BT-Drucksache 18/8421

Inklusive Bildung für alle - Ausbau inklusiver Bildung in der beruflichen Bildung umsetzen

Vom 11. Mai 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8421
18. Wahlperiode 11.05.2016
Antrag
der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Matthias. W. Birkwald,
Nicole Gohlke, Katja Kipping, Cornelia Möhring, Norbert Müller (Potsdam),
Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte, Azize Tank, Kathrin Vogler, Harald
Weinberg, Katrin Werner, Birgit Wöllert, Jörn Wunderlich, Sabine
Zimmermann (Zwickau), Pia Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Inklusive Bildung für alle – Ausbau inklusiver Bildung in der beruflichen
Bildung umsetzen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

„Inklusion im Bildungsbereich bedeutet, dass allen Menschen die gleichen Möglich-
keiten offen stehen, an qualitativ hochwertiger Bildung teilzunehmen und ihre Po-
tenziale zu entwickeln, unabhängig von besonderen Lernbedürfnissen, Geschlecht,
sozialen und ökonomischen Voraussetzungen. Inklusive Bildung ist ein Prozess, der
die Kompetenzen im Bildungssystem stärkt, die notwendig sind, um alle Lernenden
zu erreichen. Inklusive Bildung geht auf die verschiedenen Bedürfnisse von Kindern,
Jugendlichen und Erwachsenen ein. Erreicht wird dies durch verstärkte Partizipation
an Lernprozessen, Kultur und Gemeinwesen sowie durch eine konsequente Reduk-
tion von Exklusion in der Bildung. Dazu bedarf es Veränderungen in den Inhalten,
Ansätzen, Strukturen und Strategien im Bildungswesen“ (Deutsche UNESCO-Kom-
mission e. V., Inklusion: Leitlinien für die Bildungspolitik, Bonn 2014; vgl. UNE-
SCO: Overcoming Exclusion through Inclusive Approaches in Education. A chal-
lenge and vision, Paris, 2003).
Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit
Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention – UN-BRK) ist seit dem
26. März 2009 in Kraft, nachdem Bundestag und Bundesrat dieser Konvention ein-
schließlich ihres Zusatzprotokolls ohne Einschränkungen einstimmig im Dezem-
ber 2008 zustimmten. Deutschland hat sich damit zur Inklusion verpflichtet. Dazu
zählen weitere Internationale Übereinkommen bzw. Erklärungen, etwa die Allge-
meine Erklärung der Menschenrechte (1948), das Übereinkommen gegen Diskrimi-
nierung in der Bildung (1960), das Übereinkommen über die Rechte des Kindes
(UN-Kinderrechtskonvention von 1989) sowie auch das Übereinkommen über den
Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen.
Dem Verständnis von Inklusion entsprechend muss der gesamte Bildungsbereich ei-
nen uneingeschränkten, gleichberechtigten Zugang für alle unabhängig von sozialer
Zugehörigkeit, Geschlecht, ökonomischem Hintergrund, ethnischer Herkunft, Spra-
che, Religion und Fähigkeiten sowie von individuellen Voraussetzungen gewähr-
leisten. Der Deutsche Bundestag geht von einem weiten Inklusionsbegriff aus, der

