Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14.09.2017, Az. 4 CN 6/16

4. Senat | REWIS RS 2017, 5370

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Gegenstand

Unwirksame Festsetzung von Grenzwerten für CO2-Emissionen in Bebauungsplan; Gesamtunwirksamkeit


Leitsatz

Der Gemeinde ist es verwehrt, die Verwendung fossiler Brennstoffe in Anlagen, die dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz unterliegen, im Bebauungsplan davon abhängig zu machen, dass die eingesetzten Stoffe bestimmte CO2-Emissionsfaktoren nicht überschreiten. Eine solche Festsetzung widerspricht dem Regelungskonzept des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz, das der Regelung in § 5 Abs. 2 BImSchG zugrunde liegt und auch bei der Auslegung der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. a BauGB zu beachten ist.

Tatbestand

1

Gegenstand des [X.] ist der Bebauungsplan "Steinbruch [X.]" der Antragsgegnerin, der ein "Sonstiges Sondergebiet Steinbruch" festsetzt und in seinen textlichen Festsetzungen unter anderem die Verwendung von Brennstoffen in Feuerungsanlagen regelt.

2

Die Antragstellerin zu 1 ist Eigentümerin verschiedener Grundstücke im Geltungsbereich des Bebauungsplans, auf denen sie Muschelkalkgestein abbaut. Im Areal des Steinbruchs haben sich weitere gewerbliche Nutzungen angesiedelt, unter anderem die Antragstellerin zu 2, die ein Asphaltmischwerk betreibt, das sie derzeit mit Erdgas, Flüssiggas und Erdöl befeuert.

3

Im Jahre 2008 beantragte die Antragstellerin zu 2 eine immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung für die Asphaltmischanlage, die es ihr erlaubt, den [X.] auszutauschen und [X.] als Befeuerungsmittel zu verwenden. Dies führte zu erheblichen Widerständen in der Bevölkerung. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin nahm den Genehmigungsantrag zum Anlass, den streitgegenständlichen Bebauungsplan aufzustellen. Der Bebauungsplan setzt [X.] fest (Nr. 1.1.3 der textlichen Festsetzungen). Weiter bestimmt er:

"1.4 Gebiete in denen bestimmte luftverunreinigende Stoffe nur eingeschränkt verwendet werden dürfen (§ 9 Abs. (1) 23a BauGB).

Im Geltungsbereich des Bebauungsplans ist bei Feuerungsanlagen mit einer Nennwärmeleistung von mehr als 1 MW die Verwendung von fossilen Energieträgern nur zulässig, wenn die spezifische CO2-Emissionen einen Wert von 0,08 t CO2/GJ nicht überschreiten. Ausnahmsweise können Brennstoffe mit höheren spezifischen CO2-Emissionen zugelassen werden, wenn - die spezifischen CO2-Emisionen der eingesetzten Brennstoffe im Jahresmittel den genannten Wert von 0,08 t CO2/GJ nicht überschreiten oder - die spezifischen CO2-Emissionen beim Mischen der hergestellten Asphalte im Jahresmittel einen Wert von 21,5 kg/t [X.] nicht überschreiten.

Die spezifischen CO2-Emissionen bestimmen sich nach der Verordnung über die Zuteilung von [X.] in der Zuteilungsperiode 2008 - 2012".

