Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.12.2010, Az. VIII R 12/10

8. Senat | REWIS RS 2010, 385

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Gegenstand

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Beschluss vom 15.12.2010 VIII R 50/09 - Insolvenzverwaltertätigkeit als sonstige selbständige Arbeit auch bei Beschäftigung qualifizierter Mitarbeiter)


Leitsatz

1. NV: Einkünfte aus einer Tätigkeit als Insolvenzverwalter oder aus der Zwangsverwaltung von Liegenschaften sind, auch wenn sie von Rechtsanwälten erzielt werden, grundsätzlich den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzurechnen .

2. NV: Dies gilt auch dann, wenn der Insolvenzverwalter oder Zwangsverwalter die Tätigkeit unter Einsatz vorgebildeter Mitarbeiter ausübt, sofern er dabei selbst leitend und eigenverantwortlich tätig bleibt; insoweit sind § 18 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 4 und 4 EStG entsprechend anzuwenden (Aufgabe der Rechtsprechung zur sog. Vervielfältigungstheorie) .

Tatbestand

1

I. Die Revisionsklägerin ist Rechtsnachfolgerin ihres während des Revisionsverfahrens verstorbenen Ehemanns (nachfolgend Kläger). Dieser erzielte im Streitjahr 2000 als Rechtsanwalt und vereidigter Buchprüfer überwiegend Einnahmen aus seiner Insolvenzverwaltertätigkeit, die er in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Tätigkeit als Rechtsanwalt) erfasste.

2

Nach den Feststellungen einer Außenprüfung für die [X.] und 2001 betreute er jährlich etwa sieben bis elf Insolvenzverfahren im Bereich des Handwerks und des Mittelstandes. Dabei beschäftigte er im Streitjahr 2000

3

- einen Rechtsanwalt, der als Fachanwalt für Arbeitsrecht überwiegend zivilrechtliche und arbeitsgerichtliche Angelegenheiten, insbesondere im Rahmen von Insolvenzverfahren, erledigte sowie im Rahmen von Insolvenzverfahren Vertragsvorbereitungen, Vertragsabschlüsse sowie in Einzelfällen Verkäufe von Liegenschaften begleitete und den Kläger bei Abwesenheit vertrat,

4

- eine halbtags tätige Rechtsanwalts- und Notargehilfin ([X.]) mit langjähriger Berufserfahrung in der Insolvenzverwaltung und der Aufgabe (u.a.) der Tabellenführung, Anerkennung von Forderungen nach Rücksprache mit dem Kläger, Addition der angemeldeten Forderungen, Grundstücksermittlungen, Wertansatz für maschinelle Anlagen nach Rücksprache mit dem Kläger, Vorbereitung der Unterlagen, Insolvenzbuchführung, Umsatzsteuervoranmeldungen für kleinere und mittlere Verfahren, Besprechungen im Verbraucherinsolvenzverfahren anhand eines vom Kläger vorbereiteten Fragenkatalogs,

5

- fünf weitere Renogehilfen sowie eine Buchhalterin, drei Auszubildende und eine Reinigungskraft.

6

Sonstige notwendige Tätigkeiten wie Finanzbuchhaltung, Jahresabschlüsse und [X.] vergab er grundsätzlich an Dritte.

7

Aufgrund der Feststellungen des [X.] beurteilte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) die Einkünfte des [X.] wegen fehlender höchstpersönlicher Berufsausübung unter Hinweis auf die sog. Vervielfältigungstheorie insgesamt als solche aus Gewerbebetrieb und setzte dementsprechend für das Streitjahr einen [X.] fest. Auf den dagegen eingelegten Einspruch verminderte das [X.] den [X.] um den Anteil der Einnahmen des [X.] aus sonstiger anwaltlicher Tätigkeit (20 %). Im Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück, weil die Insolvenzverwaltertätigkeit nicht als gewerbesteuerfreie anwaltliche Berufsausübung angesehen werden könne.

8

Die daraufhin erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) als unbegründet ab. Dagegen richtet sich die Revision des [X.].

9

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil sowie den angefochtenen Gewerbesteuermessbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Der für die Zurechnung zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit erforderliche persönliche Arbeitseinsatz des Insolvenzverwalters sei nicht mehr gegeben, wenn er sich in wesentlichen Bereichen lediglich die Entscheidungskompetenz vorbehalte. Für die Tätigkeit des Insolvenzverwalters nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) genüge es nämlich nicht, wie für die freiberufliche Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 der Vorschrift, nur leitend und eigenverantwortlich tätig zu sein.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil sowie der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung sind aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. Zu Unrecht hat das [X.] die Einkünfte des [X.] aus seiner Tätigkeit als Insolvenzverwalter wegen Beteiligung fachlich vorgebildeter Angestellter an der Tätigkeit als gewerblich angesehen und deshalb der Gewerbesteuer unterworfen. Die Einkünfte sind vielmehr als solche aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zu erfassen und unterliegen dementsprechend nicht der Gewerbesteuerpflicht.

a) Die Tätigkeit eines Insolvenz-, Zwangs- und Vergleichsverwalters ist nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) eine vermögensverwaltende i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] und keine freiberufliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ([X.]-Urteile vom 29. März 1961 [X.], [X.]E 73, 100, [X.]I 1961, 306; vom 5. Juli 1973 IV R 127/69, [X.]E 110, 40, [X.] 1973, 730; vom 11. Mai 1989 IV R 152/86, [X.]E 157, 148, [X.] 1989, 729).

