BT-Drucksache 18/8782

Zwei Jahre nach Inkrafttreten des Rentenpakets

Vom 8. Juni 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8782
18. Wahlperiode 08.06.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Markus Kurth, Beate Müller-Gemmeke, Brigitte Pothmer,
Corinna Rüffer, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Britta Haßelmann,
Dr. Tobias Lindner, Dr. Gerhard Schick und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zwei Jahre nach Inkrafttreten des Rentenpakets

Verschiedene Vertreter der Bundesregierung haben sich zuletzt mehrfach mit
Forderungen zur Reform der Alterssicherung öffentlich zu Wort gemeldet. Nach
Inkrafttreten des Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Ren-
tenversicherung (sog. Rentenpaket) am 1. Juni 2014 zeigten sich die Koalitionäre
– trotz vielmaliger Ankündigungen – jedoch uneinig, weitere Gesetzesvorhaben
in der Rentenpolitik auf den Weg zu bringen. Das Rentenpaket beinhaltete neben
der Ausweitung der anrechenbaren Kindererziehungszeiten für vor 1992 gebo-
rene Kinder um zwölf Monate (sog. Mütterrente) und der modifizierten Alters-
rente für besonders langjährig Versicherte (sog. Rente ab 63) auch geringe
Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente sowie bei den Leistungen für
Rehabilitation. Von Anbeginn stand das Rentenpaket vor allem deshalb in der
Kritik, weil es falsche Prioritäten setzte und zulasten der Personengruppen ging,
die es eigentlich am nötigsten haben (siehe etwa Bundestagsdrucksache 18/1498).
Die erste Auswertung nach einem Jahr Rentenpaket bestätigte nach Auffassung
der Fragesteller diese Schieflage (vgl. Bundestagsdrucksache 18/5475). Zugleich
stand auch die Finanzierung aus den Mitteln der Rentenkasse, also durch die
Rentnerinnen und Rentner sowie durch die Beitragszahlerinnen und Beitragszah-
ler, stark in der Kritik. Allein die Kosten der Mütterrente beliefen sich im Jahr
2015 auf rund 6,7 Mrd. Euro. Auch vor dem Hintergrund der aktuellen Renten-
debatte ist es an der Zeit, eine Bilanz der bisherigen Rentenpolitik der Großen
Koalition zu ziehen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Personen profitieren seit dem 1. Juli 2014 von der Mütterrente, und

wie hoch sind die tatsächlichen Kosten für diese Leistung (bitte nach erstem
und zweitem Jahr nach Inkrafttreten des Rentenpakets getrennt ausweisen)?

2. Wie viele Frauen profitieren tatsächlich von der neuen Mütterente, d.h. nach
Abzug all der Frauen, die etwa aufgrund der Anrechnung auf die Grundsi-
cherung im Alter oder der Nichterfüllung der Wartezeit faktisch nichts von
der Mütterrente haben?

Drucksache 18/8782 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. a) Gibt es Bestrebungen der Bundesregierung, die Mütterrente noch in dieser
Legislatur sachgerecht aus Steuern zu finanzieren, mithin die vorgesehene
Beteiligung des Bundes an dieser Leistung aufzustocken, und wenn nein,
warum nicht?

b) Wie lange und in welcher Größenordnung sind auch über das Jahr 2030
hinaus Ausgaben durch die sogenannte Mütterrente zu erwarten?

4. Wie viele Frauen befinden sich unter den Altersrentenzugängen, die allein
aufgrund der neuen Mütterrente erstmalig die Wartezeit für einen Rentenan-
spruch erfüllen (bitte nach erstem und zweitem Jahr nach Inkrafttreten des
Rentenpakets sowie nach Ost und West getrennt ausweisen)?

5. Welchen Einfluss hat die Mütterrente auf die Entwicklung des durchschnitt-
lichen Zugangsalters in Altersrenten von Frauen?

6. Wie viele Personen haben nach Inkrafttreten des Rentenpakets die abschlags-
freie Rente ab 63 in Anspruch genommen (bitte nach erstem und zweitem
Jahr nach Inkrafttreten des Rentenpakets, nach Frauen und Männern, Ost und
West getrennt ausweisen), und wie viele Personen gehören jeweils zu den
freiwillig Versicherten?

7. a) Wie viele Anträge auf die Rente ab 63 gab es innerhalb des ersten und
zweiten Jahres nach Inkrafttreten des Rentenpakets, und wie viele davon
wurden abgelehnt?

b) Was waren die Hauptgründe für die Ablehnung, und wie viele Personen
haben der Ablehnung widersprochen?

8. Wie hoch ist die Durchschnittsrente all der Personen, die bereits heute ab-
schlagsfrei mit 63 in Rente gegangen sind (bitte nach erstem und zweitem
Jahr nach Inkrafttreten des Rentenpakets, nach Frauen und Männern getrennt
ausweisen)?

9. Wie hoch sind in den Jahren 2014, 2015 und 2016
a) die Mehrausgaben in der Rentenversicherung,
b) die Beitragsausfälle in der Rentenversicherung,
c) die Kosten für die freiwillig Versicherten,
d) die Be- und Entlastungen anderer Sozialversicherungsträger durch die

zum 1. Juli 2014 eingeführte Rente ab 63, und
e) welchen Anteil machen die sog. Vorzieheffekte aus, d. h. die Kosten für

solche Begünstigten, die ohne die neue Rente noch weiter gearbeitet hät-
ten?

10. Wie hat sich das durchschnittliche Zugangsalter von Männern bei allen Al-
tersrentenzugängen verändert, und welchen Einfluss hatte hierbei die Rente
ab 63 (bitte nach erstem und zweitem Jahr nach Inkrafttreten des Rentenpa-
kets getrennt ausweisen)?

11. Wie hoch sind die tatsächlichen Kosten der durch das Rentenpaket beschlos-
senen Leistungen bei der Erwerbsminderungsrente sowie bei den Mitteln für
Rehabilitation?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8782

12. Wie verändert sich auf Grundlage der tatsächlichen Kosten des Rentenpakets

in den Jahren 2014, 2015 und 2016
a) der Anteil der Kosten für die Mütterrente von bisher rund 72 Prozent

(6,7 Mrd. Euro), und
b) der Anteil der Kosten für die Rente ab 63 von bisher bis zu 23 Prozent

(inklusive mögliche Beitragsausfälle von rund 2,9 Mrd. Euro, s. Aus-
schussdrucksache 18(11)275) an den durch die Bundesregierung ur-
sprünglich geschätzten Gesamtkosten von 9,3 Mrd. Euro für das Renten-
paket im Jahr 2016?

13. Wie verändern sich auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten die Kosten-
schätzungen des Rentenpakets bis zum Jahr 2030, und welche Auswirkungen
haben diese auf die Entwicklung des Rentenniveaus und der Rentenversiche-
rungsbeiträge bis zum Jahr 2030?

14. Wann wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf auf Grundlage des Ab-
schlussberichts der Koalitionsarbeitsgruppe zu den flexiblen Rentenübergän-
gen vorlegen?

15. Wann wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur geplanten „solida-
rischen Lebensleistungsrente“ vorlegen?

Berlin, den 8. Juni 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.