BT-Drucksache 18/10428

Migration in der Arbeitswelt

Vom 23. November 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10428
18. Wahlperiode 23.11.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Klaus Ernst, Frank Tempel, Sabine Zimmermann (Zwickau),
Ulla Jelpke, Susanna Karawanskij, Kerstin Kassner, Katja Kipping, Jan Korte,
Jutta Krellmann, Katrin Kunert, Thomas Lutze, Thomas Nord, Richard Pitterle,
Michael Schlecht, Kersten Steinke, Azize Tank, Dr. Axel Troost, Kathrin Vogler,
Harald Weinberg, Pia Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Migration in der Arbeitswelt

Ausweislich der Entgeltstatistik der Bundesagentur für Arbeit zum 31. Dezember
2015 ist das Gehalt abhängig Beschäftigter ohne deutsche Staatsbürgerschaft in
Deutschland signifikant niedriger als das Gehalt der Beschäftigten mit deutscher
Staatsbürgerschaft, während gleichzeitig die Arbeitslosenquote unter Ausländern
in Deutschland deutlich höher ist (Oktober 2016: 15 Prozent gegenüber 4,8 Pro-
zent der Deutschen, Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit).
Die Bundesrepublik Deutschland ist nach Artikel 7 des Internationalen Pakts über
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) und Artikel 4 der
Europäischen Sozialcharta verpflichtet, einen diskriminierungsfreien Zugang
zum Arbeitsmarkt sowie günstige und gerechte Arbeitsbedingungen für alle zu
gewährleisten. Dies ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.
Infolge der Finanzkrise und der enorm hohen Arbeitslosigkeit vor allem unter
Jugendlichen nach der prozyklisch wirkenden Sparpolitik in einigen EU-Mit-
gliedstaaten verlassen viele Betroffene diese Staaten auf der Suche nach wirt-
schaftlich besseren Bedingungen unter anderem in Deutschland. In vielen Fällen
handelt es sich dabei um gut ausgebildete Berufseinsteigerinnen und Berufsein-
steiger, so dass mitunter bereits ein Brain Drain in diesen Ländern befürchtet wird
(vgl. etwa: Alexander Schellinger (ed): Brain Drain – Brain Gain: European La-
bour Markets in Times of Crisis, Friedrich-Ebert-Stiftung 2016).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch liegt nach Kenntnis der Bundesregierung das Medianeinkommen

(monatlich brutto) aus sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung,
und wie hat sich dieser Wert in den vergangenen 15 Jahren entwickelt (bitte
den Median über alle Beschäftigtengruppen und Regionen sowie nach Ge-
schlecht und Ost/West differenzieren)?

2. Wie hoch liegt nach Kenntnis der Bundesregierung das Medianeinkommen
sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigter ohne deutsche Staatsbür-
gerschaft, und wie hoch liegt das Medianeinkommen sozialversicherungs-
pflichtig Vollzeitbeschäftigter mit deutscher Staatsbürgerschaft, und wie hat
sich dieser Wert in den vergangenen 15 Jahren entwickelt (bitte den Median
über alle Beschäftigtengruppen und Regionen angeben sowie nach Ge-
schlecht, Alter und Ost/West differenzieren)?

Drucksache 18/10428 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Wie hoch liegt nach Kenntnis der Bundesregierung die aktuelle Niedriglohn-
schwelle, und wie hat sich der Wert in den vergangenen 15 Jahren verändert
(Bruttostundenlohn und Bruttomonatslohn bei Vollzeitbeschäftigung, bitte
sowohl die Niedriglohnschwelle auf Basis der Verdienststrukturerhebung
des Statistischen Bundesamtes als auch auf Basis der Entgeltstatistik der
Bundesagentur für Arbeit angeben)?

4. Wie hoch ist zum aktuellen Zeitpunkt die Zahl der sozialversicherungspflich-
tigen Vollzeitbeschäftigten in Deutschland insgesamt, und wie hat sich diese
Zahl in den vergangenen 15 Jahren entwickelt (bitte neben der Gesamtzahl
auch differenziert nach Geschlecht, Alter und Ost/West)?
Wie hoch ist zum aktuellen Zeitpunkt die Zahl der sozialversicherungspflich-
tigen Vollzeitbeschäftigten mit Migrationshintergrund nach der Definition
des Statistischen Bundesamtes in Deutschland, und wie hat sich diese Zahl
in den vergangenen 15 Jahren entwickelt (bitte nach Geschlecht, Ost/West,
Alter, eigene Migrationserfahrung/Migrationserfahrung mindestens eines
Elternteils differenzieren; sollte eine Differenzierung nach Migrationserfah-
rung nicht möglich sein, bitten wir um Aufschlüsselung nach Migrationshin-
tergrund oder Differenzierung mit/ohne deutsche Staatsbürgerschaft; sofern
möglich bitte zusätzlich nach Herkunft differenzieren; bitte in absoluten Zah-
len und relativ zur Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbe-
schäftigten)?

5. Wie viele sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte erhalten nach
Kenntnis der Bundesregierung einen Bruttostundenlohn unterhalb der aktu-
ellen Niedriglohnschwelle, wie hoch ist der Anteil der Niedriglohnempfän-
ger an der Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäf-
tigten, und wie haben sich diese Zahlen in den vergangenen 15 Jahren ent-
wickelt (bitte nach Geschlecht, Ost/West und Alter sowie in absoluten und
in relativen Zahlen differenzieren)?

