BT-Drucksache 18/2059

Konflikt zwischen dem Bund und den Ländern um die Absenkung der Bundesbeteiligung für das Bildungs- und Teilhabepaket

Vom 3. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2059
18. Wahlperiode 03.07.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Susanna Karawanskij, Kerstin Kassner,
Diana Golze, Karin Binder, Matthias W. Birkwald, Nicole Gohlke, Sigrid Hupach,
Katja Kipping, Katrin Kunert, Ralph Lenkert, Cornelia Möhring, Harald Petzold
(Havelland), Harald Weinberg, Katrin Werner, Jörn Wunderlich, Sabine
Zimmermann (Zwickau) und der Fraktion DIE LINKE.

Konflikt zwischen dem Bund und den Ländern um die Absenkung der
Bundesbeteiligung für das Bildungs- und Teilhabepaket

Nach Einführung des Bildungs- und Teilhabepakets wurde gesetzlich festgelegt,
dass sich der Bund bis zum Jahr 2013 zweckgebunden an dessen Finanzierung
beteiligen soll. Die Umsetzung dieser finanziellen Beteiligung des Bundes er-
folgte über eine entsprechende Erhöhung der Beteiligung des Bundes an den
Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Beziehende nach § 46 Absatz 6 des Zweiten
Buches Sozialgesetzbuch (SGB II).
Zwischen dem Bund auf der einen und den Ländern sowie kommunalen Spitzen-
verbänden auf der anderen Seite herrscht nun Uneinigkeit darüber, ob der Bund
finanzielle Mittel, die im Jahr 2012 geflossen sind, zurückfordern kann.
Die Länder und kommunalen Spitzenverbände sind der Auffassung, dass § 46
Absatz 7 SGB II seinem Wortlaut nach so zu verstehen ist, dass ein etwaiger
Ausgleich für nicht zweckgemäß ausgegebene Mittel erst ab dem Jahr 2013
erfolgen soll.
Der Bund ist hingegen der Ansicht, dass bereits ab dem Jahr 2012 eine so-
genannte Spitzabrechnung vorzunehmen ist, d. h., Mittel, die im Jahr 2012 nicht
zweckgemäß ausgegeben wurden, müssen an den Bund zurückgezahlt werden.
Von der Ermächtigung, gemäß § 46 Absatz 7 SGB II die Höhe der Bundes-
beteiligung an Leistungen nach § 28 SGB II und § 6b des Bundeskindergeld-
gesetzes durch Rechtsverordnung festzulegen, hat das Bundesministerium für
Arbeit und Soziales (BMAS) mit Verabschiedung der Bundesbeteiligungs-Fest-
legungsverordnung 2013 (BBFestV 2013) Gebrauch gemacht. Trotz des Wort-
lauts der BBFestV 2013, der sich an dem Wortlaut des § 46 Absatz 7 SGB II
orientiert, hält die Bundesregierung an ihrer bisherigen Auffassung fest und hat
diese u. a. in der Antwort auf eine Schriftliche Frage der Abgeordneten Katrin
Kunert (DIE LINKE.) wiederholt:
„Die Bundesregierung hat auch nach der Verkündung der Bundesbeteiligungs-
Festlegungsverordnung 2013 (BBFestV 2013) keinen Zweifel daran gelassen,
dass sie an ihrer Rechtsauffassung und der daraus abgeleiteten Forderung fest-
hält, dass die Mehr- oder Minderausgaben für Bildungs- und Teilhabeleistungen
nach § 28 SGB II und § 6b des Bundeskindergeldgesetzes des Jahres 2012 eben-
falls auszugleichen sind. Dies ist durch die rechtsbegründende Regelung des
§ 46 Absatz 7 Satz 3 SGB II vorgegeben und bedarf keiner gesonderten Fest-

