BT-Drucksache 18/6065

Transparenz von Kapitaleinkommen stärken - Automatischen Austausch von Informationen über Kapitalerträge auch im Inland einführen

Vom 23. September 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6065
18. Wahlperiode 23.09.2015

Antrag
der Abgeordneten Lisa Paus, Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann,
Dr. Gerhard Schick, Kerstin Andreae, Kai Gehring, Markus Kurth,
Özcan Mutlu, Brigitte Pothmer, Corinna Rüffer und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Transparenz von Kapitaleinkommen stärken – Automatischen Austausch
von Informationen über Kapitalerträge auch im Inland einführen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Im Oktober 2014 unterzeichneten 51 Länder, darunter auch die Schweiz, ein inter-
nationales Abkommen über den automatischen Informationsaustausch in Steuersa-
chen auf der Grundlage eines Entwurfs der OECD. Mittlerweile sind über 90 Staaten
dem Abkommen beigetreten. Mit dem von der Bundesregierung am 15. Juli 2015
beschlossenen Gesetzentwurf für ein Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz
(FKAustG) sowie dem am selben Tage im Bundeskabinett beschlossenen „Gesetz
zu der Mehrseitigen Vereinbarung vom 29.10.2014 zwischen den zuständigen Be-
hörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten“
wird der automatische internationale Austausch von Informationen über Kapitaler-
träge voraussichtlich noch in diesem Jahr auf eine gesetzliche Grundlage gestellt.
Für die Jahre ab 2016 erhält Deutschland dann automatisch sämtliche Informationen
über ausländische Kapitalerträge von in Deutschland ansässigen und steuerpflichti-
gen Personen.

Deutsche Banken sind umgekehrt absehbar dazu verpflichtet, Kapitalerträge auslän-
discher Kunden an das Bundeszentralamt für Steuern zu melden, die von dort auto-
matisch an ausländische Behörden weitergegeben werden. De facto wird dadurch
eine vollständige Transparenz bei Kapitaleinkommen für ausländische Konteninha-
ber in Deutschland gegenüber den Finanzbehörden des zuständigen Landes geschaf-
fen.

Für die Frage der Transparenz bei Kapitaleinkommen ist eine Unterscheidung von
ausländischen und inländischen Inhabern deutscher Konten nicht gerechtfertigt.
Deutsche Kreditinstitute sollen daher auch die Kapitalerträge von Steuerinländern
automatisch an die zuständigen Finanzbehörden melden.

Darüber hinaus ist das Ende der Abgeltungsteuer absehbar. Spätestens wenn Kapi-
taleinkommen wieder im Rahmen der Einkommensteuer erklärt werden, brauchen
die Finanzbehörden mehr Befugnisse, um die Richtigkeit der Steuererklärungen
überprüfen zu können. Die einfachste und gerechteste Lösung ist dabei ein automa-
tischer Informationsaustausch zwischen Banken und Finanzbehörden auch im In-
land. Dieser reduziert auch den Aufwand für die Bürgerinnen und Bürger.

Drucksache 18/6065 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Mit dieser Änderung entfällt die Verpflichtung der Banken zu prüfen, in welchem
Staat ihre Kunden steuerpflichtig sind. Die Banken melden die steuerlich relevanten
Informationen sämtlicher Kunden und die Finanzverwaltung prüft die steuerliche
Ansässigkeit. Damit entfällt auch für die Banken ein erheblicher bürokratischer Auf-
wand.

Mit der Einführung eines automatischen Informationsaustauschs im Inland werden
somit auch die erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die „Vorschrif-
ten zum Schutz der Bankkunden“ (§ 30a AO) ausgeräumt, die die Ermittlungsbefug-
nis der Finanzbehörden in Bezug auf deutsche Konten stark einschränken. Im Ge-
gensatz zu den Regelungen beim automatischen Informationsaustausch dürfen hier
zum Beispiel Kapitalerträge nicht abgefragt werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

 dafür Sorge zu tragen, dass die Meldung von Kapitalerträgen für das Besteue-
rungsverfahren, unabhängig von der Ansässigkeit des Kontoinhabers, einheit-
lich für alle Kapitalerträge erfolgt. Die Daten müssen durch das strikte deutsche
Steuergeheimnis geschützt werden, um sicherzustellen, dass diese Daten nicht
für andere Zwecke verwendet oder an andere Stellen weitergeleitet werden;

 die Einschränkungen bei der Ermittlungsbefugnis der Finanzbehörden in Bezug
auf Kapitalerträge abzuschaffen. Die Vorschriften der §§ 30a, 93, 93b der Ab-
gabenordnung sind entsprechend anzupassen;

