BT-Drucksache 18/12164

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/11408, 18/12158 - Entwurf eines Gesetzes zum weiteren quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung

Vom 26. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12164

18. Wahlperiode 26.04.2017

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Norbert Müller (Potsdam), Sigrid Hupach, Sabine Zimmermann
(Zwickau), Matthias W. Birkwald, Nicole Gohlke, Dr. Rosemarie Hein, Katja Kipping,
Cornelia Möhring, Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte, Azize Tank, Kathrin
Vogler, Harald Weinberg, Katrin Werner, Birgit Wöllert, Jörn Wunderlich, Pia
Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung

– Drucksachen 18/11408, 18/12158 –

Entwurf eines Gesetzes zum weiteren quantitativen und qualitativen

Ausbau der Kindertagesbetreuung

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Ausbau der Kindertagesbetreuung bleibt weit hinter den Bedarfen zurück. Per-
spektivisch fehlen bis zu 350.000 Plätze in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung.
Im Jahr 2016 waren erstmals die Betreuungsquoten für Kinder unter drei Jahren rück-
läufig. Diese Entwicklung darf sich nicht verfestigen. Aber auch im Bereich der Be-
treuungsqualität besteht großer Handlungsbedarf. All dies wurde zuletzt bei einer An-
hörung im Familienausschuss des Deutschen Bundestages am 27. März 2017 anläss-
lich der Beratungen des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum weiteren quantita-
tiven und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung deutlich.

Die Aufstockung des Sondervermögens um 1,126 Mrd. Euro für die Jahre 2017-2020
für die angestrebten zusätzlichen 100.000 Betreuungsplätze und die Erweiterung des
Sondervermögens zum Ausbau von Betreuungsplätzen für Kinder ab drei Jahren durch
den vorliegenden Gesetzentwurf sind Schritte in die richtige Richtung. Sie reichen aber
nicht aus, um die quantitativen und qualitativen Defizite im Bereich der Kindertages-
betreuung deutlich zu reduzieren.

Entgegen dem Titel des Gesetzentwurfs sollen lediglich das Bereitstellen oder das
Ausstatten zusätzlicher Betreuungsplätze gefördert werden. Der qualitative Ausbau
der Kindertagesbetreuung ist nicht Regelungsgegenstand, obwohl der Bedarf daran
enorm ist. Dies betrifft Fragen der Fachkraft-Kind-Relation, der Essensversorgung, der
Öffnungszeiten oder der massiv unterschiedlichen Elternbeiträge.

Ein weiteres nicht beachtetes Handlungsfeld umfasst die Personalsituation: Personal-
mangel, hohe Krankenstände, wachsender Altersdurchschnitt, verbesserungswürdige

Drucksache 18/12164 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Arbeitsbedingungen und unzureichendes Entgelt. Eine Aufwertung des Berufsfeldes
ist dringend geboten. Für die Ausbildung dringend benötigter neuer Fachkräfte müssen
Lösungen abseits von Schmalspurausbildungen wie z. B. zum/-r Hilfserzieher/-in ge-
funden werden. Dazu braucht es Unterstützung durch die Bundesagentur für Arbeit.

Damit der Ausbau der Kindertagesbetreuung vorangeht, muss mehr geschehen. Der
Bund muss sich noch stärker am Ausbau der Kindertagesbetreuung beteiligenn um die
quantitativen Defizite zu reduzieren sowie die Qualität der Kindertagesbetreuung zu
verbessern. Dazu bedarf es eines Kitaqualitätsgesetzes und einer stärkeren Beteiligung
des Bundes an den laufenden Kosten des Betriebes.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. ein Kitaqualitätsgesetz vorzulegen, das Mindestqualitätsstandards für öffentliche
Kindertagesbetreuung definiert und darüber hinaus sicherstellt, dass bestehende
Qualität nicht abgesenkt wird. Ebenso ist ein Gestaltungsspielraum für die öffent-
lichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe zu sichern, der den regionalen Beson-
derheiten und Anforderungen Rechnung trägt. Der Geltungsbereich des Gesetzes
soll Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege umfassen und die jeweili-
gen Besonderheiten der Frühförderungseinrichtungen berücksichtigen. Dabei
sind insbesondere für folgende Bereiche Qualitätskriterien zu entwickeln und
festzuschreiben:

– Fachkraft-Kind-Relation
– Kompetenzprofile, Ausbildung, Qualifizierung und Weiterbildung der Fach-

kräfte
– Zeit für Führungsaufgaben, Zeit für Vor- und Nachbereitung der Betreu-

ungsleistung
– Wohnort- bzw. sozialraumnahe sowie inklusive Betreuung und Förderung
– Raumgrößen, Ausstattung und Freiflächen
– Anspruch auf Ganztagesbetreuung und Förderung unabhängig von der Situ-

ation der Eltern
– Qualität der Essensversorgung
– Attraktivität des Berufsfeldes, Arbeitsbedingungen und Prävention;

2. das Berufsfeld der Erzieher/-innen aufzuwerten, sich für eine bessere Bezahlung
der Fachkräfte einzusetzen und Schmalspurausbildungen abzuschaffen;

3. eine Neuregelung der Lastenverteilung bezüglich der Kinderbetreuungskosten
zwischen dem Bund auf der einen Seite und den Ländern auf der anderen Seite
voranzutreiben, die eine stärkere Beteiligung des Bundes an den Kosten der Kin-
derbetreuung und eine indirekte Entlastung der Kommunen zur Folge hat, die bei
der bisherigen Regelung ungleich stark für die laufenden Kosten aufkommen
mussten. Im Rahmen dieser Neuregelung sind die Elternbeiträge für die Kinder-
betreuung abzuschaffen und eine hochwertige gebührenfreie Essensversorgung
einzurichten;

4. für den Übergangszeitraum bis zu einer Neuregelung der Finanzierung ist das
Sondervermögen zum Ausbau der Kinderbetreuung durch den Bund jährlich um
eine Milliarde Euro aufzustocken;

5. den Beruf der Erzieherin/des Erziehers zu einem Mangelberuf zu erklären und
somit die Ausbildung durch die Bundesagentur für Arbeit zu stärken.

Berlin, den 25. April 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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