BT-Drucksache 18/2943

Höhe und Ausgestaltung der europäischen Bankenabgabe

Vom 20. Oktober 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2943
18. Wahlperiode 20.10.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Axel Troost, Roland Claus, Klaus Ernst, Susanna
Karawanskij, Jutta Krellmann, Thomas Nord, Richard Pitterle und der Fraktion
DIE LINKE.

Höhe und Ausgestaltung der europäischen Bankenabgabe

Ab dem Jahr 2015 wird die Bankenabgabe nach einem europaweit einheitlichen
Regelwerk erhoben (der Bankenabwicklungsrichtlinie – BRRD). In den Staaten
der Bankenunion soll mit der Bankenabgabe bis zum Jahr 2024 ein gemeinsamer
Bankenrettungsfonds mit einem Zielvolumen von 1 Prozent der gedeckten Ein-
lagen (geschätzt 55 Mrd. Euro) aufgebaut werden. Die Ausgestaltung der Ban-
kenabgabe wird in einem delegierten Rechtsakt geregelt, der von der Europä-
ischen Kommission in Kürze vorgelegt werden soll. Mit dem Rettungsfonds
sollen kriselnde Banken gestützt werden, wenn wegen systemgefährdender
Effekte eine reguläre Insolvenz nicht in Frage kommt. Obwohl der Rettungs-
fonds deswegen nur für mittlere oder große Banken in Frage kommt, sollen auch
kleine Banken die Bankenabgabe leisten.
Die Höhe der Bankenabgabe bemisst sich an der Bilanzsumme abzüglich Eigen-
kapital und gedeckter Einlagen („beitragsrelevante Passiva“) und wird zusätz-
lich risikoadjustiert. Die Risikoadjustierung soll nach bisherigen Entwürfen
bankweise mithilfe eines Faktors aus dem Wertebereich von 0,8 bis 1,5 erfolgen.
Zusätzlich sind für sehr kleine Banken Pauschalbeiträge vorgesehen. Die
Schwellenwerte dafür sind aber nach bisherigen Plänen so gering gesetzt, dass
nur ca. 70 bis 80 der über 400 deutschen Sparkassen darunter fallen (Antwort der
Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 28 des Abgeordneten Dr. Axel
Troost vom Oktober 2014 auf Bundestagsdrucksache 18/2930). Nach bisherigen
Plänen sollen auch die Sicherungssysteme der deutschen Sparkassen und Ge-
nossenschaftsbanken kaum in die Beitragsbemessung einfließen, was die Quer-
subventionierung zugunsten mittlerer und großer Banken noch verstärken
würde.
Für den 21. Oktober 2014 ist laut Information in der 21. Sitzung des Finanzaus-
schusses von der Europäischen Kommission die finale Version des Rechtsakts
zur Bankenabgabe angekündigt. Dann sollten sich die Beitragslasten für deutsche
Banken abschätzen lassen. Bislang steht zu befürchten, dass letztlich diejenigen
Banken unter die Räder kommen werden, die an den Exzessen an den Finanz-
märkten bisher kaum oder gar nicht beteiligt waren und maßgeblich dazu beige-
tragen haben, dass die Wirtschaft in Deutschland weitaus besser durch die Krise
gekommen ist als andernorts.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch ist Schätzungen zufolge das Volumen der gedeckten Einlagen in

Deutschland laut künftig geltender EU-einheitlicher Definition (bitte in ab-
soluten Zahlen und prozentual zum Gesamtvolumen der Eurozone)?

Drucksache 18/2943 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Hält die Bundesregierung die Bemessung der Größe des Abwicklungsfinan-
zierungsmechanismus an der Höhe der gedeckten Einlagen für sinnvoll,
bzw. welche alternative Berechnungsgrundlage hält sie für sinnvoll (bitte
mit Begründung), und wie wurden etwaige Vorschläge der Bundesregierung
aufgenommen?

3. Wie viele deutsche Banken haben gemäß der Bankenabwicklungsrichtlinie
in Zukunft die Bankenabgabe zu leisten?

4. Zu welchem genauen Zeitpunkt ist die europäische Bankenabgabe erstmalig
zu leisten?

5. Wie hoch wird gemäß des aktuellen Entwurfs die Bankenabgabe pro Einheit
beitragsrelevanter Passiva ausfallen, wenn es bei der jeweiligen Bank keine
Risikoadjustierung gibt bzw. der Risikofaktor 1 beträgt (bitte in Prozent
oder Basispunkten angeben)?

