BT-Drucksache 18/2556

Ursachen der anhaltenden Investitionsschwäche in Europa und Lösungsoptionen im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts

Vom 10. September 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2556
18. Wahlperiode 10.09.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katharina Dröge, Kerstin Andreae, Dr. Gerhard Schick,
Sven-Christian Kindler, Manuel Sarrazin, Jürgen Trittin, Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn, Dr. Franziska Brantner, Anja Hajduk, Beate Müller-Gemmeke,
Claudia Roth (Augsburg), Corinna Rüffer, Dr. Frithjof Schmidt und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ursachen der anhaltenden Investitionsschwäche in Europa und Lösungsoptionen
im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts

Zahlreiche Forschungsarbeiten verweisen auf eine seit Jahren andauernde und
anhaltende Investitionsschwäche in Deutschland und Europa. Zuletzt empfahl
der Internationale Währungsfonds (IWF) Deutschland eine deutliche Erhöhung
öffentlicher und privater Investitionen (IWF, www.imf.org/external/pubs/ft/scr/
2014/cr14217.pdf). Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung e. V. (DIW)
wies insbesondere auf mangelnde private Investitionen in der gesamten Euro-
zone hin (DIW, www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.469255.de/
diw_econ_bull_2014-07.pdf). Diese seien im Verhältnis zum Bruttoinlandspro-
dukt (BIP) der Eurozone seit dem Jahr 2008 kumulativ um 4 Prozent gesunken.
Die öffentlichen Netto-Investitionen, die in Deutschland schon seit Jahren nega-
tiv sind und das Staatsvermögen aufzehren, liegen seit dem Jahr 2013 auch für
die Eurozone insgesamt unter der Nulllinie. Gleichzeitig ist die Staatsschulden-
quote der Eurostaaten seit dem Jahr 2008 von durchschnittlich knapp 70 Prozent
auf mittlerweile 94 Prozent gestiegen und konnte durch die Krisenpolitik der
Europäischen Union (EU) nicht gesenkt werden. Laut der jüngsten Wirtschafts-
daten (www.spiegel.de vom 14. August 2014 „Nullwachstum“) stagniert die EU
bei 0 Prozent Wachstum. Die Wirtschaft Deutschlands, Zyperns und Rumäniens
schrumpfte im zweiten Quartal 2014 im Vergleich zum vorherigen Quartal,
Frankreich stagniert und Italien rutscht in die Rezession. Die Industrieproduk-
tion im Euroraum sank zwischen Mai und Juni 2014 um 0,3 Prozent, Spanien,
Portugal und Griechenland verzeichnen einen Preisverfall und die Arbeitslosig-
keit liegt in den Euroländern im Schnitt bei knapp 12 Prozent, in Griechenland
und Spanien weiterhin bei über 25 Prozent. Die jüngsten, positiven Wachstums-
zahlen aus Spanien und die rückläufige Arbeitslosenquote in einigen Programm-
ländern lassen auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation hoffen, auch
wenn nicht klar ist, ob es sich hierbei um eine stabile und nachhaltige Entwick-
lung handelt. Die Arbeitslosenzahlen bleiben auf einem erschreckend hohen
Niveau und die schwierige Situation in den Ländern kriegen die Menschen mit
aller Härte zu spüren.
Bisherige Maßnahmen, um der Investitionsschwäche in Europa entgegenzutre-
ten, scheinen nicht wirkungsvoll genug gewesen zu sein, wobei die Gründe hier-
für noch nicht gänzlich erfasst sind: Im Juni 2012 beschloss der Europäische Rat
den sogenannten Pakt für Wachstum und Beschäftigung (siehe Ratsbeschluss

