BT-Drucksache 18/3398

Tarifauseinandersetzungen bei der Deutschen Bahn AG

Vom 1. Dezember 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3398
18. Wahlperiode 01.12.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Sabine Zimmermann (Zwickau),
Karin Binder, Susanna Karawanskij, Sabine Leidig, Thomas Lutze, Thomas Nord,
Richard Pitterle, Michael Schlecht, Dr. Axel Troost, Dr. Sahra Wagenknecht und der
Fraktion DIE LINKE.

Tarifauseinandersetzungen bei der Deutschen Bahn AG

Laut „AFP“-Meldung vom 16. November 2014 verzögert sich das von der Bun-
desregierung geplante Gesetz zur Tarifeinheit weiter. Wie das Nachrichten-
magazin „FOCUS“ in der 47. Kalenderwoche berichtete, wird sich das Kabinett
nun erst am 10. Dezember 2014 mit dem Gesetzentwurf befassen und nicht wie
geplant am 3. Dezember 2014. Ursprünglich hatte sich das Kabinett bereits vor
Monaten mit dem Thema befassen wollen, es wurde aber vor der Sommerpause
von der Tagesordnung genommen.
Parallel zur Verschiebung der Gesetzgebung begann die Tarifrunde bei der Deut-
schen Bahn AG. In dem staatseigenen Unternehmen ist die Bundesregierung
direkt im Aufsichtsrat vertreten. Die Deutsche Bahn AG sah durch den legalen
Arbeitskampf die Gefahr, dass die jetzigen Tarifverhandlungen mit der Eisen-
bahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und der Gewerkschaft Deutscher Loko-
motivführer (GDL) zum einen negative Auswirkungen auf das System der
Flächentarifverträge bei der Deutschen Bahn AG haben und zum anderen an-
geblich die öffentliche Daseinsvorsorge im Verkehrssektor auf dem Spiel stehe.
Es stellt sich die Frage, inwieweit die Bundesregierung zur Eskalation der
Streiks bei der Deutschen Bahn AG über ihre Vertretung im Aufsichtsrat bei-
getragen hat, da sie womöglich Interesse an einem Vorwand zur Einführung der
gesetzlichen Tarifeinheit hat. Es stellt sich darüber hinaus die Frage, inwieweit
Arbeitnehmer bei Streiks auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Daseins-
vorsorge verpflichtet werden können. Das Gesetz sieht dies bisher nicht vor.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie setzt sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Aufsichtsrat der Deut-

schen Bahn AG zusammen (bitte nach Arbeitnehmer und Arbeitgeber inklu-
sive der Zugehörigkeit zu einer politischen Organisation differenzieren), und
welche speziellen Aufgaben haben die Vertreter der Bundesregierung?

2. Welche Tantiemen und Vergütungen bekommen nach Kenntnis der Bundes-
regierung die jeweiligen Mitglieder im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG?

3. Welchen Einfluss haben die Vertreter der Bundesregierung im Aufsichtsrat
der Deutschen Bahn AG auf die aktuell laufende Tarifauseinandersetzung
genommen, und welche lösungsorientierten Vorschläge haben sie während
der Verhandlungen vorgelegt?

Drucksache 18/3398 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus dem aktuellen Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn AG, und inwieweit
hat die Bundesregierung Einfluss auf den Vorstand der Deutschen Bahn AG
durch ihre Beratungsfunktion im Aufsichtsrat genommen?

5. Inwieweit besteht zwischen der Bundesregierung und dem Vorstand der
Deutschen Bahn AG Arbeitskontakt, und wenn ja, inwieweit wurde in die-
sem Zusammenhang der zeitliche Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens zur
Tarifeinheit erörtert?

6. Inwieweit beeinflussen nach Ansicht der Bundesregierung die Tarifausein-
andersetzungen bei der Deutschen Bahn AG die öffentliche Meinungsbil-
dung über ein Gesetz zur Tarifeinheit?

7. Wie viele Betriebe gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung bei der Deut-
schen Bahn AG in Deutschland, und wie viele Betriebe unterstehen nach
Kenntnis der Bundesregierung in der Summe der Kontrolle der Konzern-
zentrale?

8. Wie viele Tochtergesellschaften gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung
im Nahverkehr und Güterverkehr, und wie viele Tochtergesellschaften sind
tarifgebunden (bitte nach Gewerkschaft und Arbeitgeberverband unter-
scheiden)?

9. Wie viele Tarifverträge kommen bei der Deutschen Bahn AG nach Kenntnis
der Bundesregierung gleichzeitig zur Anwendung, und von welchen Ge-
werkschaften wurden diese Tarifverträge ausgehandelt?

10. Wie viele Tarifverträge existieren nach Kenntnis der Bundesregierung bei
der Deutschen Bahn AG für dieselbe Beschäftigtengruppe?

11. Wie hoch ist nach Erkenntnis der Bundesregierung der Verdienst bei den
Lokführern der Deutschen Bahn AG (bitte nach angestellten und verbeam-
teten Lokführern unterscheiden), und wie hoch ist der Verdienst bei den
Lokführern in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union?

12. Wo ist in der deutschen Rechtsprechung eine Gemeinwohlverpflichtung bei
Streiks für die öffentliche Daseinsvorsorge festgeschrieben?

13. Hält es die Bundesregierung nicht für zweckmäßiger, Lokführer zu ver-
beamten, um die öffentliche Daseinsvorsorge im Verkehrsbereich sicher-
zustellen, anstatt das Streikrecht für alle Arbeitnehmer faktisch einzu-
schränken?

14. Wenn die Bundesregierung das Gemeinwohlinteresse über das Interesse von
streikenden Arbeitnehmern stellt, wo erhebt die Bundesregierung eine äqui-
valente Forderung gegenüber den Arbeitgebern und drängt auf deren Ein-
haltung?

Berlin, den 1. Dezember 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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