BT-Drucksache 18/8889

Inklusive Bildung für alle - Ausbau inklusiver Bildung in der Kindertagesbetreuung umsetzen

Vom 22. Juni 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8889
18. Wahlperiode 22.06.2016
Antrag
der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Matthias W. Birkwald,
Nicole Gohlke, Katja Kipping, Cornelia Möhring, Norbert Müller (Potsdam),
Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte, Azize Tank, Kathrin Vogler, Harald
Weinberg, Katrin Werner, Birgit Wöllert, Jörn Wunderlich, Pia Zimmermann,
Sabine Zimmermann (Zwickau) und der Fraktion DIE LINKE.

Inklusive Bildung für alle – Ausbau inklusiver Bildung in der
Kindertagesbetreuung umsetzen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

„Inklusion im Bildungsbereich bedeutet, dass allen Menschen die gleichen Möglich-
keiten offen stehen, an qualitativ hochwertiger Bildung teilzunehmen und ihre Po-
tenziale zu entwickeln, unabhängig von besonderen Lernbedürfnissen, Geschlecht,
sozialen und ökonomischen Voraussetzungen. Inklusive Bildung ist ein Prozess, der
die Kompetenzen im Bildungssystem stärkt, die notwendig sind, um alle Lernenden
zu erreichen. Inklusive Bildung geht auf die verschiedenen Bedürfnisse von Kindern,
Jugendlichen und Erwachsenen ein. Erreicht wird dies durch verstärkte Partizipation
an Lernprozessen, Kultur und Gemeinwesen sowie durch eine konsequente Reduk-
tion von Exklusion in der Bildung. Dazu bedarf es Veränderungen in den Inhalten,
Ansätzen, Strukturen und Strategien im Bildungswesen“ (Deutsche UNESCO-Kom-
mission e. V.: Inklusion: Leitlinien für die Bildungspolitik, Bonn 2014; vgl. UNE-
SCO: Overcoming Exclusion through Inclusive Approaches in Education. A chal-
lenge and vision, Paris, 2003).
Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit
Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention – UN-BRK) ist seit dem
26. März 2009 in Kraft, nachdem Bundestag und Bundesrat dieser Konvention ein-
schließlich ihres Zusatzprotokolls ohne Einschränkungen einstimmig im Dezem-
ber 2008 zustimmten. Deutschland hat sich damit zur Inklusion verpflichtet. Dazu
zählen weitere Internationale Übereinkommen bzw. Erklärungen, etwa die Allge-
meine Erklärung der Menschenrechte (1948), das Übereinkommen gegen Diskrimi-
nierung in der Bildung (1960), das Übereinkommen über die Rechte des Kindes
(UN-Kinderrechtskonvention von 1989) sowie auch das Übereinkommen über den
Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen.
Dem Verständnis von Inklusion entsprechend muss der gesamte Bildungsbereich ei-
nen uneingeschränkten, gleichberechtigten Zugang für alle unabhängig von sozialer
Zugehörigkeit, Geschlecht, ökonomischen Hintergrund, ethnischer Herkunft, Spra-
che, Religion und Fähigkeiten sowie von individuellen Voraussetzungen gewähr-
leisten. Inklusion in der Bildung muss den individuellen Bedürfnissen aller entspre-
chen und umfasst somit alle, die an Bildungsprozessen teilnehmen. Tatsächlich aber

