Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2010, Az. XII ZB 148/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 598

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[X.]BESCHLUSS [X.] ZB 148/10 vom 8. Dezember 2010 in der Familiensache

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 8. Dezember 2010 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 20. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 18. August 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Außergerichtliche Kosten des [X.] wer-den nicht erstattet. Wert: bis 2.500 • Gründe: A. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Aufhebung der ihr bewilligten Prozesskostenhilfe. 1 Der Antragstellerin war auf Antrag ihres Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt S. mit Beschluss des Amtsgerichts vom 30. September 2005 ra-tenfreie Prozesskostenhilfe für ein Scheidungsverfahren bewilligt und Rechts-anwalt S. beigeordnet worden. Das Scheidungsverfahren wurde im Jahr 2006 rechtskräftig abgeschlossen. Im Zuge der [X.] än-2 - 3 - derte das Amtsgericht mit Beschluss vom 15. Juli 2008 den Prozesskostenhil-febewilligungsbeschluss dahin ab, dass die Antragstellerin ab 1. September 2008 monatliche Raten in Höhe von 30 • zu zahlen hatte. Nachdem die Antrag-stellerin auch nach Mahnung keine Zahlungen geleistet hatte, hob das Amtsge-richt mit Beschluss vom 2. Februar 2009 die Prozesskostenhilfe auf. Der [X.] ist der Antragstellerin ausweislich der [X.] am 5. Februar 2009 zugestellt und Rechtsanwalt S. formlos übermittelt worden. Die am 6. August 2009 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht als unzulässig verworfen. Hier-gegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde. 3 B. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefoch-tenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesge-richt. 4 Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 [X.] noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor [X.] Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - [X.] ZR 50/08 - FamRZ 2010 357 - Rn. 7 mwN). 5 I. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil das Beschwerdegericht sie ge-mäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 574 Abs. 2 ZPO zur Sicherung ei-6 - 4 - ner einheitlichen Rechtsprechung zugelassen hat und es um Fragen des Ver-fahrens der Prozesskostenhilfe geht (Senatsbeschlüsse vom 18. November 2009 - [X.] ZB 152/09 - FamRZ 2010, 197 - Rn. 5 mwN und vom 4. August 2004 - [X.] ZA 6/04 - FamRZ 2004, 1633 f.). [X.] Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. 7 1. Das [X.] hat die sofortige Beschwerde verworfen, weil sie wegen Versäumung der Beschwerdefrist unzulässig sei. Die Frist habe mit der wirksamen Zustellung der angefochtenen Entscheidung an die Antragstelle-rin begonnen. Auf den Zugang des Beschlusses bei dem - früheren - Prozess-bevollmächtigten der Antragstellerin komme es demgegenüber nicht an. Denn eine Zustellung an ihn sei nicht gemäß § 172 ZPO geboten gewesen. § 172 ZPO verlange die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten nur dann, wenn dieser in dem anhängigen Verfahren bestellt sei. Die von der Antragstellerin seinerzeit erteilte [X.] für das mit Urteil vom 11. Dezember 2006 rechtskräftig abgeschlossene Hauptsacheverfahren umfasse nicht die Betäti-gung des Bevollmächtigten im Verfahren der [X.]