BT-Drucksache 18/11356

Konsequenzen aus der DITIB-Diyanet-Spionage-Affäre sowie antisemitischen Vorfällen und antichristlichen Online-Kampagnen von DITIB-Untergliederungen für die Deutsche Islamkonferenz

Vom 16. Februar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11356
18. Wahlperiode 16.02.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg, Katja Keul,
Renate Künast, Monika Lazar, Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz,
Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Konsequenzen aus der DITIB-Diyanet-Spionage-Affäre sowie antisemitischen
Vorfällen und antichristlichen Online-Kampagnen von DITIB-Untergliederungen für
die Deutsche Islamkonferenz

Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (Diyanet İşleri Türk
İslam Birliği DITIB) ist der wichtigste und größte religiöse Verein von Musli-
minnen und Muslimen in Deutschland.
Die Fragesteller sind der Auffassung, dass islamische Gemeinschaften als Religi-
onsgemeinschaften anerkannt werden können und sollen, wenn sie die rechtlichen
Voraussetzungen dafür erfüllen. Wenn sie die Gewähr der Dauer bieten, können
sie auch den Körperschaftsstatus erlangen und somit gegenüber den Kirchen
gleichberechtigt werden. Die Muslimas und Muslime und ihre Organisationen
müssen dabei selbst entscheiden, ob und wie sie in der Vielfalt muslimischen Le-
bens die Voraussetzungen dafür schaffen wollen, um ein institutionalisiertes Ko-
operationsverhältnis mit dem Staat zu erreichen. Die vier großen muslimische
Verbände (DİTİB, Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland e. V., Zentralrat
der Muslime in Deutschland (ZMD) e. V., Verband der Islamischen Kulturzen-
tren e. V. (VIKZ) erfüllen bislang nicht die vom Grundgesetz geforderten Vo-
raussetzungen an eine Religionsgemeinschaft im Sinne des Religionsverfas-
sungsrechts. Sie sind religiöse Vereine. Ihre Identität und Abgrenzung unterei-
nander ist nicht durch Unterschiede im religiösen Bekenntnis begründet, sondern
politischen und sprachlichen Identitäten aus den Herkunftsländern und der Mig-
rationsgeschichte geschuldet. Die DİTİB ist dabei zudem dem Präsidium für Re-
ligionsangelegenheiten (Diyanet İşleri Başkanlığı) in Ankara nachgeordnet. Die
strukturelle Abhängigkeit von einem Staat und dessen jeweiliger Regierungspo-
litik entspricht nicht der grundgesetzlich geforderten Trennung von Religion und
Staat. Eine bekenntnisförmige Neuorganisation der Muslimas und Muslime
würde aus ihren Organisationen keine Kirchen, aber islamische Glaubensgemein-
schaften in Deutschland machen. Sie hätten einen Anspruch auf rechtliche
Gleichstellung. Damit würde der Islam in Deutschland tatsächlich ankommen.
Auch das Bundesministerium des Innern hat inzwischen erkannt: „Wenn Ver-
bände, die sich als Religionsgemeinschaft verstehen wollen, den Eindruck erwe-
cken, dass sie politisiert agieren und so Polarisierung verstärkt wird, dann ist das
ein Problem, weit über den Verband hinaus. Gleichzeitig Religionsgemeinschaft,
politische Lobbyisten und Vertretung ausländischer politischer Interessen zu sein,
dass [sic] sind Rollen, die sich nicht vertragen.“ (Rede Dr. Thomas de Maizière,
27. September 2016: www.bmi.bund.de/SharedDocs/Reden/DE/2016/09/festakt-
dik.html).