4

Auf den Normenkontrollantrag der Antragstellerinnen hat der Verwaltungsgerichtshof den Bebauungsplan insgesamt für unwirksam erklärt. Die Festsetzung von Emissionskontingenten in Nr. 1.1.3 der textlichen Festsetzungen leide an einem Verkündungsmangel, weil die Antragsgegnerin nicht sichergestellt habe, dass sich die Planbetroffenen vom Inhalt der von der Festsetzung in Bezug genommenen [X.] in verlässlicher und zumutbarer Weise Kenntnis verschaffen könnten. Nr. 1.4 der textlichen Festsetzungen sei ebenfalls rechtswidrig. Die Festsetzung sei nicht von § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. a BauGB gedeckt, der dazu ermächtige, aus städtebaulichen Gründen Gebiete festzusetzen, in denen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen bestimmte luftverunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen. Denn die Regelung beschränke nicht die Verwendung bestimmter Brennstoffe, sondern wirke wie eine unmittelbare Festsetzung anlagenbezogener Emissions- oder Immissionswerte. Die Antragsgegnerin missachte zudem die Sperrwirkung des § 5 Abs. 2 BImSchG. Nach dessen Satz 1 seien, soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des [X.]es ([X.]) unterlägen, Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um die Erfüllung der Betreiberpflichten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sicherzustellen; die Antragstellerin zu 2 habe belegt, dass beim Einsatz von [X.] in ihrem dem [X.] Betrieb schädliche Umwelteinwirkungen nicht zu erwarten seien. Satz 2 der Vorschrift bestimme ergänzend, dass zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von CO2 keine Anforderungen gestellt werden dürften, die über die Pflichten, die das [X.] begründe, und damit über die Anforderungen der TA Luft oder anderer bundesrechtlicher Bestimmungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen hinausgehen. Die Vorschrift könne nicht ohne Auswirkung auf die Auslegung von § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. a BauGB bleiben. Wenn es der Immissionsschutzbehörde verwehrt sei, bestimmte Anforderungen zu stellen, könne auch für die Antragsgegnerin nichts anderes gelten, selbst wenn sie für ihr Handeln städtebauliche Motive in Anspruch nehme. Auch das Unionsrecht sehe nur eine Eingriffsermächtigung zur Durchsetzung einer konkreten Schutzpflicht vor, wie es § 5 Abs. 2 BImSchG formuliere. Die Unwirksamkeit der Regelungen in Nr. 1.1.3 und 1.4 der textlichen Festsetzungen führe zur Gesamtunwirksamkeit des Plans.

5

Nach Zustellung des [X.] führte die Antragsgegnerin ein ergänzendes Verfahren zur Behebung des Verkündungsmangels hinsichtlich der Festsetzung Nr. 1.1.3 durch. Der um einen Hinweis ergänzte und ansonsten inhaltsgleiche Bebauungsplan wurde erneut bekannt gemacht und rückwirkend in [X.] gesetzt.

6

Die Antragsgegnerin hat von dem vom Senat zugelassenen Rechtsmittel der Revision Gebrauch gemacht. Sie wendet sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. a BauGB ermächtige nicht zu einer Festsetzung, die den in der Verwendung beschränkten Brennstoff über dessen spezifischen [X.] definiere. Der Verwaltungsgerichtshof habe auch verkannt, dass sich § 5 Abs. 2 Satz 2 BImSchG an die [X.] richte, sich aber nicht zum Städtebaurecht verhalte. Die durch das [X.] verfolgte Zielsetzung sei deshalb nicht geeignet, städtebauliche Klimaschutzziele einzuschränken.

7

Die Antragstellerinnen verteidigen das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der Bebauungsplan gesamtunwirksam ist.

9

1. Von der Rechtswidrigkeit der Festsetzung von Emissionskontingenten in Nr. 1.1.3 der textlichen Festsetzungen ist allerdings nicht mehr auszugehen.

Die Antragsgegnerin hat den vom Verwaltungsgerichtshof beanstandeten Mangel bei der Verkündung der textlichen Festsetzung Nr. 1.1.3 in einem ergänzenden Verfahren geheilt und den Bebauungsplan rückwirkend bekannt gemacht ([X.], Beschluss vom 14. Juli 2016 - 4 BN 38.15 - [X.] 2016, 1769 Rn. 2). Mit der Neubekanntmachung ist eine Rechtsänderung eingetreten, die vom Revisionsgericht in gleicher Weise zu berücksichtigen ist, wie sie die Vorinstanz berücksichtigen müsste, wenn sie jetzt entschiede (stRspr, siehe z.B. [X.], Urteil vom 29. Januar 2009 - 4 C 16.07 - [X.]E 133, 98 Rn. 11 m.w.[X.]). Auf den Verkündungsmangel kann der Senat seine Entscheidung deshalb nicht mehr stützen.