. Vielmehr handele es sich dabei um ein neues Verfahren, für das der vormalige Prozessbevollmächtigte nicht automatisch mandatiert sei. 8 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 9 Nach § 120 Abs. 4 ZPO kann das Gericht innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren ab rechtskräftiger Entscheidung oder sonstiger Beendigung des Verfahrens die Entscheidung über die im Rahmen der bewilligten [X.] zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die [X.] - 5 - hilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Auf Verlangen des Gerichts hat sich die [X.] darüber zu er-klären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Nach § 124 Nr. 2 Alt. 2 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die [X.] eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht abgegeben hat. In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob die Aufforderung zur Er-klärung über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse und der [X.], durch den nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens die für dieses Verfahren bewilligte Prozesskostenhilfe gemäß §§ 120 Abs. 4, 124 ZPO aufgehoben wird, der [X.] persönlich oder gemäß § 172 Abs. 1 ZPO deren (früheren) Prozessbevollmächtigten zugestellt werden müssen. 11 a) Überwiegend wird die Ansicht vertreten, die Zustellung könne wirksam nur an die [X.] erfolgen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft ende das anhängige Verfahren im Sinne des § 172 Abs. 1 ZPO. Das Verfahren gemäß §§ 120 Abs. 4, 124 ZPO gehöre nicht zum Rechtszug im Sinne dieser Norm. Ebenso wenig sei es einem der in § 172 Abs. 1 Satz 2 ZPO genannten Verfahren vergleichbar. Vielmehr stelle es ein selbständiges Verwaltungsverfahren und als solches ein neues Verfahren dar, welches einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO gleiche. Die Vertretung im [X.] sei auch nicht vom ge-setzlichen Umfang der [X.] gemäß § 81 ZPO umfasst ([X.], 315 f.; [X.] FamRZ 2009, 1234, 1235; [X.], 404 f.; [X.] [X.], 1358; [X.] FamRZ 2007, 908; [X.] FamRZ 1993, 580; Musielak/Fischer ZPO 7. Aufl. § 124 Rn. 3; Musielak/[X.] aaO § 172 Rn. 5; [X.]/[X.] ZPO 31. Aufl. 12 - 6 - § 172 Rn. 7; [X.]/Schütze/[X.]. § 172 Rn. 25; [X.]/[X.] ZPO 28. Aufl. § 120 Rn. 28, § 124 Rn. 23). 13 b) Nach der Gegenmeinung haben auch in einem nach Beendigung des Hauptsacheverfahrens durchgeführten Verfahren zur Überprüfung der [X.] (§§ 120 Abs. 4, 124 ZPO) Zustellungen jedenfalls dann gemäß § 172 Abs. 1 ZPO an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen, wenn dieser die [X.] bereits im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten hatte. Zur Begründung wird darauf abgestellt, dass zu einem anhängigen Pro-zesskostenhilfeverfahren auch das sich gegebenenfalls erst nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens anschließende Prozesskostenhilfeüberprüfungsver-fahren gehöre. Bei diesem Verfahren handele es sich um ein dem [X.] vergleichbares Verfahren, in dem gemäß § 172 Abs. 1 Satz 2 ZPO Zustellungen an den bestellten Prozessbevollmächtigten erfolgen müss-ten. Demgemäß erstrecke sich die von der [X.] für das Prozesskostenhilfe-verfahren erteilte [X.] auch auf das sich anschließende [X.]überprüfungsverfahren ([X.] Beschluss vom 19. Juli 2006 - 3 [X.] 18/06 - juris; [X.] FamRZ 2009, 1426 f.; 2008, 1356, 1357; 2008, 72 und Beschluss vom 1. Februar 2008 - 9 WF 362/07 - juris; [X.] [X.] vom 30. Januar 2007 - 2 WF 9/07 - juris; [X.] 2007, 175; [X.] 2003, 948; [X.]/[X.]/[X.] ZPO 69. Aufl. § 120 Rn. 32; [X.]/Häublein 3. Aufl. § 172 Rn. 19). 14 3. Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. 