http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Reden/DE/2016/09/festakt-dik.html
http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Reden/DE/2016/09/festakt-dik.html
Drucksache 18/11356 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Anfang Dezember 2016 berichteten die „Cumhuriyet“ und „DIE WELT“ über
die Spionageaktivitäten von Imamen aus DITIB-Moscheen im Auftrage der
Diyanet (Mahmut Lıcalı, Diyanet MİT gibi, Cumhuriyet 8. Dezember 2017:
www.cumhuriyet.com.tr/amp/haber/turkiye/641909/Diyanet_MiT_gibi.html;
Deniz Yücel, DITIB.Türkische Imame spionieren in Deutschland für Erdogan,
DIE WELT 8. Dezember 2016: www.welt.de/politik/ausland/article160132361/
Tuerkische-Imame-spionieren-in-Deutschland-fuer-Erdogan.html).
Demnach rief die Diyanet über die Botschaften und Generalkonsulate auf, Infor-
mationen über die Hizmet-Bewegung (Gülen), deren Mitglieder, Anhänger und
Organisationen zu sammeln. In vielen Ländern kamen die Imame der DITIB und
anderer türkisch-islamischer Vereine und die Religionsbeauftragten der Konsu-
late der Aufforderung nach. Die DITIB-Zentrale sprach verschiedentlich von ei-
ner Panne, räumte aber die Spionage ein.
Mindestens 13 Imame der türkisch-islamischen Union DITIB haben aus Nord-
rhein-Westfalen laut Verfassungsschutz angebliche Gülen-Anhänger an Ankara
gemeldet. Es seien die Namen von 33 bespitzelten Personen und elf Institutionen
aus dem Bildungsbereich an die staatliche türkische Religionsbehörde Diyanet
geliefert worden. Das sagte NRW-Verfassungsschutzpräsident Burkhard Freier
am Donnerstag im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags. Für die Berichte
an Ankara hätten auch Imame aus drei rheinland-pfälzischen Moscheegemeinden
Informationen gesammelt (Verfassungsschutz, 13 Ditib-Imame spitzelten für An-
kara, Westdeutsche Zeitung/dpa 9. Februar 2017: www.wz.de/home/politik/nrw/
verfassungsschutz-13-ditib-imame-spitzelten-fuer-ankara-1.2372699).
Die auf den Spionageberichtslisten stehenden Personen wurde von Seiten der
Türkei schon verschiedentlichen Repressalien ausgesetzt: Aufsuchen der Ver-
wandtschaft in der Türkei bis hin zur Sperrung waren die Konsequenzen.
Dabei handelt es sich bei der Spionageaktion nicht um eine Operation des türki-
schen Geheimdienstes MIT, sondern um eine eigenständige geheimdienstliche
Organisation Diyanet-Konsulate-DITIB, die direkt und unmittelbar an den Tür-
kischen Premierminister berichtet.
Die DITIB räumte nach anfänglichem Hin und Her ein, dass die Spionage-Wei-
sung der Diyanet auch von in Deutschland ansässigem türkischem diplomati-
schem Personal und Imamen der DITIB befolgt wurden und es „wurde die Amts-
dauer dieser Religionsbeauftragten in Deutschland vorzeitig beendet.“, sprich: die
Tatverdächtigen wurden außer Landes geschafft (DITIB-Stellungnahme zu den
aktuellen Diskussionen um die Imame 3. Februar 2017: www.ditib.de/detail1.
php?id=565&lang=de). Die Spionageaktivitäten der DITIB/Diyanet waren auch
Gegenstand des Gesprächs zwischen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und
dem türkischen Ministerpräsidenten Binali Yıldırım. Türkische Medien berichten
darüber, dass die Diyanet in Absprache mit der Bundesregierung nach dem Be-
such der Bundeskanzlerin in der Türkei die Tatverdächtigen aus Deutschland ab-
gezogen hat (Diyanet 6 imamı geri çağırdı: www.hurriyet.com.tr/diyanet-6-
imami-geri-cagirdi-40363002 hurriyet 11. Februar 2017; Casuslukla suçlanan
imamlar geri çekildi: www.sozcu.com.tr/2017/gundem/casuslukla-suclanan-
imamlar-geri-cekildi-1672885/Sözgcü). Im Februar 2017 soll der Chef des tür-
kischen Geheimdienstes MIT, Hakan Fidan, beim Bundesnachrichtendienst
(BND) gewesen sein (TÜRKİYE Hakan Fidan’dan Almanya’ya sürpriz ziyaret,
Deutsche Welle 13. Februar 2017: www.dw.com/tr/hakan-fidandan-almanyaya-
s%C3%BCrpriz-ziyaret/a-37524421?maca=tr-Twitter-sharing; Hakan Fidan’dan
Almanya’ya sürpriz ziyaret, Milliyet 13. Februar 2017: www.milliyet.com.
tr/hakan-fidan-dan-almanya-ya-surpriz-gundem-2395221/).
Diese Operation war durch ein ausgeklügeltes System von finanziellen, vermö-
gens-, satzungsrechtlichen und persönlichen Abhängigkeiten möglich: Die Ab-
hängigkeit des DITIB Bundesverbands wird personell und durch Satzungsbe-
stimmungen (Satzung des Islamverbands DITIB: Türkische Funktionäre

