Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2017, Az. 2 StR 160/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 8194

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[X.]:[X.]:BG[X.]:2017:120717U2STR160.16.0

BUN[X.]SGERIC[X.]TS[X.]OF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
2 StR 160/16
vom
12. Juli
2017
in der Strafsache
gegen

wegen schweren Raubes u. a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 12. Juli 2017, an der teilgenommen haben:
Richter
am [X.]
Dr. Appl

als Vorsitzender,

[X.] am [X.]
Prof. Dr. [X.],
[X.],
[X.]in am [X.]
Dr. [X.],
[X.] am [X.]
Dr. [X.],

Staatsanwalt beim [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
1.

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landge-richts
Aachen vom 18. Januar 2016
wird mit der Maßgabe
verworfen, dass ein Monat der verhängten [X.] als vollstreckt gilt.
2.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren Raubes und we-gen Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und Freiheitsbe-raubung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des [X.]s klingelte der Angeklagte am 27. Juli 2015 gegen 14.00 Uhr spontan an der in einem Behindertenwohn-zentrum in A.

gelegenen Wohnung der 74-jährigen, behinderten Zeugin
[X.].

.
Diese lag auf ihrem Bett und öffnete mit einem automatischen Tür-
öffner, weil sie ihren Therapeuten erwartete. Der Angeklagte betrat die [X.] und gab sich als Lieferant für Katzenfutter aus. Die Zeugin forderte ihn 1
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-
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-
auf, die Wohnung zu verlassen. Der Angeklagte ging aus dem
Schlafzimmer, kehrte kurze Zeit später
aber
ans Bett der Zeugin zurück, hielt ihr einen spitzen metallischen Gegenstand mit einer Länge von ca. 6
cm vor, forderte sie auf, ihm Geld zu geben und drohte, sonst müsse er ihr weh tun. Dabei ging die Strafkammer der Einlassung des Angeklagten entsprechend davon aus, dass er einen Schlüssel so in der [X.]and gehalten habe, dass die Zeugin ihn für ein Mes-ser halten konnte und sollte. Im [X.] an die weitere Aufforderung, den Notrufknopf nicht zu drücken, wies die Zeugin, die den Schlüssel wie [X.] für ein Messer hielt, angesichts dieser Bedrohung auf ihr Portemonnaie hin, das zehn Euro enthalte. Er solle sich das nehmen und dann gehen. Der Ange-klagte nahm das Geld, etwa 14
Euro, an sich und fragte die Zeugin, ob sie noch mehr Geld in der Wohnung habe. Sie verneinte dies. Daraufhin erzählte der Angeklagte, er brauche das Geld für einen kranken [X.], um die Zeugin zur weiteren [X.]erausgabe von Geld zu bewegen. Als sie ihm nach einiger Zeit
zu verstehen gab, dass sie nicht mehr habe, verließ der Angeklagte die Wohnung, um sich von dem erbeuteten Geld [X.]eroin und Bier zu kaufen.
Am nächsten Tag, dem 28.
Juli 2015, fuhr der Angeklagte zum Sozialamt der [X.]

, um dort Geld zu bekommen. Als ihm dies nicht gelang, ver-
suchte er ebenfalls erfolglos, beim Pfarrer einer Kirchengemeinde und beim Verwaltungsleiter eines [X.]ospitals zu Bargeld zu gelangen. Er ging sodann in ein nahe gelegenes Seniorenheim, um bei den dortigen Bewohnern

wie in
der Vergangenheit schon häufiger geschehen

um Geld zu betteln. Gegen 12.00
Uhr klingelte er an der Wohnungstür der 71-jährigen gehbehinderten Zeugin
P.

. Als diese die Tür öffnete, fragte der Angeklagte nach einem
[X.]ausbewohner mit Namen R.

oder
Ra.

. Als die Zeugin verneinte, einen
[X.]ausbewohner dieses Namens zu kennen, bat er sie um einen Kugelschreiber, um eine Nachricht für ihn aufzuschreiben. In diesem Augenblick fasste er den spontanen Entschluss, die Zeugin zu überfallen und ihr Geld zu
entwenden. Er 3
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-
drängte sie zurück in [X.] und sagte, dies sei ein Überfall. Er fragte nach Geld, woraufhin die Zeugin um [X.]ilfe rief. Er umfasste sie sodann fest am [X.] und hielt ihr Mund und Nase zu, so dass sie keine Luft mehr bekam. Nachdem er von ihr abgelassen hatte, forderte er sie auf, ihm Geld zu geben und still zu sein, andernfalls steche er sie ab. Er griff in die von ihm mitgeführte Plastiktüte, woraufhin die Zeugin Todesangst bekam, weil sie glaubte, er würde in der Tüte ein Messer mit sich führen. Unter dem Eindruck der Drohung zeigte die Zeugin dem Angeklagten ihre Geldbörse und sagte zu ihm, er solle sich das Geld nehmen und gehen. Der Angeklagte nahm ca. 40
Euro
Bargeld an sich und fragte, ob sie noch mehr habe. Die Zeugin schrie wieder um [X.]ilfe, worauf der Angeklagte erneut drohte, sie abzustechen, und sie ins Badezimmer stieß, um sie dort einzuschließen. Da in der Badezimmertür kein Schlüssel steckte, schloss er mit dem in der Wohnungstür steckenden Schlüssel diese nach Ver-lassen
der Wohnung von außen ab. Die Zeugin floh in Panik auf den Balkon ihrer Wohnung und versuchte, aus Angst vor dem Angeklagten über die Bal-konbrüstung zu klettern. Dies beobachteten Zeugen, die die Polizei verständig-ten. Währenddessen ging der Angeklagte zum K.