6. Wie hoch wird die Bankenabgabe der deutschen Banken voraussichtlich
ausfallen (bitte die Gesamtsumme nennen und zusätzlich nach Großbanken,
Regionalbanken, Sparkassen, Landesbanken, Kreditgenossenschaften, ge-
nossenschaftlichen Zentralinstituten und sonstigen Banken aufschlüsseln)?

7. Wie hoch würden die entsprechenden Beiträge ausfallen, wenn die Banken-
abgabe nicht gemäß Artikel 103 Absatz 7 der BRRD risikoadjustiert, son-
dern allein nach ihrem Sockelbeitrag (beitragsrelevante Passiva) bemessen
würde?

8. Wie hoch wird die Bankenabgabe der deutschen Bankengruppen pro Einheit
Bilanzsumme voraussichtlich ausfallen (bitte nach Großbanken, Regional-
banken, Sparkassen, Landesbanken, Kreditgenossenschaften, genossen-
schaftlichen Zentralinstituten und sonstigen Banken aufschlüsseln)?

9. Wie hoch wird die Bankenabgabe der deutschen Bankengruppen pro Einheit
beitragsrelevanter Passiva voraussichtlich ausfallen (bitte nach Großban-
ken, Regionalbanken, Sparkassen, Landesbanken, Kreditgenossenschaften,
genossenschaftlichen Zentralinstituten und sonstigen Banken aufschlüs-
seln)?

10. Wie viele Banken, die zukünftig die Bankenabgabe zu leisten haben, gelten
nach Klassifikation der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin) derzeit nicht als systemrelevant oder potenziell systemgefährdend?

11. Wie hoch wird die Bankenabgabe der Banken, die laut BaFin derzeit nicht
als systemrelevant oder potenziell systemgefährdend eingestuft werden, vo-
raussichtlich ausfallen (bitte nach Bankengruppen aufschlüsseln)?

12. Mit welcher Begründung ist es laut Auffassung der Bundesregierung ge-
rechtfertigt, dass nicht potenziell systemgefährdende Banken Beiträge an
den Abwicklungsfonds leisten?

13. Wie hoch werden die Gesamtbeiträge der Banken mit einer Bilanzsumme
von unter 20 Mrd. Euro voraussichtlich ausfallen (bitte nach Bankengrup-
pen aufschlüsseln)?

14. Wie hoch werden die Gesamtbeiträge der Banken mit einer Bilanzsumme
von unter 20 Mrd. Euro voraussichtlich ausfallen, wenn die Bankenabgabe
nicht risikoadjustiert, sondern allein nach ihrem Sockelbeitrag bemessen
würde (bitte nach Bankengruppen aufschlüsseln)?

15. Wie hoch werden die Gesamtbeiträge der Banken mit einer Bilanzsumme
von unter 20 Mrd. Euro voraussichtlich pro Einheit beitragsrelevanter Pas-
siva ausfallen (bitte nach Bankengruppen aufschlüsseln)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2943
16. Wie hoch werden die Gesamtbeiträge der Banken mit einer Bilanzsumme
von unter 50 Mrd. Euro voraussichtlich ausfallen (bitte nach Bankengrup-
pen aufschlüsseln)?

17. Wie hoch werden die Gesamtbeiträge der Banken mit einer Bilanzsumme
von unter 50 Mrd. Euro voraussichtlich ausfallen, wenn die Bankenabgabe
nicht risikoadjustiert, sondern allein nach ihrem Sockelbeitrag bemessen
würde (bitte nach Bankengruppen aufschlüsseln)?

18. Wie hoch werden die Gesamtbeiträge der Banken mit einer Bilanzsumme
von unter 50 Mrd. Euro voraussichtlich pro Einheit beitragsrelevanter Pas-
siva ausfallen (bitte nach Bankengruppen aufschlüsseln)?

19. Wie hoch werden die Gesamtbeiträge der Banken mit einer Bilanzsumme
von über 250 Mrd. Euro voraussichtlich ausfallen (bitte nach Bankengrup-
pen aufschlüsseln)?

20. Wie hoch werden die Gesamtbeiträge der Banken mit einer Bilanzsumme
von über 250 Mrd. Euro voraussichtlich ausfallen, wenn die Bankenabgabe
nicht risikoadjustiert, sondern allein nach ihrem Sockelbeitrag bemessen
würde (bitte nach Bankengruppen aufschlüsseln)?