http://www.cumhuriyet.com.tr/amp/haber/turkiye/641909/Diyanet_MiT_gibi.html
http://www.welt.de/politik/ausland/article160132361/Tuerkische-Imame-spionieren-in-Deutschland-fuer-Erdogan.html
http://www.welt.de/politik/ausland/article160132361/Tuerkische-Imame-spionieren-in-Deutschland-fuer-Erdogan.html
http://www.wz.de/home/politik/nrw/verfassungsschutz-13-ditib-imame-spitzelten-fuer-ankara-1.2372699
http://www.wz.de/home/politik/nrw/verfassungsschutz-13-ditib-imame-spitzelten-fuer-ankara-1.2372699
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11356

haben das Sagen in deutschem Verein, Deutschlandfunk 5. Januar 2017: www.
deutschlandfunk.de/satzung-des-islamverbands-ditib-tuerkische-funktionaere.
886.de.html?dram:article_id=375487) insgesamt gegenüber der Diyanet gewähr-
leistet. Die Imame werden unmittelbar und befristet entsandt und von der Türkei
bezahlt. „DITIB ist nicht Dienstherr der Imame. Die Religionsdienste werden sat-
zungsgemäß über die Erfahrungen der Diyanet sichergestellt“ (Pressemeldung
DITIB-Stellungnahme zu den aktuellen Diskussionen um die Imame 3. Februar
2017: www.ditib.de/detail1.php?id=565&lang=de). Das schafft die persönlichen
Abhängigkeiten der Geistlichen und der Gemeinden von Ankara. Durch Sat-
zungsbestimmungen und Eigentumsregelungen wird der Einfluss des von Ankara
abhängigen DITIB-Bundesverbands zudem dauerhaft gesichert. Die Fachaufsicht
über die lokalen DITIB-Vereine übernehmen die Religionsbeauftragten an den
(General-)Konsulaten der Türkischen Republik. Ohne und gegen den Willen der
Religionsbehörde in Ankara kann es weder inhaltliche, noch personelle oder fi-
nanzielle Entscheidungen innerhalb der DITIB geben.
Nicht immer geschieht das so sichtbar wie in Berlin vor aller Öffentlichkeit: Der
Vorstand der Sehitlik-Moschee in Berlin-Neukölln wurde ausgetauscht, dabei
kam der türkische Religionsattaché mit einer vorbereiteten Wahlliste in den
Moscheeverein und setzte sie durch (Türkischer Einfluss in Deutschland: Türki-
sches Religionsamt setzt Vorstand von Moscheeverein in Berlin ab, Tages-
spiegel 17. Dezember 2016: www.tagesspiegel.de/politik/tuerkischer-einfluss-in-
deutschland-tuerkisches-religionsamt-setzt-vorstand-von-moscheeverein-in-
berlin-ab/14993238.html).
Immer wieder gab es bei der DITIB Vorfälle mit Antisemitismus in örtlichen
DITIB-Vereinen (Melsungen 2015: HASS GEGEN JUDEN Ditib-Gemeinde
stellt antisemitische Hetze ins Netz: www.welt.de/politik/deutschland/article
149205946/Ditib-Gemeinde-stellt-antisemitische-Hetze-ins-Netz.html DIE
WELT 24. November 2015; Ditib überprüft antisemitische Postings, Stern
31. Januar 2017: www.stern.de/news/ditib-ueberprueft-antisemitische-postings-
7306486.html). Die Reaktionen der DITIB hierauf sind formelhaft, teilweise
wortidentisch, ohne dass tiefgreifende Konsequenzen für die Arbeit der Organi-
sation erkennbar sind (Pressemeldung Stellungnahme des DITIB-Landesvor-
stands Hessen zum Ortsverein DITIB-Melsungen, 24. November 2015: www.ditib.
de/detail1.php?id=491&lang=de; Pressemeldung
DITIB-Vorstand: Antisemitismus und Christenfeindlichkeit inakzeptabel, 30. Ja-
nuar 2017: www.ditib.de/detail1.php?id=563). Auch christenfeindliche Aktivitä-