Dies gilt nach der Rechtsprechung des [X.] auch dann, wenn die Tätigkeit --wie im [X.] durch einen Rechtsanwalt ausgeübt wird, weil sie nicht für einen Rechtsanwalt berufstypisch ist ([X.]-Urteil vom 12. Dezember 2001 [X.]/00, [X.]E 197, 442, [X.] 2002, 202 mit kritischer Anmerkung [X.], [X.] 2005, 308; [X.], Festschrift für [X.], 2005, 41; Verfassungsbeschwerde gemäß §§ 93a, 93b des Gesetzes über das [X.] --BVerfG-- nicht zur Entscheidung angenommen, Beschluss des [X.]s vom 5. März 2003  1 BvR 437/02; [X.]-Beschluss vom 14. Juli 2008 [X.]/07, [X.]/NV 2008, 1874). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Zur Begründung verweist er auf das Urteil vom 15. Dezember 2010 im Verfahren [X.]/09, [X.]E 232, 162.

b) Die danach --selbst bei Ausübung durch einen [X.] den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zuzurechnende Insolvenzverwaltertätigkeit ist entgegen der Auffassung des [X.] nicht wegen der Beteiligung qualifizierter Mitarbeiter an der Abwicklung der einzelnen Insolvenzverfahren als gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 [X.] zu beurteilen. Die abweichende Auffassung des [X.] beruht auf der bislang vom [X.] im Anwendungsbereich des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] vertretenen sog. Vervielfältigungstheorie, nach der die sonstige selbständige Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] grundsätzlich persönlich --d.h. ohne die Mithilfe fachlich vorgebildeter [X.] ausgeübt werden muss ([X.]-Urteile vom 13. Mai 1966 VI 63/64, [X.]E 86, 305, [X.]I 1966, 489 mit zustimmender Anmerkung Gollub, Anmerkungen zur [X.], Einkommensteuergesetz bis 1974, § 18, [X.]; vom 25. November 1970 [X.], [X.]E 101, 215, [X.] 1971, 239; vom 11. August 1994 IV R 126/91, [X.]E 175, 284, [X.] 1994, 936; in [X.]E 197, 442, [X.] 2002, 202: Umkehrschluss aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.]; ebenso [X.]/[X.], § 18 [X.] [X.]; [X.]/Wacker, [X.], 29. Aufl., § 18 Rz 23; Kanzler, [X.] 1994, 114; [X.] Köln, Urteil vom 13. August 2008  4 K 3303/06, Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2009, 669, rechtskräftig).

An dieser Rechtsprechung hält der Senat, auf den die alleinige Zuständigkeit für die Einkünfte aus selbständiger Arbeit übergegangen ist, nach erneuter Prüfung nicht mehr fest.

Wegen der Einzelheiten der Begründung wird insoweit ebenfalls auf das Urteil des Senats vom 15. Dezember 2010 [X.]/09 verwiesen.

c) Die somit auch für Insolvenzverwalter als Vermögensverwalter i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zulässige Mitarbeit fachlich [X.] setzt allerdings voraus, dass der Berufsträger trotz solcher Mitarbeiter weiterhin seinen Beruf leitend und eigenverantwortlich ausübt. Insoweit ist § 18 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 3 und 4 [X.] entsprechend anzuwenden.

aa) Diesem Erfordernis entspricht eine Berufsausübung nur, wenn sie über die Festlegung der Grundzüge der Organisation und der dienstlichen Aufsicht hinaus durch Planung, Überwachung und Kompetenz zur Entscheidung in Zweifelsfällen gekennzeichnet ist ([X.]-Urteile vom 29. Juli 1965 IV 61/65 U, [X.]E 83, 154, [X.]I 1965, 557; vom 5. Juni 1997 IV R 43/96, [X.]E 183, 424, [X.] 1997, 681) und die Teilnahme des [X.] an der praktischen Arbeit in ausreichendem Maße gewährleistet ([X.]-Urteil vom 11. September 1968 [X.], [X.]E 93, 468, [X.] 1968, 820; [X.]-Beschluss vom 7. Oktober 1987 [X.], [X.]E 151, 147, [X.] 1988, 17; [X.]-Urteil vom 30. September 1999 [X.], [X.]E 189, 569; [X.]-Beschluss vom 31. August 2005 [X.]/03, [X.]/NV 2006, 48, m.w.N.).

