Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2013, Az. 2 StR 488/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 9078

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 488/12

vom
15.
Januar 2013
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen
schweren Raubes

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der
Beschwerdeführer am 15.
Januar 2013
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen
der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 22.
März 2012 mit den zugehörigen Fest-stellungen aufgehoben
a) in vollem Umfang, soweit es den Angeklagten J.

be-trifft,
b) soweit es den Angeklagten B.

betrifft
im Fall II.
2 der Ur-teilsgründe und im [X.].
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der
Rechtsmittel, an eine andere

allgemeine
[X.] des [X.] zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten B.

wird als unbegründet verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten J.

wegen schweren [X.] unter Einbeziehung einer früheren Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie den Angeklagten B.

wegen schweren Raubes in zwei Fällen unter Einbeziehung früherer Strafen zu einer 1
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Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel des Angeklagten J.

hat
bereits mit der
Sachrüge in vollem Umfang
Er-folg, so dass es eines [X.] auf die Verfahrensrügen
nicht bedarf. Die Re-vision des Angeklagten B.

erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschluss-formel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sein Rechtsmittel, was seine Ver-urteilung im Fall II.
3 der Urteilsgründe anbelangt, aus den Gründen der [X.] unbegründet im Sinne von §
349 Abs.
2 StPO.
I.
1. Nach den Feststellungen schlossen sich spätestens im [X.] mehrere Angehörige der Volksgruppe [X.], darunter auch die beiden [X.], unter Führung des

[X.]

zu einer Bande zusammen, um potentielle Veräußerer von Immobilien oder hochwertigen Kraftfahrzeugen un-ter Vorspiegelung eines Ankaufinteresses im Rahmen eines initiierten [X.] entweder betrügerisch zu schädigen oder gegebenenfalls zu berauben. Dabei ging die Bande arbeitsteilig dergestalt vor, dass einige [X.] bzw. Immobilien-
oder Autoforen im [X.] auf poten-tielle Verkäufer hin sichteten und andere Bandenmitglieder unter verschiede-nen Legenden und Aliasnamen zunächst telefonisch, später dann
persönlich den Kontakt herstellten. Dabei wurde den [X.], das Veräußerungsgeschäft mit einer Geldtauschaktion

bevorzugt im Aus-land
zu verbinden. Die Täter
gaben vor, angeblich Schwarzgeld investieren
und gegen von den [X.] Bargeld mit einer Provision von bis zu 30
% eintauschen zu wollen. Soweit es zum Tausch kam, übergaben die vor Ort handelnden Bandenmitglieder den Veräußerern Falschgeld. Soweit die Verkäufer das mitgebrachte Bargeld nicht aushändigen wollten, brachten 2
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die Täter
die Geldscheine notfalls unter Gewaltanwendung an sich. Dabei fun-gierten weitere
Bandenmitglieder als Fahrer oder Beobachter vor Ort, um die Tat abzusichern.
2. Im Fall II.
2 der Urteilsgründe wurde
zu dem Zahnarzt Dr.
P.

Kontakt aufgenommen, der seinen Pkw [X.] für 110.000

wollte. [X.] sollte dem Verkauf am 5.
Dezember 2008 in I.

ein Geldtauschgeschäft über 70.000

Bei dem vereinbarten Treffen brachte der gesondert verfolgte [X.]

, der von dem früheren [X.] S.

chauffiert wurde, das von Verkäuferseite mitgeführte Bargeld gewaltsam an sich. Abgesichert wurde die Tat von dem ebenfalls vor Ort in ei-nem anderen Pkw wartenden, deswegen bereits rechtskräftig verurteilten
Si.

. Zur Tatbeteiligung der beiden Angeklagten führt die [X.] aus:
"Die Angeklagten

J.

und

B.

waren maß-geblich an der Vorbereitung und Planung der Tat, der Angeklagte B.

darüber hinaus vermutlich auch an deren Durchführung be-teiligt, indem er die Tat vor Ort absicherte"
(UA 24).
3. Eine
irgendwie geartete
Tatbeteiligung der
schweigenden [X.] zum Nachteil des Zeugen P.

schließt das Land-gericht noch nicht daraus, dass diese beiden von einer für die Hauptverhand-lung gesperrten
Vertrauensperson, die von dem genauen Tatablauf keine Kenntnis hatte, als Mittäter benannt worden waren. So führt die [X.] aus, die Angaben
der Vertrauensperson genügten
für sich genommen nicht, um den Angeklagten eine Tatbeteiligung sicher nachzuweisen, jedoch gäbe es zahlreiche weitere
Indizien, die in einer Gesamtschau den Nachweis der [X.] erbrächten
(UA
35).
So gehörten die Angeklagten J.

und B.

zum erweiterten Führungskreis der Tätergruppe und seien in der Ver-3
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gangenheit schon des Öfteren an so genannten "Trufa's" oder "rip-deals"
betei-ligt
gewesen, was sich aus früheren inländischen und ausländischen [X.] und verschiedenen Zeugenaussagen ergäbe. Zwar habe der geson-dert verfolgte,
selbst tatbeteiligte S.

bei seiner polizeilichen Vernehmung zunächst ausgesagt, ihm sei von einer Beteiligung der beiden Angeklagten an der Tat in I.

