1987 [X.], [X.]E 151, 147, [X.] 1988, 17; [X.]-Urteil vom 30. September 1999 [X.], [X.]E 189, 569; [X.]-Beschluss vom 31. August 2005 [X.]/03, [X.]/NV 2006, 48, m.w.N.).

Nur unter diesen Voraussetzungen trägt die Arbeitsleistung --selbst wenn der Berufsträger ausnahmsweise in einzelnen Routinefällen nicht mitarbeitet-- den erforderlichen "Stempel der Persönlichkeit" des Steuerpflichtigen ([X.]-Urteile vom 1. Februar 1990 IV R 140/88, [X.]E 159, 535, [X.] 1990, 507; vom 21. März 1995 [X.], [X.]E 177, 377, [X.] 1995, 732; vom 14. März 2007 [X.], [X.]/NV 2007, 1319).

bb) Ob diese Voraussetzungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Arbeitsorganisation einer Insolvenzverwalterpraxis wie auch der Zahl der betreuten Verfahren und der Zahl qualifizierter Mitarbeiter vorliegen, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und -würdigung, die den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz obliegt. Diese Würdigung ist jeweils nach den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalls und den Besonderheiten des jeweiligen Berufs vorzunehmen ([X.] vom 7. Mai 1997 [X.], [X.]/NV 1997, 800). Sie wird insbesondere bei Ausübung der Insolvenzverwaltertätigkeit im Wesentlichen dadurch bestimmt, was nach den Regelungen der Insolvenzordnung ([X.]) zu den höchstpersönlich auszuführenden Aufgaben eines Insolvenzverwalters gehört.

(1) Dabei eröffnet das Leitbild der Insolvenzverwaltung als [X.] Tätigkeit unter Verwertung besonderer Wirtschafts- und Rechtskenntnisse (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 73, 100, [X.]I 1961, 306) einen umso größeren Spielraum für die Beschäftigung von Mitarbeitern, je mehr es um einfachere [X.] Tätigkeiten geht. Je mehr die Insolvenzverwaltertätigkeit dagegen Grundentscheidungen in der Durchführung des Insolvenzverfahrens betrifft und damit eher besondere Wirtschafts- und Rechtskenntnisse erforderlich macht, spricht dies für die Notwendigkeit höchstpersönlicher Tätigkeit des [X.]. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat ebenfalls auf sein Urteil vom 15. Dezember 2010 [X.]/09.

(2) Danach ist für die Abgrenzung von zulässiger Mitarbeiterbeschäftigung und gebotener höchstpersönlicher Berufsausübung des Insolvenzverwalters entscheidend, ob Organisation und Abwicklung des Insolvenzverfahrens insgesamt den "Stempel der Persönlichkeit" desjenigen tragen, dem nach § 56 [X.] das Amt des Insolvenzverwalters vom Insolvenzgericht übertragen worden ist.

Dies erfordert, dass die Entscheidungen über das "Ob" bestimmter Einzelakte im Rahmen des Insolvenzverfahrens wie z.B. die Führung eines Anfechtungsprozesses oder die Aufnahme eines nach § 240 der Zivilprozessordnung unterbrochenen Prozesses, die Entscheidung über die Kündigung und Entlassung von Arbeitnehmern sowie die Entscheidung über die Art der Verwertung der Masse durch den Insolvenzverwalter persönlich zu treffen sind. Auch die zentralen Aufgaben des Insolvenzverwalters wie die Berichtspflicht gegenüber dem Insolvenzgericht, der Gläubigerversammlung und dem Gläubigerausschuss (§§ 58 Abs. 1 Satz 2, 69, 79, 152, 156 [X.]), seine Pflicht zur Erstellung eines Insolvenzplans nach § 218 [X.] auf entsprechenden Beschluss der Gläubigerversammlung (§ 157 [X.]) wie auch die Schlussrechnungslegung (§ 66 [X.]) muss er unbeschadet etwaiger Zulieferungs- und Hilfsarbeiten seiner Mitarbeiter im Wesentlichen selbst vornehmen.

Hat er Entscheidungen dieser Art (höchstpersönlich) getroffen, bleibt seine Tätigkeit auch dann eine solche i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.], wenn er das "Wie", nämlich die kaufmännisch-technische Umsetzung dieser Entscheidung wie z.B. die anwaltliche Durchführung eines Prozesses, die Kündigung bzw. Abwicklung der Entlassung von Arbeitnehmern oder die Verwertung der Masse durch Versteigerung auf Dritte überträgt. Denn der Gesetzgeber hat in der [X.] für diese kaufmännisch-technischen Abwicklungsmaßnahmen, anders als für die Berichtspflichten nach den §§ 58 Abs. 1 Satz 2, 156 [X.] keine höchstpersönliche Wahrnehmung durch den Insolvenzverwalter vorgeschrieben (vgl. zu diesen Abwicklungsmaßnahmen auch [X.] Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Juni 2007  4 K 2063/05, E[X.] 2007, 1523). Sie können mithin entsprechend § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] qualifizierten Hilfspersonen übertragen werden (vgl. [X.], [X.] Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht --[X.]-- 2002, 265; [X.], [X.] 2002, 316).

