BT-Drucksache 18/11609

Verhandlungen über einen Atomwaffenverbotsvertrag aktiv unterstützen

Vom 22. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11609
18. Wahlperiode 22.03.2017
Antrag
der Abgeordneten Inge Höger, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken,
Christine Buchholz, Sevim Dağdelen, Dr. Diether Dehm, Annette
Groth, Heike Hänsel, Andrej Hunko, Stefan Liebich, Niema Movassat,
Dr. Alexander S. Neu, Dr. Petra Sitte, Alexander Ulrich und der Fraktion
DIE LINKE.
sowie der Abgeordneten Agnieszka Brugger, Jürgen Trittin, Katja Keul,
Dr. Tobias Lindner, Doris Wagner, Annalena Baerbock, Dr. Franziska
Brantner, Uwe Kekeritz, Tom Koenigs, Cem Özdemir, Claudia Roth
(Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Matthias Gastel,
Britta Haßelmann, Sylvia Kotting-Uhl, Steffi Lemke, Christian Kühn
(Tübingen), Peter Meiwald, Markus Tressel, Dr. Julia Verlinden und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verhandlungen über einen Atomwaffenverbotsvertrag aktiv unterstützen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

2015 scheiterte zum zweiten Mal eine Überprüfungskonferenz des Vertrags über die
Nichtverbreitung von Kernwaffen. Seit dessen Existenz haben die offiziellen Atom-
mächte zwar ihre Arsenale im Vergleich zum Höchststand aus dem Kalten Krieg re-
duziert, es gibt weltweit aber immer noch mehr als 15.000 Atomwaffen. 90 Prozent
davon befinden sich im Besitz von Russland und den USA. Statt diese verbliebenen
Arsenale weiter zu reduzieren, werden sie aktuell weltweit modernisiert. Davon sind
auch die in Deutschland auf dem Fliegerhorst Büchel gelagerten US-amerikanischen
Atomwaffen betroffen. Die Bundesregierung unterstützt im Rahmen der nuklearen
Teilhabe in der NATO diese Modernisierung durch eine Anpassung von Trägermitteln
und die Bereitstellung von Soldatinnen und Soldaten für den Einsatz der Atomwaffen.
Damit hat sie sich vom Ziel, diese Waffen abziehen zu lassen, verabschiedet. Die Bun-
desregierung plant sogar Steuergelder für die Modernisierung von Tornados der Bun-
deswehr und der entsprechenden Infrastruktur bereitzustellen.
Außenpolitisch bekennt sich Deutschland zu einer Welt ohne Atomwaffen. Verschie-
dene internationale Initiativen haben versucht, diesem Ziel endlich näherzukommen.
Seit einigen Jahren macht die „Humanitäre Initiative“ auf die verheerenden humanitä-
ren Folgen einer Atomwaffendetonation aufmerksam.
Die Resolution 258 der UN-Generalversammlung, die im Dezember 2016 verabschie-
det wurde, betont dabei zurecht, dass es in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht

Drucksache 18/11609 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
gelungen ist, weitere multilaterale Verhandlungen über nukleare Abrüstung konkret
voranzubringen. Nicht nur die große Mehrheit von über hundert Staaten, die der Re-
solution zugestimmt hat, verdeutlicht, dass es ungeachtet der Tatsache, dass der Ver-
trag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen der Kern des internationalen Nichtver-
breitungs- und Abrüstungsregimes ist, weitere Anstrengungen für engagierte Abrüs-
tung und ein verbindliches Verbot von Nuklearwaffen braucht. Deshalb wurde mit der
Resolution die Einrichtung einer Konferenz beschlossen, die 2017 über ein rechtlich
verbindliches Instrument verhandeln soll. Das Ziel ist die perspektivische Aushand-
lung eines völkerrechtlichen Vertrages, der Atomwaffen ächtet und ihren Besitz und
Einsatz verbietet – ähnlich wie bei den bereits geächteten chemischen und biologi-
schen Massenvernichtungswaffen. Die überwältigend große Mehrheit der Staaten hat
damit ein deutliches Zeichen für Fortschritte auf dem Weg zu einer nuklearwaffen-
freien Welt gesetzt. Deutschland allerdings stimmte leider mit den Atommächten
Frankreich, Großbritannien, Russland und den USA gegen die Resolution. Nun wurde
bekannt, dass die Bundesregierung nicht an diesen internationalen Verhandlungen
über eine Ächtung und ein Verbot von Atomwaffen teilnehmen will. Mit ihrer ableh-
nenden Haltung sendet die Bundesregierung ein falsches Signal, schadet massiv der
abrüstungspolitischen Glaubwürdigkeit Deutschlands und schwächt zudem die Ver-
einten Nationen. Gerade jetzt wäre jedoch ein konsequentes Engagement für eine
atomwaffenfreie Welt unerlässlich. Dazu gehört auch, dass die Bundesregierung eine
unmissverständliche und klare Absage an deutsche oder europäische Nuklearwaffen-
kapazitäten erteilt.
Denn auch die Diskussion um Verstöße gegen den INF-Vertrag oder das Aussetzen
des Plutonium-Abkommens durch Russland zeigen, wie fragil die bestehenden inter-
nationalen Vereinbarungen zur Abrüstung sind. Die neuen Planungen des US-Präsi-
denten Donald Trump, das Atomwaffenarsenal der USA noch umfassender zu erneu-
ern als bisher geplant, sind der aktuelle Hinweis darauf, wie dringlich ein neuer Anlauf
für die weltweite Begrenzung und Abrüstung von Atomwaffen nötig ist. Diesen neuen
Anlauf sollte eine deutsche Bundesregierung klar und entschlossen unterstützen und
alle Nuklearmächte deutlich zu ihrer Verantwortung und Verpflichtung ermahnen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die mit UN-Resolution A/Res/71/258 vom Dezember 2016 beschlossene Eröff-
nung von Verhandlungen über die Ächtung von Atomwaffen zu akzeptieren und
zu unterstützen;

2. an der konstituierenden Sitzung zur Aufnahme von Verhandlungen über eine
Konvention zum Verbot nuklearer Waffen vom 27. bis 31. März 2017 in New
York teilzunehmen und dort und auch im weiteren Verlauf aktiv und konstruktiv
an den Verhandlungen über die Ächtung von Atomwaffen teilzunehmen;

3. durch eine Teilnahme an den Verhandlungen sicherzustellen, dass die Bestim-
mungen eines möglichen neuen Verbotsvertrags und die Bestimmungen des Ver-
trags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen sich nicht gegenseitig schwä-
chen, sondern sinnvoll ergänzen;

4. sich umgehend für einen Abzug der US-amerikanischen Atomwaffen aus
Deutschland und Europa einzusetzen, auf die Bereitstellung von Trägermitteln
und Soldatinnen und Soldaten zu verzichten, sich gegen die Modernisierungs-
pläne der USA auszusprechen und selbst auf die Bereitstellung von Steuergeldern
zur Modernisierung der Trägermittel und der entsprechenden Infrastruktur zu ver-
zichten;

5. sich klar gegen jegliche nuklearen Aufrüstungspläne und den Bruch bestehender
internationaler Abrüstung- und Rüstungskontrollverträge zu stellen, gleichgültig
welcher Staat dafür verantwortlich ist;

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11609
6. demgemäß sich klar zur Erfüllung des Vertrags über die Nichtverbreitung von

Kernwaffen und des Zwei-Plus-Vier-Vertrags durch die Bundesrepublik
Deutschland zu bekennen, wonach Deutschland auf die Schaffung einer eigenen
Nuklearwaffenkapazität verzichtet, und auch eine europäische Nuklearwaffenka-
pazität klar abzulehnen.

Berlin, den 21. März 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion
Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.