BT-Drucksache 18/12471

Nutzung Freier Software in Bundesbehörden

Vom 17. Mai 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12471
18. Wahlperiode 17.05.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Renate Künast, Tabea Rößner,
Dieter Janecek, Luise Amtsberg, Katja Dörner, Kai Gehring, Katja Keul,
Monika Lazar, Irene Mihalic, Özcan Mutlu, Hans-Christian Ströbele und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Nutzung Freier Software in Bundesbehörden

Die digitale Modernisierung des Staates und der öffentlichen Verwaltung ist eine
der zentralen politischen Aufgaben für die digitale Gesellschaft. Seit langem be-
steht weitgehend Einigkeit über die Vorzüge von freier Software und auch Open
Source für eine innovative Gesellschaft und Wirtschaft. Freie Software kann po-
tentiell für jeden Zweck verwendet, studiert, bearbeitet und in ursprünglicher oder
veränderter Form fortentwickelt und weiterverbreitet werden.
Der Einsatz von freier Software und freien Formaten bietet zahlreiche Vorteile
für Behörden und andere Institutionen – dazu gehört unter anderem die Möglich-
keit, Produkte herstellerunabhängig weiterzuentwickeln und anzupassen. Darüber
hinaus werden freier Software sicherheitstechnische Vorteile gegenüber proprie-
tärer Software zugeschrieben. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informations-
technik (BSI) weist darauf hin, dass die Vielfalt von Software zentrales politi-
sches Ziel sein muss und es von großer Bedeutung ist, Monokulturen zu ver-
meiden, „weil diese leichter angreifbar und daher sicherheitstechnisch bedenk-
lich“ seien (www.bsi.bund.de/DE/Themen/DigitaleGesellschaft/FreieSoftware/
freiesoftware_node.html). Weiter sieht das BSI „bedeutende strategische Vor-
teile“ durch den Einsatz freier Software im Prozess der Sicherung von IT-Syste-
men (ebd.). Zudem spricht die Vermeidung von Hersteller- und Technologieab-
hängigkeiten aus strategischer wie auch haushälterischer Sicht für die Nutzung
freier Software insbesondere vor dem Hintergrund der Kosten-, Support- und
Wettbewerbsproblematik proprietärer Angebote sowie der oligopolen Tendenzen
digitaler Plattformökonomien.
Aus Sicht der Fragesteller ist weniger ein Erkenntnis- als ein Handlungsdefizit
der Bundesregierung zu konstatieren. Die Enquete-Kommission „Internet und di-
gitale Gesellschaft“ forderte bereits in der vergangenen Wahlperiode interfrakti-
onell die Bundesregierung auf, „zu prüfen, inwiefern zukünftig die Förderung of-
fener Standards durch entsprechendes staatliches Handeln gewährleistet werden
kann“ (Bundestagsdrucksache 17/12495, S. 49). Auch im Koalitionsvertrag der
CDU, CSU und SPD wird versprochen, dass der „Bund im Software-Bereich ge-
rade auch die Entwicklung von offenen Plattformen und Open-Source-Lösungen
[fördert]“ (S. 15), und hinsichtlich der IT-Sicherheitsforschung festgehalten: Bei
„der Ausschreibung werden Open-Source-Ansätze priorisiert, die ihre Ergebnisse
und die entwickelten Systeme offen zur Verfügung stellen“ (S. 26). Auch bei der
schleppenden und des Öfteren durch erhebliche Fehlplanungen und Kostenstei-
gerungen gekennzeichneten Gestaltung von E-Government sollten Technologien
so geplant werden, „dass keine Abhängigkeiten zu intransparenten Protokollen,

Drucksache 18/12471 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Software, Hardware oder Herstellern entstehen“ (S. 106). Schließlich wurde in
der „Digitalen Agenda“ angekündigt: „Bei Beschaffungen der Bundesverwaltung
bauen wir praktische Hemmnisse für Open Source Software (OSS) mit dem Ziel
der Chancengleichheit weiter ab“ (S. 20). Bezeichnenderweise finden sich im Le-
gislaturbericht Digitale Agenda 2014–2017 keine Hinweise auf eine Förderung
von freier Software durch den Bund.
Bereits in den Jahren 2011 („Sachstand zur Nutzung von „freier Software“ im
Auswärtigen Amt und weiteren Bundesbehörden“, Bundestagsdrucksa-
che 17/4567) und 2015 („Freie Software im Auswärtigen Amt“, Bundestags-
drucksache 18/4127) hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Bundes-
regierung nach dem Einsatz von freier Software befragt.
Bisher vorliegende Zahlen zur Förderung freier Software durch Bundesbehörden
deuten darauf hin, dass es einer größeren Unterstützung und eines verstärkten
Einsatzes freier Software in Bundesbehörden bedarf und dass die Bundesregie-
rung als großer Auftraggeber ihrer selbst gegebenen Aufgabe noch nachkommen
muss.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. In welchen Bundesministerien oder weiteren Bundesbehörden wird freie

Software unter welcher Lizenz aktuell genutzt (bitte aufschlüsseln)?
2. Welche IT-Ausgaben sind in den Jahren 2013 bis 2017 in den Bundesmini-

sterien und weiteren Bundesbehörden angefallen, und welche Kosteneinspa-
rungen wurden in den Behörden des Bundes realisiert, die statt proprietärer
Software freie Software nutzen (Vergleich Ist-Ausgaben mit den angenom-
menen Ausgaben bei Nutzung proprietärer Software)?

