BT-Drucksache 18/11716

Rückführungen und Abschiebungen von unbegleiteten Minderjährigen

Vom 17. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11716
18. Wahlperiode 17.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Luise Amtsberg, Beate Walter-Rosenheimer,
Volker Beck (Köln), Uwe Kekeritz, Dr. Franziska Brantner, Annalena Baerbock,
Kai Gehring, Katja Keul, Maria Klein-Schmeink, Monika Lazar,
Dr. Tobias Lindner, Peter Meiwald, Dr. Konstantin von Notz, Tabea Rößner,
Claudia Roth, Elisabeth Scharfenberg, Ulle Schauws und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Rückführungen und Abschiebungen von unbegleiteten Minderjährigen

Die Rückführung von unbegleiteten Minderjährigen ist rechtlich durch hohe Hür-
den stark begrenzt. Die Umsetzung des Artikels 10 Absatz 2 der EU-Rückfüh-
rungsrichtlinie in § 58 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) sieht vor,
dass vor „der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers […]
sich die Behörde zu vergewissern [hat], dass dieser im Rückkehrstaat einem Mit-
glied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer ge-
eigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird“. Bislang sind entsprechende Ini-
tiativen auch von anderen europäischen Staaten in den meisten Fällen gescheitert,
da es insbesondere keine geeigneten Einrichtungen gibt, in die die Jugendlichen
zurückgeführt werden können. Zudem kommt hinzu, dass bei einer Rückführung
stets das Kindeswohl vorrangig zu berücksichtigen ist.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele unbegleitete Minderjährige wurden im Jahr 2016 und im Jahr 2017

aus Deutschland abgeschoben (bitte nach Herkunftsländern aufschlüsseln)?
2. Wie viele unbegleitete Minderjährige sind im Jahr 2016 und im Jahr 2017 im

Rahmen einer freiwilligen Ausreise aus Deutschland ausgereist (bitte nach
Herkunftsländer aufschlüsseln)?

3. Wie viele unbegleitete Minderjährige sind nach Kenntnis der Bundesregie-
rung gegenwärtig vollziehbar ausreisepflichtig (bitte nach Herkunftsländer
und Altersgruppe aufschlüsseln)?

4. a) Was sind die Gründe für die Bundesregierung ein Projekt zur Rückführung
von unbegleiteten Minderjährigen (siehe Antwort der Bundesregierung
auf die Schriftliche Frage 20 der Abgeordneten Luise Amtsberg auf Bun-
destagsdrucksache 18/11470) zu initiieren?
Auf welche Zahlen, Daten und Analysen stützt sich ein entsprechendes
Projekt?

b) Wie wurden die beteiligten Projektpartner ausgewählt?
5. Welche Nichtregierungsorganisationen (NGOs) aus Deutschland und Ma-

rokko sollen sich an dem Projekt beteiligen bzw. sind in die Planungen ein-
gebunden?

Drucksache 18/11716 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
6. Welche sollen die leitenden Kriterien für die Projektarbeit sein (bitte genau
auflisten)?
Welche Kriterien hinsichtlich Ausstattung und Personal müssen die soge-
nannten geeigneten Aufnahmeeinrichtungen im Zielland erfüllen, um dem
Kindeswohl zu entsprechen?

7. Für wie viele Jugendliche ist das Projekt ausgelegt, wie viele Jugendliche
könnten pro Jahr nach Marokko ausreisen bzw. abgeschoben werden?

8. Aus welchen Finanztiteln im Haushalt werden die Maßnahmen finanziert?
9. Welche Organisationen sind in Marokko nach Kenntnis der Bundesregierung

für die Wahrung des Kindeswohls zuständig?
a) Inwieweit sind diese in die Projektplanung einbezogen?
b) Wie wird die Qualität der Arbeit dieser Organisationen sichergestellt?

10. Wie ist die Rückführung von jugendlichen Straftätern mit dem Erziehungs-
gedanken des Jugendstrafrechts vereinbar?

11. Wer im System der Jugendhilfe ist konkret für die Bewertung des Kindes-
wohls bei einer Rückkehr zuständig?

12. Wird das Jugendgericht, welches bspw. nach §§ 94 ff. des Jugendgerichtsge-
setzes (JGG) den Strafmakel nach Haftverbüßung beseitigen kann, bei der
Entscheidung beteiligt?

13. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus dem Scheitern der European
Return Platform for Unaccompanied Minors (ERPUM) (ausführlich hierzu:
www.rsc.ox.ac.uk/files/publications/working-paper-series/wp-108-erpum-
pilot.pdf/)?

14. Welche Pläne hat die Bundesregierung in anderen Ländern hinsichtlich ähn-
licher Programme wie das in Marokko geplante Projekt (siehe Antwort der
Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 20 der Abgeordneten Luise
Amtsberg auf Bundestagsdrucksache 18/11470)?

15. Nach welchen Kriterien werden weitere Länder ausgesucht (bitte begrün-
den)?

16. Inwiefern fügen sich Projekte, wie das von der Bundesregierung skizzierte
(siehe Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 20 der Abge-
ordneten Luise Amtsberg auf Bundestagsdrucksache 18/11470), in die ent-
wicklungspolitische Gesamtstrategie des Bundesministeriums für wirtschaft-
liche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) für Marokko?

17. Inwiefern führt die Zusammenarbeit mit Marokko im Bereich Migration nun
dazu, dass in mehr als drei Sektoren entwicklungspolitisch kooperiert wird,
was eigentlich der vereinbarten Geberharmonisierung des Development As-
sistance Committee (DAC) der Organisation für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung (OECD) entgegensteht, und wird die Bundesregie-
rung daher dann andere Schwerpunkte einstellen?
Falls nein, warum nicht, und wie ist dies mit der Regelung der drei Schwer-
punkte der Entwicklungszusammenarbeit vereinbar?

18. Inwiefern beabsichtigt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach
Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen der skizzierten Projektidee mit
dem BMZ zu kooperieren?

19. Entsprechen die Maßnahmen den OECD DAC-Kriterien für Maßnahmen aus
der Official Development Assistance (ODA), und werden dementsprechend
voraussichtlich ganz oder teilweise auf die ODA-Quote angerechnet?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11716

20. Inwiefern ist bei der Projektidee nach Kenntnis der Bundesregierung sicher-

gestellt, dass die DAC-Kriterien Relevanz, Effektivität, Effizienz, entwick-
lungspolitische Wirkungen und Nachhaltigkeit berücksichtigt werden?

21. Inwiefern ist bei der Projektidee nach Kenntnis der Bundesregierung sicher-
gestellt, dass die Kriterien Kohärenz, Komplementarität und Koordination
mit anderen Vorhaben der deutschen bilateralen und multilateralen Koope-
ration berücksichtigt werden?

22. Inwiefern soll der Anspruch der lokalen Eigenverantwortung bei der Projekt-
idee nach Kenntnis der Bundesregierung sichergestellt werden?

23. Inwiefern wird bei der Projektidee das sogenannte Do No Harm-Prinzip nach
Kenntnis der Bundesregierung berücksichtigt?

Berlin, den 17. März 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Faktion

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