Drucksache 18/2556 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
vom 28./29. Juni, www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_Data/docs/pressdata/
en/ec/131388.pdf). Dieser umfasste u. a. eine Kapitalerhöhung der Europä-
ischen Investitionsbank (EIB) in Höhe von 10 Mrd. Euro. Dies sollte die Kredit-
vergabekapazität der EIB um 60 Mrd. Euro steigern und 180 Mrd. Euro zusätz-
liche Investitionen generieren. Bislang wurden planmäßig 9,16 Mrd. Euro
Eigenkapital eingezahlt, wobei deren volle Hebelwirkung noch nicht ausge-
schöpft wurde. Zusätzlich sah der Pakt vor, 55 Mrd. Euro der EU-Strukturfonds,
die im mehrjährigen Finanzrahmen bereits vorgesehen, aber noch keinen kon-
kreten Projekten zugeordnet waren, umzuleiten und zur Förderung von kleinen
und mittleren Unternehmen (KMU) und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
einzusetzen. Auch wurden Mittel für das Instrument der „Projektanleihen“
bereitgestellt, deren Wirksamkeit im Rahmen einer zweijährigen Pilotphase ge-
testet wurde.
Angesichts der seit dem Ratsbeschluss gesunkenen Investitionen im Euroraum
bleibt zu klären, welchen Beitrag die Instrumente des Paktes für Wachstum und
Beschäftigung zur Investitionstätigkeit leisten konnten, welche Lehren man da-
raus ziehen kann und ob andere weitreichendere Maßnahmen notwendig sind,
um die Investitionstätigkeit in Europa zu stärken.
Lösungsvorschläge liegen vor: sie reichen von der Vervollständigung des euro-
päischen Binnenmarkts für Dienstleistungen, über die Verbesserung der Wett-
bewerbsinstrumente, bis hin zur steuerlichen Förderung von Innovationen. Auch
die Idee eines privaten Investitionsfonds innerhalb der EIB zur Förderung klei-
ner und mittelständischer Unternehmen stellen Forscher in den Raum.

Wir fragen die Bundesregierung:
Anhaltende Investitionsschwäche in Deutschland und der Eurozone
1. Sieht auch die Bundesregierung die von Prof. Marcel Fratzscher, Ph. D.,

(DIW) und anderen Forschungsinstituten benannte Gefahr einer langfristigen
Stagnation in Europa mit hoher Arbeitslosigkeit (DIW, Pressemitteilung vom
2. Juli 2014, „Mit Wachstum aus der Krise: DIW Berlin schlägt europäischen
Investitionsfonds vor“, oder auch Bruegel Policy Brief, April 2013, „Eu-
rope’s growth problem (and what to do about it)“)?
a) Wenn nein, warum nicht?
b) Wenn ja, welche Maßnahmen erachtet die Bundesregierung für notwen-

dig, um dieser Gefahr entgegen zu treten?
2. Teilt die Bundesregierung die Schlussfolgerungen des DIW, dass ein wich-

tiger Beitrag für mehr Wachstum in der gesamten Eurozone eine größere
Investitionstätigkeit in der Eurozone wäre (DIW, Pressemitteilung vom
2. Juli 2014, „Mit Wachstum aus der Krise: DIW Berlin schlägt europäischen
Investitionsfonds vor“)?
a) Wenn nein, warum nicht?
b) Wenn ja, in welchen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und wel-

chen Bereichen erachtet die Bundesregierung mehr staatliche bzw. öffent-
liche Investitionen für notwendig?

3. Teilt die Bundesregierung die Ansichten von Dr. Ferdinand Fichtner (DIW),
dass die mangelnde Investitionstätigkeit in der Eurozone das Wachstum der
Produktionsmöglichkeiten um 0,2 Prozentpunkte pro Jahr dämpft (DIW,
Pressemitteilung vom 2. Juli 2014, „Mit Wachstum aus der Krise: DIW Ber-
lin schlägt europäischen Investitionsfonds vor“)?
a) Wenn nein, warum nicht?
b) Wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2556
4. Teilt die Bundesregierung die Schlussfolgerungen des DIW, dass zur Über-
windung der seit 1999 anhaltenden Investitionsschwäche der EU, Instru-
mente der Wettbewerbspolitik verbessert und stärker eingesetzt werden
sollten sowie die Steuerpolitik investitionsfreundlicher gestaltet werden
sollte?
a) Wenn nein, warum nicht?
b) Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen im Rahmen dieser Instrumente

hat die Bundesregierung in ihr Arbeitsprogramm übernommen?
5. Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen der anhaltenden

Investitionsschwäche in Deutschland und in der Eurozone insgesamt und
der geringen Inflationsrate im Euroraum bzw. den deflationären Tendenzen
in Spanien?
Welche finanz- und wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen zieht die
Bundesregierung daraus?