ten aus DITIB-Vereinen waren immer wieder zu verzeichnen (ISLAMVER-
BAND Ditib-Anhänger machten auch Stimmung gegen Christen und Weih-
nachten: www.morgenpost.de/politik/article209193497/Ditib-Anhaenger-machten-
Stimmung-gegen-Weihnachten.html Berliner Morgenpost 6. Januar 2017, de facto,
hr: defacto deckt auf: DITIB, 29. Januar 2017: www.ardmediathek.de/tv/defacto/
defacto-deckt-auf-DITIB/hr-fernsehen/Video?bcastId=3437388&documentId=
40305406).
Wenn in der Kleinen Anfrage nach den Kenntnissen der Bundesregierung gefragt
wird, meint dies jeweils die Kenntnisse aller der Bundesregierung unterstellten
Behörden und Einrichtungen, inklusive auch der Geheimdienste und der Gene-
ralbundesanwaltschaft.
Abgeordnete der Fragesteller haben wiederholt Mündliche Fragen an die Bundes-
regierung gerichtet, ohne hierbei aus deren Sicht eine umfassende und vollstän-
dige Antwort zu erhalten.

http://www.deutschlandfunk.de/satzung-des-islamverbands-ditib-tuerkische-funktionaere.886.de.html?dram:article_id=375487
http://www.deutschlandfunk.de/satzung-des-islamverbands-ditib-tuerkische-funktionaere.886.de.html?dram:article_id=375487
http://www.deutschlandfunk.de/satzung-des-islamverbands-ditib-tuerkische-funktionaere.886.de.html?dram:article_id=375487
http://www.tagesspiegel.de/politik/tuerkischer-einfluss-in-deutschland-tuerkisches-religionsamt-setzt-vorstand-von-moscheeverein-in-berlin-ab/14993238.html
http://www.tagesspiegel.de/politik/tuerkischer-einfluss-in-deutschland-tuerkisches-religionsamt-setzt-vorstand-von-moscheeverein-in-berlin-ab/14993238.html
http://www.tagesspiegel.de/politik/tuerkischer-einfluss-in-deutschland-tuerkisches-religionsamt-setzt-vorstand-von-moscheeverein-in-berlin-ab/14993238.html
http://www.welt.de/politik/deutschland/article149205946/Ditib-Gemeinde-stellt-antisemitische-Hetze-ins-Netz.html
http://www.welt.de/politik/deutschland/article149205946/Ditib-Gemeinde-stellt-antisemitische-Hetze-ins-Netz.html
http://www.stern.de/news/ditib-ueberprueft-antisemitische-postings-7306486.html
http://www.stern.de/news/ditib-ueberprueft-antisemitische-postings-7306486.html
http://www.ditib.de/detail1.php?id=491&lang=de
http://www.ditib.de/detail1.php?id=491&lang=de
http://www.morgenpost.de/politik/article209193497/Ditib-Anhaenger-machten-Stimmung-gegen-Weihnachten.html
http://www.morgenpost.de/politik/article209193497/Ditib-Anhaenger-machten-Stimmung-gegen-Weihnachten.html
http://www.ardmediathek.de/tv/defacto/defacto-deckt-auf-DITIB/hr-fernsehen/Video?bcastId=3437388&documentId=40305406
http://www.ardmediathek.de/tv/defacto/defacto-deckt-auf-DITIB/hr-fernsehen/Video?bcastId=3437388&documentId=40305406
http://www.ardmediathek.de/tv/defacto/defacto-deckt-auf-DITIB/hr-fernsehen/Video?bcastId=3437388&documentId=40305406
Drucksache 18/11356 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung und haben nach Kenntnis der
Bundesregierung die Länder über die zentrale Steuerung der örtlichen und
landesweiten DITIB-Vereine durch die übergeordnete Kölner Zentrale oder
über die Religionsbeauftragten des General-Konsulats und der Konsulate der
türkischen Republik?

2. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung und nach Kenntnis der Bun-
desregierung haben die Länder über Versuche der Einflussnahme auf andere
islamische Vereine über Botschaft, General-Konsulat und die Konsulate tür-
kischen Republik?

3. Wann hat die Bundesregierung (einschließlich aller ihrer unterstellten Be-
hörden) in welcher Form erstmals von Verdachtsmomenten bezüglich von
Spionageaktivitäten im Auftrag der Diyanet oder im Bereich der DITIB er-
fahren?

4. Wann hat welche Stelle des Bundes oder der Bundesregierung (beispiels-
weise Bundesministerium des Innern – BMI, Bundesamt für Verfassungs-
schutz – BfV, Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof – GBA, BND
etc.) Kenntnis von der Anweisung der Diyanet erhalten und wann kannten
sie jeweils das Originaldokument?

5. Welche Teilberichte aufgrund dieser Anweisung der Diyanet lagen welche
Stellen des Bundes oder der Bundesregierung (beispielsweise BMI, BfV,
GBA, BND etc.) ab wann jeweils vor?

6. Was veranlassten die jeweiligen Stellen bis wann ab der jeweiligen Kennt-
nisnahme (Fragen 4 und 5)?

7. Wann hat es Gespräche oder andere Kontakte (u. a. alle Telefonate, SMS-,
Schrift- und Mailverkehr) zwischen dem Bundesministerium der Justiz und
für Verbraucherschutz (BMJ) und der Generalbundesanwaltschaft (jeweils
mit Datum, Inhalt und Ablauf der Kommunikation) bezüglich des Spionage-
verdachtes im Diyanet-DITIB-Komplex gegeben?
a) Was war hier jeweils Gegenstand der Kommunikation (bitte Datum, In-

halt, beteiligte Personen und Gesprächsinhalt für jedes Kommunikations-
ereignis aufschlüsseln)?

b) Hat der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz geprüft, den
Generalbundesanwalt anzuweisen, wegen dieses Spionageverdachts un-
verzüglich Ermittlungen gegen Unbekannt aufzunehmen?
Wenn nein, warum nicht?

c) Was wurde nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Bekanntwerden
des Spionagevorgangs Anfang Dezember 2016 von Seiten der General-
bundesanwaltschaft oder anderer Behörden zur Beweissicherung unter-
nommen?

d) Warum wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von der Generalbun-
desanwaltschaft keine Haftbefehle für die in den Berichten als Autoren
der Berichte bezeichneten Personen beantragt, um eine Flucht der Ver-
dächtigen in die Türkei zu verhindern?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11356
8. Wie viele und welche (ggf. pseudonymisiert) Personen in Deutschland ste-
hen nach Kenntnis der Bundesregierung oder nach Kenntnis der Bundesre-
gierung nach Kenntnis der Länder auf den Listen die von Deutschland an die
Diyanet auf unterschiedlichen Wegen berichtet wurden?
a) Wann hat die Bundesregierung hiervon jeweils erfahren?
b) Um welche Personen handelt es sich (Berufe, Funktionen in Vereinen

oder andere Hinweise auf Gründe, warum diese Menschen auf diesen Lis-
ten stehen)?