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gibt es im bundesdeutschen Bildungssystem erhebliche Exklusionsrisiken. Sie rei-
chen von unterschiedlichen körperlichen, geistigen, seelischen und Sinnesbehinde-
rungen über soziale Benachteiligungen, Geschlecht und Herkunft. So haben zum
Beispiel auch junge Menschen mit Migrationshintergrund trotz großer individueller
Potenziale immer noch deutlich schlechtere Bildungschancen. Festzustellen ist auch,
dass die Umsetzung inklusiver Bildung mit den einzelnen Bildungsstufen abnimmt.
Kinder profitieren davon, wenn sie frühzeitig und gemeinsam mit anderen Kindern
die Welt begreifen lernen. Der Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen ist auf
die ganze Persönlichkeit gerichtet und umfasst die Förderung sozialer Kompetenzen
und die emotionale Entwicklung ebenso wie die körperliche und geistige Entwick-
lung der kindlichen Persönlichkeit. In der Interaktion von Kindern, auch aus unter-
schiedlichen sozialen Schichten und Herkunft, kann Sprache unkompliziert erlernt
werden und fördert die Ausprägung sozialer Kompetenzen. Frühkindliche Bildung
ist darum ein eigenständiger Bildungsbereich, der für alle Kinder ganztags offen ste-
hen muss.
Um anspruchsvolle Bildungsangebote in der Kindertagesbetreuung vorzuhalten, be-
darf es eines hohen Maßes an Qualität. Gute Qualität setzt wiederum bestimmte Rah-
menbedingungen voraus: ausreichend und gut ausgebildetes Personal, Zeit – etwa
zur Vor- und Nachbereitung von Betreuungszeit oder Kind-/Elterngesprächen –, fi-
nanzielle Mittel für die Ausstattung und Bezahlung des Personals und gesundes Es-
sen, ausreichend und entsprechend eingerichtete Räumlichkeiten und Materialien
und Spiele für die pädagogische Arbeit. Diese Bedingungen sind Grundvorausset-
zung für die Umsetzung von inklusiver frühkindlicher Bildung in Kindertagesein-
richtungen. Die Kommunen spielen bei der Umsetzung vor Ort eine zentrale Rolle.
Dem inklusiven Ansatz kommt aus grundsätzlichen, aber auch aus der besonderen
Stellung der frühkindlichen Bildung im gesamten Bildungssystem eine besondere
Rolle zu. Inklusive frühkindliche Bildung legt wesentliche Grundlagen für erfolgrei-
che Inklusion in den weiterführenden Bildungsbereichen. Kinder lernen von Beginn
an Verschiedenheit als Normalität zu begreifen. Sie lernen, dass Segregation, und
damit Isolation vermieden wird und so „Abwehr gegen das vermeintlich Fremde“
gar nicht erst entsteht (A. Prengel: Inklusion als unabschließbare Demokratisierung
der Frühpädagogik. In: Diversität und Kindheit. Frühkindliche Bildung, Vielfalt und
Inklusion. Heinrich Böll Stiftung, 2012: http://docplayer.org/6104571-Diversitaet-
und-kindheit.html#download_tab_content, S. 25, vgl. S. 23ff.).
Mit dem Ausbau integrativer Kindertageseinrichtungen ist der Elementarbereich im
Unterschied zu anderen Bildungsbereichen auf dem Weg hin zur Inklusion am wei-
testen vorangeschritten. Von 54.536 Tageseinrichtungen für Kinder bieten derzeit
18.572 Tageseinrichtungen integrative Betreuung an. 80.299 Kinder im Alter von
0 bis 14 Jahren erhalten eine Eingliederungshilfe aufgrund mindestens einer Behin-
derung in einer Kindertageseinrichtung. Über 40 Prozent aller Kinder (ca. 1,377 Mil-
lionen), die eine Kindertageseinrichtung besuchen, werden in einer Tageseinrich-
tung mit integrativem Ansatz betreut (vgl. Statistisches Bundesamt, „Statistiken der
Kinder- und Jugendhilfe; Kinder und tätige Personen in Tageseinrichtungen und in
öffentlich geförderter Kindertagespflege am 01.03.2015“, Wiesbaden 2016, S. 11).
Diese Zahlen zeigen einen Schritt in die richtige Richtung. Allerdings sind noch
viele Sprünge notwendig, um über den integrativen Ansatz überall zur inklusiven
Kitabetreuung zu kommen. Viele Steine gilt es auf dem Weg noch gemeinsam zu
beseitigen.
Derzeit ist die Umsetzung inklusiver Pädagogik innerhalb der Kindertageseinrich-
tungen bundeslandspezifisch, regional und standortbestimmt sehr unterschiedlich
vorangeschritten. Es fehlt an bundesweit verbindlichen Regelungen zur Umsetzung
der eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtung zur Inklusion – auch in Bezug
auf die frühkindliche Bildung.