nichts bekannt, auf gezielte Nachfrage habe er aber hinzu-gefügt, "nach seinem Gefühl" seien
beiden in die Sache involviert gewesen, was er allerdings nicht konkret belegen könne. Auch in der Hauptverhandlung habe S.

sein Gefühl weder erklären noch konkretisieren können.
Dass sich der Pkw [X.] des Angeklagten J.

am Tattag erwiesener-maßen in Ro.

befunden habe, hindere eine Tatbeteiligung
dieser Ange-klagten
bei Anbahnung des Tauschgeschäfts mit dem Zeugen P.

nicht. Was den Angeklagten B.

anbelange, sei dieser etwa 20 Minuten nach [X.] von dem Haupttäter [X.]

per Handy angerufen worden, was [X.] auf dessen Einbindung
hinweise.
II.
Die Verurteilung der beiden Angeklagten J.

und B.

wegen schweren Raubes im Fall II.
2 der Urteilsgründe hält rechtlicher Prüfung nicht
stand.
1. Zwar ist die Annahme des [X.]s, beide Angeklagte seien [X.] gewesen, hinreichend belegt und nicht zu beanstanden. Jedoch fehlt es an tragfähigen Feststellungen dazu, dass und gegebenenfalls wie beide
Angeklagte konkret an der Tat zum Nachteil des Zeugen P.

beteiligt waren. So bleibt schon völlig offen, wann und in welcher Weise die Angeklag-ten an der Vorbereitung und Planung der Tat beteiligt gewesen sein sollen und durch welche Handlungen der Angeklagte B.

"vermutlich" an deren Durch-5
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führung mitgewirkt hat. Auf dieser Grundlage ist eine nach den allgemeinen Kriterien vorzunehmende rechtliche Bewertung, ob sich die Angeklagten als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt oder ob sie gegebenenfalls überhaupt keinen strafbaren Tatbeitrag geleistet haben, nicht möglich.
2. Hinzu kommt, dass selbst eine -
irgendwie geartete
Tatbeteiligung nicht hinreichend belegt ist. Die dieser Feststellung zugrunde liegende Beweis-würdigung des [X.]s begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§
261 StPO), dessen Schlussfolgerungen nicht zwingend, sondern nur möglich sein müssen. [X.] setzt die zur richterlichen Überzeugungsbildung erforderliche Gewissheit des Richters
objektive Grundlagen
voraus. Diese müssen aus rationalen Grün-den den Schluss erlauben, dass das festgestellte Geschehen mit hoher Wahr-scheinlichkeit mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Das ist der Nachprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich. Deshalb müssen die Urteilsgründe er-kennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandes-mäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruht und dass die vom Gericht ge-zogene Schlussfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloße Vermutung erweist, die letztlich nicht mehr als einen Verdacht zu begründen vermag ([X.] NStZ 1986, 373; [X.], 453).
b) Daran gemessen erlauben die vom [X.] festgestellten Indizien nicht den Schluss auf eine konkrete Tatbeteiligung der Angeklagten. Die völlig unbestimmte Aussage der Vertrauensperson, die durch Angaben des [X.] vom [X.] eingeführt worden ist, hat die [X.] zu Recht nicht als [X.] für ausreichend erachtet. Die rechtsfehlerfrei fest-gestellte [X.] als solche erlaubt keinen Rückschluss auf eine konkrete Tatbeteiligung, da die Bande eine Vielzahl von Taten in häufig wech-7
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selnder Besetzung begangen hat. Dem
unmittelbar tatbeteiligten,
gesondert verfolgten
S.

war von einer Beteiligung der Angeklagten nichts bekannt; lediglich auf Nachfrage hat er bei seiner polizeilichen "Nachtragsvernehmung", in der er Angaben gemacht hat, um eine Haftverschonung zu erreichen, von einem nicht belegbaren Gefühl berichtet, ohne irgendwelche Details nennen zu können. Dass der Haupttäter [X.]

schließlich ca. 20
Minuten nach der [X.] den Angeklagten B.

angerufen hat, ist ohne Aussagekraft für des-sen mögliche Beteiligung in der Planungsphase.
III.
Nach alledem war das angefochtene Urteil
hinsichtlich des nur im Fall II.
2 der Urteilsgründe verurteilten Angeklagten J.

in vollem Umfang aufzuheben. Hinsichtlich des Angeklagten B.

bedingt die Aufhebung im Fall II.
2 der Urteilsgründe auch die Aufhebung des [X.]s. [X.] Verurteilung im Fall II.
3 der Urteilsgründe zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren wird von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt und bleibt [X.].
Da sich das Verfahren nunmehr nur noch gegen Erwachsene richtet, ver-weist der Senat die Sache an eine allgemeine [X.] zurück.

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass der neue Tatrichter das Verwandtschaftsverhältnis des Angeklagten J.

zu dem Zeugen [X.]

näher aufzuklären haben wird. Eine schwägerschaftliche Verbindung [X.] Staatsangehöriger nur nach "[X.]" vermittelt

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verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. [X.] NStZ 1993, 349)
nicht das Recht, das Zeugnis zu verweigern. Bei Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe sind gegebenenfalls einbezogene frühere Einzelstrafen mitzuteilen.

[X.] Berger

Eschelbach

Ott

Meta

2 StR 488/12

15.01.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2013, Az. 2 StR 488/12 (REWIS RS 2013, 9078)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 9078

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