BT-Drucksache 17/9805

ELENA-Nachfolgeprojekte Bea und OMS

Vom 24. Mai 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9805
17. Wahlperiode 24. 05. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Matthias W. Birkwald, Klaus Ernst, Ulla Jelpke, Katja
Kipping, Jutta Krellmann, Cornelia Möhring, Jens Petermann, Yvonne Ploetz, Raju
Sharma, Dr. Petra Sitte, Frank Tempel, Kathrin Vogler, Halina Wawzyniak, Harald
Weinberg, Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

ELENA-Nachfolgeprojekte Bea und OMS

Mit dem IT-Großprojekt „ELENA-Verfahren“ (elektronisches Entgeltnachweis-
Verfahren) sollte ursprünglich ab 2012 der Einkommensnachweis mithilfe einer
Chipkarte und elektronischer Signatur elektronisch erbracht werden. ELENA
umfasste die Meldung von Daten durch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
und deren zentrale Speicherung, die seit dem 1. Januar 2010 erfolgte sowie die
Nutzung dieser Daten durch die Agenturen für Arbeit und weitere Behörden. Für
Abfragen sollte jede beliebige, nach einheitlichem Standard (eCard-API) funk-
tionierende Signaturkarte mit Chip (EC-/Maestro-Card, eGK, nPA etc.) verwen-
det werden können. Nachdem die Einführung aufgrund massiver Proteste und
zahlreicher technischer Probleme zunächst auf 2014 verschoben werden sollte,
einigten sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und das
Bundesministerium für Arbeit und Soziales Mitte Juli 2011 darauf, das Projekt
„schnellstmöglich einzustellen“ (Gemeinsame Pressemitteilung des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Bundesministeriums für
Arbeit und Soziales vom 18. Juli 2011). Die Einstellung wurde seitens der Bun-
desregierung damit begründet, dass sich die aus Datenschutzgründen erforder-
lichen Signaturkarten nicht schnell genug verbreitet hätten.

Nachdem am 3. Dezember 2011 das Gesetz über die Aufhebung des ELENA-
Verfahrensgesetzes in Kraft getreten war, teilte am 16. April 2012 der Bundes-
beauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit mit, dass die Lö-
schung der ELENA-Daten erfolgreich durchgeführt wurde.

Bereits in der gemeinsamen Pressemitteilung der beteiligten Bundesministerien
am 18. Juli 2011 hatte die Bundesregierung erklärt, dass sie Lösungen suchen
wolle, wie die bisherigen Investitionen der Wirtschaft gesichert werden könnten –
eventuell mit anderen Projekten. Das Bundesministerium für Arbeit und So-
ziales wolle „ein Konzept erarbeiten, wie die bereits bestehende Infrastruktur
des ELENA-Verfahrens und das erworbene Know-how für ein einfacheres und
unbürokratisches Meldeverfahren in der Sozialversicherung genutzt werden
können“ (ebd.).
Am 2. Mai 2012 meldete die „FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND“, dass
die Bundesagentur für Arbeit mit Bea eine schlankere Version der kläglich ge-
scheiterten elektronischen Version des Entgeltnachweises für Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmer plane. „Das wohlklingende Kürzel steht für das Projekt
‚Bescheinigungen von Arbeitgebern elektronisch annehmen‘, das die Bundes-

Drucksache 17/9805 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

agentur für Arbeit aktuell vorantreibt“ (FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND
vom 2. Mai 2012).

Von 2014 an sollen demnach Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen Informationen
über ausgeschiedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter online übermitteln, damit
die Bundesagentur für Arbeit über den Anspruch auf staatliche Leistungen, wie
Arbeitslosen- oder Überbrückungsgeld, entscheiden können. Eingebettet sei
Bea in das groß angelegte Projekt „Optimiertes Meldeverfahren in der sozialen
Sicherung“ (OMS) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das am
15. Februar 2012 offiziell startete. Hinter diesem Projekt „verbirgt sich eine
zweijährige umfassende Untersuchung der bestehenden elektronischen Arbeit-
gebermeldeverfahren in der sozialen Sicherung im Hinblick auf ihre Optimie-
rungspotenziale. Mit dem Projekt wird ein Beschluss des Bundeskabinetts vom
21. September 2011 umgesetzt, der im Zusammenhang mit der Einstellung des
elektronischen Entgeltnachweisverfahrens vorsieht, dass die dort gewonnenen
Erfahrungen in eine Prüfung der Optimierung und Vereinfachung der Meldever-
fahren einfließen sollen. Inhaltlich begleitet wird das ,Projekt-OMS‘ durch die
Informationstechnische Servicestelle der gesetzlichen Krankenversicherung
GmbH, der ITSG.“ (OMS-Startseite https://www.projekt-oms.de).

