Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2006, Az. IX ZR 235/04

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 1748

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 21. September 2006 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 143 Abs. 1 Satz 1 a) Die Anfechtung einer Abtretung nach §§ 129 ff [X.] führt nicht zur Nichtigkeit des angefochtenen Rechtsgeschäfts; vielmehr entsteht ein Rückgewähran-spruch in Form eines schuldrechtlichen Verschaffungsanspruchs. b) Der Zessionar einer nach §§ 129 ff [X.] angefochtenen Abtretung bleibt so lange aktivlegitimiert, bis der Anspruch an den Insolvenzverwalter [X.] ist oder infolge Verurteilung des [X.] als zurückabgetreten gilt. [X.], Urteil vom 21. September 2006 - [X.]/04 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2006 durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 16. September 2004 aufge-hoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgeleitetem Recht auf Zahlung von 35.000 • Restwerklohn in Anspruch. 1 Die Beklagte beauftragte im Jahr 2001 die Metallverarbeitung S. (im Folgenden: S) mit der Errichtung einer Produktionshalle. Die S schalte-te als Subunternehmerin für die Durchführung der Dacharbeiten die Dach- und Fassadenbau S. GmbH (im Folgenden: AS) ein. Diese wiederum war geschäftlich mit der Klägerin verbunden. Über das Vermögen der S wurde auf Eigenantrag vom 1. August 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. 2 - 3 - Am 4. September 2001 erteilte die

