BT-Drucksache 18/1150

Deutsches Engagement zur Bekämpfung der Piraterie am Horn von Afrika

Vom 10. April 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1150
18. Wahlperiode 10.04.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Omid Nouripour, Doris Wagner, Dr. Frithjof Schmidt,
Claudia Roth (Augsburg), Agnieszka Brugger, Jürgen Trittin, Tom Koenigs,
Hans-Christian Ströbele, Uwe Kekeritz, Annalena Baerbock, Marieluise Beck
(Bremen), Dr. Franziska Brantner, Dr. Tobias Lindner, Cem Özdemir, Manuel
Sarrazin und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Deutsches Engagement zur Bekämpfung der Piraterie am Horn von Afrika

Der Deutsche Bundestag hat in seiner Sitzung am 16. Mai 2013 die Beteiligung
der Bundeswehr an der EU-geführten Operation ATALANTA zur Bekämpfung
der Piraterie vor der Küste Somalias um ein weiteres Jahr bis einschließlich
31. Mai 2014 verlängert. Die im Jahr 2008 erstmalig von den Vereinten Natio-
nen mandatierte Operation hat als vorrangiges Ziel, die Schiffe des Welternäh-
rungsprogramms vor Piraterie zu schützen; darüber hinaus soll ATALANTA
einen Beitrag zum Schutz der zivilen Schifffahrt auf den internationalen Wasser-
straßen am Horn von Afrika leisten.
Neben der Operation ATALANTA beteiligt sich die Bundeswehr seit Mitte 2012
an der zivilen, EU-geführten Mission EUCAP Nestor zum Aufbau eigener
Kapazitäten im Bereich der maritimen Sicherheit von Djibouti, Kenia, Somalia,
den Seychellen und Tansania. Schließlich hat das Bundeskabinett jüngst be-
schlossen, die Beteiligung an der europäischen Trainingsmission EUTM Soma-
lia wieder aufnehmen zu wollen.
Die verschiedenen Missionen sind Teil des im Jahr 2011 von der Europäischen
Union gebilligten „Strategischen Rahmens für das Horn von Afrika“. Sie sollen
in Form eines gesamtheitlichen Ansatzes eine Antwort auf das Piraterieproblem
am Horn von Afrika liefern.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Hält die Bundesregierung den im Jahr 2011 von der Europäischen Union ge-

billigten „Strategischen Rahmen für das Horn von Afrika“ noch für geeignet,
um den Problemen am Horn von Afrika bzw. der Anrainerstaaten zu begeg-
nen?
Wenn ja, aus welchen Gründen?

2. Sieht die Bundesregierung Bedarf, den „Strategischen Rahmen für das Horn
von Afrika“ der EU weiterzuentwickeln?
a) Wenn ja, wo sieht die Bundesregierung hierfür Ansatzpunkte?
b) Wenn nein, warum nicht?

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3. Sollen die verschiedenen europäischen Missionen wie EUCAP Nestor,
EUTM Somalia und EU NAVFOR Somalia im Rahmen der in Entwicklung
befindlichen maritimen Sicherheitsstrategie der EU verändert, angepasst
oder beendet werden?
a) Wenn ja, wie sollen die Missionen verändert, angepasst oder beendet

werden?
b) Wenn nein, warum sollen die Missionen unverändert bleiben?

4. Welche Maßnahmen und Initiativen im Bereich der zivilen Zusammenar-
beit haben die EU und die Bundesregierung bisher ergriffen, und welche
planen sie konkret, um der Piraterie am Horn von Afrika zu begegnen?