15 Auch nach Beendigung der Instanz bzw. des Hauptsacheverfahrens müssen Zustellungen im [X.] jedenfalls 16 - 7 - dann gemäß § 172 ZPO an den Prozessbevollmächtigten erfolgen, wenn dieser die [X.] im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten hat. 17 a) Das [X.] gehört zum Rechtszug im Sinne des § 172 Abs. 1 ZPO. 18 aa) Zweck der Vorschrift ist, im Interesse der Prozessökonomie und der Privatautonomie sicher zu stellen, dass der von der [X.] bestellte Prozessbe-vollmächtigte, in dessen Verantwortung die Prozessführung liegt, über den ge-samten [X.] informiert wird und sich somit in dessen Hand alle Fäden des Prozesses vereinigen ([X.] Urteile vom 19. September 2007 - [X.] 44/07 - [X.], 141 - Rn. 10 und vom 17. Januar 2002 - [X.] - NJW 2002, 1728, 1729; Musielak/[X.] ZPO 7. Aufl. § 172 Rn. 1; [X.] ZPO 22. Aufl. § 172 Rn. 1; [X.]/[X.]/[X.] ZPO 69. Aufl. § 172 Rn. 2). Für den Gesetzgeber lag der Grund für die obligatorische Zustellung an den Prozessbevollmächtigten in der Annahme, dass die [X.] durch die Erteilung der [X.] das Betreiben des Prozesses aus der Hand gegeben hat und deshalb der Prozessbevollmächtigte und nicht das Gericht die [X.] über den jeweiligen Stand des Prozesses auf dem Laufenden zu halten habe. Dem Interesse der [X.] sei im Falle der Zu-stellung an ihren Anwalt mehr gedient, als wenn an sie selbst zugestellt werde. Denn in den meisten Fällen werde sich die [X.] ohnehin an ihren Anwalt [X.] müssen, weil sie außer Stande sei, die Angemessenheit oder Notwendig-keit der weiteren Schritte beurteilen zu können [X.]/[X.] Die gesamten Materialien zu den [X.] 2 Materialien zur [X.] 1 2. Aufl. 1983 S. 227 f.). [X.]) [X.] an einer umfassenden Information des Prozessbevoll-mächtigten besteht über den formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens 19 - 8 - hinaus. Dem tragen § 172 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO Rechnung, die den Umfang des Rechtszugs über das Hauptsacheverfahren hinaus auf weitere Verfahren erstrecken. Die in § 172 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO enthaltene Aufzählung ist dabei nicht abschließend ([X.]/[X.] 2. Aufl. § 178 Rn. 1; [X.]/Schütze/[X.] § 172 Rn. 24; [X.] ZPO 22. Aufl. § 172 Rn. 15; aA [X.], 315, 316). Der Gesetzgeber verfolgte mit der Vorgängernorm des § 172 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO nicht die Absicht, einen erschöpfenden Katalog der noch zum Rechtszug zählenden [X.] zu erstellen. Vielmehr wollte er lediglich einzelne Zweifelsfälle einer ausdrücklichen Regelung zuführen [X.]/[X.] aaO S. 229). Dafür spricht auch deren Unvollständigkeit. So wird das Kostenfestsetzungsverfahren (§ 103 ff. ZPO) nicht genannt, das nach einhelliger Meinung Teil des [X.] im Sinne des § 172 Abs. 1 ZPO ist ([X.] NJW 1990, 1104 f.; [X.] ZPO 22. Aufl. § 172 Rn. 14; [X.]/[X.] ZPO 28. Aufl. § 172 Rn. 14), obwohl es bei Eintritt der formellen Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache (vgl. [X.] Beschluss vom 1. Februar 1995 - [X.] 53/94 - NJW 1995, 1095, 1096) häufig noch nicht abgeschlossen ist. Auch erfordert der Zweck des § 172 ZPO, den Prozessbevollmächtigten umfassend zu [X.], eine weite Auslegung der Norm (vgl. [X.]/[X.]/[X.] ZPO 69. Aufl. § 172 Rn. 2). [X.]) Das [X.] gehört nach dem Zweck des § 172 ZPO in dessen Anwendungsbereich. 