AS der S die unwiderrufliche Anweisung, Zahlungen aus dem Bauvorhaben ausschließlich an die Klägerin zu leisten, was von der S bestätigt wurde. Die Beklagte behielt wegen Baumän-geln, unter anderem am Dach, 46.000 • ein. In einer Aktennotiz vom 19. Juni 2002 hielten die Beklagte und die S fest, dass die AS nach erfolgter Mängelbeseitigung direkt von der Beklagten eine gemeinsam festzulegende Vergütung erhalten solle. Am 27. Juni 2002 fand ein Ortstermin statt, an [X.] außer der Klägerin alle Beteiligten teilnahmen. Laut Protokoll wurde unter anderem Folgendes vereinbart: 3 "Teilabtretung der Forderung S an AS/[X.] (Klägerin) in Höhe von 35.000 • (ca. 50 % des [X.]). Die Zahlung erfolgt dann vom Bauherrn direkt entsprechend der [X.]." Am [X.] Juli 2002 trat die S unter Bezugnahme auf die Vereinbarung beim Ortstermin ihre Ansprüche gegen die Beklagte in Höhe von 35.000 • an die Klägerin ab, die diese Abtretung annahm. Der Verwalter in dem Insolvenz-verfahren über das Vermögen der S erklärte mit Schreiben vom 18. März 2004, er fechte diese Abtretungsvereinbarung nach den Vorschriften der Insol-venzordnung an. 4 Das [X.] hat die Zahlungsklage wegen fehlender Aktivlegitimation der Klägerin abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch in vollem Umfang weiter. 5 - 4 - Entscheidungsgründe: Die zulässige Revision hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des Beru-fungsurteils und zur Zurückverweisung. 6 [X.] Das Berufungsgericht meint im [X.] an das [X.], die [X.] sei nicht aktivlegitimiert. Zwischen den Parteien hätten keine vertraglichen Beziehungen bestanden. Die Klägerin habe weder durch Schuldbeitritt oder Schuldübernahme noch durch Abtretung Rechte gegen die Beklagte erworben. Aus der Aktennotiz vom 19. Juni 2002, in der die Klägerin nicht angesprochen sei, habe sie keine Rechte erwerben können. An der Besprechung vom 27. Juni 2002 sei die Klägerin nicht beteiligt gewesen. Das Protokoll könne nicht als Ab-tretung zu ihren Gunsten angesehen werden. Jedenfalls sei eine Abtretung zu-gunsten eines am Vertrag nicht beteiligten [X.] nicht möglich. 7 Mit der Vereinbarung vom [X.] Juli 2002 habe die S zwar ihre Forde-rung gegen die Beklagte an die Klägerin abgetreten und diese habe die Abtre-tung angenommen. Der Insolvenzverwalter habe die Abtretung jedoch wirksam gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1, §§ 139, 140 [X.] angefochten, weshalb die Abtre-tung gemäß § 134 BGB unwirksam sei. 8 - 5 - I[X.] Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. [X.] der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klägerin aufgrund der Abtre-tung vom [X.] Juli 2002 aktivlegitimiert. 9 Die Anfechtung nach §§ 129 ff [X.] führt gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht zur Nichtigkeit des angefochtenen Rechtsgeschäfts; vielmehr ent-steht ein schuldrechtlicher [X.]. Solange die Forderung nicht zurückübertragen ist, bleibt der [X.] Inhaber der Forderung und ist aktivlegitimiert, sie im streitigen Verfahren durchzusetzen. 10 1. Die Abtretung vom [X.] Juli 2002, die in Vollzug der Vereinbarung vom 27. Juni 2002 durch Vertrag zwischen der Klägerin und der S vorge-nommen wurde, ist wirksam, § 398 BGB. 11 2. Die von den Vorgerichten angenommene Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 [X.] führt nicht gemäß § 134 BGB zur Nichtigkeit der Abtretung. Deshalb kann dahinstehen, ob die Anfechtung durchgreift. 12 a) § 134 BGB kommt grundsätzlich nicht neben §§ 129 ff [X.] zur An-wendung, es sei denn, es liegen über die Gläubigerbenachteiligung hinausge-hende Umstände vor ([X.], Urt. v. 4. März 1993 - [X.] ZR 151/91, [X.], 1106, 1107 zum Anfechtungsgesetz; v. 7. April 2005 - [X.] ZR 258/01, [X.], 1037, 1038; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, vor §§ 129 ff Rn. 45). Derartiges ist hier weder behauptet noch festgestellt. 13 - 6 - b) Die Rechtsfolgen der Insolvenzanfechtung ergeben sich aus § 143 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Danach muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners ver-äußert, weggegeben oder aufgegeben worden ist. Dieser [X.] ist ein schuldrechtlicher Verschaffungsanspruch. 14 Nach dem Wortlaut von § 143 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist der Anfechtungsan-spruch wie zuvor der Anspruch nach § 37 KO als obligatorischer Rückgewähr-anspruch ausgestaltet. Wie der Vergleich mit den Vorschriften des § 81 Abs. 1 Satz 1, des § 88 und des § 91 Abs. 1 [X.] zeigt, bringt der Wortlaut des § 143 Abs. 1 Satz 1 [X.] hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass die angefochtene Handlung weder absolut noch relativ unwirksam ist. Auf Formulierungen, aus denen nach der Konkursordnung dingliche Wirkungen der Anfechtung abgelei-tet werden konnten, hat der Gesetzgeber bewusst verzichtet. So ist aus diesem Grund die Formulierung des § 29 KO nicht übernommen worden, wonach an-fechtbare Rechtshandlungen als "den [X.] gegenüber [X.]" angefochten werden konnten (Amtliche Begründung zu § 144 [X.], BT-Drucks. 