5. Was haben die EU und die Bundesregierung im Bereich der humanitären
Hilfe unternommen?
a) In welcher Höhe wurden in den letzten Jahren Mittel für humanitäre

Hilfe zur Verfügung gestellt?
b) Welche Projekte und Organisationen wurden mit diesen Mitteln unter-

stützt?
c) In welcher Höhe sind Mittel der humanitären Hilfe am Horn von Afrika

für die kommenden Jahre eingeplant?
d) Wie werden die Maßnahmen der humanitären Hilfe mit Maßnahmen der

Entwicklungszusammenarbeit verzahnt?
6. In welcher Form findet eine Abstimmung zwischen den Akteuren der Ent-

wicklungszusammenarbeit, der humanitären Hilfe und des Militärs statt
a) innerhalb Deutschlands,
b) in der EU, und welche Rolle kommt hierbei dem Sonderbeauftragten der

EU für das Horn von Afrika zu,
c) mit internationalen und regionalen Organisationen?

7. Inwiefern werden die europäischen Missionen EUCAP Nestor, EUTM
Somalia und EU NAVFOR Somalia einerseits sowie die humanitäre Hilfe
und Entwicklungszusammenarbeit in der Region andererseits, angesichts
der Mitteilung der Europäischen Kommission vom 11. Dezember 2013 „The
EU’s comprehensive approach to external conflict and crises“ angepasst
werden?

8. Inwiefern plant die Bundesregierung vor diesem Hintergrund, in Zukunft
umfassende Mandate vorzulegen, die auch die zivilen Maßnahmen enthal-
ten?

9. Wie beurteilt die Bundesregierung die Entwicklungen am Horn von Afrika
im Hinblick auf die Ressourcenknappheit (Wasser, Fischbestände und
fruchtbares Land), und welche Maßnahmen hält sie für geeignet, diesem
Problem zu begegnen?

10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Aktivitäten im Bereich
der Geldwäsche durch Piraten, insbesondere in den Staaten des Persischen
Golfes, und welche Maßnahmen hat sie bereits dagegen ergriffen?

11. Wie viele Angriffe von Piraten hat es in den vergangenen zwölf Monaten
am Horn von Afrika auf wen gegeben, und in wie vielen Fällen konnten die
maritimen Sicherheitskräfte diese Angriffe nicht abwehren?

12. Wie viele Geiseln befinden sich nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell
in der Gewalt von Piraten am Horn von Afrika?

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13. Wo liegen nach Kenntnis der Bundesregierung vorwiegend die Rückzugs-
räume der Piraten am Horn von Afrika, und welche Strategie verfolgt die
Bundesregierung, insbesondere durch zivile Maßnahmen, diese Rückzugs-
räume einzuschränken?

14. Wie oft kam es in den vergangenen zwölf Monaten zum Einsatz der Bun-
deswehr im Rahmen des ATALANTA-Mandats über somalischem Fest-
land, Strand und somalischen inneren Küstengewässern, und welche Kräfte
wurden in welchem Umfang dabei mit welchen Waffensystemen einge-
setzt?

15. Wie oft wurde im Rahmen der ATALANTA-Mission in den letzten zwölf
Monaten auf die Handlungsoption „Wirken gegen Piraterielogistik am
Strand“ zurückgegriffen?
a) Welche truppenstellenden Staaten waren dabei jeweils mit welcher Aus-

rüstung und welchen Waffensystemen beteiligt?
b) Welche Ergebnisse zeitigten die jeweiligen Einsätze im Rahmen der

Mission hinsichtlich der Zerstörung von Piraterielogistik?
16. Wie viele Lieferungen des Welternährungsprogramms für Somalia wurden

durch Piraten zur See oder an Land angegriffen, wie viele Angriffe waren
davon erfolgreich, und wie viele Hilfsgüter sind dadurch bisher in die
Hände von Piraten gefallen (bitte nach See/Land, Erfolg des Angriffs und
Anzahl der gestohlenen Hilfsgüter aufschlüsseln)?