6. Was sind die Gründe dafür, dass sich die Bundesregierung für die Errei-
chung einer Investitionsquote über dem OECD-Durchschnitt (OECD – Or-
ganisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) keine
zeitliche Vorgabe gegeben zu hat, obwohl sie laut der Antwort auf die Kleine
Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 18/1435) dieses
Ziel für erstrebenswert hält, die deutschen Investitionsquoten der vergange-
nen Jahre als zu niedrig bezeichnet hat und die Finanzierungskonditionen
zum derzeitigen Zeitpunkt außergewöhnlich günstig sind?

7. Welche zusätzlichen Wachstumseffekte bzw. Investitionsimpulse über wel-
chen Zeitraum erwartet die Bundesregierung durch die über die laufende
Legislaturperiode getätigten
a) Mehrinvestitionen in die Verkehrsinfrastruktur von 5 Mrd. Euro inner-

halb dieser Legislaturperiode,
b) der jährlichen finanziellen Entlastung der Kommunen,
c) der Entlastung von Ländern und Gemeinden um 6 Mrd. Euro innerhalb

dieser Legislaturperiode (Jahreswirtschaftsbericht 2014)?
8. Wie bewertet die Bundesregierung diese Maßnahmen vor dem Hintergrund

der Berechnungen der Kommission „Nachhaltige Verkehrsinfrastruktur-
finanzierung“, nach denen eine jährliche Unterfinanzierung der laufenden
Erhaltung und nachholenden Sanierung der Verkehrsinfrastruktur in Bund,
Ländern und Kommunen in der Summe von 7,2 Mrd. Euro (Unterfinanzie-
rung auf Bundesebene von jährlich 3,2 Mrd. Euro für Bundesfernstraßen,
Schienenwege sowie Wasserstraßen, auf Landesebene eine Unterfinanzie-
rung von 750 Mio. Euro für Landesstraßen sowie auf kommunaler Ebene
ein Defizit von 3,25 Mrd. Euro für Kreis- und Gemeindestraßen sowie für
den öffentlichen Personenverkehr, Bericht der Kommission „Nachhaltige
Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“) besteht?

9. Wie bewertet die Bundesregierung diese Maßnahmen unter der Maßgabe,
dass der Prozentsatz des BIP für Bildungsausgaben insbesondere im Pri-
mar- und Sekundarbereich gesteigert werden müsste, um Deutschlands
wirtschaftliche Solidität auch für künftige Generationen zu erhalten
(OECD)?

10. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den zusätzlichen Finanzierungsbe-
darf ein, um die (Verkehrs-)Infrastruktur auf dem jetzigen Stand zu erhalten,
angesichts dessen, dass sie in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Frak-
tion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 18/1435) schreibt, die „zusätz-

Drucksache 18/2556 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
lichen Investitionen in die verkehrliche Infrastruktur wirken weiterem Sub-
stanzverzehr entgegen“?

11. Teilt die Bundesregierung die Berechnungen des IWF wonach Deutschland
14 Mrd. Euro mehr pro Jahr für Investitionen ausgeben könnte und sollte,
und plant sie entsprechende Maßnahmen, bzw. in welcher Größenordnung
sieht die Bundesregierung Nachholbedarf (Handelsblatt, www.handelsblatt.
com/politik/konjunktur/nachrichten/wachstumschancen-iwf-fordert-mehr-
deutsche-investitionen/10231930.html)?

12. Welche möglichen politischen Versäumnisse führten nach Ansicht der Bun-
desregierung dazu, dass die Nettoinvestitionsquote in die Infrastruktur seit
dem Jahr 2003 negativ ist (Statistisches Bundesamt, Stand August 2013)?

13. Welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung aus der Tiefenanalyse
der Europäischen Kommission für die unternehmerische Investitions-
schwäche in Deutschland gezogen (bitte nach Art der Investition aufschlüs-
seln), und welche konkreten Pläne hat sie zur Steigerung der unternehmeri-
schen Investitionen in Deutschland (nach Wirtschaftsbereichen aufschlüs-
seln)?

14. In welchen Bereichen besteht nach Auffassung der Bundesregierung beson-
derer Handlungsbedarf hinsichtlich der Investitionsförderung, und seit wann
liegen der Bundesregierung diese Erkenntnisse vor (nach Wirtschaftsberei-
chen aufschlüsseln)?