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nicht nur Menschen mit Behinderungen in den Blick nimmt, sondern sie wie alle
anderen umfasst. Inklusion in der Bildung muss also den individuellen Bedürfnissen
aller entsprechen und umfasst somit alle Menschen, die an Bildungsprozessen teil-
nehmen.
Tatsächlich aber gibt es im bundesdeutschen Bildungssystem erhebliche Exklusions-
risiken. Sie reichen von unterschiedlichen körperlichen, geistigen, seelischen und
Sinnesbehinderungen über soziale Benachteiligungen, Geschlecht und Herkunft. So
haben zum Beispiel auch junge Menschen mit Migrationshintergrund trotz großer
individueller Potenziale immer noch deutlich schlechtere Bildungschancen. Festzu-
stellen ist auch, dass die Umsetzung inklusiver Bildung mit den einzelnen Bildungs-
stufen abnimmt.
In der beruflichen Bildung besteht – neben der Weiterbildung – noch der größte
Nachholbedarf für die Umsetzung inklusiver Bildung. Darum will der Deutsche
Bundestag die Inklusion im Bereich der beruflichen Bildung im Sinne der Umset-
zung der völkerrechtlich verbrieften Menschenrechte auf Partizipation (im Sinne von
Teilhabe, Beteiligung, Mitwirkung sowie Mitbestimmung), Selbstbestimmung und
auf inklusive Bildung für alle stärker vorantreiben. Inklusion in der Berufsausbil-
dung muss zum Ziel haben, dass junge Menschen mit und ohne Behinderungen und
ungeachtet anderer Benachteiligungen, die aus den konkreten Lebensumständen
oder der individuellen Situation erwachsen, das gleiche Recht auf berufliche Aus-
und Weiterbildung haben. Für alle muss das zurzeit nur für alle Deutschen grundge-
setzlich verbriefte Recht auf freie Wahl des Berufes gelten. Dieses Recht muss durch
entsprechende Ausbildungsangebote und die Gewährleistung der notwendigen indi-
viduellen Hilfen gewährleistet werden. Auch in der beruflichen Bildung kommt es
darauf an, Verschiedenheit als eine Chance zu begreifen und jedem jungen Men-
schen die Teilnahme am Berufsleben zu ermöglichen.
Besonders deutlich wird der Nachholbedarf inklusiver Bildung im Bereich der be-
ruflichen Bildung von Menschen mit Behinderungen.
Die wichtigste Voraussetzung für die Teilhabe an der Arbeitswelt ist ein erfolgrei-
cher Übergang von der Schule in die Berufsausbildung. Gerade für diesen Bereich
liegen keine belastbaren Zahlen über Menschen mit Behinderungen vor. Das wird
im Nationalen Bildungsbericht 2014 festgestellt. Grund sind – so im Bericht – un-
terschiedliche Zuweisungskriterien für junge Menschen mit festgestelltem Förder-
bedarf nach Beendigung der allgemeinbildenden Schule in berufliche Bildungsein-
richtungen und Maßnahmen sowie die fehlende statistische Erfassung. Lediglich
über die Statistik zu den Eingliederungshilfen und die Erfassung von Arbeitgeber-
zuschüssen können Rückschlüsse gezogen werden (vgl. Nationaler Bildungsbe-
richt, 2014, S. 182).
Auch die Bertelsmann-Studie arbeitet mit Schätzungen: Von rund 50.000 jungen
Menschen mit Behinderungen, die jährlich die Schule verlassen, absolvieren 16.500
eine berufsvorbereitende Maßnahme, weitere 10.000 machen eine Ausbildung in
Fachpraktiker- oder Sonderberufen. Nur ca. 5.000 machen eine außerbetriebliche,
anerkannte Ausbildung und lediglich 3.500 nehmen eine betrieblich-duale Berufs-
ausbildung auf.
Grundsätzlich haben Menschen mit Behinderungen, Beeinträchtigungen oder Be-
nachteiligungen die Möglichkeit, in anerkannten Ausbildungsberufen ausgebildet zu
werden. Die rechtlichen Bestimmungen sind im Berufsbildungsgesetz (BBiG), der
Handwerksordnung (HwO) und im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) festge-
halten. Zugangsvoraussetzungen kennen das Berufsbildungsgesetz und die Hand-
werksordnung nicht, auch nicht den Begriff der Ausbildungsreife. Regelungen zu
den Leistungen für eine Berufsausbildung für Jugendliche mit besonderen Förder-
bedarfen werden in den Sozialgesetzbüchern II, III, VIII, IX sowie im XII erfasst.
Trotzdem kann z. B. heute nur ein kleiner Teil der Jugendlichen mit sonderpädago-
gischem Förderbedarf nach der Schule – die sie in der Mehrheit ohne Schulabschluss