Nur unter diesen Voraussetzungen trägt die Arbeitsleistung --selbst wenn der Berufsträger ausnahmsweise in einzelnen Routinefällen nicht mitarbeitet-- den erforderlichen "Stempel der Persönlichkeit" des Steuerpflichtigen ([X.]-Urteile vom 1. Februar 1990 IV R 140/88, [X.]E 159, 535, [X.] 1990, 507; vom 21. März 1995 [X.], [X.]E 177, 377, [X.] 1995, 732; vom 14. März 2007 [X.], [X.]/NV 2007, 1319).

bb) Ob diese Voraussetzungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Arbeitsorganisation einer Insolvenzverwalterpraxis wie auch der Zahl der betreuten Verfahren und der Zahl qualifizierter Mitarbeiter vorliegen, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und -würdigung, die den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz obliegt. Diese Würdigung ist jeweils nach den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalls und den Besonderheiten des jeweiligen Berufs vorzunehmen ([X.]-Entscheidung vom 7. Mai 1997 [X.], [X.]/NV 1997, 800). Sie wird insbesondere bei Ausübung der Insolvenzverwaltertätigkeit im Wesentlichen dadurch bestimmt, was nach den Regelungen der Insolvenzordnung ([X.]) zu den höchstpersönlich auszuführenden Aufgaben eines Insolvenzverwalters gehört.

(1) Dabei eröffnet das Leitbild der Insolvenzverwaltung als [X.] Tätigkeit unter Verwertung besonderer Wirtschafts- und Rechtskenntnisse (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 73, 100, [X.]I 1961, 306) einen umso größeren Spielraum für die Beschäftigung von Mitarbeitern, je mehr es um einfachere [X.] Tätigkeiten geht. Je mehr die Insolvenzverwaltertätigkeit dagegen Grundentscheidungen in der Durchführung des Insolvenzverfahrens betrifft und damit eher besondere Wirtschafts- und Rechtskenntnisse erforderlich macht, spricht dies für die Notwendigkeit höchstpersönlicher Tätigkeit des [X.]. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat ebenfalls auf sein Urteil vom 15. Dezember 2010 [X.]/09.

(2) Danach ist für Abgrenzung von zulässiger Mitarbeiterbeschäftigung und gebotener höchstpersönlicher Berufsausübung des Insolvenzverwalters entscheidend, ob Organisation und Abwicklung des Insolvenzverfahrens insgesamt den "Stempel der Persönlichkeit" desjenigen tragen, dem nach § 56 [X.] das Amt eines Insolvenzverwalters vom Insolvenzgericht übertragen worden ist.

Dies erfordert, dass die Entscheidungen über das "Ob" bestimmter Einzelakte im Rahmen des Insolvenzverfahrens wie z.B. die Führung eines Anfechtungsprozesses oder die Aufnahme eines nach § 240 der Zivilprozessordnung unterbrochenen Prozesses, die Entscheidung über die Kündigung und Entlassung von Arbeitnehmern sowie die Entscheidung über die Art der Verwertung der Masse durch den Insolvenzverwalter persönlich zu treffen sind. Auch die zentralen Aufgaben des Insolvenzverwalters wie die Berichtspflicht gegenüber dem Insolvenzgericht, der Gläubigerversammlung und dem Gläubigerausschuss (§§ 58 Abs. 1 Satz 2, 69, 79, 152, 156 [X.]), seine Pflicht zur Erstellung eines Insolvenzplans nach § 218 [X.] auf entsprechenden Beschluss der Gläubigerversammlung (§ 157 [X.]) wie auch die Schlussrechnungslegung (§ 66 [X.]) muss er unbeschadet etwaiger Zulieferungs- und Hilfsarbeiten seiner Mitarbeiter im Wesentlichen selbst vornehmen.

Hat er Entscheidungen dieser Art (höchstpersönlich) getroffen, bleibt seine Tätigkeit auch dann eine solche i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.], wenn er das "Wie", nämlich die kaufmännisch-technische Umsetzung dieser Entscheidung wie z.B. die anwaltliche Durchführung eines Prozesses, die Kündigung bzw. Abwicklung der Entlassung von Arbeitnehmern oder die Verwertung der Masse durch Versteigerung auf Dritte überträgt. Denn der Gesetzgeber hat in der [X.] für diese kaufmännisch-technischen Abwicklungsmaßnahmen, anders als für die Berichtspflichten nach den §§ 58 Abs. 1 Satz 2, 156 [X.] keine höchstpersönliche Wahrnehmung durch den Insolvenzverwalter vorgeschrieben (vgl. zu diesen Abwicklungsmaßnahmen auch [X.] Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Juni 2007  4 K 2063/05, E[X.] 2007, 1523). Sie können mithin entsprechend § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] qualifizierten Hilfspersonen übertragen werden (vgl. [X.], [X.] Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht --[X.]-- 2002, 265; [X.], [X.] 2002, 316).