Ob die Festsetzung an einem Ermittlungsfehler im Sinne des § 2 Abs. 3 BauGB leidet, hat der Verwaltungsgerichtshof offengelassen. Seine tatsächlichen Feststellungen reichen für eine Entscheidung des [X.] nicht aus.

2. Im Ergebnis hat der Verwaltungsgerichtshof aber zu Recht angenommen, dass die von der Überschreitung eines [X.] abhängige Verwendungsbeschränkung fossiler Energieträger in Nr. 1.4 der textlichen Festsetzungen rechtswidrig und unwirksam ist.

Die Rüge der Revision, der Verwaltungsgerichtshof sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der in der Festsetzung gewählte, nach der [X.] vom 13. August 2007 ([X.]. 2007 I S. 1941) zu ermittelnde [X.] an die Resultate des Brennstoffeinsatzes nach konkreten Verbrennungsvorgängen in konkreten Anlagen anknüpfe und deshalb nicht stoff-, sondern anlagenbezogen sei (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 17. Oktober 1996 - 7a [X.]/[X.] - [X.] 1997, 159 = juris Rn. 19 mit kritischer Anmerkung [X.], DVBl. 1998, 1048 <1050>), kann auf sich beruhen. Denn jedenfalls steht die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, die textliche Festsetzung Nr. 1.4 missachte die Sperrwirkung des § 5 Abs. 2 [X.], im Ergebnis mit [X.]recht im Einklang. Der [X.] ist es verwehrt, die Verwendung fossiler Brennstoffe in Anlagen, die dem [X.] unterliegen, im Bebauungsplan davon abhängig zu machen, dass die eingesetzten Stoffe bestimmte [X.]en nicht überschreiten. Eine solche Festsetzung widerspricht dem Regelungskonzept des [X.]es, das der Regelung in § 5 Abs. 2 [X.] zugrunde liegt und auch bei der Auslegung der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. a BauGB zu beachten ist.

a) Das [X.] enthält ein bewirtschaftungsrechtliches Regelungskonzept besonderer Art nach dem Prinzip von "cap and trade" (Verknappung und Handel, vgl. etwa [X.], in: [X.]/[X.], Umweltrecht, Stand Mai 2017, Rn. 5 ff. Vorb. zum [X.]; [X.], Umweltrecht, 10. Aufl. 2015, Rn. 539), das es auf der Grundlage eines unionsweiten Emissionshandelssystems dem Betreiber einer dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterfallenden Anlage überlässt, nach Kostengesichtspunkten über den Einsatz von Brennstoffen zu entscheiden.

Zweck des Gesetzes ist es nach § 1 [X.], für die in seinen Anwendungsbereich fallenden Tätigkeiten, durch die in besonderem Maße Treibhausgase emittiert werden, die Grundlagen für den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen in einem gemeinschaftsweiten Emissionshandelssystem zu schaffen, um damit durch eine kosteneffiziente Verringerung von Treibhausgasen zum weltweiten Klimaschutz beizutragen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] hat der Betreiber jährlich bis zum 30. April an die zuständige Behörde eine Anzahl von Emissionsberechtigungen abzugeben, die den durch seine Tätigkeit im vorangegangenen Kalenderjahr verursachten Emissionen entspricht. Emissionsberechtigungen werden auf der Grundlage einer stufenweise verminderten Gesamtemissionsmenge ("cap") an die Anlagenbetreiber kostenlos zugeteilt (§ 9 [X.]). Nicht benötigte Berechtigungen sind gemäß § 7 Abs. 3 [X.] übertragbar und innerhalb der [X.] (§ 17 [X.]) handelbar ("trade"). Sie können verkauft und von den Betreibern wenig energieeffizienter Anlagen zugekauft werden, um ihrer Abgabepflicht nach § 7 Abs. 1 [X.] nachzukommen. Auf dieser Grundlage kann der Betreiber einer [X.]-Anlage nach Kostengesichtspunkten selbst entscheiden, ob es sich für ihn in einem System kontinuierlich verknappter Gesamtemissionskontingente lohnt, die Energieeffizienz seiner Anlage durch technische Maßnahmen und/oder durch den Einsatz emissionsarmer Brennstoffe zu erhöhen und nicht benötigte Berechtigungen zu verkaufen.