6. Wie viele sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte mit Migrations-
hintergrund erhalten nach Kenntnis der Bundesregierung einen Bruttostun-
denlohn unterhalb der Niedriglohnschwelle, wie hoch ist der Anteil der Nied-
riglohnempfänger an der Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtigen
Vollzeitbeschäftigten, und wie haben sich diese Zahlen in den vergangenen
15 Jahren entwickelt (bitte differenziert entsprechend Frage 5 sowie jeweils
in absoluten und relativen Zahlen angeben)?

7. Wie verteilt sich die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbe-
schäftigten nach Frage 5 nach Qualifikationsniveaus (kein Berufsabschluss,
anerkannte Berufsausbildung, akademischer Abschluss), wie sind die ent-
sprechenden Zahlen bei Vollzeitbeschäftigten ohne Migrationshintergrund
bzw. mit deutscher Staatsbürgerschaft, und wie haben sich diese Zahlen in
den vergangenen 15 Jahren entwickelt (bitte differenziert entsprechend
Frage 5 und jeweils in absoluten und relativen Zahlen angeben)?

8. Wie verteilt sich die Zahl der vollzeitbeschäftigten Niedriglohnempfängerin-
nen und Niedriglohnempfänger nach Kenntnis der Bundesregierung gemes-
sen am Qualifikationsniveau jeweils für Menschen mit und ohne Migrations-
hintergrund (bitte differenziert entsprechend Frage 5 und jeweils in absoluten
und relativen Zahlen angeben)?

9. Wie verteilt sich die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbe-
schäftigten mit Niedriglohn nach Frage 5 nach Tätigkeitsniveau (Helfer,
Fachkraft, Spezialist, Experte), und wie sind die entsprechenden Zahlen bei
Vollzeitbeschäftigten ohne Migrationshintergrund bzw. mit deutscher
Staatsbürgerschaft, und wie haben sich die Zahlen in den vergangenen
15 Jahren entwickelt (bitte differenziert entsprechend Frage 5 und jeweils in
absolute und relativen Zahlen angeben)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10428

10. Wie verhalten sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Tätigkeitsberei-

che qualifizierter Vollzeitbeschäftigter mit und ohne Migrationshintergrund
zu den jeweiligen Qualifikationen, in wie vielen Fällen also sind die Beschäf-
tigten in Tätigkeitsfeldern aktiv, für die sie eine formelle Qualifikation besit-
zen, in wie vielen Fällen entspricht das Tätigkeitsniveau dem jeweiligen
Qualifikationsniveau, in wie vielen Fällen sind sie über- oder unterqualifi-
ziert (bitte jeweils in absoluten und relativen Zahlen und für die Daten zu
Personen mit Migrationshintergrund bitte differenziert entsprechend Frage 5
angeben)?

11. Wie hoch ist zum aktuellen Zeitpunkt die Zahl der sozialversicherungspflich-
tigen Teilzeitbeschäftigten in Deutschland insgesamt, und wie hat sich diese
Zahl in den vergangenen 15 Jahren entwickelt (bitte neben der Gesamtzahl
auch nach Geschlecht, Alter und Ost/West differenzieren)?

12. Wie hoch ist zum aktuellen Zeitpunkt die Zahl der sozialversicherungspflich-
tigen Teilzeitbeschäftigten mit Migrationshintergrund in Deutschland, und
wie hat sich diese Zahl in den vergangenen 15 Jahren entwickelt (bitte diffe-
renziert entsprechend Frage 5 angeben)?

13. Wie viele sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigte erhalten nach
Kenntnis der Bundesregierung einen Bruttostundenlohn unterhalb der aktu-
ellen Niedriglohnschwelle, und wie hat sich diese Zahl in den vergangenen
15 Jahren entwickelt (bitte differenziert nach Geschlecht, Ost/West, Alter
und Wochenarbeitszeit und in absoluten und relativen Zahlen angeben)?

14. Wie viele sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigte mit Migrations-
hintergrund erhalten nach Kenntnis der Bundesregierung einen Bruttostun-
denlohn unterhalb der Niedriglohnschwelle, und wie hat sich diese Zahl in
den vergangenen 15 Jahren entwickelt (bitte differenziert entsprechend
Frage 5, ergänzt um die Wochenarbeitszeit und in absoluten und relativen
Zahlen angeben)?

15. Wie hoch ist zum aktuellen Zeitpunkt die Zahl der geringfügig Beschäftigten
in Deutschland insgesamt, und wie hat sich diese Zahl in den vergangenen
15 Jahren entwickelt?

16. Wie hoch ist zum aktuellen Zeitpunkt die Zahl der geringfügig Beschäftigten
mit Migrationshintergrund in Deutschland, und wie hat sich diese Zahl in den
vergangenen 15 Jahren entwickelt (bitte differenziert entsprechend Frage 5
angeben)?

17. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung zum aktuellen Zeitpunkt
die Zahl der befristet Beschäftigten in Deutschland insgesamt, und wie hat
sich diese Zahl in den vergangenen 15 Jahren entwickelt (bitte in absoluten
Zahlen und als Anteil an der Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig
Beschäftigten sowie über alle Beschäftigtengruppen und Regionen und dif-
ferenziert nach Geschlecht, Ost/West, Alter angeben)?

18. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung zum aktuellen Zeitpunkt
die Zahl der befristet Beschäftigten mit Migrationshintergrund entsprechend
Frage 5, und wie hat sich diese Zahl in den vergangenen 15 Jahren entwickelt
(bitte differenziert entsprechend Frage 5, in absoluten Zahlen und relativ zur
Gesamtzahl der befristet Beschäftigten angeben)?

Berlin, den 22. November 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.