BT-Drucksache 18/8271

Höhere Tariflöhne und bessere Zukunftsperspektiven für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen absichern

Vom 28. April 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8271
18. Wahlperiode 28.04.2016
Antrag
der Abgeordneten Michael Schlecht, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald,
Susanna Karawanskij, Jutta Krellmann, Thomas Lutze, Thomas Nord,
Richard Pitterle, Dr. Axel Troost und der Fraktion DIE LINKE.

Höhere Tariflöhne und bessere Zukunftsperspektiven für die Beschäftigten
im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen absichern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der öffentliche Dienst ist unverzichtbar für das Funktionieren einer sozialen und
solidarischen Gesellschaft. Doch seit Jahren fällt der öffentliche Sektor der unver-
antwortlichen Sparpolitik zum Opfer. Für die Beschäftigten häufen sich Überstun-
den und steigt die Arbeitsverdichtung. Der Anteil an befristeten Stellen übertrifft bei
Weitem den des privaten Sektors. In vielen Bereichen herrscht bereits Notstand, z. B.
in Krankenhäusern, in der Pflege, in Bürgerämtern und bei Sozialen Diensten. Seit
Jahren wird beispielsweise seitens der Gewerkschaften gewarnt, dass der öffentliche
Dienst nicht weiter abgebaut werden darf. Die bisher erfolgten, ersten Aufstockun-
gen im Personal waren unabdingbar und können gleichwohl nur ein Anfang sein.
Qualitativ hochwertige öffentliche Dienstleistungen erfordern eine gute personelle
Ausstattung und eine gute Bezahlung der Beschäftigten. Die Leistung der Beschäf-
tigten im öffentlichen Dienst verdient Anerkennung, auch beim Lohn.
Steigende Löhne im öffentlichen Dienst können darüber hinaus einen wichtigen Bei-
trag zur Stärkung des privaten Konsums und damit der Binnennachfrage leisten. Dies
ist unerlässlich, um die wirtschaftliche Entwicklung voranzubringen und die viel zu
hohe Exportabhängigkeit Deutschlands zurückzuführen.
Kräftige Lohnsteigerungen sind auch aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit
dringend notwendig. Während die Reallöhne 2015 gerade einmal wieder das Niveau
des Jahres 2000 erreichten, sind die Gewinne deutlich gestiegen. Wäre der Anteil
der Löhne am Volkseinkommen 2015 so hoch gewesen wie 2000, hätten die Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer allein im Jahr 2015 mehr als 100 Milliarden Euro
mehr zur Verfügung gehabt. Diese Umverteilung von unten nach oben muss gestoppt
und wieder umgekehrt werden. Die realen Lohnzuwächse der vergangenen Jahre rei-
chen dafür nicht aus.
Die negative Verteilungsentwicklung schlägt sich auch im öffentlichen Dienst nie-
der. Seit dem Jahr 2000 wurde der verteilungsneutrale Spielraum nicht ausgeschöpft.
Während die gesamtwirtschaftliche Produktivität und die Inflation um rund 42 Pro-
zent gestiegen sind, wurden die Löhne der Beschäftigten im öffentlichen Dienst nur
um rund 37 Prozent angehoben. Auch im Vergleich mit anderen Branchen ist der

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Drucksache 18/8271 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
öffentliche Dienst abgehängt. Rund zehn Prozentpunkte liegen die Lohnsteigerun-
gen im öffentlichen Dienst beispielsweise hinter denen der Industrie. Ohne eine min-
destens am verteilungsneutralen Spielraum orientierte Lohnentwicklung ist der öf-
fentliche Dienst als Arbeitgeber nicht mehr ausreichend attraktiv, insbesondere für
den nötigen Nachwuchs. Gut ein Viertel der Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist
älter als 55 Jahre.
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di fordert derzeit eine Entgelterhöhung von
6,0 Prozent sowie eine Erhöhung der Entgelte der Auszubildenden und Praktikan-
tinnen und Praktikanten um monatlich 100 Euro. Der Umfang dieser Erhöhung ist
nicht zuletzt auch aufgrund der stark gestiegenen Anforderungen an die Beschäftig-
ten beim Bund und bei den Kommunen absolut gerechtfertigt.
Auch der Forderung nach tarifvertraglicher Einschränkung der Befristungspraxis im
öffentlichen Dienst muss entsprochen werden. Rund 60 Prozent der Einstellungen
im öffentlichen Dienst, gegenüber rund 40 Prozent in der Privatwirtschaft, erfolgen
nur befristet. Befristete Arbeitsverhältnisse auch ohne Sachgrund spielen im öffent-
lichen Dienst eine zu große Rolle.
Darüber hinaus fordert ver.di verbindliche Übernahmeregelungen für Auszubilden-
de sowie den uneingeschränkten Erhalt der Leistung der Zusatzversorgung (VBL).

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. den Forderungen der Gewerkschaft ver.di in der Tarifrunde 2016 des öffentlichen
Dienstes für den Bund und die Kommunen mit einem Kostenvolumen von
6,3 Milliarden Euro zu entsprechen und die notwendigen Finanzmittel für die
Beschäftigten des Bundes in den Haushaltsplänen ab 2016 einzustellen;

2. in Zusammenarbeit mit den Ländern und Kommunen Gesetzesinitiativen auszu-
arbeiten, die eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Kommunen sicher-
stellen. Die Kommunen müssen in die Lage versetzt werden, ausreichend Perso-
nal und Lohnsteigerungen, die mindestens den aktuellen verteilungsneutralen
Spielraum ausschöpfen sowie dem Nachholbedarf bei den Löhnen Rechnung tra-
gen, finanzieren zu können.

Berlin, den 26. April 2016

Dr. Sahra Wagenknecht und Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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