BT-Drucksache 18/2721

Erkenntnisse der Bundesregierung über Nationalismus in Russland und Verbindungen zwischen rechtsextremen und rechtspopulistischen Strömungen in der EU und Russland

Vom 30. September 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2721
18. Wahlperiode 30.09.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Omid Nouripour, Annalena Baerbock,
Dr. Franziska Brantner, Agnieszka Brugger, Uwe Kekeritz, Tom Koenigs,
Dr. Tobias Lindner, Cem Özdemir, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin,
Dr. Frithjof Schmidt, Jürgen Trittin, Doris Wagner, Luise Amtsberg,
Dr. Konstantin von Notz und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Erkenntnisse der Bundesregierung über Nationalismus in Russland und
Verbindungen zwischen rechtsextremen und rechtspopulistischen Strömungen
in der EU und Russland

Im Schatten des militärischen Vorgehens Russlands gegen die Ukraine drohen
innenpolitische Entwicklungen in Russland aus dem internationalen Blickwin-
kel zu geraten. Beunruhigend ist – neben dem immer repressiveren Vorgehen
gegen Kritikerinnen und Kritiker des autoritären Systems Wladimir Putins (u. a.
weitere Verschärfung des sogenannten NGO-Agentengesetzes) – vor allem der
immer größere Stellenwert, den nationalistische und rechte Ideen seit den Pro-
testen gegen Wladimir Putin im Winter 2011/2012 im offiziellen Diskurs ein-
nehmen. So sehen offenbar weite Teile der politischen Elite im Land Russland
als Bollwerk gegen ein Europa, das christliche Moral und traditionelle Werte
verloren habe (vgl. u. a. Deutschlandfunk, 24. Juni 2014). Dmitri Rogosin, der
sich wiederholt rassistisch geäußert und etwa Nicht-Russinnen und Nicht-Rus-
sen als „Kakerlaken“ bezeichnet hat, ist seit Dezember 2011 Stellvertretender
Ministerpräsident der Russischen Föderation (siehe taz.die tageszeitung, 8. Juni
2014). Einige Beobachterinnen und Beobachter, wie die Menschenrechtsaktivis-
tin Irina Scherbakowa, stellen einen „blühenden Nationalismus“ und eine (er-
neute) Ideologisierung der russischen Politik und Kultur fest, bei der Werte wie
Demokratie, Toleranz und Rechtsstaatlichkeit explizit verneint würden (siehe
Deutschlandradio Kultur, 16. April 2014).
Ungeklärt bei dieser „Ideologisierung“ ist die Rolle des rechtsradikalen Ideolo-
gen Alexander Dugin. Obwohl Alexander Dugin – soweit bekannt – keinen of-
fiziellen Beraterstatus für den Kreml innehat, nehmen dessen Ansichten über
einen zivilisatorischen Krieg zwischen Russland und dem Westen und über ein
zu schaffendes „Groß-Russland“ in den staatlich kontrollierten Medien breiten
Raum ein. Immer häufiger werden sie auch von offiziellen politischen Vertrete-
rinnen und Vertretern aufgegriffen (siehe DIE WELT, 11. Juli 2014). Beunruhi-
gend ist das Schüren von Nationalismus und Xenophobie durch den Staat dabei
auch deswegen, weil sich die derzeitige Dynamik jederzeit verselbstständigen
und noch radikaleren Kräften den politischen Aufstieg ermöglichen könnte
(siehe DIE ZEIT, 24. Juli 2014).
Schon seit längerem fühlen sich rechtsradikale Gruppen offenbar bestärkt und
machen, toleriert oder unterstützt von russischen Behörden, Jagd auf sich an-