c) Wie viele dieser Personen haben nach Kenntnis der Bundesregierung tat-
sächliche (wenn ja, welche) Verbindungen zur Gülen-Bewegung?

d) Wann wurden die Personen über welche Stelle darüber unterrichtet, dass
sie auf diesen Listen stehen und somit in der Türkei unmittelbar gefährdet
wären (bitte Personenscharf nach Kenntnis der Bundesregierung oder ei-
ner anderen deutschen Stelle sowie Informationsdatum der gefährdeten
Person aufschlüsseln)?

e) Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Bundesrepublik
Deutschland hier ihrer Schutzpflicht gegenüber diesen Bürgerinnen und
Bürgern und Einwohnerinnen und Einwohnern gerecht geworden ist?

f) Von welchen Gefährdungen, Drohungen, operativen Maßnahmen und
Nachteilen gegenüber diesen Personen hat die Bundesregierung Kenntnis
erlangt, und wie beurteilt sie diese (jeweils einzeln nach Betroffenen auf-
schlüsseln)?

g) Welche Maßnahmen zum Schutz dieser Personen und ihres Umfeldes
wurden unternommen oder sind noch geplant?

9. Wie viele Imame im Bereich der DITIB und wie viele Botschaftsangehörige
und -angestellte haben Deutschland seit 2015 verlassen (bitte nach Monaten
seit 1. Januar 2015 aufschlüsseln)?
a) Bei wie vielen dieser Personen lag dies daran, dass der ursprüngliche Ver-

trag oder die Entsendung eine reguläre Beendigung der Tätigkeit in Deutsch-
land zu diesem Zeitpunkt vorsah (bitte nach Monaten seit 1. Januar 2015
aufschlüsseln)?

b) In wie vielen Fällen wurde der Aufenthalt in Deutschland vorzeitig been-
det (bitte nach Monaten seit 1. Januar 2015 aufschlüsseln)?

c) Wie viele Beendigungen des Aufenthaltes stehen im Zusammenhang mit
den neuen politischen Verhältnissen in der Türkei nach dem gescheiterten
Putschversuch?

d) Wie viele Beendigungen des Aufenthaltes stehen im Zusammenhang mit
dem Bekanntwerden der Spionageaktivitäten im Auftrag der Diyanet
oder im Bereich der DITIB?

10. Wie viele Asylanträge gab es von Mitarbeitern oder Imamen der DITIB seit
Juli 2016?

11. Hat die Bundesregierung sich einen Überblick über die tatsächlichen und
rechtlichen Verhältnisse innerhalb der DITIB verschafft?

Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Wenn nein, warum ist dies nicht zum Schutz vor illegitimer fremdstaatlicher
Einflussnahme, z. B. im Falle von Auslandsspionage und anderer geheim-
dienstlicher Tätigkeit, geboten?

12. Über welche Mechanismen (Vermögen, Finanzen, Satzung, Personal) ge-
währleistet die Türkische Republik nach Kenntnis der Bundesregierung ihren
Einfluss auf die Gemeinden und den Verband der DITIB?