15. Wie viel (in Mrd. Euro) mussten deutsche Unternehmen nach Kenntnis der
Bundesregierung in den vergangenen zehn Jahren an Investitionen im Aus-
land durch Verluste abschreiben?

16. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den aktuellen
Wirtschaftsdaten für Deutschland und die EU insgesamt (siehe Vorbemer-
kung der Fragesteller), und welche Maßnahmen erwägt sie, sollte sich die
wirtschaftliche Lage weiter verschlechtern?

17. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Schätzun-
gen der Kapazitätsauslastungen durch die Europäische Kommission
(http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/product_details/dataset?
p_product_code=EI_BSIN_Q_R2), die zeigen, dass die Auslastungen in
fast allen Ländern der Eurozone unter dem langfristigen Mittel liegen?
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine Erholung des Auslas-
tungsgrads eine Voraussetzung für neue unternehmerische Investitionen
wäre?

18. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den ebenfalls
von der Europäischen Kommission durchgeführten Unternehmensbefra-
gungen (vgl. u. a. Europäische Kommission vom 14. November 2013
„2013 SMEsʼ Acces to Finance survey“), die zeigen, dass der Haupthinde-
rungsgrund für Investitionen aus Sicht der Unternehmen in allen Ländern
eine zu geringe Nachfrage ist?
Durch welche Maßnahmen glaubt die Bundesregierung die gesamtwirt-
schaftliche Nachfrage in der Eurozone steigern zu können?

19. Wie sieht der genaue Zeitplan für die Arbeit der neu von der Bundesregie-
rung eingesetzten Expertenkommission „Stärkung von Investitionen in
Deutschland“ aus, bis wann rechnet die Bundesregierung mit konkreten
Ergebnissen, und wie verbindlich wird sie diese Ergebnisse noch in dieser
Legislatur umsetzen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2556
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt und ein europäisches Investitionsprogramm
20. Welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen einer in den

Krisenländern vorgenommenen Kürzung öffentlicher Ausgaben, einem
Sinken der öffentlichen wie privaten Investitionen und ihre Folgen auf
Wachstum und Beschäftigung?

21. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Präsidenten der Europäischen
Zentralbank (EZB) Mario Draghi (Tagesanzeiger vom 25. August 2014
„Die drei Pfeile des Mario Draghi“), dass die Sparpolitik der Regierungen
in der Eurozone gelockert werden müsse und besonders die starken Länder
eine ausgabenfreundlichere Fiskalpolitik betreiben müssten?

22. Hält die Bundesregierung bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen
Lage eine Situation für denkbar, in der eine drohende Deflation in Europa
nur noch durch eine expansive Fiskalpolitik abgewendet werden kann?
Hat die Bundesregierung Vorkehrungen für eine solche Situation getroffen?

23. Zu welcher Erkenntnis ist die Bundesregierung in der Debatte des IWF um
den Multiplikatoreffekt gekommen, wonach die wachstumshemmenden
Effekte der Sparmaßnahmen in einzelnen Ländern des Euroraums größer
waren, als ursprünglich prognostiziert, und welche politischen Schlussfol-
gerungen hat sie daraus abgeleitet?

24. Welche Faktoren bedingen nach Erkenntnissen der Bundesregierung neben
Anpassungsprozessen im Immobiliensektor in einigen Euroländern (siehe
Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Bundestags-
drucksache 18/1435) die rückläufige Investitionsquote in der Eurozone, und
welche Rolle spielt hierbei die niedrige Inflationsquote in der Eurozone
bzw. spielen deflationäre Tendenzen in den einzelnen Mitgliedstaaten der
Europäischen Union?

25. Durch welche Programme und in welcher Größenordnung (in Mrd. Euro)
wären nach Erkenntnissen der Bundesregierung zusätzliche Investitionen
im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakt möglich?

26. Wurde nach Einschätzung der Bundesregierung die Flexibilität des Stabili-
täts- und Wachstumspakts bisher vollständig ausgeschöpft, und wenn nein,
warum nicht?

27. Sind die im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorhandenen Spielräume nach
Ermessen der Bundesregierung ausreichend, um mehr Investitionen zu
ermöglichen, und wenn nicht, wie könnten weitere Spielräume geschaffen
werden?