Drucksache 18/2721 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
geblich widerrechtlich im Land aufhaltende, illegalisierte Migrantinnen und
Migranten (siehe DIE WELT, 9. August 2013). Ebenso häufen sich seit der Ver-
abschiedung des Gesetzes zur Unterdrückung der Menschenrechte von lesbi-
schen, schwulen, bi- und transsexuellen Personen (das sogenannte Gesetz gegen
die Propaganda nichttraditioneller sexueller Beziehungen, Anti-LGBT-Gesetz)
die Berichte über brutale Übergriffe auf diese Personengruppe.
Auf internationaler Ebene hat die russische Führung in den vergangenen Mona-
ten ihre Kontakte zu rechtspopulistischen und rechtsextremen Kräften aus den
EU-Mitgliedstaaten intensiviert. So zitiert etwa „taz.die tageszeitung“ eine Stu-
die des ungarischen Politik-Forschungsinstituts „Political Capital“ (siehe taz.die
tageszeitung, 11. Mai 2014), derzufolge der Kreml „Kontakte, Querverbindun-
gen und strategische Ziele“ mit zahlreichen „rechtspopulistischen, offen anti-
europäischen und rechtsradikalen Parteien in der EU“ teile. Von den 24 einfluss-
reichsten Rechtsparteien würden sich nur drei nicht zur russischen Politik be-
kennen. Insbesondere bestehen Verbindungen zwischen der politischen Elite
Russlands und der Front National in Frankreich, dem belgischen Vlaams Belang
sowie der ungarischen Jobbik-Partei (siehe DIE WELT, 7. Mai 2014). Zahlrei-
che Vertreterinnen und Vertreter dieser Parteien wurden wiederholt von hoch-
rangigen Politikerinnen und Politikern in Russland empfangen.
Auch deutsche Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten und Neonazis suchen
immer offener den Schulterschluss mit der russischen Führung. So schrieb die
NPD Sachsen-Anhalt bereits im Oktober 2012, im Gegensatz zum Westen führe
„Putin sein Russland unerschrocken zu neuen Stärken, Freiheit und Unabhängig-
keit“. Von solchen „politischen Helden“ könne das „deutsche Volk“ nur träumen
(siehe www.mdr.de/nachrichten/putin-npd100_zc-e9a9d57e_zs-6c4417e7.html).
Inhaltliche Übereinstimmungen mit dem Kreml sehen die deutschen Neonazis
auch bei der Ablehnung von europäischem (Wieder-)Zusammenwachsen und der
Überwindung nationaler Grenzen. So schrieb die NPD in ihrem Europawahlpro-
gramm: „Wir […] sind – genauso wie Präsident Putin in Russland – gegen einen
multikulturellen Bundesstaat Europa“ (siehe ebenda). Schließlich eint die Rech-
ten in Deutschland, der EU und Russland das Eintreten für autokratische staat-
liche Strukturen und starke (männliche) Führungspersönlichkeiten sowie die Ab-
lehnung von Demokratie, Vielfalt und Meinungsfreiheit.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Sieht die Bundesregierung Anzeichen für eine Zunahme von Nationalismus

oder nationalistischen Ideologieansätzen
a) in der russischen Gesellschaft,
b) in den öffentlichen Äußerungen von Personen aus der russischen Staats-

führung oder deren Umfeld,
c) in den staatlich kontrollierten Medien Russlands?

2. Sieht die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Rede des Präsidenten
Wladimir Putin am 19. September 2013 beim internationalen Forum „Waldaj
Club“, in der er es als Aufgabe Russlands beschrieb, diejenigen „Wurzeln,
[…] christliche Werte, […] moralische Prinzipien und […] alle traditionellen
Identitäten“ zu „verteidigen“, die in vielen „euro-atlantischen Staaten“ „ver-
worfen“ und „verleugnet“ würden („Sie machen eine Politik, die große Fami-
lien gleichstellt mit homosexuellen Partnerschaften, den Glauben an Gott mit
dem Glauben an den Teufel.“ – siehe www.eng.kremlin.ru/transcripts/6007
und DIE ZEIT, 28. August 2014), Anzeichen dafür, dass die russische Staats-
führung in wachsendem Maße christlich-fundamentalistische und rechte
Ideen zur staatsleitenden Ideologie erhebt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2721
3. Inwieweit erkennt die Bundesregierung einen Einfluss des rechtsradikalen
Ideologen Alexander Dugin auf Politik und öffentliche Meinung in Russ-
land?
Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass der „obskure, faschis-
toide Denker“ (www.nzz.ch/aktuell/startseite/der-flirt-des-kremls-mit-europas-
rechten-1.18317558) Alexander Dugin „in Russland mittlerweile den öffent-
lichen Diskurs beherrscht“ (www.taz.de/!138258/) und überdurchschnittlich
im russischen Staatsfernsehen präsent ist?