(3) Auf dieser Grundlage kann allein aus der Anzahl der für einen Insolvenzverwalter tätigen Hilfspersonen nicht abgeleitet werden, inwieweit der Insolvenzverwalter seine Aufgaben selbständig und höchstpersönlich wahrnimmt. Deshalb kann nicht allein wegen der Beschäftigung von mehr als einem (gleich) qualifizierten Mitarbeiter die gewerbliche Qualifizierung der Einkünfte des Insolvenzverwalters gefolgert werden ([X.], Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung 2002, 190; Leibner, [X.] 2002, 273; [X.], Betriebs-Berater 2002, 1727). Dies gilt umso mehr, als die Insolvenzverwaltertätigkeit als [X.] Aufgabe ([X.]-Urteil in [X.]E 73, 100, [X.]I 1961, 306) weniger durch einen "persönlichen Dienst am Kunden" als vielmehr durch eine Vielzahl von Einzelgeschäften und einen dadurch bedingten hohen Mitarbeitereinsatz geprägt wird (vgl. zu diesem Unterscheidungskriterium [X.]en in [X.]/NV 1997, 800; [X.]E 183, 424, [X.] 1997, 681; vom 10. Juni 1997 [X.], [X.]/NV 1998, 224; in [X.]E 189, 569; vom 30. August 2007 [X.], [X.]/NV 2007, 2280; vom 21. Januar 1999 [X.], [X.]/NV 1999, 822 - jeweils zum Pflegedienst).

Deshalb hat ein Insolvenzverwalter die erforderlichen höchstpersönlichen Organisations- und Entscheidungsleistungen im Regelfall selbst bei einer Mehrzahl beschäftigter qualifizierter Personen erbracht, wenn er über das "Ob" der einzelnen Abwicklungsmaßnahmen in jedem der von ihm betreuten Verfahren entschieden hat und die Umsetzung der Entscheidungen seiner Kontrolle unterliegt.

3. Nach diesen Grundsätzen ist nach Maßgabe der tatsächlichen Feststellungen des [X.] die im Streitfall ausgeübte Insolvenzverwaltertätigkeit als (sonstige) selbständige Arbeit i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zu beurteilen.

Die gegenteilige Auffassung des [X.] gründet sich allein auf die Feststellung, dass Gegenstand der Tätigkeit der angestellten Rechtsanwälte und sonstigen Hilfspersonen nicht nur vorbereitende und mechanische, sondern auch Fachwissen erfordernde qualifizierte Arbeiten waren und der Kläger damit von aufwendigen Tätigkeiten seiner überregional an drei Standorten betreuten [X.] entlastet wurde. Der Kläger habe in den Streitjahren an drei Standorten sieben bis neun Angestellte beschäftigt, von denen zwei und ab dem [X.] drei die gleiche Berufsausbildung wie der Kläger als Rechtsanwalt sowie die übrigen jeweils Ausbildungen als Steuerfachgehilfen oder Rechtsanwaltsfachangestellte gehabt hätten. Ferner habe er sich in den Streitjahren weiterer Hilfskräfte (z.B. Anwaltssekretärinnen und Studenten) bedient und Subunternehmen mit der Verwertung der Insolvenzmassen beauftragt. Seine Angestellten seien auch ganz überwiegend im Rahmen der Insolvenzverwaltung tätig geworden. Darüber hinaus lägen die Kanzleistandorte weit voneinander entfernt. Der Kläger sei des Weiteren jährlich von verschiedenen Amtsgerichten mit der Verwaltung neuer Insolvenzen beauftragt worden.

Diese Einwände berücksichtigen indessen nicht, dass eine Entlastung durch Mitarbeiter nach den Ausführungen unter II.2. nur dann die durch § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] gezogenen Grenzen überschreitet, wenn ein Insolvenzverwalter die von ihm höchstpersönlich zu treffenden Entscheidungen über das "Ob" der einzelnen Abwicklungsmaßnahmen seinen Mitarbeitern überlässt und damit nicht mehr leitend und eigenverantwortlich das jeweilige Insolvenzverfahren betreibt. Eine solche Aufgabenverschiebung des [X.] hin zu den angestellten Mitarbeitern oder beauftragten Subunternehmern hat das [X.] nicht festgestellt; sie ist auch den Akten im Übrigen nicht zu entnehmen.

Meta

VIII R 13/10

15.12.2010

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 21. Januar 2010, Az: 14 K 575/08 G,Zerl, Urteil

§ 18 Abs 1 Nr 1 S 1 EStG 1990, § 18 Abs 1 Nr 1 S 3 EStG 1990, § 18 Abs 1 Nr 1 S 4 EStG 1990, § 18 Abs 1 Nr 3 EStG 1990, § 56 InsO, § 18 Abs 1 Nr 1 S 1 EStG 1997, § 18 Abs 1 Nr 1 S 3 EStG 1997, § 18 Abs 1 Nr 1 S 4 EStG 1997, § 18 Abs 1 Nr 3 EStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.12.2010, Az. VIII R 13/10 (REWIS RS 2010, 336)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 336

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