BT-Drucksache 18/590

Mindestlohn in Höhe von 10 Euro pro Stunde einführen

Vom 19. Februar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/590
18. Wahlperiode 19.02.2014

Antrag
der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald,
Susanna Karawanskij, Thomas Lutze, Thomas Nord, Richard Pitterle,
Michael Schlecht, Dr. Axel Troost, Dr. Sahra Wagenknecht, Harald
Weinberg und der Fraktion DIE LINKE.

Mindestlohn in Höhe von 10 Euro pro Stunde einführen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns in Deutsch-
land ist lange überfällig. Daher ist das Vorhaben der Großen Koalition, einen
Mindestlohn endlich Realität werden zu lassen, vom Grunde her zu begrüßen.
Die konkrete Ausgestaltung, wie sie im Koalitionsvertrag formuliert wurde, weist
allerdings eine Reihe von Mängeln auf.
Ein Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro Brutto pro Stunde ist zu niedrig. Der
Beschluss des Deutschen Gewerkschaftsbundes, einen Mindestlohn in dieser
Höhe zu fordern, wurde bereits im Jahr 2010 gefasst. Der Vorsitzende der Dienst-
leistungsgewerkschaft ver.di verlangt einen Mindestlohn, der rasch auf 10 Euro
pro Stunde ansteigt und auch die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten
(NGG) hat auf ihrem Gewerkschaftstag im November 2013 beschlossen, dass der
gesetzliche Mindestlohn nach seiner Einführung rasch auf mindestens 10 Euro
pro Stunde erhöht werden muss. Die Saar-Arbeitskammer argumentiert, dass ein
Mindestlohn bei 10,80 Euro pro Stunde liegen müsse.
Aus rentenpolitischer Perspektive muss ein Mindestlohn bei über 10 Euro Brutto
pro Stunde liegen, wenn er eine armutsfeste Rente ermöglichen soll. 8,50 Euro
reichen nicht aus, um nach 45 Beitragsjahren eine Altersrente oberhalb des Exis-
tenzminimums zu bekommen.
Völlig inakzeptabel ist zudem das Vorhaben, den ohnehin zu niedrigen Mindest-
lohn bis 2018 keinem Inflationsausgleich zu unterziehen. Ein Mindestlohn, der
im Januar 2015 bei 8,50 Euro liegt, hat im Jahr 2018 nur noch eine Kaufkraft von
8 Euro. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes kritisiert daher das
Einfrieren des Mindestlohns bis 2018.
Von einer Vollzeitbeschäftigung müssen Alleinstehende leben können. Mit einem
Mindestlohn von 8,50 Euro ist das zwar derzeit gewährleistet, wird er aber bei
dieser Höhe eingefroren, ist bis 2018 nicht einmal mehr dies sichergestellt. Damit
erfüllt der Mindestlohn eines seiner zentralen Ziele nicht, Menschen aus dem
SGB-II-Leistungsbezug herauszuführen.
Bei einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn darf es keine Ausnahmen
für bestimmte Beschäftigtengruppen geben. Der Mindestlohn muss für jedes
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Arbeitsverhältnis zwingend gelten. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche
Institut hat berechnet, dass zwei Millionen Niedriglohnbeschäftigte keinen Min-
destlohn erhalten würden, wenn man Rentnerinnen und Rentner, Studierende,
Minijobberinnen und Minijobber, Schülerinnen und Schüler sowie hinzuverdie-
nende Arbeitslose ausnimmt. Das ist nicht hinzunehmen. Der Mindestlohn darf
nicht zu einem Flickwerk verkommen, der mehr als ein Drittel der Niedriglohn-
beschäftigten ausklammert.
Hinzu kommt, dass Ausnahmen für bestimmte Beschäftigtengruppen Anreize
setzen, Beschäftigte, die unter den Mindestlohn fallen, durch solche zu ersetzen,
für die er nicht vorgeschrieben ist. Diese Verdrängungsprozesse müssen verhin-
dert werden. Zudem können laut Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des
Bundestages Ausnahmen für bestimmte Gruppen eine verfassungsrechtlich rele-
vante Ungleichbehandlung darstellen und gegen das Grundgesetz verstoßen.
Ebenfalls abzulehnen ist die Möglichkeit, bis 2017 per Tarifvertrag vom Mindest-
lohn abweichen zu dürfen. Es ist fraglich, ob es gelingt, auf diesem Weg die Ta-
rifbindung dauerhaft zu erhöhen, da die Anreize zur Verbandsmitgliedschaft für
die Arbeitgeber nach 2017 wieder entfallen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

umgehend einen Gesetzentwurf vorzulegen, der folgende Punkte beinhaltet:

1. Es wird ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 10 Euro
Brutto pro Stunde eingeführt.

2. Der Mindestlohn wird jährlich dem Lohnindex angepasst.
3. Der Mindestlohn gilt für jedes Arbeitsverhältnis.

Berlin, den 19. Februar 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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