BT-Drucksache 18/7026

Situation der in der DDR geschiedenen Frauen

Vom 10. Dezember 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7026
18. Wahlperiode 10.12.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Möhring, Petra Pau, Dr. Petra Sitte,

Matthias W. Birkwald, Dr. André Hahn, Dr. Rosemarie Hein, Inge Höger,

Sigrid Hupach, Ulla Jelpke, Kerstin Kassner, Katja Kipping, Jan Korte,

Katrin Kunert, Caren Lay, Ralph Lenkert, Dr. Gesine Lötzsch, Birgit Menz,

Norbert Müller (Potsdam), Thomas Nord, Martina Renner, Kersten Steinke,

Dr. Kirsten Tackmann, Kathrin Vogler, Halina Wawzyniak, Birgit Wöllert,

Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann (Zwickau)

und der Fraktion DIE LINKE.

Situation der in der DDR geschiedenen Frauen

Bei den Verhandlungen zum Einigungsvertrag wurde der Versorgungsausgleich
für die in der DDR geschiedenen Frauen ausgeklammert und sollte zu einem spä-
teren Zeitpunkt berücksichtigt werden. Durch die Nichtbeachtung von DDR-ty-
pischen und mit den bundesdeutschen Verhältnissen nicht vergleichbaren Sach-
verhalten ist eine Überführungslücke im Rentenrecht entstanden, die für die Be-
troffenen zu einer schwierigen sozialen und finanziellen Lage führte. Von den
ursprünglich ca. 800 000 betroffenen Frauen leben zurzeit noch ca. 300 000, de-
nen Rentenleistungen verloren gegangen sind bzw. noch immer verloren gehen.
Seit Jahrzehnten besteht hier ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf.

Der Bundesrat hat am 24. September 2010 in einem Beschluss festgestellt (Bun-
desratsdrucksache 392/10 (Beschluss)), dass insbesondere für ältere, in der DDR
geschiedenen Frauen erhebliche soziale Härten bestehen, da sie keine Leistungen
aus einem Versorgungsausgleich, der im Beitrittsgebiet erst zum 1. Januar 1992
eingeführt wurde, erhalten. Er fasste den Beschluss, der Bundesregierung ein An-
gebot zur Bildung einer Arbeitsgruppe zu machen, um eine Lösung zu erarbeiten.
Die Bundesregierung hat dies mit Verweis auf die Beratungen einer interministe-
riellen Arbeitsgruppe in den Jahren 2001 bis 2003 abgelehnt. Diese Arbeitsgruppe
legte verschiedene Finanzierungsmodelle vor, die jedoch alle verworfen wurden.
Am 3. März 2014 bot der Bundesrat (Bundesratsdrucksache 25/1/14) erneut eine
Mitarbeit in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe an, um eine verfassungskonforme
Lösung zu finden.

Inzwischen hat sich auch der CEDAW-Ausschuss der Vereinten Nationen mit der
Problematik der in der DDR geschiedenen Frauen befasst. Nach eingehender Prü-
fung deren Lage hat er festgestellt, dass die betroffenen Frauen gemäß Artikel 1
bis 8, 10, 11, 13, 14, 16, 18 und 24 des „Übereinkommens zur Beseitigung jeder
Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW)“ in mehrfacher Hinsicht diskri-
miniert werden, und zwar hinsichtlich

1. des Geschlechts (als Frauen gegenüber Männern);

2. des Herkunftslandes (DDR);

Drucksache 18/7026 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

 

3. der unterschiedlichen Rentensystem in der DDR und der BRD und der fehlen-
den Berücksichtigung der besonderen Situation der betroffenen Frauen;

4. der unterschiedlichen Scheidungssysteme zwischen der DDR und der BRD
und in Hinsicht auf den nicht erfolgten Versorgungsausgleich.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Vorschläge hat die interministerielle Arbeitsgruppe vorgelegt, und
aus welchen Gründen wurden diese nach Kenntnis der Bundesregierung ver-
worfen?

2. Sieht die Bundesregierung einen Handlungsbedarf im Sinne der betroffenen
Frauen, und wenn ja, welchen, und wenn nein, warum nicht?

3. Wie steht die Bundesregierung dem Vorschlag des Bundesrates gegenüber,
eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu bilden, die eine Lösung dahingehend er-
arbeitet, dass die Lebensleistung der betroffenen Frauen Anerkennung fin-
det?

4. Gab es bereits Nachfragen des CEDAW-Ausschusses an die Bundesregie-
rung in dieser Angelegenheit?

Wenn ja, welche?

5. Gibt es bereits eine Stellungnahme der Bundesregierung an den CEDAW-
Ausschuss in dieser Sache?

Wenn ja, bitte beifügen, und wenn nein, warum nicht?

6. Welchen Handlungsbedarf leitet die Bundesregierung aus der Bewertung des
CEDAW-Ausschusses hinsichtlich der Diskriminierung von in der DDR ge-
schiedenen Frauen ab?

7. Wie vereinbart sich die bestehende Situation mit der Ratifizierung der Men-
schenrechtskonvention durch die Bundesregierung?

8. Sind der Bundesregierung die verschiedenen rechtlichen Schritte bekannt,
die der Verein der in der DDR geschiedenen Frauen e. V. in dieser Angele-
genheit unternommen hat?

Berlin, den 10. Dezember 2015

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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