28. Unterstützt die Bundesregierung die Pläne Jean-Claude Junckers („Ein
neuer Start für Europa: Meine Agenda für Jobs, Wachstum, Fairness und
demokratischen Wandel“ vom 15. Juli 2014 auf www.europa.eu), die Flexi-
bilitätsmargen des Stabilitätspakts in Zukunft stärker ausnutzen zu wollen,
um mehr Investitionen in Europa zu ermöglichen, und wenn ja, in welcher
Hinsicht erachtet die Bundesregierung dieses für sinnvoll?

29. Unterstützt die Bundesregierung die Pläne Jean-Claude Junckers („Ein
neuer Start für Europa: Meine Agenda für Jobs, Wachstum, Fairness und
demokratischen Wandel“ vom 15. Juli 2014 auf www.europa.eu), ein Inves-
titionsprogramm in Höhe von 300 Mrd. Euro ins Leben zu rufen, um damit
zur Reindustrialisierung Europas und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
beizutragen, und hält die Bundesregierung das Programmvolumen für an-
gemessen?

Drucksache 18/2556 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
30. Handelt es sich bei diesem Investitionsprogramm nach Erkenntnissen der
Bundesregierung um ein eigenständiges neues Programm mit zusätzlichen
finanziellen Mitteln oder lediglich aus der Umwidmung bereits beschlosse-
ner Budgets, und wie sollte nach Auffassung der Bundesregierung so ein
Programm finanziert werden?

31. Wäre ein Investitionsprogramm dieser Größenordnung im Rahmen des Sta-
bilitäts- und Wachstumspakts möglich?

32. Besteht nach Einschätzung der Bundesregierung die Möglichkeit, mehr
Investitionen in Europa in einer ähnlichen Größenordnung auch ohne Ein-
richtung eines solchen Programms zu gewährleisten, und wenn ja, welche
(bislang nicht ausgeschöpften) Möglichkeiten stünden nach Auffassung der
Bundesregierung hierfür zur Verfügung?

33. Wieviel der Mittel für die Regional- und Kohäsionspolitik aus dem verfüg-
baren Budget von 2014 bis 2020 wurde nach Kenntnis der Bundesregierung
von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (nach Mitgliedstaat und
Fonds EFRE/ESF/CF aufschlüsseln) bereits abgerufen?

34. Welchen Anteil haben nach Kenntnis der Bundesregierung die Mittel aus
der Regional- und Kohäsionspolitik am Gesamtanteil öffentlicher Investi-
tionen (nach Mitgliedstaat und Fonds EFRE/ESF/CR aufschlüsseln)?

35. In welchen Wirtschaftssektoren in Europa erachtet die Bundesregierung
mehr öffentliche Investitionen für notwendig und sinnvoll?

36. Welche finanziellen Mittel (in Mrd. Euro) wurden seit dem Jahr 2010 ins-
gesamt von der EU für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit bereit-
gestellt, und wieviel wurde nach Kenntnis der Bundesregierung von wel-
chen Mitgliedstaaten, und für welche konkreten Projekte bisher abgerufen?
Falls die Mittel nicht in vollem Umfang abgerufen wurden, worin sieht die
Bundesregierung die Gründe hierfür?

Kreditnachfrage und -angebot
37. Betrachtet die Bundesregierung die weiterhin rückläufige Kreditnachfrage

in der Eurozone, insbesondere in Frankreich, Italien und Spanien, sowie die
stagnierende Kreditnachfrage Deutschlands als Problem, das staatliche
Maßnahmen erfordert, oder als notwendigen Konsolidierungsprozess
(DIW, „Schwache Preisentwicklung und Deflationsgefahr im Euroraum:
Grenzen der konventionellen Geldpolitik“)?

38. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
daraus, dass die Kreditvergabestandards für KMU in Spanien, Italien,
Frankreich und in der Eurozone insgesamt zwischen Anfang 2012 und Ende
2013 kontinuierlich verschärft wurden (DIW, „Schwache Preisentwicklung
und Deflationsgefahr im Euroraum: Grenzen der konventionellen Geldpo-
litik“)?