b) Das Regelungskonzept des [X.]es drängt für seinen Anwendungsbereich widersprechende Regelungsansätze zurück.

aa) Für die in § 5 [X.] festgelegten Pflichten der Betreiber immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiger Anlagen war dies in § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] in der bei Inkrafttreten des Bebauungsplans geltenden Fassung (des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2003/87/[X.] über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der [X.] vom 8. Juli 2004, [X.]. I S. 1578) geregelt; sie sind nunmehr (seit der Neufassung des [X.] vom 17. Mai 2003, [X.]. I S. 1274) in § 5 Abs. 2 [X.] wortidentisch zusammengefasst.

Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] sind, soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des [X.]es unterliegen, Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des [X.]es umfasst sind. Von den Betreiberpflichten des § 5 Abs. 1 [X.] und den sie konkretisierenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften ist deshalb im Fall von [X.]-Anlagen allein die Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 [X.] anwendbar; nicht anwendbar ist im Umkehrschluss die Vorsorgepflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ([X.], [X.], 12. Aufl. 2017, § 5 Rn. 5a). Damit setzt der Gesetzgeber Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2010/75/[X.] des [X.] und des Rates vom 24. November 2010 über [X.] (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung - [X.] L 334 S. 17) um, der Emissionsgrenzwerte für direkte Emissionen nur zulässt, wenn dies erforderlich ist, um sicherzustellen, dass keine erhebliche lokale Umweltverschmutzung verursacht wird. § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] stellt ergänzend klar, dass bei diesen Anlagen zur Erfüllung der in § 5 Abs. 1 Nr. 4 [X.] geregelten Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von CO2, die unter anderem auf Verbrennungsprozessen beruhen, keine Anforderungen gestellt werden dürfen, die über die Pflichten hinausgehen, welche das [X.] begründet. Mit diesen Regelungen nimmt der [X.]gesetzgeber den ordnungsrechtlichen Regelungsansatz des [X.]immissionsschutzgesetzes zu Gunsten der im [X.] konzipierten ökonomischen Steuerung der Vermeidung von CO2-Emissionen zurück. Sich widersprechende Regelungsansätze werden dadurch vermieden.

bb) Für den Bereich der gemeindlichen Bauleitplanung ist § 5 Abs. 2 [X.] nicht unmittelbar einschlägig. Die Vorschrift ist jedoch bei der Auslegung der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. a BauGB zu beachten.

§ 5 Abs. 2 [X.] modifiziert - wie dargestellt - für den Anwendungsbereich des [X.]es die Betreiberpflichten nach § 5 Abs. 1 [X.]. Sie betrifft damit unmittelbar nur die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.] geregelten Genehmigungsvoraussetzungen. Zu der in § 6 Abs. 1 Nr. 2 [X.] genannten weiteren Voraussetzung, dass der Anlage "andere öffentlich-rechtliche Vorschriften ... nicht entgegenstehen" dürfen, worunter gemäß § 30 Abs. 1 BauGB auch die Festsetzungen eines Bebauungsplans zu subsumieren sind, verhält sich § 5 Abs. 2 [X.] nicht; darauf weist die Revision zutreffend hin. § 5 Abs. 2 [X.] und das in ihm zum Ausdruck kommende Regelungskonzept des [X.]es erlangen jedoch bei der Auslegung der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. a BauGB Bedeutung.