12/2443 [X.]). Nach der amtlichen Begründung zu § 88 [X.] liegt ein Gegensatz zu den Rechtswirkungen der [X.] bei der Insolvenzan-fechtung gerade darin, dass für letztere eine "Unwirksamkeit ipso iure – nicht vorgesehen ist" (Amtliche Begründung zu § 99 [X.], BT-Drucks. 12/2443 [X.]). 15 Die schuldrechtliche Ausgestaltung der Wirkungen der Anfechtung nach der Konkursordnung ist durch die Insolvenzordnung noch verstärkt worden. § 143 Abs. 1 Satz 1 [X.] bezeichnet, wie § 37 Abs. 1 Satz 1 KO, eine [X.] als Rechtsfolge der erfolgreichen Anfechtung. Der [X.]" verjährt nach Maßgabe des § 146 [X.] (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, 16 - 7 - aaO Rn. 35). Auf den Anspruch finden gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 [X.] die Vorschriften über die Rechtsfolgen der ungerechtfertigten Bereicherung An-wendung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist. Ein sich gemäß § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 292 Abs. 1, § 989 BGB erge-bender Wertersatzanspruch ist eine gewöhnliche Geldforderung ([X.] 155, 199, 202 f). Auch wenn der Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung in § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] in Bezug auf die Aufrechnung nunmehr unmittelbare rechtsgestaltende Wirkung zukommt, bleibt es im Übrigen bei dem schuldrechtlichen Charakter des [X.]s nach § 143 Abs. 1 Satz 1 [X.] (MünchKomm-[X.]/ Kirchhof, aaO Rn. 38). 17 c) Solange die Forderung nicht zurückübertragen worden ist, bleibt damit der [X.] Inhaber der Forderung (zum Anfechtungsgesetz und zur Konkursordnung vgl. [X.] 100, 36, 42; 106, 127, 129; zur [X.]: HK-[X.]/ Kreft, aaO § 143 Rn. 15; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 143 Rn. 36; [X.], 12. Aufl. § 143 Rn. 10; [X.]/[X.], [X.] § 143 Rn. 14; FK-[X.]/[X.], 4. Aufl. § 143 Rn. 6; Nerlich/[X.], [X.] § 143 Rn. 36; a.[X.]/[X.], KO, 9. Aufl. § 37 Rn. 24, 41). 18 Da die Klägerin weder die Forderung freiwillig zurückabgetreten hat noch vom Insolvenzverwalter auf Rückabwicklung verklagt worden ist und folglich ein entsprechendes Urteil mit den Wirkungen des § 894 ZPO nicht vorliegt, ist die Klägerin aktivlegitimiert. Darüber herrscht zwischen den Parteien im Revisions-verfahren im Übrigen kein Streit mehr. 19 - 8 - d) Sofern die Klägerin infolge der Anfechtung verpflichtet ist, die Forde-rung an den Insolvenzverwalter zurückabzutreten, wird sie allerdings nach [X.] Erfüllung durch die Beklagte auch verpflichtet sein, dem Verwalter ge-mäß § 143 Abs. 1 Satz 2 [X.], § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 292 Abs. 1, § 989 BGB Wertersatz zu leisten (HK-[X.]/Kreft, aaO § 143 Rn. 20; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 143 Rn. 36, 73, 90). Hieraus ergibt sich aber - auch nach [X.] und Glauben - nichts, was die Klägerin als Forderungsinhaberin hindern könnte, die Forderung gegen die Beklagte durchzusetzen. Was die Klägerin an den In-solvenzverwalter herauszugeben hat, ist allein im Verhältnis zu diesem zu klä-ren. 20 Das die Abweisung der Klage durch das [X.] bestätigende Beru-fungsurteil kann danach nicht aufrechterhalten werden. 21 II[X.] Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück-zuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), damit geprüft werden kann, ob die Forderung der Klägerin berechtigt ist. Die Beklagte hat nicht nur die Aktivlegitimation 22 - 9 - bestritten, sondern der Forderung auch Mängel der Werkleistung der Insolvenz-schuldnerin entgegengehalten. [X.] [X.] [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 15.04.2004 - 31 O 15/04 - [X.], Entscheidung vom 16.09.2004 - 4 U 61/04 -

Meta

IX ZR 235/04

21.09.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2006, Az. IX ZR 235/04 (REWIS RS 2006, 1748)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1748

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZR 282/13 (Bundesgerichtshof)

Zwangsverwaltung eines vermieteten Grundstücks: Auf insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit gestützte Räumungsklage des Zwangsverwalters


IX ZR 282/13 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 235/03 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 195/07 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 91/10 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzanfechtung: Abtretbarkeit des Rückgewähranspruchs


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.