Nach Informationen der „FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND“ befindet sich
das Bundesministerium zwar noch in der Planung, wie Bea konkret ablaufen soll,
eine Machbarkeitsstudie sei aber fast fertig und im Jahr 2013 solle bereits eine
Pilotphase starten. Auch einige Eckpunkte stehen offenbar bereits fest: So soll die
elektronische Übermittlung nicht nur freiwillig sein und von den Firmen werde
dabei auch keine digitale Signatur mehr verlangt (vgl. FINANCIAL TIMES
DEUTSCHLAND vom 2. Mai 2012).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche technischen und datenschutzrechtlichen Gründe sieht die Bundes-
regierung für das Scheitern des ELENA-Projekts?

2. Ist das gescheiterte ELENA-Projekt im Nachhinein nochmals evaluiert
worden?

Wenn ja, in welcher Form, durch wen, und mit welchem Ergebnis?

Wenn nein, warum nicht?

3. Auf wessen Initiative kam wann das Projekt OMS zustande?

4. Welche konkreten Vorteile sieht die Bundesregierung in einem „optimierten
Meldeverfahren in der sozialen Sicherung“?

5. Wie ist der aktuelle Stand in der Entwicklung des OMS-Projekts?

6. Wie ist die Projektgruppe zusammengesetzt, welche Akteurinnen und Ak-
teure sind beteiligt, und wie ist sie strukturiert?

7. Werden Datenschutzbeauftragte oder datenschutzengagierte Organisatio-
nen in die Erarbeitung des OMS mit einbezogen?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

8. Wie oft hat die Projektgruppe bisher in welcher genauen Zusammensetzung
getagt, und welche Ergebnisse liegen der Bundesregierung vor?

9. Plant die Bundesregierung – neben Bea – noch weitere Projekte im Rahmen
von OMS?

Wenn ja, welche, und in welchem Stadium befinden sich diese?
10. Auf wessen Initiative kam wann das Projekt Bea zustande?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9805

11. Welche technischen, datenschutzrechtlichen, finanziellen und sonstigen
Unterschiede und Verbesserungen weist Bea im Vergleich zu ELENA aus
Sicht der Bundesregierung auf?

12. Welche Arbeitnehmerdaten sollen die an die Bundesagentur für Arbeit zu
sendenden Bescheinigungen von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern ent-
halten?

13. Wo, und wie sollen die Daten der Beschäftigten gespeichert werden, und
wer hat neben der Bundesagentur für Arbeit noch Zugriff darauf?

14. Wie bewertet die Bundesregierung die bereits jetzt aufkommenden daten-
schutzrechtlichen Bedenken hinsichtlich Bea, und welche Gegenargumente
bringt sie auf?

15. Wie ist der aktuelle Stand in der Entwicklung des Bea-Projekts?

16. Wer führt die momentan laufende „Machbarkeitsstudie“ des Projekts durch,
und in welchem Stadium befindet sich diese?

17. Liegen der Bundesregierung bereits Zwischenergebnisse oder überhaupt
Ergebnisse vor?

18. Wurde im Rahmen des Bea-Projekts auf die durch ELENA bereits vorhan-
dene Software zurückgegriffen?

Wenn nein, wer führt die Entwicklung einer neuen Software für Bea durch,
und in welchem Stadium befindet sich diese?

19. Hat die Bundesregierung Pläne für die im Jahr 2013 angesetzte Pilotphase
des Projekts Bea?

Wenn ja, wie sehen diese aus?

a) Wem soll Bea in der Pilotphase zur Verfügung gestellt werden?

b) Wie lange soll die Pilotphase andauern?

c) Wie, und wo sollen die erworbenen Datensätze gespeichert werden?

d) Wer hat während dieser Zeit Zugriff auf die gespeicherten Datensätze?

e) Was passiert mit den Datensätzen nach einem Scheitern des Projekts in
der Pilotphase?

20. Welche Veränderungen und Vorteile bringt Bea gegenüber ELENA für
Unternehmen mit sich?

21. Entstehen durch die Einführung von Bea zusätzliche Kosten oder Mehr-
aufwände für Unternehmen?

22. Wie will die Bundesregierung einer eventuellen Benachteiligung entgegen-
wirken, wie sie im Rahmen des ELENA-Projekts insbesondere von kleinen
und mittelständischen Unternehmen beklagt werden?

Berlin, den 30. Mai 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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