in A.

und kauf-
te sodann von dem erbeuteten Geld [X.]eroin.
2. Die Nachprüfung des Urteils hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. [X.] Erörterung bedarf lediglich die Verurteilung des Angeklagten wegen schweren Raubes (§
250 Abs.
1 Nr.
1 Buchst.
b StGB) hinsichtlich der Tat vom 27.
Juli 2015.
Das [X.] hat die Voraussetzungen des Qualifikationstatbestan-des des §
250 Abs.
1 Nr.
1 Buchst.
b StGB als erfüllt angesehen und dies damit begründet,
dass es sich bei dem vom Angeklagten mitgeführten Schlüssel, den er so in der [X.]and gehalten habe, dass die Zeugin diesen für ein Messer halten r-4
5
-
6
-
windung des (möglichen) Widerstandes
rechtlicher Nachprüfung stand.
Es reicht zur Erfüllung von §
250 Abs.
1 Nr.
1
Buchst.
b StGB nicht aus, irgendeinen Gegenstand zur Überwindung des Widerstands eines [X.]. Nach dem weiten Wortlaut der Norm ist es zwar nicht erforderlich, dass das mitgeführte Werkzeug oder Mittel seiner Beschaffenheit nach objektiv geeignet ist, das Opfer durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu nötigen.
Als tatbestandsqualifizierende Drohungsmittel scheiden aber nach [X.] Rechtsprechung des [X.] solche Gegenstände aus, bei denen die Drohungswirkung nicht auf dem objektiven Erscheinungsbild des Gegenstands selbst, sondern (allein oder jedenfalls maßgeblich) auf täuschen-den Erklärungen des [X.] beruht (vgl. BG[X.]St 38, 116, 118 f.; BG[X.], [X.], 184; NStZ 2007, 332, 333; Senat, NStZ 2011, 278; 703). Liegt danach aus der Sicht eines objektiven Betrachters auf das äußere Erscheinungsbild die objektive Ungefährlichkeit des Gegenstands offenkundig auf der [X.]and, liegt kein Fall des §
250 Abs.
1 Nr.
1 Buchst.
b StGB vor.
Ein solcher Fall, in dem die Rechtsprechung ausnahmsweise von einer Verurteilung gemäß §
250 Abs.
1 Nr.
1 Buchst.
b StGB absieht, ist nicht gege-ben. Ein Schlüssel ist

anders als etwa ein Plastikrohr (BG[X.]St 38, 116, 117 ff.) oder ein [X.]olzstück (BG[X.] NStZ-RR 1996, 356)

ohne Weiteres geeignet, bei einer Verwendung als Schlag-
oder Stoßwerkzeug gegen empfindliche
Körper-stellen
durchaus ernsthafte Verletzungen zu verursachen. Von einer objektiven Ungefährlichkeit kann insoweit nicht die Rede sein. Dass die Drohwirkung des eingesetzten Schlüssels auch auf dem täuschenden Verhalten des Angeklagten beruht, steht der Anwendung des §
250 Abs.
1 Nr.
1
Buchst.
b StGB nicht ent-6
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-
7
-
gegen. Ob darüber hinaus der konkrete Einsatz des Schlüssels auch den Quali-fikationstatbestand des §
250 Abs.
2 Nr.
1 StGB erfüllt, bedarf hier keiner Erör-terung; der Angeklagte ist durch das Unterbleiben
einer Verurteilung insoweit nicht beschwert.
3. Im [X.]inblick auf die Dauer des Revisionsverfahrens, die der Angeklagte nicht zu vertreten hat, war anzuordnen, dass ein Monat der verhängten Ge-samtfreiheitsstrafe als vollstreckt gilt.
Appl

[X.] [X.]

[X.] [X.]

9

Meta

2 StR 160/16

12.07.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2017, Az. 2 StR 160/16 (REWIS RS 2017, 8194)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8194

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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