4. Welche Verbindungen hat Alexander Dugin nach Kenntnis der Bundesregie-
rung zu den Anführern der von der russischen Führung unterstützten bewaff-
neten Gruppen in den östlichen Landesteilen der Ukraine, wie zum Beispiel
zum Leiter des „Militärstabs“ der dortigen bewaffneten Gruppen und Ex-
Vorsitzenden des Parlaments der „Volksrepublik Donezk“, Denis Puschilin,
oder zum Co-Vorsitzenden des Rates der „Volksrepublik Donezk“, Andrej
Purgin (siehe www.welt.de/politik/ausland/article128065029/Der-Mann-
der-die-Republik-Donezk-erfand.html und www.welt.de/print/wams/politik/
article128129364/Teile-und-herrsche.html)?

5. Inwieweit erkennt die Bundesregierung einen Einfluss der Denkfabrik „Is-
borskij Klub“, dessen Vorsitzender Alexander Prochanow in einer Veröf-
fentlichung der Bundeszentrale für politische Bildung als „Altmeister des
russischen Rechtsextremismus“ beschrieben wird, auf die russische Politik
(siehe www.bpb.de/internationales/europa/russland/159429/analyse-neue-
rechtsextreme-intellektuellenzirkel?p=all)?
a) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung diesbezüglich aus

der Teilnahme des russischen Kulturminister Wladimir Medinskij am
Gründungstreffen des Isborskij Klubs?

b) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung diesbezüglich da-
raus, dass Sergej Glasjew, amtlich bestellter Berater von Präsident Wladimir
Putin zu Fragen der „Eurasischen Integration“, Gründungsmitglied und
aktiver Teilnehmer des Klubs ist?

6. Was weiß die Bundesregierung über den politischen Werdegang Dmitrij
Rogosins, der heute Stellvertretender Ministerpräsident Russlands ist und
wiederholt mit rassistischen Äußerungen in Erscheinung getreten ist (siehe
www.taz.de vom 7. Juni 2014 „Eifernde Parvenus“)?

7. Welche Schlussfolgerungen im Hinblick auf die vom russischen Staat pro-
pagierten Werte zieht die Bundesregierung aus den Äußerungen Dmitrij
Kisseljows, dem im Dezember 2013 von Präsident Wladimir Putin ernann-
ten Generaldirektor der neuen staatlichen Nachrichtenagentur „Rossija Se-
wodnja“ und stellvertretenden Leiter des staatlichen Fernseh- und Radioun-
ternehmens WGTRK,
a) der im April 2012 in einer von ihm moderierten Talkshow im staatlichen

Fernsehsender „Rossija 1“ vorschlug, die Herzen von homosexuellen Or-
ganspendern zu „verbrennen oder zu vergraben“, statt sie für lebensret-
tende Transplantationen zu verwenden, weil sie „ungeeignet“ seien, „um
irgendein Leben zu verlängern“,

b) der im Dezember 2013 den damaligen deutschen Außenminister homo-
phob beleidigte,

c) der im März 2014 ebenfalls auf „Rossija 1“ in seiner wöchentlichen Nach-
richtensendung ausführte, dass Russland das einzige Land sei, „das die
USA in radioaktive Asche verwandeln“ könne (siehe www.tagesanzeiger.ch/
ausland/europa/Russlands-schaerfste-Zunge/story/22038402)?

Drucksache 18/2721 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
8. Welche Rückschlüsse hinsichtlich der staatlichen russischen Informations-
politik zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass zu den am häufigs-
ten vom staatlichen Auslands-TV-Sender „RT“ (Russia Today) zur Ein-
schätzung internationaler Themen (u. a. Lage in der Ukraine, Maidan-Be-
wegung, Annektierung der Halbinsel Krim durch Russland) interviewten
Personen der deutsche Publizist Manuel Ochsenreiter gehört,
a) der von 2004 bis 2011 Chefredakteur der laut Antwort der Bundesregie-

rung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (siehe Bundes-
tagsdrucksache 16/1282) rechtsextremistischen Verlagen nahestehenden
„Deutschen Militärzeitschrift“ war und bis heute dort publiziert,

b) der seit März 2011 Chefredakteur der denselben Verlagen nahestehenden
Zeitschrift „Zuerst!“ ist (siehe u. a. www.ibtimes.co.uk/rts-regular-air-
german-host-manuel-ochsenreiter-exposed-neo-nazi-editor-1441605)?

