BT-Drucksache 18/99

Operation Active Endeavour beenden

Vom 27. November 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 18/99

18. Wahlperiode 27.11.2013

Antrag

der Abgeordneten Dr. Frithjof Schmidt, Omid Nouripour, Agnieszka Brugger,
Katja Keul, Annalena Baerbock, Katja Dörner, Kai Gehring, Sven-Christian
Kindler, Tom Koenigs, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Steffi Lemke,
Dr. Tobias Lindner, Peter Meiwald, Beate Müller-Gemmeke, Cem Özdemir,
Lisa Paus, Tabea Rößner, Claudia Roth (Augsburg), Corina Rüffer, Beate
Walter-Rosenheimer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Operation Active Endeavour beenden

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Dem Bundestag liegt von Seiten der geschäftsführenden Bundesregierung bislang
kein Mandat zur Fortsetzung einer deutschen Beteiligung an der Operation Active
Endeavour (OAE) vor. Die Zustimmung des Deutschen Bundestages zur Beteili-
gung der Bundeswehr an der Operation Active Endeavour endet damit mit dem
31. Dezember 2013.

2. Derzeit gibt es aus den Reihen der an den laufenden Koalitionsverhandlungen be-
teiligten Bundestagsfraktionen öffentlich geäußerte Überlegungen, die deutsche
Beteiligung an der Operation Active Endeavour fortzusetzen, zu diesem Einsatz je-
doch nicht mehr die Zustimmung im Rahmen des Gesetzes über die parlamentari-
sche Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im
Ausland (Parlamentsbeteiligungsgesetz) einzuholen. Der Deutsche Bundestag
wendet sich entschieden gegen jegliche Bemühungen, den Parlamentsvorbehalt für
einen entsprechenden Einsatz der Bundeswehr zu umgehen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die geschäftsführende Bundesregierung auf,

1. die deutsche Beteiligung an der Operation Active Endeavour zum
31. Dezember 2013 zu beenden und dem Bundestag einen abschließenden Evalua-
tionsbericht vorzulegen;

2. sich in der NATO dafür einzusetzen, den 2001 ausgerufenen Bündnisfall nach
Artikel 5 des Nordatlantikvertrages zu beenden.

Berlin, den 27. November 2013

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Drucksache 18/99 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Begründung

1. Eine Fortsetzung der Beteiligung deutscher Streitkräfte an einem bewaffneten Ein-
satz kann es nur mit einer zweifelsfreien völkerrechtlichen Grundlage und der da-
mit verbundenen vorherigen, konstitutiven Zustimmung des Deutschen Bundesta-
ges im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes geben. Die völkerrechtliche
Grundlage ist seit Jahren umstritten. Für den OAE-Einsatz gibt es derzeit keine
parlamentarische Mehrheit. Die Bundestagsfraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben 2012 einer Fortsetzung der Deutschen Betei-
ligung nicht zugestimmt. Auch die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte in der
Vergangenheit Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Mandats geäußert und angekün-
digt, sich in der NATO dafür einzusetzen, dass die derzeitige Mission in eine stän-
dige Routineoperation der NATO überführt wird. Das ist bislang noch nicht ge-
schehen.

2. Die öffentlich geäußerten Überlegungen aus den Reihen der SPD, die deutsche
Beteiligung an der Operation Active Endeavour fortzusetzen, den Einsatz jedoch
nicht mehr als zustimmungspflichtig zu definieren, sind entschieden zurückzuwei-
sen. Hier werden politische Widersprüche zwischen möglichen zukünftigen Regie-
rungsparteien zu Lasten der verfassungsrechtlich garantierten Parlamentsbeteili-
gungsrechte gelöst. Auch wenn die Anwendung militärischer Gewalt in der Ver-
gangenheit überwiegend nicht zum Tragen gekommen ist, sieht der Operationsplan
nach wie vor exekutive Befugnisse sowie die Durchsetzung dieser Befugnisse mit
militärischer Gewalt vor. Diese Befugnisse waren unter anderem der Grund, wa-
rum sämtliche Bundesregierungen eine Zustimmung des Deutschen Bundestages
seit 2001 für erforderlich hielten.

3. Der NATO-Einsatz wird völkerrechtlich als Reaktion auf die Anschläge des
11. September 2001, auf das Selbstverteidigungsrecht der Staaten (Artikel 51 der
UN-Charta) und die Feststellung des NATO-Bündnisfalles (Artikel 5 des NATO-
Vertrags) sowie die UN-Resolutionen 1368 (2001) und 1373 (2001) gestützt. Diese
Begründung ist über zwölf Jahre nach den Anschlägen äußerst zweifelhaft. Nach
deutschem Völkerrechtsdenken lässt sich dieser Einsatz schon aufgrund des großen
zeitlichen Abstands zu den Anschlägen nicht mehr auf den Selbstverteidigungsge-
danken stützen.

4. Mandatswahrheit und Mandatsklarheit sind nicht mehr gegeben. Es ist an der Zeit,
die deutsche Beteiligung an der Operation Active Endeavour zu beenden. Die
NATO legt bei der Operation Active Endeavour einen Schwerpunkt auf Präsenz,
Informationsgewinnung und Überwachung. Dies gehört zu den Routineaufgaben
des Bündnisses. Die Aufgaben und militärischen Befugnisse sind auf das Maß zu-
rückzuführen, das bei anderen maritimen Routineaufgaben der NATO in Hoheits-
und internationalen Gewässern üblich ist. An diesen Aufgaben soll sich die Bun-
deswehr weiterhin – auch im Mittelmeerraum – in angemessenem Umfang beteili-
gen.

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