Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.09.2014, Az. I B 192/13

1. Senat | REWIS RS 2014, 2886

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Gegenstand

Anforderungen an die Darlegung einer Divergenz - hier: Rückstellungen wegen Vertragsnachbetreuung


Leitsatz

NV: Die Darlegung einer Divergenz erfordert nicht nur, die Benennungen zweier abstrakter und tragender Rechtssätze in den angefochtenen Entscheidung einerseits sowie der in Bezug genommenen (Divergenz-)Entscheidung andererseits. Hierzu gehört auch die Darlegung, dass es sich bei den Gründen der in Bezug genommenen Entscheidung tatsächlich um abstrakte und nicht nur um (rein) sachverhaltsbezogene Erwägungen handelt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin), eine AG, vermittelte aufgrund von Vereinbarungen (sog. Kooperationsverträgen), die z.B. mit Banken, Sparkassen und den X-Versicherungen --den sog. Kooperationspartnern-- geschlossen worden waren, Unternehmensfinanzierungen. Die Endkunden hatten die Provisionen an die X-Versicherungen zu leisten, die diese wiederum zu einem Drittel an die Klägerin weiterleiteten. In fast allen Kooperationsverträgen war die Klägerin nach den Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) zur "Betreuung der Firmenkunden während der gesamten Laufzeit" verpflichtet. Für den hierdurch bedingten Aufwand bildete sie zum Ende der Streitjahre (2004 bis 2006) Rückstellungen, die der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --[X.]--) nicht anerkannte. Zudem ging das [X.] im Hinblick auf die den [X.] der Klägerin (A und B) gewährten Provisionen von verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) aus. Die Klage hatte ganz überwiegend Erfolg; die Revision wurde vom [X.] nicht zugelassen ([X.] Köln, Urteil vom 26. September 2013  13 K 1252/10).

Entscheidungsgründe

2

II. Die hiergegen erhobene Beschwerde ist zu verwerfen, da sie nicht den [X.]nforderungen an die Darlegung der in § 115 [X.]bs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) genannten Gründe für eine Revisionszulassung genügt (§ 116 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.]O).

3

1. Dies gilt zum einen für die vom [X.] erhobenen [X.] im Zusammenhang mit den durch das [X.] gebilligten Rückstellungen betreffend die Nachbetreuung der vermittelten Versicherungsverträge.

4

a) Der Vortrag, der Rechtssache komme deshalb grundsätzliche Bedeutung zu, weil es der Klärung bedürfe, ob die gebotene [X.]bzinsung der Rückstellungen für den [X.] unterjährig vorzunehmen sei (Interpolation), ist unsubstantiiert. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 [X.]bs. 2 Nr. 1 [X.]O i.V.m. § 116 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.]O) erfordert, dass die Rechtsfrage konkret dargestellt und ihre Bedeutung für die [X.]llgemeinheit unter [X.]useinandersetzung mit den in der Rechtsprechung sowie im Schrifttum vertretenen Meinungen dargelegt wird (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. [X.]ufl., § 116 Rz 32, m.w.N.). Dem genügt die Beschwerdeschrift nicht (vgl. zur [X.]bzinsung auch Urteil des [X.] --[X.]-- vom 27. Februar 2014 III R 14/11, [X.], 675).

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b) Unsubstantiiert sind ferner die vom [X.] erhobenen Divergenzrügen (§ 115 [X.]bs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 [X.]O).

6

aa) Soweit das [X.] hierzu vorträgt, die [X.]nnahme der Vorinstanz, nach der die Klägerin zur Nachbetreuung rechtlich verpflichtet gewesen sei, weiche von der Rechtsprechung des [X.] sowie mehrerer [X.] ab, lassen die [X.]usführungen nicht erkennen, dass das vorinstanzliche Urteil auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der mit einem gleichfalls abstrakten Rechtssatz in einer der in Bezug genommenen Entscheidungen nicht vereinbar ist (vgl. hierzu allgemein Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 116 Rz 42, m.w.N.). Hinzu kommt, dass die vom [X.] vertretene Beurteilung auf einer Würdigung der von der Klägerin geschlossenen Verträge (Kooperationsvereinbarungen) beruht und eine solche Vertragsauslegung zu den tatsächlichen Feststellungen gehört, an die das Revisionsgericht grundsätzlich gebunden ist (§ 118 [X.]bs. 2 [X.]O). Demgemäß sind Einwände gegen eine solche Würdigung im Regelfall auch nicht geeignet, die Revision zu eröffnen (Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 115 Rz 82).