20 Die Prozesskostenhilfe hängt eng mit dem Hauptsacheverfahren zu-sammen. Ihre Bewilligung setzt gemäß § 114 ZPO die Erfolgsaussicht der be-absichtigten Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung voraus. Außerdem schafft die Prozesskostenhilfe für die bedürftige [X.] erst die wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür, einen Prozess in der Hauptsache zu führen bzw. sich 21 - 9 - darin zu verteidigen. Auch wirkt sich eine Aufhebung der Prozesskostenhilfe gemäß § 124 ZPO auf die Kostentragungspflicht und damit auf die [X.] Grundlage der Prozessführung aus. Mit der Aufhebung der [X.] entfallen für die [X.] rückwirkend die Vergünstigungen des § 122 ZPO. Die Staatskasse kann insbesondere die Gerichtskosten und die auf sie überge-gangenen Ansprüche des beigeordneten Anwalts gegen die [X.] geltend ma-chen, auch kann der Rechtsanwalt nunmehr die volle Wahlanwaltsgebühr von der [X.] fordern ([X.]/[X.] 3. Aufl. § 122 Rn. 15, § 124 Rn. 25; Musielak/Fischer ZPO 7. Aufl. § 124 Rn. 10; [X.]/[X.] ZPO 28. Aufl. § 124 Rn. 24). Entsprechend besteht ein Interesse der [X.] daran, dass das gesamte Prozesskostenhilfeverfahren in den Händen ihres Prozessbevollmächtigten zu-sammengeführt und dieser dadurch in die Lage versetzt wird, die [X.] über den jeweiligen Stand dieses Verfahrens auf dem Laufenden zu halten und die notwendigen Schritte zu unternehmen. 22 Diese Interessenlage ändert sich durch den formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht. Hat die [X.] ihren Prozessbevollmächtigten für das Prozesskostenhilfeverfahren beauftragt, rechnet sie nicht damit, in diesem Verfahren selbst tätig werden zu müssen. Vielmehr geht sie davon aus, dass ihr Prozessbevollmächtigter sie informieren und beraten wird, wenn [X.] besteht. Dabei wird sie nicht danach differenzieren, ob das Hauptsachever-fahren bereits beendet ist oder nicht. Dem Interesse der [X.] kann der Pro-zessbevollmächtigte aber nur dann Rechnung tragen, wenn das Gericht ihm auch über den formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinaus Kenntnis von der Fortführung des [X.] im Überprüfungsverfah-ren verschafft. 23 - 10 - [X.]) Dafür, dass das [X.] auch über den formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinaus als zur Instanz ge-hörendes Verfahren angesehen wird, spricht auch, dass die Aktenführung wei-terhin unter dem Aktenzeichen des Hauptsacheverfahrens erfolgt und daher auch von den Beteiligten - mehr noch als das Wiederaufnahmeverfahren - als mit dem Hauptsacheverfahren zusammenhängend wahrgenommen wird. Im Übrigen wird eine [X.] nur schwer verstehen, dass sie bis zur Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung auf Anfragen und Entscheidungen des Gerichts nicht selbst reagieren muss, sondern sich auf die Information und Beratung durch ihren Rechtsanwalt verlassen kann, dass sie aber nach Ablauf der Rechtsmittel-frist selbst tätig werden muss. 24 ee) Gegen eine Anwendung des § 172 ZPO auf das Prozesskostenhilfe-überprüfungsverfahren spricht auch nicht die von der Gegenansicht gezogene Parallele zum - vom Anwendungsbereich des § 172 ZPO nicht umfassten - [X.] gemäß § 323 ZPO bzw. §§ 238 ff. FamFG ([X.]/[X.] ZPO 28. Aufl. § 120 Rn. 28). Das [X.] ist enger mit dem Hauptsacheverfahren verknüpft als das - selbständige - Abände-rungsverfahren. Die Aufhebung der Prozesskostenhilfe wirkt sich unmittelbar auf die Kostentragungspflicht für das Hauptsacheverfahren aus. Sie hat zur Fol-ge, dass für die [X.] die Vergünstigungen des § 122 ZPO rückwirkend entfal-len. Im Übrigen ist allenfalls das Verfahren gemäß § 120 Abs. 4 ZPO, welches eine Anpassung der Ratenzahlungspflicht an veränderte Verhältnisse ermög-licht, mit dem Abänderungsverfahren gemäß § 323 ZPO bzw. §§ 238 ff. FamFG vergleichbar. Demgegenüber haben die Aufhebungsgründe des § 124 ZPO, zu denen gemäß § 124 Nr. 2 Alt. 2 ZPO auch die unterlassene Abgabe einer Er-klärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO gehört, keine Änderung der Verhältnisse zur Voraussetzung. Es erscheint indes nicht sachgerecht, innerhalb des [X.] zu differenzieren und dieses nur teil-weise vom Anwendungsbereich des § 172 ZPO auszunehmen. 