21. Wie hoch werden die Gesamtbeiträge der Banken mit einer Bilanzsumme
von über 250 Mrd. Euro voraussichtlich pro Einheit beitragsrelevanter Pas-
siva ausfallen (bitte nach Bankengruppen aufschlüsseln)?

22. Auf wie viele Banken wird sich 75 bzw. 90 Prozent der von deutschen Ban-
ken getragenen Beitragslast konzentrieren?

23. Hält die Bundesregierung die in bisherigen Entwürfen für den Rechtsakt
vorgesehene Risikospreizung zwischen 80 und 150 Prozent für angemes-
sen, bzw. welche Risikospreizung hält die Bundesregierung für angemes-
sen?
Auf welchem Weg will die Bundesregierung ggf. eine Erhöhung der Risi-
kospreizung erreichen?

24. Wie viele deutsche Banken, welche die europäische Bankenabgabe zu leis-
ten haben, fallen jeweils in die einzelnen Klassen, für die Pauschalbeiträge
vorgesehen sind (bitte nach Bankengruppen aufschlüsseln)?

25. Welche Mehrbeiträge müssten die deutschen Banken, welche nach dem vor-
gelegten Entwurf, Pauschalbeiträge zu leisten haben, ohne das pauschale
Beitragssystem leisten?

26. Hält die Bundesregierung die Schwellenwerte zur Gewährung pauschaler
Beiträge für ausreichend hoch angesetzt, um kleine Banken zu entlasten?

27. Wie werden nach dem letztem Stand der Entwürfe verbundinterne Verbind-
lichkeiten bei der Beitragsbemessung berücksichtigt, und wie stellt sich dies
im Vergleich zu konzerninternen Verbindlichkeiten dar?

28. Wie hoch ist der erwartete und wie hoch ist der maximale Beitragsnachlass,
welcher den Sparkassen, den Landesbanken und den Kreditgenossenschaf-
ten jeweils aufgrund ihrer Institutssicherung gewährt werden wird (bitte in
Prozentpunkten und in Millionen Euro angeben)?

29. Sieht die Bundesregierung die Rolle der Institutssicherungssysteme in dem
vorliegenden Entwurf zur Ausgestaltung der Bankenabgabe als ausreichend
gewürdigt an, und wenn nein, in welcher Form spricht sie sich für Änderun-
gen aus?

30. Spiegelt die Bankenabgabe nach Auffassung der Bundesregierung in ihrer
nun vorgesehenen Form das Risiko und die Größe einer Bank angemessen
wider?

Drucksache 18/2943 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
31. Inwiefern sieht die Bundesregierung generell noch Änderungsbedarf am
derzeitigen Entwurf für die Ausgestaltung der Bankenabgabe, und wie will
die Bundesregierung diese Änderungen erreichen?

32. In welcher Form soll die in Artikel 102 der BRRD genannte Berücksichti-
gung der Konjunkturphase und etwaiger prozyklischer Auswirkungen auf
die Finanzlage von Instituten umgesetzt werden?

33. Welche rechtlichen Einschränkungen für die maximale Höhe von Einzelbei-
trägen zur Bankenabgabe gelten bei der europäischen Bankenabgabe, und
wodurch unterscheiden sich diese von den Einschränkungen der bisherigen
nationalen Abgabe?

34. Rechnet die Bundesregierung damit, dass es bei der europäischen Banken-
abgabe in nennenswertem Maß zu einer Stundung von Beiträgen kommen
wird (bitte mit Begründung)?

35. Rechnet die Bundesregierung damit, dass es bei der europäischen Banken-
abgabe in nennenswertem Maß zu einem Erlass von Beiträgen kommen
wird (bitte mit Begründung)?

36. Auf welchem Weg wird die Bundesregierung neben dem unverbindlichen
Appell im zwischenstaatlichen Übereinkommen zur Verschmelzung der
Abwicklungsfonds versuchen, die steuerliche Nichtabsetzbarkeit der Ban-
kenabgabe auf europäischer Ebene durchzusetzen?

37. Wie schätzt die Bundesregierung den Beitrag ein, den die Bankenabgabe
dazu leistet, um dem too-big-to-fail-Problem zu begegnen?

Berlin, den 17. Oktober 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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