Das Rechtsstaatsprinzip verpflichtet alle Recht setzenden Organe des [X.] und der Länder, ihre Regelungen so aufeinander abzustimmen, dass den Normadressaten nicht gegenläufige Regelungen erreichen, welche die Rechtsordnung widersprüchlich machen ([X.], Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1876/91 u.a. - [X.]E 98, 83 <97 f.>). Gegenläufigen Regelungen wären die Betreiber von [X.]-Anlagen aber ausgesetzt, wenn die [X.]n auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. a BauGB Gebiete festsetzen könnten, in denen bestimmte luftverunreinigende Stoffe abhängig von ihrem [X.] nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen. Denn wie dargelegt kann sich der Betreiber einer [X.]-Anlage nach dem bewirtschaftungsrechtlichen Konzept des [X.]es nach Kostengesichtspunkten auch für den Einsatz billiger, aber CO2 stärker freisetzender Brennstoffe entscheiden. Diese Entscheidungsfreiheit würde ihm genommen, wenn die [X.] den Einsatz solcher Brennstoffe im Wege der Bauleitplanung einschränken oder verbieten könnte. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der sowohl für das Bodenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) als auch für das Recht der Luftreinhaltung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG) und der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) gesetzgebungsbefugte [X.] gegenläufige Regelungen bewusst in Kauf nehmen und den [X.]n ein Instrument an die Hand geben wollte, mit dem sie das zur Umsetzung der Richtlinie 2003/87/[X.] des [X.] und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der [X.] und zur Änderung der [X.]/[X.] des Rates vom 13. Oktober 2003 ([X.] L 275 S. 32) neu geschaffene Regelungskonzept des [X.]es auf [X.] außer [X.] setzen können.

Der [X.] lässt sich auch nicht unter Hinweis auf die Befugnis der [X.] zur bodenrechtlichen Standortsteuerung auflösen. Eine solche Befugnis zur Standortsteuerung von [X.]-Anlagen durch eine Festsetzung der hier getroffenen Art lässt sich aus den von der Revision in Bezug genommenen Entscheidungen des [X.] nicht herleiten. Richtig ist zwar, dass der Senat die [X.]n grundsätzlich als befugt angesehen hat, bodenrechtliche Standortsteuerung auch dann zu betreiben, wenn bauliche Anlagen nach den einschlägigen immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeitsmaßstäben unbedenklich sind ([X.], Urteil vom 30. August 2012 - 4 C 1.11 - [X.]E 144, 82 Rn. 17). Die [X.] darf grundsätzlich auch im Vorfeld schädlicher Umwelteinwirkungen im Wege der Bauleitplanung eigenständig gebietsbezogen das Maß hinnehmbarer Beeinträchtigungen nach den Maßstäben des Vorsorgegrundsatzes steuern, wenn städtebauliche Gründe dies rechtfertigen ([X.], Urteil vom 28. Februar 2002 - 4 CN 5.01 - [X.] 406.12 § 11 [X.] Nr. 25 S. 11). Auf dieser Linie liegt auch der Beschluss vom 16. Dezember 1988 - 4 NB 1.88 - ([X.] 406.11 § 9 BBauG/BauGB Nr. 33 S. 22 f.), in dem der Senat bestätigt hat, dass die [X.]n berechtigt sind, auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. a BauGB entsprechend dem Vorsorgeprinzip des § 5 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vorbeugenden Umweltschutz zu betreiben. Zur Standortsteuerung von Anlagen im Anwendungsbereich des [X.]es lässt sich den in Bezug genommenen Entscheidungen indes nichts entnehmen. Im Übrigen hat der Senat stets auf die Grenzen der Befugnis zur bodenrechtlichen Standortsteuerung hingewiesen: Die [X.] darf sich nicht an die Stelle des [X.]gesetz- oder Verordnungsgebers setzen, etwa dadurch, dass sie für den gesamten Geltungsbereich eines Bauleitplans direkt oder mittelbar andere, insbesondere niedrigere Grenzwerte festsetzt; in diesem Sinne wäre eine eigene "Vorsorgepolitik" unzulässig ([X.], Urteil vom 30. August 2012 - 4 C 1.11 - [X.]E 144, 82 Rn. 18). Gleiches gilt, wenn die planende [X.] auf der Grundlage des [X.] bestimmte Brennstoffe verbietet oder nur eingeschränkt zulässt. Das gilt jedenfalls dann, wenn die [X.] damit keine auf die örtlichen Verhältnisse abstellenden Ziele verfolgt (vgl. hierzu [X.], DVBl. 1998, 1048 <1049>), sondern zum allgemeinen Klimaschutz beitragen möchte. Denn so setzt sie ihr eigenes, auf verbindlichen Vorgaben gegründetes Klimaschutzkonzept an die Stelle des auf Entscheidungsfreiheit des Anlagenbetreibers aufbauenden Klimaschutzkonzepts, das dem [X.] zugrunde liegt.