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Beispielsweise werden erforderliche Raumgrößen und Ausstattungen in Landes-
oder Kommunalhoheit sehr unterschiedlich geregelt. Zudem hat jedes Bundesland
andere Regelungen und Definitionen zur Fachkraft-Kind-Relation. Während in eini-
gen Ländern ein klares Bekenntnis zur inklusiven Bildung auch in Kindertagesstät-
ten zu finden ist, wird sie anderswo vorrangig unter dem Blickwinkel der schulischen
Bildung behandelt oder eine Überarbeitung erst angekündigt und sie ist in einigen
Ländern überhaupt noch nicht Gegenstand der Bildungspläne.
Auch in der letztmalig im Sommer des Jahres 2004 von der Kultusministerkonferenz
und der Jugendministerkonferenz beschlossene „Gemeinsame Rahmen der Länder
für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen“ spielt die inklusive Dimension
der Elementarbildung keine Rolle.
Die Eingliederungshilfen für Kinder mit Beeinträchtigungen und/oder Benachteili-
gungen werden, entsprechend der jeweiligen gesetzlichen Zuständigkeit, entweder
durch die Träger der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) oder durch die Träger der
Sozialhilfe geleistet (SGB XII). Hinzu kommen weitere Leistungen. Sozialamt, Ju-
gendamt, Krankenkasse, Pflegekasse – das Spektrum der Zuständigkeiten konterka-
riert inklusive Bildungsansätze schon in der frühkindlichen Bildung. Hilfeleistungen
können dann nicht optimal vorgehalten werden. Hinzu kommt, dass inklusive Bil-
dung nicht allein ein Anspruch für Kinder mit Handicaps ist, sondern alle Kinder
umfasst.
Um erfolgreich inklusiv arbeiten zu können, benötigen Kitas neben den oben ge-
nannten Grundvoraussetzungen für gute Qualität in der Kindertagesbetreuung wei-
tere spezifische Rahmenbedingungen. Hier vor allem gibt es noch erhebliche Defi-
zite. Es bedarf eines flächendeckenden und dichteren Netzes inklusiv arbeitender
Einrichtungen. Zu einer inklusiven Kita gehören barrierefreie Gebäude ebenso wie
ein barrierefreies und gesundheitsförderliches Umfeld. Die Länder und Kommunen
müssen in die Situation gebracht werden, dieses Umfeld zu schaffen. Daneben muss
eine rechtliche Situation, die Antragsverfahren und Antragswege bis zur Bereitstel-
lung der nötigen Unterstützungen für Eltern überschaubar macht, geschaffen wer-
den. Für den Erfolg eines inklusiven Lebens in Kitas ist ausreichendes gut qualifi-
ziertes Personal mit unterschiedlichen, in Kitas erforderlichen pädagogischen, sozi-
alen und therapeutischen Professionen, ebenso unverzichtbar wie mehr Zeit für die
pädagogischen Fachkräfte zur Planung des Bildungsprozesses und zur Zusammen-
arbeit mit Eltern und Familien.
Die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern muss von Beginn an eine inklusive
Haltung und inklusive Professionalität vermitteln. Es müssen methodische, didakti-
sche, psychologische und sozialpädagogische Kompetenzen vermittelt werden, um
inklusive Lernprozesse in heterogenen Lern- und Betreuungsgruppen gestalten und
gewährleisten können. Um das bereits in den Kitas arbeitende pädagogische Fach-
kräfte besser auf den Umgang mit unterschiedlichen Arten von Behinderungen so-
wie heterogenen Lern- und Betreuungsgruppen vorzubereiten, müssen entsprechen-
de Weiterbildungsangebote vorgehalten werden.
Daneben bietet die Arbeit in multiprofessionellen Teams, die sich aus Personen un-
terschiedlicher pädagogischer und therapeutischer Kompetenzen und Qualifikatio-
nen in einer Kita zusammensetzen, eine große Chance. So können notwendige Maß-
nahmen, etwa therapeutische, vor Ort bereitgestellt werden. Jede Kita muss z. B.
Zugang zu sozial- und heilpädagogischen und –therapeutischen Fachkräften haben,
die in der ganzen Kita beratend und unterstützend zur Verfügung stehen. Dazu
braucht es die Anerkennung von weiteren Fachkräften bzw. ihrer Abschlüsse in den
jeweiligen Kita-Personalverordnungen der Länder.
Inklusives pädagogisches Handeln bedarf in der frühkindlichen Bildung einer Fach-
kraft-Kind-Relation, die sowohl den Bedürfnissen des Kindes als auch den an die
Fachkraft gestellten Anforderungen gerecht wird. Künftig müssen Zeiten der päda-
gogischen Vor- und Nachbereitung sowie der Elternarbeit und der Abstimmung im