Drucksache 18/11356 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

13. Welche Kenntnisse über die Finanz- und Vermögensverhältnisse der DITIB

hat die Bundesregierung bzw. haben nach Kenntnis der Bundesregierung die
Länder?
a) Welche finanziellen Mittel setzt der Türkische Staat nach Kenntnis der

Bundesregierung direkt oder indirekt (bezahltes Personal) im Rahmen der
DITIB (Verband mit Untergliederungen) ein (bitte für die Jahre 2012 bis
2017 jeweils aufschlüsseln)?

b) Wie hoch ist der Gesamtetat der DITIB in den Jahren 2012 bis 2017 je-
weils?

c) Wie hoch sind in Deutschland die Einnahmen der DITIB (Verband mit
Untergliederungen) insgesamt eingeworbenen Beiträge, Spenden und
sonstiges in den Jahren 2012 bis 2017 jeweils?

d) Wie hoch sind in Deutschland die Ausgaben der DITIB (Verband mit Un-
tergliederungen) in den Jahren 2012 bis 2017 jeweils?

14. Welche Kenntnisse über die Vermögensverhältnisse des DITIB-Bundesver-
bandes und der DITIB- Landes- und Ortsverbände hat die Bundesregierung
und haben nach Kenntnis der Bundesregierung die Länder?
a) Welches Vermögen hat der DITIB-Bundesverband?
b) Welche Gebäude oder Grundstücke gehören dem Bundesverband der

DITIB?
c) Welche Gebäude oder Grundstücke gehören welchen lokalen DITIB-Un-

tergliederungen der DITIB?
15. Auf welche Gremien, Entscheidungen und Vorgänge des DITIB-Bundesver-

bandes haben welche Stellen der türkischen Republik nach Kenntnis der
Bundesregierung tatsächlich oder nach den Satzungen Einfluss?
a) Welche Beamte, Angestellte oder anderweitige Beauftragte haben inner-

halb der DITIB und ihrer Untervereine tatsächlich welche Funktion?
b) Welche satzungsrechtlichen Regelungen räumen der Diyanet, ihren Stel-

len oder anderen Stellen der Türkischen Republik personelle Vorschlags-
oder Besetzungsrechte, ihren Abgesandten welche Entscheidungs-, Vor-
schlags- oder Vetorechte ein?

c) Wie setzen Botschaft oder Konsulate der Türkischen Republik die Wahl
oder Abwahl ganzer Vorstände durch?

16. Auf welche Gremien, Entscheidungen und Vorgänge der DITIB-Landesver-
bandes haben welche Stellen des DITIB-Bundesverbandes oder Stellen der
Türkischen Republik nach Kenntnis der Bundesregierung tatsächlich oder
nach den Satzungen Einfluss?
a) Welche Personen oder Gremien des DITIB-Verbandes haben innerhalb

der DITIB-Landes- und ihrer Untervereine tatsächlich welche Funktion?
b) Welche satzungsrechtlichen Regelungen räumen der DITIB Bundesver-

band personelle Vorschlags- oder Besetzungsrechte, ihren Abgesandten
welche Entscheidungs-, Vorschlags- oder Vetorechte ein?

17. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass es sich bei der DITIB um
einen religiösen Verein mit ausländischer staatlicher und politischer Prägung
handelt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/11356

18. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, dass es einen Unter-

schied zwischen einfachen religiösen Vereinen und religionsverfassungs-
rechtlich definierten Religionsgemeinschaften (Artikel 7 Absatz 3 des
Grundgesetzes – GG) oder Religionsgesellschaften (Artikel 140 GG) gibt?
Wenn nein, wie begründet sie ihre Auffassung tatsächlich und verfassungs-
rechtlich?

19. Ist der Bundesregierung schon aufgefallen, dass die DITIB auf Skandale in
ihren Reihen immer wieder nach dem gleichen Muster (Untersuchung, Pres-
semitteilung mit Distanzierung und Bedauern und ohne Handlungskonse-
quenzen) agiert?

Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung hieraus?
20. Welche Zuwendungen des Bundes erhalten die DITIB und die von ihr kon-

trollierten Vereine und Verbände für welchen Zweck jeweils in den Jahren
2012 bis 2017?