(3) Auf dieser Grundlage kann allein aus der Anzahl der für einen Insolvenzverwalter tätigen Hilfspersonen nicht abgeleitet werden, inwieweit der Insolvenzverwalter seine Aufgaben selbständig und höchstpersönlich wahrnimmt. Deshalb kann nicht allein wegen der Beschäftigung von mehr als einem (gleich) qualifizierten Mitarbeiter die gewerbliche Qualifizierung der Einkünfte des Insolvenzverwalters gefolgert werden ([X.], Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung 2002, 190; Leibner, [X.] 2002, 273; [X.], Betriebs-Berater 2002, 1727). Dies gilt umso mehr, als die Insolvenzverwaltertätigkeit als [X.] Aufgabe ([X.]-Urteil in [X.]E 73, 100, [X.]I 1961, 306) weniger durch einen "persönlichen Dienst am Kunden" als vielmehr durch eine Vielzahl von Einzelgeschäften und einen dadurch bedingten hohen Mitarbeitereinsatz geprägt wird (vgl. zu diesem Unterscheidungskriterium [X.]-Entscheidungen in [X.]/NV 1997, 800; in [X.]E 183, 424, [X.] 1997, 681; vom 10. Juni 1997 [X.], [X.]/NV 1998, 224; in [X.]E 189, 569; vom 30. August 2007 [X.], [X.]/NV 2007, 2280; vom 21. Januar 1999 [X.], [X.]/NV 1999, 822 - jeweils zum Pflegedienst).

Deshalb hat ein Insolvenzverwalter die erforderlichen höchstpersönlichen Organisations- und Entscheidungsleistungen im Regelfall selbst bei einer Mehrzahl beschäftigter qualifizierter Personen erbracht, wenn er über das "Ob" der einzelnen Abwicklungsmaßnahmen in jedem der von ihm betreuten Verfahren entschieden hat und die Umsetzung der Entscheidungen seiner Kontrolle unterliegt.

2. Nach diesen Grundsätzen ist nach Maßgabe der tatsächlichen Feststellungen des [X.] die im Streitfall ausgeübte Insolvenzverwaltertätigkeit als (sonstige) selbständige Arbeit i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zu beurteilen.

Die gegenteilige Auffassung des [X.] gründet sich allein auf die Feststellung, dass Gegenstand der Tätigkeit des angestellten Rechtsanwalts und der sonstigen Hilfspersonen nicht nur vorbereitende und mechanische, sondern auch Fachwissen erfordernde qualifizierte Arbeiten waren und der Kläger nur mit dieser Hilfe sowie mit der Auftragsvergabe an Dritte (zur Bewertung und Verwertung bzw. Versteigerung der Insolvenzmasse) die Zahl der übernommenen Insolvenzverfahren habe bewältigen können.

Dieser Einwand berücksichtigt indessen nicht, dass eine Entlastung durch Mitarbeiter nach den Ausführungen unter [X.] nur dann die durch § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] gezogenen Grenzen überschreitet, wenn der Insolvenzverwalter die von ihm höchstpersönlich zu treffenden Entscheidungen über das "Ob" der einzelnen Abwicklungsmaßnahmen seinen Mitarbeitern überlässt und damit nicht mehr leitend und eigenverantwortlich das jeweilige Insolvenzverfahren betreibt. Eine solche Aufgabenverschiebung des [X.] hin zu den angestellten Mitarbeitern oder beauftragten Subunternehmern hat das [X.] nicht festgestellt; sie ist auch den Akten im Übrigen nicht zu entnehmen.

Vielmehr ist aufgrund der bereits im Verfahren vor dem [X.] wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat unstreitig gebliebenen Struktur der [X.] mit nur einem angestellten Anwalt, einer halbtags tätigen Rechtsanwalts- und Notargehilfin, fünf weiteren Renogehilfen sowie einer Buchhalterin und drei Auszubildenden uneingeschränkt von einer leitenden und eigenverantwortlichen Berufsausübung des [X.] im Rahmen seiner Insolvenzverwaltertätigkeit auszugehen.

Meta

VIII R 12/10

15.12.2010

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 29. September 2009, Az: 13 K 32/07, Urteil

§ 18 Abs 1 Nr 1 S 1 EStG 1997, § 18 Abs 1 Nr 1 S 3 EStG 1997, § 18 Abs 1 Nr 1 S 4 EStG 1997, § 18 Abs 1 Nr 3 EStG 1997, § 56 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.12.2010, Az. VIII R 12/10 (REWIS RS 2010, 385)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 385

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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