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Team in die Arbeitszeit eingerechnet werden. Zudem sind nichtdiskriminierende
(Lern-)Umwelten, Erzieherinnen und Erzieher, deren Ausbildung auf eine inklusive
frühkindliche Pädagogik ausgerichtet ist, sowie bundesweit geltende Qualitätsstan-
dards für eine inklusive Kindheitspädagogik unerlässlich (vgl. Schmude/Pioch, For-
schungsbericht: „Schlüssel zu guter Bildung, Erziehung, Betreuung – Kita inklu-
siv“, 2014).
Die Leistungen nach SGB VIII, SGB XII, SGB IX und SGB V müssen an einem Ort
zusammengeführt und entbürokratisiert werden, damit zu bewilligende Hilfen un-
kompliziert und aus einer Hand geleistet werden können.
Bisher liegt seitens des Bundes kein umfangreiches Konzept zur Umsetzung inklu-
siver Bildung in Kitas vor. Allerdings ist dies dringend notwendig, um gesicherte
Rahmenbedingungen und mehr Planungssicherheit zu schaffen. Zwar wird derzeit
der im Jahre 2011 beschlossene Nationale Aktionsplan überarbeitet, doch es steht zu
befürchten, dass in Bezug auf Inklusion im Elementarbereich ein umfassendes Ziel-
konzept mit kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen sowie deren Finanzierung
abermals ausbleiben. Auch seitens der Länder besteht hier ein erheblicher Hand-
lungsbedarf.
Der Deutsche Bundestag trägt Verantwortung dafür, Inklusion auch im Bereich der
frühkindlichen Bildung im Sinne der Umsetzung der völkerrechtlich verbrieften
Menschen- und insbesondere Kinderrechte auf Partizipation (im Sinne von Teilhabe,
Beteiligung, Mitwirkung sowie Mitbestimmung), Selbstbestimmung und inklusiver
Bildung für alle Kinder umzusetzen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. in Zusammenarbeit mit den Ländern und Kommunen ein Investitionsprogramm
„Inklusive Bildung“ auf den Weg zu bringen, um folgende Aufgaben zu bewäl-
tigen:
a. schnellstmöglicher Um- und Ausbau bestehender Bildungseinrichtungen

mit dem Ziel, Barrierefreiheit und Gesundheitsförderung zu gewährleisten.
Neubauten sind von Beginn an barrierefrei, das heißt nach dem Gestal-
tungsprinzip des „Design für alle“ zu gestalten,

b. Bereitstellung von barrierefreien Kommunikationsformen und Beratungs-
angeboten unabhängig von der Behinderungsart,

c. Gewährleistung umfassender Barrierefreiheit im Bereich der Verkehrs-
wegeplanung sowie beim öffentlichen Nahverkehr. Kommunen brauchen
darüber hinaus dauerhafte und verlässliche Unterstützung bei der finanzi-
ellen Sicherung dieser Aufgabe,

2. sich gemeinsam mit dem Bundesrat und der Kultusministerkonferenz dazu zu
verpflichten, dass der Umbau zu einem inklusiven Bildungssystem umgehend
in allen Ländern durchgesetzt, verbindliche Handlungsempfehlungen und Emp-
fehlungen für personelle Standards und Garantien erarbeitet werden und Inklu-
sion umgehend umgesetzt wird;

3. die Jugend- und Kultusministerkonferenz dazu anzuhalten, ihren aus dem Jahre
2004 aufgestellten „Gemeinsamen Rahmen der Länder für die frühe Bildung in
Kindertageseinrichtungen“ unter Beachtung des Inklusionsindex für Kitas
(vgl. Booth/Ainscow/Kingston: „Index for Inclusion. Developing play, learning
and participation in early years and childcare“, bzw. GEW Gewerkschaft für
Erziehung und Wissenschaft [Hrsg]: „Index für Inklusion in Kindertagesein-
richtungen. Gemeinsam leben, spielen und lernen“, 2016) schnellstmöglich zu
aktualisieren und zu präzisieren;