21. Was hat die Bundeskanzlerin bei ihrem Besuch in der Türkei mit Premiermi-
nister Binali Yildrim und Präsident Recep Tayyip Erdoğan oder anderen Ge-
sprächspartnern hinsichtlich der Spionagevorgänge DITIB/Diyanet konkret
erörtert?
a) Haben die türkischen Gesprächspartner die Bundeskanzlerin Dr. Angela

Merkel angesprochen oder angekündigt, dass sie tatverdächtige Imame
und tatverdächtiges diplomatisches Personal in die Türkei zurückrufen?

b) Was hat die Bundeskanzlerin zum Thema eines möglichen, bereits erfolg-
ten oder noch geplanten Abzugs der für die Spionage-Tatverdächtigen ge-
äußert?

c) Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass es zur Sicherung des
Strafverfahrens notwendig ist, dass die Tatverdächtigen in Deutschland
für Vernehmungen und ggf. auch Strafverfolgungsmaßnahmen zur Ver-
fügung stehen müssen?

d) Hat die Bundeskanzlerin oder haben andere Stellen der Bundesregierung
auf DITIB, Diyanet oder andere Stellen der Türkischen Republik auf die
Bundesregierung eingewirkt, um dies sicherzustellen?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja in welcher Form?

22. Warum hat die Bundesregierung die Öffentlichkeit und das Parlament bisher
so zurückhaltend und nach Auffassung der Fragesteller unvollständig über
den DITIB-Diyanet-Spionage-Affäre informiert?

23. Nimmt die Bundesregierung im Hinblick auf das Flüchtlingsabkommen der
EU mit der Türkei Rücksichten in der Spionage-Affäre?

24. Was war Gegenstand des Treffens des Chefs des türkischen Geheimdienstes
(MIT), Hakan Fidan, beim BND, und welche Aussagen wurden von deut-
scher und türkischer Seite zu den Spionageaktivitäten DITIB-Diyanet-Spio-
nage-Affäre getroffen?

25. Was hat die Generalbundesanwaltschaft zur Beweissicherung u. a. durch
Haftbefehle gegen bekannte Autoren der Spionageberichte wegen Fluchtge-
fahr nach Kenntnis der Bundesregierung bislang unternommen?

26. Warum hat die Generalbundesanwaltschaft nach Kenntnis der Bundesregie-
rung ein Ermittlungsverfahren nur gegen Unbekannt begonnen, obwohl die
zur Verfügung gestellten Dokumente den Namen von konkreten Autoren be-
inhalten?

Drucksache 18/11356 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

27. Hatten Stellen des Bundes Kontakte (Treffen, Telefonate, Brief- oder Mail-

verkehr etc.) zur DITIB oder zur Stellen des türkischen Staates bei denen der
Verdacht der Spionage im DITIB/Diyanet-Komplex Thema war?
a) Wenn ja, jeweils wann, zwischen welchen Stellen des Bundes und wel-

cher Stelle/Person der DITIB oder des türkischen Staates, und mit wel-
chem Ergebnis ?

b) Wann haben die Bundesregierung oder andere Stellen des Bundes die
Ausreise von Imamen und an der Spionage beteiligte Botschaftsangehö-
rige angeregt?

c) Wann haben die Bundesregierung oder andere Stellen des Bundes Kennt-
nis über die Ausreise von Imamen und an der Spionage beteiligte Bot-
schaftsangehörige erlangt?

28. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der DITIB-Diyanet-
Spionage-Affäre und den antisemitischen Vorfällen und antichristlichen On-
line-Kampagnen mancher DITIB-Untergliederungen für die Deutsche Islam-
konferenz und die Rolle der DITIB in ihr?

29. Hat die Bundesregierung die Frage erörtert, ob der Sitz der DITIB in der
Islamkonferenz bis auf Weiteres ruht?
a) Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
b) Wenn nein, warum nicht?
c) Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, dass eine Koope-

ration mit der DITIB/Diyanet keine Grundlage mehr hat, wenn diese nicht
dazu beiträgt, dass die Tatverdächtigen in Deutschland vernommen und
ggf. angeklagt werden können?

Berlin, den 14. Februar 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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