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bb) Gleichfalls nicht substantiiert ist des Weiteren der Vortrag, das [X.] sei von der Rechtsprechung des [X.] abgewichen, nach der Rückstellungen wegen Erfüllungsrückstands nur im Rahmen gegenseitiger Leistungsbeziehungen gebildet werden dürfen; im Streitfall seien hingegen die Provisionen von den Versicherungsunternehmen geleistet worden; ob die Klägerin diesen Gesellschaften gegenüber zur Nachbetreuung der Kunden verpflichtet gewesen sei, habe die Vorinstanz [X.] das [X.]-- nicht festgestellt. [X.]uch diese [X.]usführungen sind erkennbar nicht geeignet, die Revision zuzulassen. So wird zum einen im [X.]usgangspunkt nicht deutlich, ob die Behauptung des [X.], Rückstellungen für Erfüllungsrückstände könnten nur für die gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner erbrachten Leistungen gebildet werden, auf einem vom [X.] entwickelten abstrakten Rechtssatz beruht oder ob er nur Gegenstand der sachverhaltsbezogenen [X.]usführungen des [X.] war (s. hierzu z.B. [X.]-Urteil vom 28. Juli 2004 XI R 63/03, [X.]E 207, 205, [X.], 866; zu mehreren Verträgen s. demgegenüber [X.]-Urteile in [X.], 675: Handelsvertreter eines Versicherungsmaklers; vom 12. Dezember 2013 [X.], [X.]E 244, 309, [X.], 517: [X.]). Hinzu kommt, dass aus den Erläuterungen des [X.] nicht deutlich wird, weshalb die Klägerin gegenüber ihren Kooperationspartnern nur zur Nachbetreuung der Versicherungsverträge verpflichtet gewesen sein sollte, ohne dass ihr im Gegenzug zumindest ein [X.]nspruch auf Teilhabe an den von den Versicherungsunternehmen an die [X.] geleisteten Provisionen zugestanden hätte. Nimmt man aber Letzteres an, so wäre bereits der einzelne Kooperationsvertrag im Sinne der [X.]nsicht des [X.] als gegenseitige Vertragsabrede zu werten; er könnte demgemäß bereits für sich genommen Grundlage einer Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands sein.

8

2. Unschlüssig ist zum anderen der Vortrag, das vorinstanzliche Urteil weiche i.S. von § 115 [X.]bs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 [X.]O im Hinblick auf die [X.]nerkennung des [X.] für die [X.] und B gewährten Provisionen von der ständigen Rechtsprechung des [X.] ab, nach der Umsatzprovisionen für Gesellschafter-Geschäftsführer grundsätzlich als vG[X.] zu beurteilen sind. Letzteres ist zwar zutreffend (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. Oktober 2010 I B 70/10, [X.]/NV 2011, 301; vom 2. [X.]pril 2008 I B 208/07, Zeitschrift für Steuern und Recht 2008, R 601, juris; ausführlich [X.], [X.], 2. [X.]ufl., § 8 Rz 1273; Streck/[X.], [X.], 8. [X.]ufl., § 8 [X.] Rz 310). Der Vortrag lässt jedoch unberücksichtigt, dass das [X.] sich der vorgenannten Rechtssprechungsgrundsätze bewusst war; es hat jedoch deren Geltung im Streitfall deshalb verneint, weil es die Leistungen der Klägerin nicht als Umsatzprovisionen, sondern als Provisionszahlungen für die "Vermittlung von ... Versicherungen" eingestuft, die [X.] das [X.] weiter-- "konkrete Vermittlungsleistungen widerspiegeln". Die [X.]nnahme einer Divergenz i.S. von § 115 [X.]bs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 [X.]O --d.h. eine [X.]bweichung im Hinblick auf die der Entscheidung zugrunde liegenden abstrakten [X.] kommt demnach nicht in Betracht. Die Revision kann --mit Rücksicht auf die Rechtsauffassung des [X.] zum Nichtvorliegen einer vG[X.]-- auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 [X.]bs. 2 Nr. 1 [X.]O) zugelassen werden, da das [X.] es insoweit versäumt hat, sich substantiiert mit der Frage auseinandersetzen, ob entgegen seiner Einschätzung die vom [X.] zu Umsatzprovisionen entwickelten Grundsätze gleichermaßen für die im Streitfall nach der Vertragsauslegung des [X.] zu beurteilenden Vertragsvermittlungsprovisionen zum Tragen kommen.

9

3. Im Übrigen sieht der Senat von einer Begründung dieses Beschlusses ab (§ 116 [X.]bs. 5 Satz 2 [X.]O).

4. [X.] beruht auf § 135 [X.]bs. 2 [X.]O.

Meta

I B 192/13

17.09.2014

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend FG Köln, 26. September 2013, Az: 13 K 1252/10, Urteil

§ 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.09.2014, Az. I B 192/13 (REWIS RS 2014, 2886)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2886

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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