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verlassen – eine reguläre Ausbildung aufnehmen (vgl. Ursula Bylinski, Vielfalt als
Ressource und Chance für gemeinsames Lernen und Entwicklung, in: Bylinski/Voll-
mer, Wege zur Inklusion in der Beruflichen Bildung, Bundesinstitut für Berufsbil-
dung, 2015).
„Ziel einer inklusiven Berufsbildung ist eine am Individuum orientierte Ausgestal-
tung von Bildungswegen. Allen (jungen) Menschen sollen entsprechend Zugänge in
eine anerkannte Berufsausbildung und in die Arbeitswelt eröffnet werden. Inklusion
beinhaltet damit eine konsequente Orientierung am Individuum, d. h. Bildungs-, Un-
terstützungs- und Förderangebote sind vom Individuum ausgehend zu konzipieren,
entsprechend seiner jeweiligen individuellen (Lern-)Bedürfnisse.“ (Bylinski, Viel-
falt als Ressource, S. 11).
Viele Betriebe schrecken jedoch aus unterschiedlichen Gründen davor zurück, Aus-
zubildende mit Behinderungen oder besonderen Unterstützungs- und Förderbedar-
fen aufzunehmen. Vor allem kleinere Betriebe fühlen sich überfordert und über För-
dermöglichkeiten und Unterstützungsangebote schlecht informiert. Für Betriebe ab
20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gilt zwar nach § 71 SGB IX eine Beschäfti-
gungspflicht für Menschen mit Behinderungen. Diese Beschäftigungspflicht lässt
sich allerdings durch Zahlung einer Ausgleichsabgabe umgehen. Viele Unternehmen
zahlen lieber diese Ausgleichsabgabe, als Menschen mit Behinderung einzustellen.
Dabei zeigt die Berufsbildungsforschung, dass Unternehmen, die Erfahrung mit der
Ausbildung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen gemacht haben,
diese sehr positiv einschätzen und hohe Bereitschaft zeigen, dies zu wiederholen.
Zudem werden Jugendliche ohne oder mit schlechten Schulabschlüssen, mit Lern-
schwierigkeiten, mit Zuwanderungshintergrund oder sozialen Benachteiligungen
mit dem Verweis auf angeblich fehlende Ausbildungsreife oder Berufsreife oft vor-
schnell auf das Übergangssystem verwiesen. Dort sollen sie ihre Vermittlungsvor-
aussetzungen und damit die Ausbildungschancen verbessern, was jedoch nur einem
Teil gelingt.
Menschen, die aufgrund ihrer Behinderungen oder ihrer Beeinträchtigungen die An-
forderungen einer anerkannten Ausbildung auf den ersten Blick nicht erfüllen kön-
nen, werden oftmals in Sonderberufen ausgebildet oder durchlaufen berufsvorberei-
tende Maßnahmen in Sondereinrichtungen oder außerbetriebliche Bildungsgänge
auch für duale Ausbildungsberufe. Die Ausbildungen in Fachpraktikerberufen, eine
theoriereduzierte Maßnahme für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, wer-
den überwiegend in außerbetrieblichen Einrichtungen angeboten. Sie reichen nicht
aus, um den realen Bedarf zu decken. Im Nationalen Bildungsbericht 2014 wird da-
her von einer doppelten Einschränkung von Menschen mit Behinderungen im Aus-
bildungsangebot gesprochen, zumal ihnen jenseits von einzelnen Sonderregelungen
nur ein begrenztes, institutionell definiertes Berufsspektrum zur Verfügung stehe,
und dieses dann auch nur in unzureichendem Umfang (Nationaler Bildungsbericht
2014, S. 172).
Die Bundesregierung fördert zahlreiche Projekte, die Inklusion von Menschen mit
Behinderungen in den Ausbildungsmarkt ermöglichen, und die zeigen, wie erfolg-
reich inklusive Ausbildung für beide Seiten, Auszubildende und Betrieb, verlaufen
kann. Sie decken aber bei weitem nicht den tatsächlichen Bedarf. Hinzu kommen
zahlreiche Programme für die Verbesserung der Berufschancen für Jugendliche mit
unterschiedlichen Vermittlungshemmnissen und Benachteiligungen. Mit diesen Pro-
grammen sind jedoch keine Rechtsansprüche verbunden. Damit können sie nicht be-
darfsdeckend angeboten werden. Das gilt auch für die Assistierte Ausbildung, die
allerdings bislang nicht zufriedenstellend angelaufen ist, verbürokratisiert wurde und
nur für bestimmte Zielgruppen greift.
Insgesamt fehlt es an einer wirksamen Strategie, um berufliche Bildung wirklich in-
klusiv zu gestalten. Die Lösung wird noch zu oft und vor allem in besonderen, ex-
kludierenden Bildungsangeboten gesucht, anstatt die Potenziale regulärer dualer und