26 ff) Auch das Argument der Gegenansicht, es handele sich bei dem [X.] um eine Verwaltungsangelegenheit ([X.] FamRZ 2009, 1234, 1235; [X.], 315, 316; [X.] FamRZ 1993, 580), auf die § 172 ZPO nicht anwendbar sei, greift nicht. Zuständig für die Änderung bzw. Aufhebung bleibt auch nach rechtskräf-tiger Beendigung des Hauptsacheverfahrens das Gericht. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 120 Abs. 4 ZPO, wonach das Gericht noch vier Jahre nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens den [X.] abändern kann (Schoreit/[X.] Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe, Verfahrens-kostenhilfe 10. Aufl. § 120 ZPO [X.] mwN). Das Überprüfungs- bzw. Abände-rungsverfahren ist Teil des [X.]. Für dieses gilt § 172 ZPO ([X.] Beschluss vom 19. Juli 2006 - 3 [X.] 18/06 - juris). b) Weitere Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 172 ZPO ist die (fortdauernde) Bestellung des Prozessbevollmächtigten der [X.] für das in Rede stehende Verfahren. Davon ist hier auszugehen. Der [X.] der Antragstellerin hatte für diese bereits Prozesskostenhilfe beantragt und sich damit im Prozesskostenhilfeverfahren für sie bestellt. Das [X.]verfahren umfasst nicht nur das Verfahren bis zur Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfebewilligung, sondern auch das sich anschließen-de Verfahren zur Überprüfung der Prozesskostenhilfebewilligung gemäß §§ 120 Abs. 4, 124 ZPO. Dabei ist ohne Bedeutung, ob das Hauptverfahren zu diesem Zeitpunkt bereits formell abgeschlossen ist. Denn das Gesetz trennt nicht zwi-schen dem Verfahren bis zur Entscheidung über die Bewilligung der [X.] einerseits und dem Verfahren betreffend die Abwicklung der bewil-ligten Prozesskostenhilfe andererseits. Dies folgt zum einen aus der [X.] Systematik der §§ 114 ff. ZPO, die das Verfahren gemäß §§ 120 Abs. 4, 124 ZPO nicht als eigenständiges Verfahren erfasst, und zum anderen aus der [X.] in § 127 ZPO, die lediglich das Verfahren über die Pro-zesskostenhilfe kennt und damit keine Differenzierung zwischen verschiedenen selbständigen Verfahren zulässt ([X.] 2003, 948; im Ergebnis ebenso [X.] Beschluss vom 19. Juli 2006 - 3 [X.] 18/06 - juris Rn. 10; [X.] [X.], 1356, 1357; aA [X.]/[X.] ZPO 28. Aufl. § 120 Rn. 28). I[X.] Die angefochtene Entscheidung kann danach keinen Bestand haben. Der Beschluss des Amtsgerichts vom 20. Mai 2008, durch den die [X.] aufgehoben wurde, hätte gemäß § 172 ZPO dem [X.]n der Antragstellerin zugestellt werden müssen. Die Zustellung an die An-tragstellerin persönlich war nicht wirksam und hat die Beschwerdefrist nicht in Lauf gesetzt (vgl. [X.] Beschluss vom 28. November 2006 - [X.] 52/06 - NJW-RR 2007, 356 - Rn. 6 mwN). Da die Antragstellerin die - auch ansonsten zulässige - sofortige Beschwerde somit fristgerecht eingelegt hat, hat das [X.] diese zu Unrecht als unzulässig verworfen. Auf den [X.] - 13 - se gestellten Wiedereinsetzungsantrag der [X.] kommt es [X.] nicht an. Die Sache ist an das [X.] zur Entscheidung über die Begründetheit der sofortigen Beschwerde zurückzuverweisen. Hahne [X.] Vézina Dose [X.]: [X.], Entscheidung vom 02.02.2009 - 3 [X.]/05 - [X.], Entscheidung vom 18.08.2009 - 20 WF 698/09 -

Meta

XII ZB 148/10

08.12.2010

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2010, Az. XII ZB 148/10 (REWIS RS 2010, 598)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 598

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