BT-Drucksache 18/456

Entwicklungspolitischer Nutzen der German Food Partnership

Vom 3. Februar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/456
18. Wahlperiode 03.02.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Claudia Roth (Augsburg), Harald Ebner,
Annalena Baerbock, Marieluise Beck (Bremen), Dr. Franziska Brantner,
Agnieszka Brugger, Tom Koenigs, Dr. Tobias Lindner, Omid Nouripour,
Cem Özdemir, Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Jürgen Trittin, Doris Wagner,
Anja Hajduk und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwicklungspolitischer Nutzen der German Food Partnership

In Zusammenarbeit mit führenden deutschen und internationalen Unternehmen
und Verbänden hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (BMZ) im Jahr 2012 die „Deutsche Initiative für Agrarwirt-
schaft und Ernährung in Schwellen- und Entwicklungsländern“ (DIAE) gegrün-
det, welche später in „German Food Partnership“ (GFP) umbenannt wurde. Zu
den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Initiative gehören unter anderem
transnationale Agrarunternehmen, wie AGCO International GmbH, BASF und
Bayer CropSience AG, und Handelsketten wie Metro oder auch die Bill &
Melinda Gates Foundation. Am 5. November 2013 wurden in der Repräsentanz
der GIZ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit – GIZ –
GmbH) in Berlin die ersten vier Projekte der GFP vorgestellt – Oilseeds Ini-
tiative Africa (OIA), Potato Initiative Africa (PIA), Competitive African Rice
Initiative (CARI) und Better Rice Initiative Asia (BRIA) – die allesamt den An-
satz Public-Private-Partnership (PPP) verfolgen. Das Engagement der Unter-
nehmen soll sich explizit im Rahmen des jeweiligen Kerngeschäfts der Unter-
nehmen bewegen, welches ehemals ein Ausschlusskriterium (Subsidiaritäts-
prinzip) für PPP-Initiativen war (BMZ, „Public Private Partnerships – PPP – in
der deutschen Entwicklungszusammenarbeit“).
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwiefern sich Zielkonflikte zwi-
schen der Armuts- und Hungerbekämpfung und den kommerziellen Interessen
der Unternehmen im Rahmen der GFP ergeben. Darüber hinaus ist unklar, in-
wieweit die lokale Bevölkerung vor Ort in die Projektplanung eingebunden war
bzw. ist und welche Kriterien zur Auswahl der oben genannten Projekte geführt
haben.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Unternehmen, Förderbanken, Verbände und Stiftungen sind derzeit

und künftig an der GFP beteiligt, und welche davon sind an welchen Projek-
ten in welchen Ländern beteiligt (bitte auflisten)?

Drucksache 18/456 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Wie begründet sich die Abkehr von dem ehemals gültigen Ausschlusskrite-
rium (Subsidiaritätsprinzip), welches im Rahmen von BMZ-geförderten
PPP-Initiativen nur Unternehmen zuließ, die im Rahmen der PPP-Initiative
messbar über die eigentlichen unternehmerischen Kernaufgaben hinausgin-
gen?

3. Welche Auswahlkriterien und -verfahren lagen der Wahl der Länder und
Projekte zu Grunde?

4. Inwiefern waren die lokalen Bauern und Bäuerinnen bzw. ihre Vertretun-
gen sowie zivilgesellschaftliche Gruppen an der Projektentwicklung und
-auswahl beteiligt?

5. Inwieweit haben am Projektplanungsworkshop im Oktober 2012 in Lusaka
mit insgesamt 40 Unternehmens- und GIZ-Vertreterinnen und -Vertretern
aus Deutschland, Äthiopien, Kenia, Nigeria, Mosambik und Sambia auch
Kleinbauern und Kleinbäuerinnen wie auch zivilgesellschaftliche Vertrete-
rinnen und Vertreter teilgenommen (bitte die Teilnehmer auflisten)?

6. Wie begründet sich der Verzicht auf eine entwicklungspolitische Be-
darfsanalyse im Vorfeld der einzelnen Projekte (Positionspapier der AG
Landwirtschaft & Ernährung des Forums Umwelt und Entwicklung zur
GFP, November 2013)?

7. Welchen finanziellen Umfang umfassen die vier in der Vorbemerkung der
Fragesteller genannten Projekte, und welche zukünftigen Projekte sind mit
welchem finanziellen Umfang geplant?

8. Wie hoch sind die finanziellen Mittelanteile (absolut und in Prozent) der je-
weiligen Unternehmen, Förderbanken, Verbände und Stiftungen an den vier
Projekten?

9. Welche konkreten Leistungen (sowohl finanzieller Art als auch Sachleis-
tungen) bringen die jeweiligen Unternehmen, Förderbanken, Verbände und
Stiftungen in die einzelnen Projekte ein, und wie werden diese Gelder kon-
kret verwendet (bitte Leistungen und Maßnahmen der einzelnen Akteure
detailliert auflisten)?

10. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass Schulungen von Bäuerinnen
und Bauern seitens der Unternehmen nicht zu Werbezwecken missbraucht
werden?

11. Inwieweit wird Gebrauch von so genannten technischen Paketen (wie etwa
technische Ausrüstung, Saatgut, Dünger oder Pestizide) gemacht?
Falls ja, welche Produkte enthalten die „technischen Pakete“, inwieweit
sind diese Pakete subventioniert, und gegebenenfalls durch wen?

12. Welche Organisation ist an der Durchführung der Projekte vor Ort in wel-
cher Region und mit welchen Ansprechpartnern beteiligt?