§ 5 Abs. 2 [X.] enthält weitere Anhaltspunkte für die Auslegung von § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. a BauGB. § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] lässt sich entnehmen, dass für Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. a BauGB im Anwendungsbereich des [X.]es von vornherein dann kein Raum ist, wenn sie nicht dem städtebaulichen Zweck dienen, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden. Dies deckt sich, wie der Verwaltungsgerichtshof zu Recht herausgearbeitet hat, mit Vorgaben des Unionsrechts, das in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2010/75/[X.] die Möglichkeit, Emissionsgrenzwerte für direkte Emissionen vorzugeben, nur eröffnet, wenn dies erforderlich ist, um sicherzustellen, dass keine erhebliche lokale Umweltverschmutzung verursacht wird. Umweltschutz im Sinne des Vorsorgeprinzips (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) ist den [X.]n im Anwendungsbereich des [X.]es durch § 5 Abs. 2 [X.] folglich untersagt. Im Übrigen stellt § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] klar, dass das Ziel einer effizienten Verwendung von Energie in [X.]-Anlagen im Hinblick auf CO2-Emissionen allein nach den Pflichten des [X.]es eingefordert werden darf. Damit ist den [X.]n das Instrument einer verbindlichen Vorgabe von [X.]en für das Ziel einer Steigerung der Energieeffizienz in [X.]-Anlagen ebenfalls aus der Hand genommen. Zu anderen Emissionen ist damit keine Aussage getroffen.

c) Gemessen hieran ist die Festsetzung Nr. 1.4 des Bebauungsplans von der Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. a BauGB nicht gedeckt und daher unwirksam.

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat die Antragstellerin zu 2 durch Vorlage eines Bescheides des [X.] belegt, dass ihr Betrieb einem Überwachungsplan nach § 6 [X.] und damit dem Anwendungsbereich des [X.]es unterliegt (Verbrennungseinheiten zur Verbrennung von Brennstoffen mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von insgesamt 20 MW oder mehr gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. Anhang 1 Teil 2 Nr. 1).

Die Festsetzung Nr. 1.4 zielt auf eine Begrenzung der Emission von Treibhausgasen in einer genehmigungsbedürftigen Anlage, die dem [X.] unterliegt. Sie macht die Verwendung fossiler Brennstoffe in Feuerungsanlagen wie derjenigen der Antragstellerin zu 2 davon abhängig, dass der Emissionsfaktor der eingesetzten Brennstoffe 0,08 t CO2/GJ nicht überschreitet. Diese Festsetzung ist von der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. a BauGB nicht gedeckt, weil es der [X.] - wie dargelegt - untersagt ist, die [X.] der eingesetzten Brennstoffe im Interesse einer Steigerung der Energieeffizienz in [X.]-Anlagen verbindlich vorzugeben. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass Nr. 1.4 Satz 3 der textlichen Festsetzungen bestimmt, dass die spezifischen CO2-Emissionen im Sinne des Satzes 1 der Festsetzung nach der [X.] vom 13. August 2007 ([X.]. I S. 1941) zu bestimmen sind. Auch wenn damit - wie die Revision meint - lediglich die Verwendung bestimmter Brennstoffe mit einem "hohen" Emissionsfaktor eingeschränkt worden wäre, änderte dies nichts daran, dass die Verwendungsbeschränkung an einen bestimmten [X.] anknüpft.