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vollzeitschulischer Ausbildung für Menschen mit Behinderungen, Beeinträchtigun-
gen und Benachteiligte auszuschöpfen.
Das Fehlen belastbarer Zahlen macht es schwer, die tatsächliche Teilhabe von Men-
schen mit Behinderung in der Berufsausbildung zu bewerten. Dadurch wird ver-
schleiert, wie weit die Wirklichkeit von einer umfassenden, inklusiven Ausbildungs-
welt entfernt ist. Hinzu kommen Barrieren durch die räumlichen, sächlichen, perso-
nellen, rechtlichen und anderen öffentlichen Voraussetzungen. Der Deutsche Bun-
destag will diesen Zustand ändern und das Berufsbildungssystem in allen seinen Be-
standteilen inklusiv ausbauen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. in Zusammenarbeit mit den Ländern und Kommunen ein Investitionsprogramm
„inklusive Bildung“ auf den Weg zu bringen, um folgende Aufgaben zu bewäl-
tigen:
a. schnellstmöglicher Um- und Ausbau bestehender Bildungseinrichtungen

mit dem Ziel, Barrierefreiheit zu gewährleisten. Neubauten sind von Beginn
an nach dem „Nutzen für alle“- Prinzip des „Designs für alle“ zu gestalten,

b. Bereitstellung von barrierefreien Kommunikationsformen und vernetzten
Beratungsangeboten für alle, insbesondere auch an der Schwelle von der
Schule zum Beruf,

c. Gewährleistung umfassender Barrierefreiheit im Bereich der Verkehrs-
wegeplanung sowie beim öffentlichen Nahverkehr;

2. die dauerhafte und verlässliche Unterstützung der Kommunen bei der finanziel-
len Sicherung dieser Aufgabe im Rahmen der Neuordnung der Bund-Länder-
Finanzbeziehungen zu sichern;

3. die Initiative zu ergreifen, um das grundgesetzliche Verbot der Bildungszusam-
menarbeit zwischen Bund und Ländern (Kooperationsverbot) ohne Einschrän-
kungen aufzuheben sowie die Gemeinschaftsaufgabe Bildung grundgesetzlich
zu verankern. Bis diese greift, ist zu überprüfen, inwiefern unterhalb der Schwel-
le der Grundgesetzänderung Finanzierungsmöglichkeiten seitens des Bundes
(und zwar über die derzeitige Finanzierung von Projekten im Bereich Bildungs-
forschung und von Konferenzen bzw. Fachveranstaltungen hinaus) sowie Ko-
operationen zwischen Bund und Ländern für die Umsetzung inklusiver Bildung
bestehen, und diese auch auszuschöpfen;

4. sich gemeinsam mit dem Bundesrat und der Kultusministerkonferenz dazu zu
verpflichten, dass der Umbau zu einem inklusiven Bildungssystem umgehend
in allen Ländern durchgesetzt, verbindliche Handlungsempfehlungen und Emp-
fehlungen für personelle Standards unter Einbeziehung der Betroffenen in be-
rufsbildenden Schulen und Ausbildungsbetrieben erarbeitet werden, die sichern,
dass Inklusion umgehend umgesetzt wird;

5. Schulsozialarbeit als eigenständiges pädagogisches Angebot im SGB VIII zu
verankern und gemeinsam mit den Ländern dafür Sorge zu tragen, dass Schulso-
zialarbeit an allen berufsbildenden Schulen ausreichend vorhanden ist;

6. gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit und den Ländern die Berufsorien-
tierung von Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichem Unterstützungs-
bedarf auszubauen und die dafür notwendigen finanziellen und personellen Res-
sourcen im erforderlichen Umfang abzusichern. Dazu sollen mit den Ländern
Empfehlungen und Handlungsorientierungen für Schulen erarbeitet werden, wie
bei der Berufsorientierung in allen Schulen besser von den individuellen Inte-
ressen und Möglichkeiten des Individuums ausgegangen werden kann;