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4. die Initiative zu ergreifen, um das grundgesetzliche Verbot der Bildungszusam-

menarbeit zwischen Bund und Ländern (Kooperationsverbot) ohne Einschrän-
kungen aufzuheben und die Gemeinschaftsaufgabe Bildung grundgesetzlich zu
verankern;

5. eine Neuregelung der Lastenverteilung bezüglich der Kindertagesbetreuungs-
kosten zwischen dem Bund auf der einen Seite und den Ländern und Kommu-
nen auf der anderen Seite voranzutreiben, die eine stärkere Beteiligung des Bun-
des an den Kosten der Kindertagesbetreuung und eine indirekte Entlastung der
Kommunen zur Folge hat;

6. gemeinsam mit den Ländern einen Masterplan zu entwickeln, um in allen Län-
dern mittelfristig die Elternbeiträge für die Kindertagesbetreuung abzuschaffen
und eine hochwertige gebührenfreie Essensversorgung einzurichten;

7. unverzüglich ein Kita-Qualitätsgesetz zu erarbeiten, in dem Standards für in-
klusive Bildung in der frühkindlichen Bildung festgeschrieben werden. Das be-
trifft sowohl räumliche und sächliche Mindeststandards wie auch die Ausstat-
tung mit pädagogischem und therapeutischem Personal, deren Arbeitsbedin-
gungen, sowie den Zugang zu heilpädagogischen Fachkräften für jede Kita. Da-
bei geht es auch um die Anerkennung der Berufsabschlüsse von weiteren Fach-
kräften im Rahmen multiprofessioneller Teams für den Einsatz in Kitas;

8. gesetzlich zu regeln, dass die Teilhabe von Kindern in Kindertagesstätten als
Teilhabeleistung berücksichtigt wird. Dabei müssen die Krankenkassenleistun-
gen einbezogen werden, um die Komplexleistung Frühförderung auch für Kitas
nutzbar zu machen;

9. die Eingliederungshilfe für Kinder mit Benachteiligung oder von Benachteili-
gung bedrohten in einem Leistungssystem zusammenzuführen;

10. gemeinsam mit den Ländern eine Qualifizierungsinitiative für inklusive Bil-
dung in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern auf den Weg zu brin-
gen;

11. die WIFF-Weiterbildungsinitiative des Bundes für im Beruf stehende Erziehe-
rinnen und Erzieher um Weiterbildungsmaßnahmen für inklusive Pädagogik
und Diagnostik zu erweitern;

12. den fachlichen Dialog zwischen den Leistungsträgern, den beteiligten Ämtern,
sozialen Diensten sowie den Forschungs- und Bildungsakteuren zu initiieren;

13. dafür Sorge zu tragen, dass die Leistungen für Kinder mit Beeinträchtigungen
nach SGB VIII, SGB XII und SGB IX entbürokratisiert und mit Rechtsan-
spruchscharakter im SGB VIII gebündelt angesiedelt werden. Das gilt auch für
den Anspruch auf bedarfsgerechte, einkommens- und vermögensunabhängige
persönliche Assistenz und Hilfsmittel analog zum ebenfalls festzuschreibenden
Anspruch im SGB IX;

14. den Rechtsanspruch des Kindes auf einen ganztägigen Betreuungsplatz im
SGB VIII zu verankern, der unabhängig vom sozialen Status der Eltern und
dem individuellen Förderbedarf allen Kindern zusteht;

15. bei der Überarbeitung des Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Be-
hindertenrechtskonvention für den Bereich der Inklusion im frühkindlichen Be-
reich klare Zielkonzepte mit einem umfassenden Maßnahmenplan, der alle
kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen, die zur Umsetzung erforderlich
werden, festzulegen und mit entsprechenden Zeitplänen sowie transparenten,
bedarfsorientierten Finanzierungsplänen zu untersetzen.

Berlin, den 22. Juni 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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