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legung in der BBFestV 2013. Dass dieser Ausgleich ursprünglich in den vom
BMAS vorgelegten Verordnungstext aufgenommen wurde, sollte lediglich der
Klarheit für die länderspezifischen Ableitungen dienen. Die seinerzeit geplanten
Regelungen in § 1 Absatz 2 und § 2 BBFestV 2013 hatten bezüglich der grund-
sätzlichen Rechtsverpflichtung von Ländern und Bund, auf Basis des neuen
Wertes etwaige Differenzen im gesamten Zeitraum ab dem Jahr 2012 auszu-
gleichen, nur deklaratorischen bzw. nachrichtlichen Charakter.“ (vgl. Bundes-
tagsdrucksache 18/36, Schriftliche Frage 44).
Die Auffassung des Bundes hätte zur Folge, dass die Länder ggf. bereits ab-
gerufene Mittel zurückzahlen und die bereits verplanten Mittel für das Jahr 2014
ebenfalls absenken müssten. In § 46 Absatz 7 SGB II ist geregelt, dass „das
Bundesministerium für Arbeit und Soziales […] ermächtigt [wird], den Wert
nach Absatz 6 Satz 1 erstmalig im Jahr 2013 jährlich durch Rechtsverordnung
mit Zustimmung des Bundesrates für das Folgejahr festzulegen und für das
laufende Jahr rückwirkend anzupassen“. Nach § 46 Absatz 7 SGB II ist die
Höhe der Bundesbeteiligung jährlich für das Folgejahr festzulegen und für das
laufende Jahr rückwirkend anzupassen. Danach wäre das Folgejahr das Jahr
2014 und das laufende Jahr das Jahr 2013.
Die Länder sehen in der genannten Vorschrift keine vorgeschriebene zusätzliche
Absenkung der Bundesbeteiligung um die im Jahr 2012 durch Minderausgaben
eingetretenen Differenzen. Sie bereiten derzeit nach Angaben des Deutschen
Stätdetages unter der Federführung des Landes Nordrhein-Westfalen ein Klage-
verfahren vor.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Schritte hat die Bundesregierung seit Konfliktbeginn um die Ab-

senkung der Bundesbeteiligung für das Bildungs- und Teilhabepaket unter-
nommen, um den Konflikt im Zuge der Revisionspläne gemeinsam mit den
Ländern zu klären (bitte chronologisch aufführen)?

2. Hat die Bundesregierung bereits selbst eine juristische Prüfung, die die Aus-
legung des § 46 Absatz 6 SGB II klar definiert, in Auftrag gegeben?
Wenn ja, an wen, und mit welchem exakten Prüfauftrag?
Falls nein, warum nicht (bitte begründen)?

3. Zu welchem (Zwischen-)Ergebnis ist man gekommen, falls eine Prüfung in
Auftrag gegeben wurde und sofern bereits erste Rückmeldungen vorliegen?

4. Warum hat die Bundesregierung erst mit der Verkündung der Bundesbeteili-
gungs-Festlegungsverordnung 2013 (BBFestV 2013) ihre Auslegung der
Vorschrift erklärt, wenn doch das Bildungs- und Teilhabepaket bereits im
Jahr 2011 im Bundestag und Bundesrat beschlossen wurde?

5. Welche früheren Dokumente, die die Auslegung der Vorschrift seitens der
Bundesregierung belegen, gibt es (bitte einzeln mit Quellenangabe auf-
führen)?

6. Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte der Entzug der Ermächtigung zum
Mittelabruf im Rahmen des HKR-Verfahrens des Bundes, und gab es in der
Vergangenheit bereits Fälle, in denen der Bund davon Gebrauch gemacht hat
(wann, und in welchen Fällen)?

7. Nach welchem Verfahren soll die Spitzabrechnung in den Ländern erfolgen?

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8. Welche Auswirkungen ergeben sich aus Sicht der Bundesregierung für Leis-
tungen für Bildung und Teilhabe, sollte es zu Kürzungen oder Rückzahlun-
gen für die Jahre 2013 und 2014 durch Rückforderungen seitens des Bundes
aus dem Jahr 2012 geben?
Wie groß wäre das gesamte, infolge von Rückforderungen entstehende
Finanzvolumen, und wie verteilt sich dieses auf die einzelnen Bundesländer?

9. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Aufwendungen der
Länder für Bildungs- und Teilhabeleistungen nach § 28 SGB II und § 6b des
Bundeskindergeldgesetzes im Jahr 2013 entwickelt (bitte nach Bundes-
ländern aufschlüsseln)?

Berlin, den 7. Juli 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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