39. Was sind nach Einschätzung der Bundesregierung die Gründe dafür, dass
die Kreditzinsen für nichtfinanzielle Unternehmen in den Krisenländern
trotz der Zinspolitik der EZB seit dem Jahr 2011 konstant zwischen 3,5 Pro-
zent und 4 Prozent pendeln und damit deutlich über dem Niveau des
Euroraums insgesamt und dem der Nichtkrisenländer liegen, und welche
Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus die-
sen Zinsdivergenzen (DIW, „Schwache Preisentwicklung und Deflations-
gefahr im Euroraum: Grenzen der konventionellen Geldpolitik“)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2556
40. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der Anzahl der sogenannten Notleidenden Kredite in Zypern, Griechen-
land, Irland, Italien, Spanien und Portugal, deren Rückzahlung ungewiss ist,
welche Risiken sieht sie damit verknüpft, und inwieweit beeinflusst dieses
Problem die Kreditvergabe in den betroffenen Ländern?

Kapitalerhöhung der Europäischen Investitionsbank
41. Kredite in welcher Höhe wurden von der EIB bislang durch die Kapital-

erhöhung um 9,16 Mrd. Euro bereitgestellt, bzw. konnte der angedachte
Hebel von 6 : 1 auf das zusätzlich eingezahlte Kapital realisiert werden?

42. Welcher Anteil der im Ausgangsszenario durch die Kapitalerhöhung anvi-
sierten Investitionen im Gesamtwert von 180 Mrd. Euro konnte bislang
durch die Kapitalerhöhung in Höhe von 9,16 Mrd. Euro realisiert werden?

43. Falls der volle mögliche Hebel auf das zusätzliche Kapital in Höhe von
9,16 Mrd. Euro noch nicht realisiert wurde und/oder Investitionen in ge-
ringerer Höhe als die anvisierten 180 Mrd. Euro realisiert wurden, worin
sieht die Bundesregierung die Gründe dafür?

44. Gibt es signifikante Unterschiede bezüglich der Anteile der durch die zu-
sätzlichen Mittel bereitgestellten Kredite zwischen Programmländern bzw.
Staaten, die sich im Verfahren übermäßiger Defizite befinden und anderen
Mitgliedstaaten der Europäischen Union?
Falls ja, worin sieht die Bundesregierung die Gründe für die Unterschiede?

Umleitung der Mittel in Strukturfonds
45. In welcher Höhe wurden die für den Zweck der Förderung von KMU und

der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit in den EU-Strukturfonds umgeleite-
ten Mittel in Höhe von 55 Mrd. Euro von welchen Mitgliedstaaten der
Europäischen Union abgerufen?
Falls die Mittel nicht in voller Höhe abgerufen wurde, welche Gründe
waren nach Einschätzung der Bundesregierung hierfür ausschlaggebend?

46. Welcher Anteil der durch die Fonds ausgezahlten Mittel entfiel nach Kennt-
nis der Bundesregierung auf die Förderung von KMU, welcher Anteil auf
die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und ggf. welcher Anteil auf andere
Zwecke?
Falls Mittel für andere Zwecke zur Verfügung gestellt wurden, für welche,
und in welcher Höhe?

Projektbonds
47. Wie wurden die vorgesehenen Mittel für die Pilotphase der Projektbonds in

Höhe von 230 Mio. Euro abgerufen?
In welche Projekte und in welchen Ländern wurden Projektbonds einge-
setzt?

48. Falls die für die Pilotphase der Projektbonds vorgesehenen Mittel in Höhe
von 230 Mio. Euro nicht im vollen Umfang ausgeschöpft wurden, worin
sieht die Bundesregierung die Gründe hierfür?

49. Welcher Anteil der im Ausgangsszenario der Pilotphase anvisierten Investi-
tionen im Gesamtwert von 4,5 Mrd. Euro konnte bislang realisiert werden?

50. Gab es hier signifikante länderspezifische Unterschiede in der Nachfrage
nach dem Instrument?
Wenn ja, worin sieht die Bundesregierung die Gründe dafür?

Drucksache 18/2556 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
51. Sind die Projektbonds nach Einschätzung der Bundesregierung auf Basis
der Erfahrungen der Pilotphase ein Instrument, das insbesondere in Krisen-
staaten wirksam die Investitionsschwäche bekämpfen kann?
Falls ja, welcher finanzielle Umfang wäre nach Einschätzung der Bundes-
regierung hierfür angebracht?

Berlin, den 8. September 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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