9. Wie bewertet die Bundesregierung den staatlichen Umgang mit den Grund-
und Menschenrechten von in Russland lebenden Migrantinnen und Migran-
ten und nichtrussischstämmigen Staatsbürgern Russlands, z. B. aus dem
Nordkaukasus?

10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Größe, Zusammenset-
zung und politische Ausrichtung von Gruppen wie „Schild Moskaus“ oder
„Bewegung gegen illegale Migration“ sowie über Kooperationen dieser
Gruppen mit staatlichen Behörden?
Welche weiteren rechtsextremen Aktionsgruppen außer den genannten sind
der Bundesregierung bekannt?

11. Ist es nach Kenntnis der Bundesregierung nach russischem Recht zulässig,
dass nichtstaatliche Akteure wie „Schild Moskaus“ oder „Bewegung gegen
illegale Migration“ nach sich angeblich widerrechtlich im Land aufhal-
tenden Migrantinnen und Migranten fahnden, eigenständig Razzien durch-
führen, an polizeilichen Durchsuchungen beteiligt sind und Verdächtige
festsetzen (siehe www.welt.de/politik/ausland/article118874175/Russische-
Neonazis-auf-der-Jagd-nach-Migranten.html)?
a) Wenn es – wie Alexander Werchowski, Leiter des „Sowa“-Zentrums, das

sich mit Rechtsextremismus in Russland beschäftigt, feststellt – nicht mit
russischem Recht vereinbar ist, in wie vielen Fällen wurden nach Kennt-
nis der Bundesregierung staatliche Ermittlungen gegen die beteiligten
Gruppen, einzelne ihrer Mitglieder oder Behördenvertreterinnen und Be-
hördenvertreter eingeleitet?

b) Zu welchen strafrechtlichen Konsequenzen führten nach Kenntnis der
Bundesregierung etwaige Ermittlungen?

12. Sind der Bundesregierung neben den bekannt gewordenen 4 000 Festnah-
men von Migrantinnen und Migranten und nichtrussischstämmigen Staats-
bürgerinnen und Staatsbürgern (z. B. aus dem Nordkaukasus) weitere Fälle
bekannt, in denen Migrantinnen und Migranten und nichtrussischstämmige
Staatsbürgerinnen und Staatsbürger nach der Ankündigung des russischen
Innenministers Wladimir Kolokolzew, das strafrechtliche Vorgehen gegen
Nicht-Russinnen und Nicht-Russen sei eine staatliche Priorität, festgenom-
men und/oder abgeschoben worden sind (siehe www.welt.de/politik/ausland/
article118874175/Russische-Neonazis-auf-der-Jagd-nach-Migranten.html)?

13. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Massenfestnahme von
Migrantinnen und Migranten und nichtrussischstämmigen Staatsbürgerin-
nen und Staatsbürgern auf dem Moskauer „Gärtner“-Markt im August 2013,
über die Anzahl der Festgenommenen, ihren Verbleib und ggf. den Verlauf
von juristischen Verfahren gegen sie?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2721
14. Was weiß die Bundesregierung über das improvisierte Abschiebelager, das
2013 im Moskauer Stadtteil Goljanowo errichtet wurde?

15. Welche Auswirkungen hat nach Einschätzung der Bundesregierung das von
der Staatsduma am 11. Juni 2013 beschlossene Gesetz gegen „Propaganda
nicht-traditioneller sexueller Beziehungen“ auf die Situation von Lesben,
Schwulen, bi- und transsexuellen Menschen in Russland, insbesondere im
Hinblick auf
a) ihre Sicherheitslage,
b) ihre Meinungs- und Versammlungsfreiheit?

16. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von Human Rights Watch, dass
das Ausmaß homophober Gewalt in Russland infolge der Verabschiedung des
gennannten Gesetzes erheblich zugenommen hat (siehe www.hrw.org/de/
news/2014/02/04/russland-spiele-sotschi-werfen-schlaglicht-auf-homophobe-
gewalt)?

