BT-Drucksache 18/12138

zu der Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin zum Sondertreffen des Europäischen Rates zu 27. am 29. April 2017 in Brüssel

Vom 26. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12138

18. Wahlperiode 26.04.2017

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Britta Haßelmann,
Annalena Baerbock, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Dr. Franziska Brantner,
Marieluise Beck (Bremen), Agnieszka Brugger, Uwe Kekeritz, Tom Koenigs,
Dr. Tobias Lindner, Omid Nouripour, Cem Özdemir, Claudia Roth (Augsburg),
Jürgen Trittin, Doris Wagner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin

zum Sondertreffen des Europäischen Rates zu 27 am 29. April 2017 in Brüssel

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Regierung des Vereinigten Königreichs hat am 29. März 2017 offiziell ihr Aus-
trittsgesuch aus der Europäischen Union (EU) gemäß Art. 50 des Vertrages über die
Europäische Union (EUV) in Brüssel eingereicht. Das Datum markiert einen histori-
schen Einschnitt in der Integrationsgeschichte der EU und setzt einen komplexen und
dicht getakteten Verhandlungsprozess von mindestens zwei Jahren in Gang. Die an-
stehenden Verhandlungen werden keine Rücksicht auf nationale Terminkalender neh-
men – weder auf Parlamentsferien, noch auf Parlamentswahlen. Dem Ausschuss für
die Angelegenheiten der Europäischen Union wurde diesbezüglich die Federführung
unter den Bundestags-Ausschüssen übertragen.

Die Bundesregierung ist verpflichtet, dem Bundestag auf Grundlage von Art. 23 GG
i. V. m. dem Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem
Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG) eine informierte
Mitwirkung zu ermöglichen. Sie hat den Bundestag umfassend, frühestmöglich und
fortlaufend über den Verhandlungsprozess zu informieren.

Der Bundestag verweist grundsätzlich auf den Antrag „Änderung der Geschäftsord-
nung des Deutschen Bundestages – hier: Ausschussöffentlichkeit“ (Drs. Nr. 18/3045).
Der Bundestag ist zu Transparenz verpflichtet, muss öffentlich verhandeln (Artikel 42
Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz (GG)). Ohne Öffentlichkeit ist Demokratie undenkbar,
betont das Bundesverfassungsgericht immer wieder (bspw. BVerfG, Urteil vom 10
Juni 2014, Az. 2 BvE 2/09, 2/10). Das gilt auch und insbesondere hinsichtlich seiner
Beteiligung im Rahmen seiner Mitwirkungsrechte und -pflichten beim Austrittspro-
zess des Vereinigten Königreichs aus der EU.

Drucksache 18/12138 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

II. Der Deutsche Bundestag stellt im besonderen Fall des Austritts-Prozesses des
Vereinigten Königreichs aus der EU eine transparente Beteiligung im Rahmen
seiner Mitwirkungsrechte und -pflichten sicher und stellt diesbezüglich die Öf-
fentlichkeit im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union her.

Berlin, den 25. April 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Begründung

Die Beratungen der Ausschüsse des Bundestages sind nach der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
(GO-BT) bisher grundsätzlich nicht öffentlich, § 69 Absatz 1 Satz 1 GO-BT. Von der seit 1969 geltenden Mög-
lichkeit, Ausschusssitzungen im Einzelfall öffentlich durchzuführen (vgl. § 69 Absatz 1 Satz 2 GO-BT), wird
nur selten Gebrauch gemacht. Dies kann aus Gründen der Nachvollziehbarkeit des gesamten demokratischen
Prozesses nicht hingenommen werden. „Öffentliches Verhandeln von Argument und Gegenargument, öffentli-
che Debatte und öffentliche Diskussion sind wesentliche Elemente der parlamentarischen Demokratie. Das im
parlamentarischen Verfahren gewährleistete Maß an Öffentlichkeit der Auseinandersetzung und Entscheidungs-
suche eröffnet Möglichkeiten eines Ausgleichs widerstreitender Interessen und verbindet das rechtstechnische
Gesetzgebungsverfahren mit einer substantiellen, auf die Kraft des Arguments gegründeten Willensbildung, die
es den Abgeordneten ermöglicht, die Verantwortung für ihre Entscheidung zu übernehmen“ (BVerfG, Urteil vom
10 Juni 2014, Az. 2 BvE 2/09, 2/10). Das bisher in der Geschäftsordnung zum Tragen kommende Regel-Aus-
nahme-Verhältnis des Zugangs zu den Ausschusssitzungen ist umzukehren, um dem demokratischen Öffentlich-
keitsprinzip hinreichend Geltung zu verschaffen.

Der Bundestag hat hinsichtlich der Begleitung des Austrittsprozesses des Vereinigten Königreichs aus der Euro-
päischen Union (Brexit) in seinen Ausschüssen dem Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
(EU-Ausschuss) die Federführung zugewiesen. Damit trägt der EU-Ausschuss eine besondere Verantwortung
für den gesamten Bundestag. Dies gilt insbesondere in Zeiten ohne regulär vereinbarte Plenarsitzungen ab Juli
2017, aber auch in der Zeit zwischen den Wahlen zum 19. Bundestag und dessen Neu-Konstituierung (Interreg-
num). In dieser Zeit sind wichtige Zwischenergebnisse der fortlaufenden Verhandlungen in Brüssel zu erwarten,
die Anlass zu Positionierung des Bundestages bieten könnten.

Aus diesem Grund haben sich die Fraktionen im EU-Ausschuss darauf verständigt, in dieser Phase regelmäßig
gemeinsam von ihrem Recht auf die Beantragung von Ausschuss-Sondersitzungen Gebrauch zu machen. Son-
dersitzungen des Plenums bleiben davon unberührt. Wenngleich der EU-Ausschuss hier nicht plenarersetzend
im Sinne von Art. 45 S. 2 GG agiert, so kommt ihm dennoch bei der Begleitung des „Präzedenzfalls Brexit“
zumal in dieser besonderen Zwischen-Phase eine wichtige Funktion als Sprachrohr des Deutschen Bundestages
nach außen zu.

Auf Initiative der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde im EU-Ausschuss die Frage „Ausschussöffent-
lichkeit“ gemäß § 69 Abs. 1 S. 2 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages für den bestimmten Ver-
handlungsgegenstand „Brexit“ diskutiert. Ein entsprechender Antrag wurde mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD abgelehnt.

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