 verpflichtende Meldungen der Kapitalerträge von in Deutschland unbeschränkt
wie beschränkt steuerpflichtigen Personen durch Kreditinstitute einzuführen.
Die Informationen für das Steuerjahr 2016 sind erstmalig bis spätestens zum
30.06.2017 an das Bundeszentralamt für Steuern bzw. an die zuständigen Fi-
nanzbehörden zu melden;

 mit der Aufnahme der tragenden, bei der OECD durch die Bundesregierung hin-
terlegten und von Drittstaaten zu beachtenden Datenschutzregeln in die Gesetz-
entwürfe selbst dem Gebot der Normenklarheit und Bestimmtheit für Eingriffe
in das grundrechtlich verbürgte allgemeine Persönlichkeitsrecht Rechnung zu
tragen.

Berlin, den 22. September 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6065
Begründung

Bisher waren Anfragen von deutschen Behörden zu vermuteten Auslandskonten umständlich und wenig er-
folgversprechend, da sie unter Berufung auf das jeweilige nationale Bankgeheimnis zumeist unbeantwortet
blieben. Steuerhinterzieher haben bislang vor allem Whistleblower und den Ankauf von Daten-CDs zu fürch-
ten. Selbst für den Fall eines Datenlecks konnte mittels rechtzeitiger Selbstanzeige einer Strafe entgangen wer-
den. Mit Einführung des automatischen Informationsaustauschs gehören diese Zeiten der Vergangenheit an.

Das im Jahr 2011 geplante Steuerabkommen mit der Schweiz hätte Steuerhinterziehern weiterhin Anonymität
und eine abgeltende Besteuerung der versteckten Vermögen zugesichert. Die rot-grün regierten Bundesländer
verhinderten dieses Abkommen im Bundesrat, und haben damit den Weg zum automatischen Informationsaus-
tausch frei gemacht.

Durch die Einführung des automatischen Informationsaustausches sind die Kreditinstitute in den teilnehmen-
den Staaten ab 2017 verpflichtet, die Informationen über Kapitalerträge für die Jahre ab 2016 zu erheben und
diese elektronisch an eine zentrale Steuerbehörde zu melden. Auf dieser Grundlage erhält das Bundeszentral-
amt für Steuern zukünftig jährlich Informationen über ausländische Kapitalerträge von in Deutschland ansäs-
sigen und steuerpflichtigen Personen. Das Bundeszentralamt für Steuern leitet die Informationen im Anschluss
weiter an die zuständigen Finanzämter. Die Entdeckungsgefahr bei im Ausland versteckten Konten wird in der
Folge massiv gesteigert und die Möglichkeiten der Kapitalflucht weitgehend beseitigt.

Umgekehrt werden deutsche Banken verpflichtet umfangreiche Informationen über deutsche Kapitalerträge
von Steuerausländern jährlich an das Bundeszentralamt für Steuern zu melden. Eine Unterscheidung in Steu-
erinländer und Steuerausländer ist jedoch nicht gerechtfertigt. Sie führt auch zu einem erheblichen Aufwand
für die Banken. Diese müssen prüfen, in welchem Staat ihre Kunden steuerlich ansässig sind und dafür zum
Teil umfassend ermitteln. Statt die Banken so zu Außenstellen der Finanzämter zu machen, verbleibt die steu-
erliche Prüfung durch die Übermittlung aller Konten bei der Finanzverwaltung.

Seit der Einführung der Abgeltungsteuer bestehen erhebliche Zweifel, ob eine ausreichende Rechtfertigung für
die Ungleichbehandlung der Einkunftsarten vorliegt. Die einzige Begründung für die massive Privilegierung
von Kapitalerträgen war, dass die deutsche Regierung vermeintlich keine Handhabe gegen illegale Kapital-
flucht hatte. Per Steuervergünstigung sollte das Kapital im Land gehalten und versteuert werden. Spätestens
mit der Einführung des automatischen Informationsaustauschs kann dieses Argument nicht mehr gelten. Recht-
fertigungsgründe für die Privilegierung von Kapitaleinkünften bestehen nicht. Die Abgeltungsteuer verstößt
gegen den Gleichheitsgrundsatz und ist verfassungswidrig. Selbst Bundesfinanzminister Schäuble spielt mit
dem Gedanken die Abgeltungsteuer nach Einführung des automatischen Informationsaustauschs abzuschaffen.
In der Folge wären Kapitalerträge wieder in der Steuererklärung anzugeben und progressiv zu besteuern. Eine
Meldepflicht der Banken über sämtliche Kapitalerträge, angelehnt an die Regelungen beim automatischen In-
formationsaustausch, würde den Steuervollzug sicherstellen und damit eine verfassungsgemäße progressive
Besteuerung von Kapitalerträgen ermöglichen.

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