17. Wie viele Fälle sind der Bundesregierung bekannt, in denen russische Behör-
den als Reaktion auf die von (teilweise namentlich bekannten) rechtsextre-
men Gewalttätern in sozialen Netzwerken veröffentlichten Videos, in denen
Menschen aufgrund einer ihnen unterstellten homosexuellen Orientierung vor
laufender Kamera als „pädophil“ beschimpft, gedemütigt und brutal gefol-
tert werden, Ermittlungen eingeleitet haben (siehe u. a. www.tagesschau.de/
ausland/russlandjagdschwule100.html)?
a) In wie vielen Fällen führten diese Ermittlungen zu strafrechtlichen Kon-

sequenzen für die Täter?
b) Ist der Bundesregierung bekannt, warum diese, vor allem auf VK.com,

dem nach Facebook zweitgrößten sozialen Netzwerk in Europa mit fast
220 Millionen Nutzerinnen und Nutzern, veröffentlichten Gewaltvideos
nicht gelöscht wurden und weiterhin frei zugänglich sind und offenbar
keinerlei behördliche Aufforderungen zum Entfernen der Videos ergan-
gen sind?

c) Welche strafrechtlichen Konsequenzen hatte das Video, in dem der
bekannte russische Neonazi Maxim Marzinkewitsch vor laufender Ka-
mera einen Mann mit einem Messer einschüchtert und droht, diesen zu
vergewaltigen (siehe www.welt.de/print/wams/politik/article118894367/
Gewaltwelle-gegen-Schwule-in-Russland.html)?

d) Wie endete nach Kenntnis der Bundesregierung das einzige bislang be-
kannte eingeleitete Verfahren gegen die gewaltbereite, rechtsradikale
sogenannte Occupy-Pädophilie-Bewegung, deren Mitglieder in mehre-
ren russischen Städten Jagd auf Männer machen, denen sie eine homo-
sexuelle Orientierung unterstellen (siehe ebenda)?

18. Welche Gründe sind nach Meinung der Bundesregierung ausschlaggebend
für die zu beobachtende, zunehmende Kooperation zwischen der russischen
Staatsführung und kremlnahen Ideologen auf der einen Seite sowie rechtspo-
pulistischen und rechtsextremen Parteien aus EU-Mitgliedstaaten auf der an-
deren Seite (www.nzz.ch/aktuell/startseite/der-flirt-des-kremls-mit-europas-
rechten-1.18317558)?

19. Welche Erkenntnisse und Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung
aus der Studie des ungarischen Politik-Forschungsinstituts „Political Ca-
pital“ zu Verbindungen zwischen rechtsgerichteten Parteien in den EU-Mit-
gliedstaaten und der politischen Elite in Russland (siehe www.taz.de/
!138258/)?

Drucksache 18/2721 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
20. Welche Rolle spielt nach Kenntnis der Bundesregierung das „Ethnopluralis-
muskonzept“ bei der Kooperation rechtsextremer Gruppierungen aus der EU
und Russland (siehe www.bpb.de/internationales/europa/russland/159431/
analyse-rassistische-gewalt-und-neonazistische-bewegungen-in-
russland?p=all)?

21. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über offizielle Kontakte und die
Zusammenarbeit des russischen Parlaments und der Staatsführung mit rechts-
extremen Parteien aus EU-Mitgliedstaaten, insbesondere mit
a) der Front National (Frankreich),
b) der Jobbik-Partei (Ungarn),
c) der Partei Ataka (Bulgarien)?

22. Wie oft und von welchen offiziellen Vertreterinnen und Vertretern des rus-
sischen Staates und des Parlaments wurde nach Kenntnis der Bundesregie-
rung die Vorsitzende der rechtsextremen französischen Partei Front Na-
tional, Marine le Pen, in Russland empfangen (siehe http://german.ruvr.ru/
news/2014_04_12/Frankreich-teilt-Russlands-Stellungnahme-zur-Ukraine-
Marine-Le-Pen-5334/)?

23. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über den französischen TV- und
Onlinesender „ProRussia.TV“, der nach französischen Medienberichten von
Mitgliedern und ehemaligen Mitgliedern der rechtsextremen Front National
in Zusammenarbeit mit dem staatlichen russischen Auslandsrundfunk
„Stimme Russlands“ betrieben wird (siehe www.slate.fr/story/75047/russie-fn
und www.droites-extremes.blog.lemonde.fr/2013/01/29/la-tele-identitaire-
la-drole-dagence-de-presse-et-le-soft-power-russe/)?

