BT-Drucksache 17/973

Verpflichtungen zur Deregulierung von Finanzdienstleistungen in Freihandelsabkommen

Vom 8. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/973
17. Wahlperiode 08. 03. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Lisa Paus, Katrin Göring-Eckardt, Ulrike
Höfken, Thilo Hoppe, Uwe Kekeritz, Sven Kindler, Ute Koczy, Tom Koenigs,
Stephan Kühn, Claudia Roth (Augsburg), Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verpflichtungen zur Deregulierung von Finanzdienstleistungen
in Freihandelsabkommen

Eine Ursache der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise ist die weitgehende De-
regulierung der Finanzmärkte. Es ist mittlerweile internationaler Konsens, dass
die Finanzmärkte wieder stärkere und bessere Regulierung brauchen. Die Euro-
päische Union (EU) schließt eine große Zahl regionaler und bilateraler Freihan-
delsabkommen (FTA) mit Entwicklungs- und Schwellenländern ab. Dies ge-
schieht, ohne dass globale Gipfeltreffen und internationale Medienberichterstat-
tung die öffentliche Aufmerksamkeit darauf lenken. Teil vieler bilateraler und
regionaler Freihandelsabkommen waren in der Vergangenheit Verpflichtungen
und Regeln zur Liberalisierung aber auch zur Deregulierung der Finanzdienst-
leistungen oder zu Kapitalverkehrskontrollen. Werden diese Verpflichtungen
und Regeln nicht überarbeitet, könnten FTA der notwendigen Regulierung der
internationalen Finanzmärkte entgegenstehen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche bilateralen und regionalen Freihandels- und Assoziierungsabkommen
werden von Deutschland und der EU zurzeit verhandelt oder wurden im ver-
gangenen Jahr abgeschlossen?

2. Welche Verpflichtungen und Regeln für Finanzdienstleistungen beinhalten
diese Freihandels- und Assoziierungsabkommen (bitte jeweils nach Abkom-
men aufführen)?

3. Werden die Regulierungsmöglichkeiten der Handelspartner hinsichtlich
Größe und Anzahl der Finanzunternehmen beschränkt (bitte jeweils nach
Abkommen aufführen)?

4. Inwiefern hat sich die Verhandlungsposition der EU bezüglich der Regulie-
rungsmöglichkeiten der Handelspartner hinsichtlich Größe und Anzahl der
Finanzunternehmen seit Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise verändert?
5. Werden die Regulierungsmöglichkeiten der Handelspartner hinsichtlich
Transaktionsvolumen der Finanzunternehmen beschränkt (bitte jeweils nach
Abkommen aufführen)?

6. Inwiefern hat sich die Verhandlungsposition der EU bezüglich der Regulie-
rungsmöglichkeiten der Handelspartner hinsichtlich Transaktionsvolumen
der Finanzunternehmen seit Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise verän-
dert?

Drucksache 17/973 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
7. Werden die Regulierungsmöglichkeiten der Handelspartner hinsichtlich
Kapitalzufluss bzw. Kapitalabfluss (Kapitalverkehrskontrolle) beschränkt
(bitte jeweils nach Abkommen aufführen)?

8. Inwiefern hat sich die Verhandlungsposition der EU bezüglich der Regulie-
rungsmöglichkeiten der Handelspartner hinsichtlich Kapitalzufluss bzw.
Kapitalabfluss (Kapitalverkehrskontrolle) seit Beginn der Wirtschafts- und
Finanzkrise verändert?

9. Teilt die Bundesregierung die in der IMF Staff Position Note 10/04 vom
19. Februar 2010 erläuterte Auffassung von führenden Ökonomen des Inter-
nationalen Währungsfonds, dass Kapitalkontrollen auf bestimmte Zuflüsse
ein nützliches Instrument in Ergänzung zu Regulierungen sein können, um
Instabilität im Finanzsektor einzuschränken?

10. Beschränken nach Ansicht der Bundesregierung die Verpflichtungen und
Regeln für Finanzdienstleistungen die staatlichen Regulierungsmöglichkei-
ten der Handelspartner (bitte jeweils nach Abkommen aufführen)?

11. Wird die Bundesregierung sich dafür einsetzen, dass unbegrenzte grenzüber-
schreitende Aktivitäten (cross-border) von Finanzdienstleistern, inklusive
Treuhandservice (trust services) und „Over-the-Counter“-Handel von Deri-
vaten, wie sie im EU-Cariform-Abkommen einiger karibischer Steuerpara-
diese verankert wurden, keinen Eingang in das EU-Zentralamerika-Abkom-
men finden?

12. Hält es die Bundesregierung für richtig, dass die Idee des Freihandels sowie
die damit verbundene Handelspolitik unterschiedslos auf Güter, Dienstleis-
tungen und auch Finanzdienstleistungen angewendet werden sollten?

13. Inwiefern hat sich die Verhandlungsposition der EU hinsichtlich der Ver-
pflichtungen und Regeln für Finanzdienstleistungen seit Beginn der Wirt-
schafts- und Finanzkrise verändert?

14. Welche Rolle spielen für die Bundesregierung Freihandelsabkommen bei
der Reform der internationalen Finanzmärkte?

15. Plant die Bundesregierung eine Revision der Verpflichtungen und Regeln
für Finanzdienstleistungen in Freihandels- und Assoziierungsabkommen?

16. Wenn ja, wie soll diese Revision ausgestaltet werden, und wird sich Deutsch-
land mit dieser Position innerhalb der EU durchsetzen können?

Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 8. März 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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