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8421
7. ein Recht auf Ausbildung für alle umzusetzen. Dazu ist die Beratungs- und Ver-

mittlungstätigkeit der Bundesagentur für Arbeit (BA) auf die individuelle Un-
terstützung von Bewerberinnen und Bewerbern zu richten. Die Beratung darf
nicht über den Kopf von Betroffenen hinweg geschehen. Ziel muss es sein, für
jede Bewerberin und jeden Bewerber und mit ihnen gemeinsam ein geeignetes
Angebot zu finden, dafür bestehende Nachteile auszugleichen und die notwen-
digen Hilfen zu gewähren, damit die Anforderungen des gewählten Berufes be-
wältigt werden können. Gleichzeitig ist die Unterstützung der Unternehmen bei
der Übernahme von Auszubildenden mit Handicaps und Benachteiligungen an-
gemessen zu gewährleisten;

8. die Initiative zu ergreifen, die bisher im SGB II, III, VIII, IX sowie XII geregel-
ten Förderinstrumente und Rechtsansprüche zur Unterstützung für Auszubil-
dende mit Beeinträchtigungen und Benachteiligungen als Bestandteile des all-
gemeinen Berufsbildungsauftrags in das BBiG und in die HwO aufzunehmen;

9. das Instrument der Assistierten Ausbildung zu reformieren, zu individualisieren
und für alle Unterstützungsbedarfe sowie alle beruflichen Bildungswege zu öff-
nen;

10. die gesetzlichen Regelungen zur Feststellung besonderer Förderbedarfe zu über-
prüfen und in einen gemeinsamen Rechtsrahmen zu überführen, über den die
Vielfalt individueller Förderbedarfe ohne aufwändige Bedarfsprüfung unbüro-
kratischer bereitgestellt werden kann;

11. in der Förderpraxis von Rehabilitationsmaßnahmen für Menschen mit Behinde-
rungen der Vermittlung in eine anerkannte Berufsausbildung Vorrang gegen-
über einer Vermittlung in Sondereinrichtungen einzuräumen;

12. im Berufsbildungsbericht und im Rahmen der gesamten Bildungsberichterstat-
tung die Partizipation von Menschen mit Behinderungen zu erfassen. Umfas-
sende Beratungsangebote für Unternehmen bei Kammern und der BA zu schaf-
fen, um die Möglichkeiten und Unterstützungsleistungen für Auszubildende und
ausbildende Betriebe bekannter zu machen;

13. die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen schrittweise zu öffnen und
weiterzuentwickeln, diese und Integrationsbetriebe, Integrationsabteilungen,
Berufsbildungswerke, berufliche Schulen und Kammern zu fördern, so dass
mehr Menschen mit besonderen Unterstützungsbedarfen eine anerkannte Aus-
bildung erhalten und abschließen können;

14. gemeinsam mit den Ländern eine Qualifizierungsoffensive für Lehrkräfte von
Berufsschulen sowie Ausbilderinnen und Ausbilder zur Umsetzung von inklu-
siver Berufsbildung auf den Weg zu bringen. Diese soll die Herausbildung me-
thodischer, didaktischer, psychologischer und sozialpädagogischer Kompeten-
zen zum Gegenstand haben und die Entwicklung von Kompetenzen zur Beglei-
tung Auszubildender mit besonderen Förderbedarfen sowie zur Gestaltung in-
klusiver Lernprozesse in heterogenen Lerngruppen für die Arbeit in den Berufs-
schulen sowie in den Ausbildungsbetrieben gewährleisten;

15. die zuständigen Stellen aufzufordern, für deutlich mehr Berufe Ausbildungsre-
gelungen für Fachpraxisausbildungen nach § 66 BBiG/§ 42m HwO zu schaffen,
und dafür Sorge zu tragen, dass die Zahl der angebotenen Plätze der steigenden
Nachfrage angepasst und die Zusammenarbeit mit Betrieben und Unternehmen
gezielt gefördert wird;

Drucksache 18/8421 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
16. die Ausbildungsbedingungen und Unterstützungssysteme für Betriebe, die Men-

schen mit Behinderung ausbilden, zu verbessern und für kleine und mittlere Un-
ternehmen steuerliche Vergünstigungen als zusätzliche Anreize für die Ausbil-
dung behinderter Menschen zu prüfen.

Berlin, den 10. Mai 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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