24. Sieht die Bundesregierung Anzeichen dafür, dass rechtsextreme Parteien,
wie die Front National, Jobbik und Ataka, direkt oder indirekt (etwa für die
Teilnahme an staatlichen Veranstaltungen) Gelder von oder aus Russland
erhalten (siehe SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, 17. April 2014, und www.
wdr 5.de/sendungen/politikum/russland_europas_rechte100.html)?

25. Existieren nach Kenntnis der Bundesregierung Verbindungen zwischen
ukrainischen rechtspopulistischen oder rechtsextremen Gruppen und
a) russischen rechtspopulistischen oder rechtsextremen Gruppen,
b) russischen Regierungsstellen oder staatlich kontrollierten Einrichtungen,
und falls ja, welcher Art sind die Verbindungen, und inwieweit betrifft dies
auch Finanzbeziehungen?

26. Welche Vertreterinnen und Vertreter von Parteien aus EU-Mitgliedstaaten
sind der Bundesregierung namentlich bekannt, die im Februar 2014 auf
Einladung aus Russland die Abstimmung zur Legitimierung der völker-
rechtswidrigen militärischen Annektierung der ukrainischen Halbinsel Krim
beobachtet haben (bitte mit Nennung der jeweiligen Parteizugehörigkeit;
siehe www.anton-shekhovtsov.blogspot.de/2014/03/pro-russian-extremists-
observe.html)?

27. Welche Rolle spielten nach Kenntnis der Bundesregierung Parlamentsabge-
ordnete von Parteien wie FPÖ, BZÖ, Vlaams Belang, Ataka, Front Natio-
nal, Jobbik, Lega Nord in der Berichterstattung der staatlich kontrollierten
Medien Russlands über die Abstimmung auf der Krim?

28. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Organisation „Eurasi-
sches Observatorium für Demokratie und Wahlen“ (EODE) und ihren Grün-
der, den „belgischen Rechtsradikalen“ (siehe www.nzz.ch/aktuell/startseite/
der-flirt-des-kremls-mit-europas-rechten-1.18317558) Luc Michel?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2721
In welcher Weise ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Organisation
EODE bislang im Zusammenhang mit russischer Außenpolitik in Erschei-
nung getreten?

29. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, dass auch deutsche rechtspo-
pulistische oder rechtsextreme Parteien und/oder Gruppierungen in ideolo-
gischer, politischer oder finanzieller Verbindung mit der russischen Staats-
führung stehen?

30. Sind der Bundesregierung Kontakte deutscher Neonazis zu dem russischen
Ideologen Alexander Dugin bekannt, der laut Medienberichten in engem
Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern europäischer rechtspopulisti-
scher und rechtsextremistischer Parteien, wie u. a. dem FPÖ-Vorsitzenden
Heinz-Christian Strache, dem Ataka-Vorsitzenden Wolen Siderow, dem
Jobbik-Vorsitzenden Gábor Vona oder dem Goldene-Morgenröte-Vorsitzen-
den Nikolaos Michaloliakos, steht (siehe www.profil.at/articles/1424/980/
375880/eurasier-mit-heinz-christian-strache-wien und www.taz.de/!138258/)?

31. Welche Schlussfolgerungen hinsichtlich der russischen Familienpolitik und
des Umgangs mit sexuellen Minderheiten in Russland zieht die Bundes-
regierung aus der Teilnahme der Autorin des international kritisierten Anti-
LGBT-Gesetzes und der Vorsitzenden des Duma-Ausschusses für Familie,
Frauen und Kinder, Jelena Misulina, an der deutschen Konferenz „Für die
Zukunft der Familie – Werden Europas Völker abgeschafft?“, an der im
November 2013 auch Jürgen Elsässer, Thilo Sarrazin, Eva Herman und
Béatrice Bourges mitwirkten und die vom Magazin „Compact“, das eine
„Scharnierfunktion zwischen der extremen Rechten und Rechtskonservati-
ven“ (apabiz e. V./ver.di jugend 2012) einnimmt, veranstaltet wurde (siehe
www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/compact-veranstaltung-krude-thesen-
der-homosexuellenhasser-a-935310.html)?
a) Welche weiteren kremlnahen Politikerinnen und Politiker aus Russland

nahmen nach Kenntnis der Bundesregierung an der Konferenz teil?
b) Sind der Bundesregierung weitere Teilnahmen kremlnaher russischer

Politikerinnen und Politikern an rechtspopulistischen oder rechtsextre-
men Veranstaltungen in Deutschland bekannt?

