Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2005, Az. II ZR 252/03

II. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3019

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL II ZR 252/03 Verkündet am: 20. Juni 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein

HGB §§ 110, 172 Abs. 4

Kommanditisten, deren Kapitalkonto durch gesellschaftsvertraglich zugelassene Ausschüttungen negativ geworden ist und die zur Abwendung einer Krisen-situation der [X.] ohne rechtliche Verpflichtung die Entnahmen an die Kommanditgesellschaft zurückzahlen, erbringen auch dann ein die Erstattungs-pflicht der [X.] nach § 110 HGB auslösendes Sonderopfer, wenn sie mit der Zahlung zugleich dafür sorgen, daß sie in einem etwaigen späteren Insolvenzverfahren im Außenverhältnis nicht nach § 172 Abs. 4 HGB in Anspruch genommen werden können.

[X.], Versäumnisurteil vom 20. Juni 2005 - II ZR 252/03 - [X.]

LG Mainz - 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2005 durch [X.] und [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 10. Juli 2003 aufgehoben. Die Berufung des [X.] gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 22. August 2002 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger ist einer von zahlreichen Kommanditisten der in Liquidation befindlichen Beklagten. Gegenstand des Unternehmens war der Kauf eines größeren Gebäudekomplexes in [X.] und dessen gewerbliche Nutzung. Nach dem [X.]svertrag sind die [X.]er zu [X.] nicht verpflichtet; sie haben Anspruch auf Ausschüttung der Einnahmen der Gesell-schaft, die "nicht zur Erfüllung vertraglicher, gesetzlicher oder sonstiger [X.] benötigt werden"; dies gilt auch dann, wenn das Kapitalkonto durch vorherige Entnahmen negativ geworden war. Auf diese Weise sind an alle [X.] - leger zwischen 1983 und 1994 19,5 % ihrer Hafteinlagen zurückgezahlt [X.]. Die [X.] geriet ab 1996 wegen Schwierigkeiten bei der Vermie-tung des [X.]sgrundstücks in eine finanzielle Lage, in der sie die bei der Hauptkreditgeberin, der [X.], aufgenommenen Darlehen nicht mehr vertragsmäßig bedienen konnte. Da die Kündigung der Kredite drohte, forderte der Komplementär der Beklagten die Kommanditisten auf, von den [X.] Ausschüttungen einen Teilbetrag wieder einzuzahlen, wobei eine Ver-zinsung dieses Betrages in Aussicht gestellt wurde. Anders als der Kläger kamen dieser Aufforderung eine Reihe von [X.]ern nach. Mit dem auf diese Weise auf einem für die [X.] bei ihr geführten Konto eingegangenen [X.] von 1,3 Mio. DM gab sich die Bank indessen nicht zufrieden, sondern [X.] die Einzahlung weiterer Mittel, wenn sie weiterhin stillhalten sollte. [X.] kam es am 23. Juni 1998 zu einer [X.]erversammlung, an der auch Vertreter des Kreditinstituts teilnahmen. Sie wiesen darauf hin, daß im Falle einer Kreditkündigung die Stellung eines Konkursantrags unausweichlich werde und die Kommanditisten dann an den Konkursverwalter die bezogenen Ausschüttungen nach § 172 Abs. 4 HGB ohnehin zurückzahlen müßten; diese Haftung entfalle bei einer freiwilligen Rückzahlung der Ausschüttungen, außer-dem bestehe bei einem günstigen Verkauf der Immobilie die Chance eines an die [X.]er zu verteilenden Überschusses. Daraufhin wurde mehrheitlich die Rückzahlung der Ausschüttungen beschlossen. Auch diesmal leistete der Kläger - anders als die meisten anderen Kommanditisten - nicht. In der Folgezeit ist es gelungen, den Konkurs abzuwenden, weil das Grundstück verkauft werden konnte. Da der [X.] und die Bank ganz oder teilweise auf ihre Forderungen verzichtet haben, ist ein geringer Ü-- 4 - berschuß entstanden, um dessen [X.] im Rahmen der laufenden Liquidation Streit besteht. Die Liquidatoren vertreten die Auffassung, daß nach Befriedigung aller außenstehenden Gläubiger zunächst diejenigen [X.] wegen ihrer Forderungen bedient werden müssen, die in der Notsituation die früher bezogenen Ausschüttungen zurückgezahlt haben. Der Kläger - er ginge angesichts des nicht sehr großen Überschusses weitgehend leer aus, wenn die Liquidatoren entsprechend verfahren - sieht für die beabsichtigte Form der Verteilung keine Grundlage, weil eine entsprechende Verpflichtung der Kommanditisten zur Wiedereinzahlung der Ausschüttungen nach dem Ge-sellschaftsvertrag nicht bestanden habe und auch durch den [X.]er-beschluß vom 23. Juni 1998 nicht wirksam begründet worden sei und weil seine Mitgesellschafter obendrein in Kenntnis dieses Umstandes (§ 814 BGB) geleis-tet hätten. Mit seiner Klage will er erreichen, daß die Unzulässigkeit des beschrie-benen Vorgehens der Liquidatoren festgestellt, hilfsweise die Auszahlung ent-sprechender Beträge untersagt wird. Das [X.] hat die Klage abgewie-sen, das [X.] hat ihr auf die Berufung des [X.] hingegen ent-sprochen. Mit der - vom [X.]at zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Entscheidungsgründe: [X.] Über die Revision der Beklagten ist, da der Kläger trotz ordnungsge-mäßer Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, durch [X.] zu entscheiden, das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, son-dern einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht ([X.] 37, 79, 81). - 5 - I[X.] Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochte-nen Urteils zur Zurückweisung der Berufung des [X.] und damit zur Wieder-herstellung der Entscheidung des [X.]s. 1. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Kommanditisten, welche in der Notsituation der [X.] mit ihren Einzahlungen zur Seite gestanden ha-ben, könnten Rückzahlung dieses Betrages nicht verlangen, da ein Darlehens-vertrag nicht zustande gekommen sei, [X.] nicht [X.] und ein Erstattungsanspruch nach § 110 HGB stillschweigend durch den [X.]erbeschluß vom 23. Juni 1998 abbedungen worden sei. 2. Dies hält - ohne daß der [X.]at auf sämtliche Erwägungen des [X.] und die hiergegen von der Revision vorgebrachten Einwände eingehen müßte - in einem entscheidenden Punkt revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Der Anspruch auf Erstattung der geleisteten Zahlungen ergibt sich nämlich aus § 110 HGB; die Annahme des Berufungsgerichts, die zahlenden Kommanditisten hätten auf diesen Anspruch stillschweigend verzichtet, ist das Ergebnis einer rechtsfehlerhaften, die beteiligten Interessen nicht sachgerecht einbeziehenden und den Vortrag der Parteien nur unvollständig verwertenden Auslegung. a) Die zahlenden Kommanditisten haben - wie der Kläger zutreffend [X.] - der [X.] ohne rechtliche Verpflichtung die in der Vergangenheit empfan-genen Ausschüttungen zurückgezahlt. Im Innenverhältnis waren sie hierzu nicht verpflichtet, weil der [X.]svertrag auch für den Fall des Entstehens eines negativen [X.] eine solche Erstattungspflicht ausschließt und der mit nur einfacher Mehrheit gefaßte Beschluß vom 23. Juni 1998 den Ge-sellschaftsvertrag schon aus formalen Gründen nicht hat ändern können. Auch inhaltlich zielt diese Entschließung der [X.]erversammlung nicht auf - 6 - eine Änderung des [X.]svertrages, sondern enthält nicht mehr als einen Appell an die [X.]er, die gebotene Chance zu ergreifen und die sonst unmittelbar drohende Stellung des [X.] abzuwenden. b) Durch ihre Überweisungen haben die Kommanditisten gleichzeitig die empfangenen Ausschüttungen zurückgezahlt, die Schulden der [X.] gegenüber der [X.] teilweise getilgt und schließlich dafür vorge- sorgt, daß sie bei einem etwa doch noch notwendigen Insolvenzverfahren von dem Verwalter nach § 172 Abs. 4 HGB nicht mehr belangt werden konnten. Haben sie danach ohne Verpflichtung im Innenverhältnis geleistet, handelt es sich um das die Anwendbarkeit des § 110 HGB auslösende Sonderopfer ([X.].Urt. v. 17. Dezember 2001 - [X.], [X.], 394). Daß die Gesell-schafter damit zugleich eigene - zu dieser Zeit nicht fällige, sondern von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder einer individuellen Inanspruchnahme durch [X.]sgläubiger abhängige - Verbindlichkeiten getilgt haben, steht der Anwendbarkeit dieser Vorschrift nicht entgegen (allg.[X.]/ Boujong/[X.], HGB § 110 Rdn. 12 m.w.Nachw. in [X.]. 47). c) Dem Berufungsgericht kann nicht darin gefolgt werden, daß die [X.] auf diesen Erstattungsanspruch verzichtet haben. Dem Beschluß vom 23. Juni 1998 ist dies nicht zu entnehmen. Nach der Vorgeschichte des - nur zu freiwilligen Zahlungen auffordernden - Beschlusses waren die zahlen-den [X.]er allerdings gehindert, sofort Erstattung von der [X.] für ihr Sonderopfer zu fordern, weil anders der Zweck der Zahlung, die [X.] Stärkung der [X.], die Abwendung der Kreditkündigung durch die [X.] und des dann sofort zu stellenden Insolvenzantrags und der dadurch erstrebte Zeitgewinn für eine freihändige Veräußerung des Gesell-schaftsgrundstücks, nicht erreicht werden konnte. Das bedeutet indessen nicht, - 7 - daß die zahlenden [X.]er auf Dauer, insbesondere für den Fall eines Gelingens des von der Geschäftsführung vorgestellten Vorhabens - im wirt-schaftlichen Ergebnis: zugunsten der [X.]er, die sich wie der Kläger einer Hilfeleistung an die [X.] verweigerten - auf die Geltendmachung ihrer [X.] verzichten wollten. Dieser nach der Interessenlage der Beteiligten sich aufdrängende Wille, nur vorübergehend die [X.] zu stützen, kommt in der dem genannten Beschluß vorangehenden Diskussion nicht nur in der wiederholt angesprochenen Zielsetzung der Aktion, sondern vor allem da-durch deutlich zum Ausdruck, daß die freiwillige Rückzahlung mit der Hoffnung auf einen "Teilrückfluß ... nach erfolgreicher freihändiger Verwertung des [X.]" verbunden wurde. Goette [X.] Gehrlein
Strohn [X.]

Meta

II ZR 252/03

20.06.2005

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2005, Az. II ZR 252/03 (REWIS RS 2005, 3019)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3019

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