BT-Drucksache 18/1725

Bankenabgabe - Verfassungsmäßigkeit des Mindestbeitrags

Vom 6. Juni 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1725
18. Wahlperiode 06.06.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Axel Troost, Roland Claus, Klaus Ernst, Annette Groth,
Inge Höger, Andrej Hunko, Susanna Karawanskij, Thomas Nord, Richard Pitterle
und der Fraktion DIE LINKE.

Bankenabgabe – Verfassungsmäßigkeit des Mindestbeitrags

Das Aufkommen der Bankenabgabe ist bisher mit 600 Mio. Euro jährlich weit
hinter den ursprünglich erwarteten 1,3 Mrd. Euro zurückgeblieben. Das Ergeb-
nis ist deswegen so enttäuschend, weil ein Großteil der Abgabe zunächst gestun-
det wird und später verfällt. Die gestundeten Beträge belaufen sich mit ca.
1,3 Mrd. Euro pro Jahr bisher regelmäßig auf gut das Doppelte der tatsächlich
geleisteten Bankenabgabe. Bisher wurden pro Jahr weniger als 2 Prozent der ge-
stundeten Beiträge tatsächlich nacherhoben. Endgültig verfallen sind bisher Bei-
träge in Höhe von 1,3 Mrd. Euro (siehe dazu Bundestagsdrucksache 18/424).
Der wesentliche Grund hierfür ist die Zumutbarkeitsgrenze: Die Bankenabgabe
darf maximal 20 Prozent des Jahresgewinns betragen. Dieser Beschränkung
wird durch den Mindestbeitrag entgegengewirkt: Die Bankenabgabe muss min-
destens 5 Prozent des errechneten Jahresbeitrags betragen, auch wenn dies die
Zumutbarkeitsgrenze übersteigt. Banken, die für einige Zeit Verluste oder nur
geringe Gewinne erzielen, erhalten somit 95 Prozent der Abgabe erlassen.
Ein von der vorherigen Bundesregierung bestelltes Rechtsgutachten erhebt
ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Höhe des Mindestbeitrags („Rechtsgutach-
ten zur verfassungsrechtlichen Bewertung einer Bankenabgabe nach dem Regie-
rungsentwurf eines Restrukturierungsgesetzes“, Max-Planck-Institut für Geis-
tiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht, München, 12. Oktober 2010,
S. 96 ff.): Verlustreiche Institute, von denen eine besondere Bestands- und Sys-
temgefährdung ausgeht, leisteten durch den geringen Mindestbeitrag nur einen
symbolischen Beitrag zum Abwicklungsfonds, was im Widerspruch zur Grup-
penverantwortlichkeit stünde. Doch ein endgültiges Urteil könne erst anhand
tatsächlich geleisteter Beiträge getroffen werden.
Ein Blick auf die bisher gezahlten Einzelbeiträge scheint dieses Bild zu bestäti-
gen. Für eine Beurteilung sind jedoch weitere, möglichst veröffentlichbare Da-
ten notwendig.
Wegen der geringen Systemgefährdung leisten kleine Banken keine Beiträge zur
Bankenabgabe. Daher kann der Vergleich auf die Gruppe der systemrelevanten
(oder der potenziell systemgefährdenden) Banken beschränkt werden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele beitragspflichtige Banken haben in den vergangenen drei Jahren

aufgrund ihrer geringen Größe (Freibetrag von 300 Mio. Euro) keine Bei-
träge zum Restrukturierungsfonds geleistet (bitte in absoluten und relativen
Zahlen angeben)?

2. Wie viele Banken werden von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-
aufsicht (BaFin) derzeit als systemrelevant und wie viele als potentiell
systemgefährdend eingestuft?

Drucksache 18/1725 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Wie viele Banken, die nicht als potentiell systemgefährdend eingestuft wur-
den, haben in den vergangenen drei Jahren Beiträge zum Restrukturierungs-
fonds geleistet?

4. Wie hoch waren die Beiträge, die in den vergangenen drei Jahren von nicht
als potentiell systemgefährdend eingestuften Banken an den Restrukturie-
rungsfonds geleistet wurden?

5. Wie hoch waren die Beiträge, die in den vergangenen drei Jahren von poten-
tiell systemgefährdenden, aber nicht systemrelevanten Banken (Gruppe II)
an den Restrukturierungsfonds geleistet wurden?

6. Wie hoch waren die Beiträge, die in den vergangenen drei Jahren von
systemrelevanten Banken (Gruppe I) an den Restrukturierungsfonds geleis-
tet wurden?

7. Wie hoch wären in den letzten drei Jahren die Beiträge der systemrelevanten
Banken ohne Anwendung der Zumutbarkeitsgrenze und der Belastungs-
obergrenze ausgefallen?

8. Wie hoch wären in den letzten drei Jahren die Beiträge derjenigen system-
relevanten Banken, die nur den Mindestbeitrag geleistet haben, ohne Anwen-
dung der Zumutbarkeitsgrenze und der Belastungsobergrenze ausgefallen?

9. Welche der systemrelevanten Banken haben in den vergangenen drei Jahren
lediglich den Mindestbeitrag geleistet (bitte danach aufschlüsseln, ob sie in
einem, in zweien oder in allen drei Jahren nur den Mindestbeitrag geleistet
haben)?

10. Wie viele der systemrelevanten Banken haben in den vergangenen drei
Jahren lediglich den Mindestbeitrag geleistet (bitte in relativen und abso-
luten Zahlen und danach aufschlüsseln, ob sie in einem, in zweien oder in
allen drei Jahren nur den Mindestbeitrag geleistet haben)?

11. Wie hoch waren in den vergangenen drei Jahren jeweils die Beiträge der
Banken, die als systemrelevant eingestuft sind und lediglich den Mindest-
beitrag geleistet haben (absolut und relativ zur von den systemrelevanten
Banken geleisteten Bankenabgabe)?

12. Wie hoch waren in den vergangenen drei Jahren insgesamt die Beiträge der
Banken, die als systemrelevant eingestuft sind und in zwei der drei Jahre
lediglich den Mindestbeitrag geleistet haben (absolut und relativ zur von
den systemrelevanten Banken geleisteten Bankenabgabe)?

13. Wie hoch waren in den vergangenen drei Jahren insgesamt die Beiträge der
Banken, die als systemrelevant eingestuft sind und in allen drei Jahren
lediglich den Mindestbeitrag geleistet haben (absolut und relativ zur von
den systemrelevanten Banken geleisteten Bankenabgabe)?

14. Ändern sich die Relationen aus den Antworten zu den Fragen 7 bis 13, wenn
statt der Gruppe der systemrelevanten Banken die Gruppe der potentiell
systemgefährdenden Banken betrachtet wird (wenn ja, bitte mit Angabe der
Daten)?

15. Gab es bisher Klagen gegen die Bankenabgabe, und wenn ja, mit welcher
Begründung, und mit welchem Verfahrenstand?

16. Hält die Bundesregierung den Mindestbeitrag angesichts der bisher erho-
benen Beiträge noch für verfassungsgemäß?

Berlin, den 6. Juni 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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