3. Plant die Bundesregierung, freie Software künftig auch in weiteren Behörden
der Bundesverwaltung einzusetzen, und wenn ja, welche Vorhaben, in wel-
chen Stellen, mit welchem Zeithorizont?

4. Welche Auffassung vertritt und welche konkreten Anstrengungen unter-
nimmt die Bundesregierung hinsichtlich einer möglichen Standardisierung
der Nutzung von freier Software in allen Bundesbehörden und der Vereinfa-
chung bei der Beschaffung von freier Software?

5. Welche Auffassung vertritt und welche konkreten Anstrengungen unter-
nimmt die Bundesregierung hinsichtlich freier Lizenzen für das Endprodukt
als verbindliches Kriterium für die Auftragsvergabe an Dienstleister bei Aus-
schreibungen von Bundesbehörden?

6. Welche Ergebnisse der gemäß Förderrichtlinie des Bundesministeriums für
Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Richtlinie „Software
Sprint“ geförderten Open-Source-Projekte liegen der Bundesregierung vor?

7. Wie hoch ist die Zahl der Ausschreibungen für die Entwicklung von Soft-
ware durch öffentliche Einrichtungen oder öffentlich-private Partnerschaften
im Bund seit dem Jahr 2013, einbezogen laufende Entwicklungen (bitte in
tabellarischer Form angeben: Projektname, Name der Software, Zeitpunkt
des Auftragsvergabe, Zeitpunkt der Fertigstellung, bis wann in Nutzung,
wenn nicht in Nutzung bitte Begründung, veranschlagte Kosten in der Aus-
schreibung, tatsächliche Kosten, Anzahl der Installationen, laufende jährli-
che Kosten für den Support aufgeschlüsselt nach Jahren seit Fertigstellung,
Auftraggeber, Auftragnehmer, ggf. Name der Partner, Verwendungszweck,
Lizenzangabe der Software)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12471
8. Wie hoch ist die Zahl der Ausschreibungen für die Anpassung von eigens
erstellter Software durch öffentliche Einrichtungen oder öffentlich-private
Partnerschaften im Bund seit dem Jahr 2013, einbezogen laufende Entwick-
lungen (bitte in tabellarischer Form angeben: Projektname, Name der Soft-
ware, Zeitpunkt des Auftragsvergabe, Zeitpunkt der Fertigstellung, bis wann
in Nutzung, wenn nicht in Nutzung bitte Begründung, veranschlagte Kosten
in der Ausschreibung, tatsächliche Kosten, Anzahl der Installationen, lau-
fende jährliche Kosten für den Support aufgeschlüsselt nach Jahren seit Fer-
tigstellung, Auftraggeber, Auftragnehmer, ggf. Name der Partner, Verwen-
dungszweck, Lizenzangabe der Software)?

9. a) Bei welchen Softwareentwicklungen bzw. Softwareanpassungen war eine
Bereitstellung unter einer freien Lizenz Teil der Ausschreibungsanforde-
rungen?

b) Wenn keine diesbezügliche Ausschreibungsanforderung vorlag, warum
nicht?

10. Wie hoch ist die Zahl der Software-Eigenentwicklungen durch öffentliche
Einrichtungen oder Dienstleister, die im Auftrag dieser handeln, seit dem
Jahr 2013 einschließlich gemeinsamer Projekte und Kooperationsbeteiligun-
gen, die nicht über Ausschreibungen vergeben wurden, einbezogen laufende
Entwicklungen (bitte jeweils in tabellarischer Form angeben: Projektname,
Name der Software, Zeitpunkt des Auftragsvergabe, Zeitpunkt der Fertig-
stellung, bis wann in Nutzung, wenn nicht in Nutzung bitte Begründung, ver-
anschlagte Kosten zu Projektbeginn, tatsächliche Kosten, Anzahl der Instal-
lationen, laufende jährliche Kosten für den Support aufgeschlüsselt nach Jah-
ren seit Fertigstellung, Auftraggeber, Auftragnehmer, ggf. Name der Partner,
Verwendungszweck, Lizenzangabe der Software)?
a) Warum wurden keine Ausschreibungen sondern Software-Eigenentwick-

lungen vorgenommen?
b) Wenn keine freie Lizenzen für die Software-Eigenentwicklungen genutzt

wurden, warum nicht?
11. Welche Software wurde durch öffentliche Stellen auf Auftragsbasis oder in

Eigenregie entwickelt und durch öffentliche Stellen seit dem Jahr 2013 ein-
gesetzt (bitte in tabellarischer Form nach Name der Software, Lizenz, Ver-
antwortlicher für die Entwicklung, Einsatz, Kosten durch Nutzung, Nut-
zungszeitraum aufschlüsseln)?
a) Welche Software wird unter freier Lizenz von der öffentlichen Verwal-

tung genutzt (bitte in tabellarischer Form Anzahl der Geräte der öffentli-
chen Verwaltung aufschlüsseln, auf der folgende Software jeweils läuft:
Firefox, Thunderbird, Linux-Desktop Betriebssysteme (auch Ubuntu),
GnuPG, Gimp, LibreOffice und OpenOffice)?

b) Wie viele Rechner innerhalb der öffentlichen Verwaltung verfügen über
die notwendige Software zur verschlüsselten Kommunikation per E-Mail
(bitte in tabellarischer Form angeben)?

c) Welche verfügbaren öffentlichen Schlüssel für die sichere verschlüsselte
Kommunikation von Bürgerinnen und Bürgern mit Behörden gibt es
(bitte in tabellarischer Form angeben)?

Berlin, den 16. Mai 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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