13. Wie erfolgt die Auswahl der Bäuerinnen und Bauern im Rahmen des jewei-
ligen Projektes?
Welches Alternativangebot wird den Bäuerinnen und Bauern gemacht?

14. Wie wurden die Landflächen nach Kenntnis der Bundesregierung vor Be-
ginn der GFP-Vorhaben konkret genutzt, und in wessen Besitz waren die
Landflächen?
In wessen Besitz befinden sich die Landflächen seit Beginn der GFP-Vor-
haben?

15. Waren die beteiligten Bäuerinnen und Bauern nach Kenntnis der Bundes-
regierung vor Projektbeginn auf dem Projektland (selbstständig) tätig?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/456
16. Wie hoch war nach Kenntnis der Bundesregierung das Einkommen der
Bäuerinnen und Bauern vorher, und wie hoch ist es jetzt?

17. In welchem Verhältnis sind die Bäuerinnen und Bauern im Rahmen der vier
Projekte beschäftigt?
a) Gibt es Formen von Vertragsanbau?

Wenn ja, wo?
Und wenn ja, wie gestaltet sich der Vertragsanbau genau, beispielsweise
in Bezug auf Anbaumethoden, Sorten und Saatgut?

b) Gibt es Tagelöhnersysteme?
18. Wie werden die Ergebnisse des Weltagrarberichts (IAASTD), des TAB-Be-

richts „Forschung zur Lösung des Welternährungsproblems“ und des
UNCTAD Trade and Environment Review 2013 („Wake up before it is too
late“), die alle zu einer Stärkung von Kleinbauern mit Low-input-Verfahren
aufrufen, bei den Zielsetzungen der GFP berücksichtigt und in den GFP-
Vorhaben konkret umgesetzt?

19. Inwieweit beinhalten die jeweiligen Projekte auch Zielsetzungen im Be-
reich der gesetzlichen und regulativen Rahmenbedingungen vor Ort, und
wenn ja, in welchen Bereichen konkret (bitte nach Projekten auflisten)?

20. Welcher Anteil der erwarteten Ernte dient der Versorgung regionaler
Märkte, und welcher Anteil soll in den internationalen Handel fließen?

21. Welcher Anteil der Ernteprodukte wird vor Ort zu welchen Produkten wei-
terverarbeitet?
Wem kommt die Wertschöpfung aus der Weiterverarbeitung zugute?

22. Welche Anbaumethoden sollen in den einzelnen Projekten zum Einsatz
kommen (bitte nach Projekten auflisten)?

23. Inwieweit wurden nach Kenntnis der Bundesregierung die Anbauprodukte,
wie Hybridreis, Ölsaaten und Kartoffeln, der einzelnen Projekte OIA, PIA,
CARI und BRIA bereits zuvor in den jeweiligen Ländern angebaut, und
inwieweit fügen sich diese in die lokalen Ernährungsgewohnheiten ein
(bitte nach Produkt und Land auflisten)?

24. Aus welchem Grund wurde die Verwendung von Hybridreis dem Anbau-
system „System of Rice Intensification“ (SRI) vorgezogen, obwohl SRI
höhere Produktionssteigerungen verspricht und gleichzeitig weniger Saat-
gut und Wasser in Anspruch nimmt (Positionspapier der AG Landwirtschaft
& Ernährung des Forums Umwelt und Entwicklung zur GFP, November
2013)?

25. Welche Saatgutsorten kommen in den einzelnen Projekten zum Einsatz
(bitte Namen und Hersteller auflisten)?
Wird gentechnisch verändertes Saatgut eingesetzt (wenn ja, bitte Namen
und Hersteller auflisten)?

26. Welche Pestizide kommen in den einzelnen Projekten zum Einsatz (bitte
Namen und Wirkstoffe auflisten)?

27. Welche Zielgruppe soll von der GFP profitieren, und inwieweit profitieren
die ärmsten Bäuerinnen und Bauern von der Initiative?

28. Welche Art von Monitoring und Erfolgskontrolle ist für die Projekte vorge-
sehen, und inwiefern sind Bäuerinnen und Bauern und andere zivilgesell-
schaftliche Gruppen dabei involviert?

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29. Welche entwicklungspolitischen Wirkungen sollen auf nationaler, Distrikt-
und Haushaltsebene erreicht werden?

30. Ist eine Wirkungsevaluation der Projekte vorgesehen, und wenn ja, anhand
welcher Indikatoren soll der Erfolg der Projekte gemessen werden (bitte
nach Indikatoren auflisten)?

31. Mit welchen Kriterien werden Nachhaltigkeitsaspekte und der Beitrag zur
Ernährungssicherung der regionalen Bevölkerung gemessen?

32. Wie werden die armutsmindernden Wirkungen des Vorhabens erfasst?
33. Inwiefern erfüllen die GFP-Projekte Fair-Trade-Kriterien?
34. Inwiefern stehen die GFP-Projekte im Einklang mit den Leitlinien der deut-

schen Entwicklungspolitik, die auf der offiziellen Webpage der GFP er-
wähnt werden (bitte jeweils einzeln begründen), wie
a) die Umsetzung des Rechts auf Nahrung,
b) der partnerschaftliche Austausch mit der Privatwirtschaft und das Bün-

deln von Erfahrung und Wissen,
c) die Unterbindung von „Land Grabbing“,
d) das Primat bei der Integration von kleinbäuerlicher Landwirtschaft,
e) die Gleichberechtigung der Geschlechter,
f) die Einbettung der Landwirtschafsförderung in eine umfassende Strate-

gie der Entwicklung des ländlichen Raumes?

Berlin, den 31. Januar 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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