17. Kooperieren Somalia und weitere Staaten, wie Djibouti, Eritrea, Jemen oder
Kenia, mit der EU zur Bekämpfung von Piraterie?
a) Wenn ja, wie sieht diese Kooperation konkret aus (bitte nach Land und

Maßnahmen aufschlüsseln)?
b) Wenn ja, wie sollte nach Ansicht der Bundesregierung diese Koopera-

tion verbessert werden?
18. Wie viele Personen, die im Rahmen der ATALANTA-Mission festgenom-

men wurden und der Piraterie verdächtigt werden, befinden sich aktuell in
der Obhut der ATALANTA-Mission oder einer ihrer truppenstellenden
Staaten?
a) Wie viele der Piraterie verdächtigen Personen wurden in den letzten

24 Monaten an Staaten am Horn von Afrika bzw. deren Anrainerstaaten
zur weiteren strafrechtlichen Verfolgung übergeben?

b) Gibt es ein festgeschriebenes, transparentes Verfahren, nach welchem
der Piraterie verdächtige Personen durch die ATALANTA-Mission fest-
gehalten oder der weiteren Strafverfolgung beispielsweise durch Staaten
am Horn von Afrika zugeführt werden?
aa) Wenn ja, wie sieht dieses konkret aus, und genügt dieses Verfahren

rechtsstaatlichen Grundsätzen (bitte detailliert beschreiben)?
bb) Sieht die Bundesregierung Verbesserungsbedarf bei diesem Verfah-

ren?
Wenn ja, wo ist dies der Fall?

19. Welche Fortschritte konnten bisher beim Aufbau insbesondere juristischer
und polizeilicher Strukturen und Verfahren im Rahmen von EUCAP Nestor
in Somalia gemacht werden (bitte detailliert aufschlüsseln)?
a) Welchen Beitrag hat Deutschland hieran bisher geleistet?

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b) Hält die Bundesregierung sowohl die judikativen als auch die exekutiven
Strukturen und Verhältnisse in Somalia für ausreichend, um der Piraterie
verdächtige Personen an Somalia zu überstellen?
aa) Wenn ja, aus welchen Gründen ist sie dieser Ansicht?
bb) Wenn nein, welchen Verbesserungsbedarf sieht die Bundesregie-

rung?
20. Mit welchen Herausforderungen ist die zivil-militärische Ausbildungsmis-

sion EUCAP Nestor konfrontiert, und inwiefern haben sich das Missions-
design und der Gesamtansatz der Mission bewährt?
Wo gibt es nach Ansicht der Bundesregierung Änderungsbedarf?

21. Hat sich die Ausbildungsmission EUTM Somalia aus Sicht der Bundesre-
gierung bewährt, und welche konkreten und belegbaren Anhaltspunkte hat
sie hierfür?

22. Trifft es zu, dass ein Teil der ausgebildeten Kämpferinnen und Kämpfer
nach abgeschlossener Ausbildung zu irregulären Gruppen übergelaufen
sind und sich nicht in die Befehlsstrukturen einer durch die somalische
Regierung kontrollierten Armee integriert haben?
Falls ja, hat die Bundesregierung Informationen über den möglichen zah-
lenmäßigen Umfang dieser Deserteure?

23. Trifft es zu, dass eine Reihe von Kämpferinnen und Kämpfern, die für die
Ausbildung durch EUTM Somalia rekrutiert worden sind, nur einzelnen tri-
balen Gruppierungen bzw. Clans angehören?
Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
daraus?

24. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, damit eine mög-
licherweise einseitige Rekrutierungspraxis im Rahmen von EUTM Somalia
vermieden wird?

25. Inwiefern sind die Entlohnung, hinreichende Ausrüstung, Verpflegung, Un-
terbringung und ein fortlaufendes Training sowohl der auszubildenden
Rekrutinnen und Rekruten im Rahmen von EUTM Somalia als auch der fer-
tig ausgebildeten Soldatinnen und Soldaten nach Kenntnis der Bundes-
regierung gesichert, und welche belastbaren Informationen hat die Bundes-
regierung hierzu?
Wie hoch ist der monatliche Sold eines Rekruten im Rahmen von EUTM
Somalia, wie hoch nach Kenntnis der Bundesregierung der eines fertig aus-
gebildeten somalischen Soldaten, und wie hoch ist dieser Sold nach Kennt-
nis der Bundesregierung verglichen mit einem monatlichen Durchschnitts-
gehalt?

Berlin, den 10. April 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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