Überdies war die Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen nicht das Planungsziel der Antragsgegnerin. Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass beim Einsatz von [X.] in der Anlage der Antragstellerin zu 2 keine schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten sind. Auch die Antragsgegnerin hat im Verhandlungstermin vor dem Senat bestätigt, dass es ihr bei der Festsetzung nicht um die Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen durch CO2, sondern vielmehr darum gegangen sei, ihr "vorbildliches Energieengagement" für gemeindliche Klimaschutzziele nicht durch die Asphaltmischanlage der Antragstellerin zu 2 konterkarieren zu lassen. Dem entsprechend bezeichnet die Begründung des Bebauungsplans als ein wesentliches Planungsziel, "neben der beabsichtigten Unterstützung des [X.] ... eine möglichst staubarme und klimaneutrale Energieerzeugung sicherzustellen sowie der ... Forderung nachzukommen, die Kohlendioxid-Gesamtbelastung insgesamt zu begrenzen". Der Antragsgegnerin ging es darum, die CO2-Emission im Interesse einer höheren Energieeffizienz zu begrenzen und letztlich zum globalen Klimaschutz beizutragen. Auch hierzu ist sie durch § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. a BauGB bei einer am Regelungskonzept des [X.]es und § 5 Abs. 2 [X.] orientierten Auslegung nicht ermächtigt.

3. Die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzung Nr. 1.4 hat die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge.

Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit, wenn - erstens - die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und - zweitens - die [X.] nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (stRspr, z.B. [X.], Urteil vom 11. September 2014 - 4 CN 3.14 - [X.] 406.12 § 10 [X.] Nr. 5 Rn. 26 m.w.[X.]). An der zweiten Voraussetzung fehlt es hier. Das mit der Festsetzung Nr. 1.4 verfolgte Ziel, die CO2-Emissionen zu beschränken, war nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs für den [X.]rat bei der Aufstellung des Bebauungsplans wesentlich. Dies ergebe sich aus den Akten sowie daraus, dass die Antragsgegnerin den immissionsschutzrechtlichen Änderungsantrag der Antragstellerin zu 2 zum Anlass für die Aufstellung des Bebauungsplans genommen hat. Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu erkennen gegeben, dass diese Feststellung zutrifft. Es fehlt deshalb jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass der Rat der Antragsgegnerin den streitgegenständlichen Bebauungsplan auch ohne die unwirksame Festsetzung Nr. 1.4 beschlossen hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

4 CN 6/16

14.09.2017

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: CN

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 29. Juli 2015, Az: 3 S 2492/13, Urteil

ZuV 2012, § 5 Abs 2 BImSchG, § 6 Abs 1 Nr 1 BImSchG, § 6 Abs 1 Nr 2 BImSchG, § 2 Abs 1 S 1 TEHG 2011, § 6 TEHG 2011, § 9 Abs 1 Nr 23 Buchst a BauGB, § 2 Abs 3 BauGB, Art 9 Abs 1 EURL 75/2010, Art 28 Abs 2 S 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14.09.2017, Az. 4 CN 6/16 (REWIS RS 2017, 5370)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5370

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
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8 A 11373/17

9 N 14.2525

9 N 12.2648

9 N 12.1003

9 N 15.2158

9 N 16.2497

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