32. Kann die Bundesregierung Presseberichte (www.zeit.de/politik/deutschland/
2014-07/juergen-elsaesser-russland-propaganda) bestätigen, wonach
a) die vom Chefredakteur des Compact-Magazins, Jürgen Elsässer, und

dessen Medienpartner und Compact-Mitarbeiter Ken Jebsen initiierten
sogenannten Compact-Souveränitätskonferenzen der Jahre 2012 und
2013 gemeinsam mit dem kremlnahen Institut für Demokratie und Zu-
sammenarbeit mit Sitz in Paris organisiert worden seien, auf denen u. a.
die ultrakonservative Duma-Abgeordnete Jelena Misulina und die radi-
kal nationalistische Historikerin Natalja Narotchnitzkaja aufgetreten
seien und über die der Fernsehjournalist und heutige Chef des staatlichen
russischen Medienkonzerns Rossija Sewodnja, Dmitri Kisseljow, 2013
im staatlichen russischen Fernsehen Rossija 1 wohlwollend berichtet
habe,

b) Jürgen Elsässer 2013 in seinem Compact-Magazin in einem Interview
dem als Rechtsextremisten und Cheftheoretiker des antiamerikanischen
und liberalismusfeindlichen Neo-Eurasismus beschriebene Alexander
Dugin breiten Raum zur Entfaltung seiner Ideologie und Pläne für deren
Verwirklichung als geopolitisches und strategisches Konzept unter ande-
rem mithilfe von Subversion, Desinformation und Destabilisierung ein-
geräumt habe,

Drucksache 18/2721 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
c) Jürgen Elsässer im April 2014 im Interview mit dem Chef der „Eurasi-
schen Jugendbewegung“ und Leiter des „Zentrums für Eurasisch-Euro-
päische Zusammenarbeit“ in Moskau, Jurij Kofner, sich auch persönlich
als Anhänger der von Alexander Dugin propagierten Ideologie gezeigt
habe,

d) Jürgen Elsässer seit Beginn der Ukraine-Krise bei öffentlichen Auftritten,
etwa bei den von ihm mit mobilisierten sogenannten Montagsmahnwa-
chen, bei deren Berliner Veranstaltungen er selbst und sein Medienpart-
ner Ken Jebsen zu Hauptrednern avanciert seien, typische Argumenta-
tionsmuster der russischen staatlich kontrollierten Medien übernähme,
etwa wenn er von den „Nato-Faschisten“ in Kiew, von der ukrainischen
Regierung als eine mit Hilfe der USA an die Macht gekommene „Putsch-
regierung“ sprach, den USA, deutschen Medien und Politik einen „Krieg
gegen Russland“ unterstellte und die Vorbereitung der „Endlösung der
Russenfrage“ in der Ukraine behauptete,

e) russische Staatsmedien, wie der russische Auslandsradiosender „Stimme
Russlands“, die Video-Nachrichtenagentur „RT Ruptly“ und Kisseljow
in seiner TV-Nachrichtensendung auf Rossija 1 bereits sehr früh und sehr
wohlwollend über die „Montagsmahnwachen“ berichtet und diese als
Beleg für relevante prorussische Demonstrationen in Deutschland darge-
stellt hätten,

f) Jürgen Elsässer seit mehreren Jahren für seine EU- und Euro-kritischen
Veranstaltungen und Konferenzen u. a. unter Beteiligung des britischen
EU-Kritikers Nigel Farage (UKIP) sowie für Buchvorstellungen das
Russische Haus in Berlin – ein Kulturinstitut des russischen Außenminis-
teriums – als Veranstaltungsort zur Verfügung gestellt bekommen habe,

und falls ja, welche Rückschlüsse hinsichtlich der staatlichen russischen In-
formationspolitik zieht die Bundesregierung hieraus?

Berlin, den 30. September 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.